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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<meta name="generator" content="HTML Tidy for Windows (vers 25 March 2009), see www.w3.org">
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<title>Friedrich Engels - Der deutsche Bauernkrieg - VI</title>
</head>
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<p><small>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 7,S. 400-408<br>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1960</small></p>
<p align="center"><a href="me07_377.htm"><font size="2">V - [Der schw&auml;bisch-fr&auml;nkische
Bauernkrieg]</font></a> <font size="2">|</font> <a href="me07_327.htm"><font size=
"2">Inhalt</font></a> <font size="2">|</font> <a href="me07_409.htm"><font size="2">VII - [Die
Folgen des Bauernkiegs]</font></a></p>
<p align="center"><font size="5">VI</font></p>
<p align="center"><font size="5">[Der th&uuml;ringische, els&auml;ssische und &ouml;streichische
Bauernkrieg]</font></p>
<p><b><a name="S400">&lt;400&gt;</a></b> Gleich beim Ausbruch der ersten Bewegungen in Schwaben
war <i>Thomas M&uuml;nzer</i> wieder nach <i>Th&uuml;ringen</i> geeilt und hatte seit Ende
Februar oder anfangs M&auml;rz seinen Wohnsitz in der freien Reichsstadt <i>M&uuml;hlhausen</i>
genommen, wo seine Partei am st&auml;rksten war. Er hatte die F&auml;den der ganzen Bewegung in
der Hand; er wu&szlig;te, welch allgemeiner Sturm in S&uuml;ddeutschland auszubrechen im Begriff
war, und hatte es &uuml;bernommen, Th&uuml;ringen in das Zentrum der Bewegung f&uuml;r
Norddeutschland zu verwandeln. Er fand einen h&ouml;chst fruchtbaren Boden. Th&uuml;ringen
selbst, der Hauptsitz der Reformationsbewegung, war im h&ouml;chsten Grade aufgeregt; und die
materielle Not der unterdr&uuml;ckten Bauern nicht minder als die kursierenden
revolution&auml;ren, religi&ouml;sen und politischen Doktrinen hatten auch die benachbarten
L&auml;nder, Hessen, Sachsen und die Harzgegend, f&uuml;r einen allgemeinen Aufstand vorbereitet.
In M&uuml;hlhausen namentlich war die ganze Masse der Kleinb&uuml;rgerschaft f&uuml;r die
extreme, M&uuml;nzersche Richtung gewonnen und konnte kaum den Moment erwarten, an dem sie ihre
&Uuml;berzahl gegen die hochm&uuml;tige Ehrbarkeit geltend machen sollte. M&uuml;nzer selbst
mu&szlig;te, um dem richtigen Moment nicht vorzugreifen, bes&auml;nftigend auftreten; doch sein
Sch&uuml;ler Pfeifer, der hier die Bewegung dirigierte, hatte sich schon so kompromittiert,
da&szlig; er den Ausbruch nicht zur&uuml;ckhalten konnte, und schon am 17. M&auml;rz 1525, noch
vor dem allgemeinen Aufstand in S&uuml;ddeutschland, machte M&uuml;hlhausen seine Revolution. Der
alte patrizische Rat wurde gest&uuml;rzt und die Regierung in die H&auml;nde des
neugew&auml;hlten "ewigen Rats" gelegt, dessen Pr&auml;sident M&uuml;nzer war.</p>
<p>Es ist das Schlimmste, was dem F&uuml;hrer einer extremen Partei widerfahren kann, wenn er
gezwungen wird, in einer Epoche die Regierung zu &uuml;bernehmen, wo die Bewegung noch nicht reif
ist f&uuml;r die Herrschaft der Klasse, die er vertritt, und f&uuml;r die Durchf&uuml;hrung der
Ma&szlig;regeln, die die Herrschaft dieser Klasse erfordert. Was er tun <i>kann</i>, h&auml;ngt
nicht von seinem Willen ab, sondern <a name="S401"><b>&lt;401&gt;</b></a> von der H&ouml;he, auf
die der Gegensatz der verschiedenen Klassen getrieben ist, und von dem Entwicklungsgrad der
materiellen Existenzbedingungen, der Produktions- und Verkehrsverh&auml;ltnisse, auf dem der
jedesmalige Entwicklungsgrad der Klassengegens&auml;tze beruht. Was er tun <i>soll</i>, was seine
eigne Partei von ihm verlangt, h&auml;ngt wieder nicht von ihm ab, aber auch nicht von dem
Entwicklungsgrad des Klassenkampfs und seiner Bedingungen; er ist gebunden an seine bisherigen
Doktrinen und Forderungen, die wieder nicht aus der momentanen Stellung der gesellschaftlichen
Klassen gegeneinander und aus dem momentanen, mehr oder weniger zuf&auml;lligen Stande der
Produktions- und Verkehrsverh&auml;ltnisse hervorgehn, sondern aus seiner gr&ouml;&szlig;eren
oder geringeren Einsicht in die allgemeinen Resultate der gesellschaftlichen &lt;(<i>1850</i>)
industriellen&gt; und politischen Bewegung. Er findet sich so notwendigerweise in einem
unl&ouml;sbaren Dilemma: Was er tun <i>kann</i>, widerspricht seinem ganzen bisherigen Auftreten,
seinen Prinzipien und den unmittelbaren Interessen seiner Partei; und was er tun <i>soll</i>, ist
nicht durchzuf&uuml;hren. Er ist, mit einem Wort, gezwungen, nicht seine Partei, seine Klasse,
sondern die Klasse zu vertreten, f&uuml;r deren Herrschaft die Bewegung gerade reif ist. Er
mu&szlig; im Interesse der Bewegung selbst die Interessen einer ihm fremden Klasse
durchf&uuml;hren und seine eigne Klasse mit Phrasen und Versprechungen, mit der Beteuerung
abfertigen, da&szlig; die Interessen jener fremden Klasse ihre eignen Interessen sind. Wer in
diese schiefe Stellung ger&auml;t, ist unrettbar verloren. In der neuesten Zeit noch haben wir
Beispiele davon erlebt; wir erinnern nur an die Stellung, die in der letzten franz&ouml;sischen
provisorischen Regierung die Vertreter des Proletariats einnahmen, obwohl sie selbst nur eine
sehr untergeordnete Entwicklungsstufe des Proletariats repr&auml;sentierten. Wer nach den
Erfahrungen der Februarregierung - von unsern edlen deutschen provisorischen Regierungen und
Reichsregentschaften nicht zu sprechen - noch auf offizielle Stellungen spekulieren kann,
mu&szlig; entweder &uuml;ber die Ma&szlig;en borniert sein oder der extrem-revolution&auml;ren
Partei h&ouml;chstens mit der Phrase angeh&ouml;ren.</p>
<p>Die Stellung M&uuml;nzers an der Spitze des ewigen Rats von M&uuml;hlhausen war indes noch
viel gewagter als die irgendeines modernen revolution&auml;ren Regenten. Nicht nur die damalige
Bewegung, auch sein ganzes Jahrhundert war nicht reif f&uuml;r die Durchf&uuml;hrung der Ideen,
die er selbst erst dunkel zu ahnen begonnen hatte. Die Klasse, die er repr&auml;sentierte, weit
entfernt, vollst&auml;ndig entwickelt und f&auml;hig zur Unterjochung und Umbildung
&lt;(<i>1850</i>) fehlt: und Unterjochung&gt; der ganzen Gesellschaft zu sein, war eben erst im
Entstehen begriffen. Der gesellschaftliche Umschwung, der seiner Phantasie vorschwebte, war noch
so wenig in den <a name="S402">vor- <b>&lt;402&gt;</b></a> liegenden materiellen
Verh&auml;ltnissen begr&uuml;ndet, da&szlig; diese sogar eine Gesellschaftsordnung vorbereiteten,
die das gerade Gegenteil seiner getr&auml;umten Gesellschaftsordnung war. Dabei aber blieb er an
seine bisherigen Predigten von der christlichen Gleichheit und der evangelischen
G&uuml;tergemeinschaft gebunden; er mu&szlig;te wenigstens den Versuch ihrer Durchf&uuml;hrung
machen. Die Gemeinschaft aller G&uuml;ter, die gleiche Verpflichtung aller zur Arbeit und die
Abschaffung aller Obrigkeit wurde proklamiert. Aber in der Wirklichkeit blieb M&uuml;hlhausen
eine republikanische Reichsstadt mit etwas demokratisierter Verfassung, mit einem aus allgemeiner
Wahl hervorgegangenen Senat, der unter der Kontrolle des Forums stand, und mit einer eilig
improvisierten Naturalverpflegung der Armen. Der Gesellschaftsumsturz, der den protestantischen
b&uuml;rgerlichen Zeitgenossen so entsetzlich vorkam, ging in der Tat nie hinaus &uuml;ber einen
schwachen und unbewu&szlig;ten Versuch zur &uuml;bereilten Herstellung der sp&auml;teren
b&uuml;rgerlichen Gesellschaft.</p>
<p>M&uuml;nzer selbst scheint die weite Kluft zwischen seinen Theorien und der unmittelbar
vorliegenden Wirklichkeit gef&uuml;hlt zu haben, eine Kluft, die ihm um so weniger verborgen
bleiben konnte, je verzerrter seine genialen Anschauungen sich in den rohen K&ouml;pfen der Masse
seiner Anh&auml;nger widerspiegeln mu&szlig;ten. Er warf sich mit einem selbst bei ihm
unerh&ouml;rten Eifer auf die Ausbreitung und Organisation der Bewegung; er schrieb Briefe und
sandte Boten und Emiss&auml;re nach allen Seiten aus. Seine Schreiben und Predigten atmen einen
revolution&auml;ren Fanatismus, der selbst nach seinen fr&uuml;heren Schriften in Erstaunen
setzt. Der naive jugendliche Humor der revolution&auml;ren &lt;(<i>1850</i>)
vorrevolution&auml;ren&gt; M&uuml;nzerschen Pamphlete ist ganz verschwunden; die ruhige,
entwickelnde Sprache des Denkers, die ihm fr&uuml;her nicht fremd war, kommt nicht mehr vor.
M&uuml;nzer ist jetzt ganz Revolutionsprophet; er sch&uuml;rt unaufh&ouml;rlich den Ha&szlig;
gegen die herrschenden Klassen, er stachelt die wildesten Leidenschaften auf und spricht nur noch
in den gewaltsamen Wendungen, die das religi&ouml;se und nationale Delirium den
alttestamentarischen Propheten in den Mund legte. Man sieht aus dem Stil, in den er sich jetzt
hineinarbeiten mu&szlig;te, auf welcher Bildungsstufe das Publikum stand, auf das er zu wirken
hatte.</p>
<p>Das Beispiel M&uuml;hlhausens und die Agitation M&uuml;nzers wirkten rasch in die Ferne. In
<i>Th&uuml;ringen</i>, im <i>Eichsfeld</i>, im <i>Harz</i>, in den <i>s&auml;chsischen
Herzogt&uuml;mern</i>, in <i>Hessen</i> und <i>Fulda</i>, in <i>Oberfranken</i> und im
<i>Vogtland</i> standen &uuml;berall Bauern auf, zogen sich in Haufen zusammen und verbrannten
Schl&ouml;sser und Kl&ouml;ster. M&uuml;nzer war mehr oder weniger als F&uuml;hrer der ganzen
Bewegung anerkannt, und M&uuml;hlhausen blieb Zentralpunkt, w&auml;hrend in Erfurt eine rein
b&uuml;rgerliche <a name="S403"><b>&lt;403&gt;</b></a> Bewegung siegte und die dort herrschende
Partei fortw&auml;hrend eine zweideutige Stellung gegen die Bauern beobachtete.</p>
<p>Die F&uuml;rsten waren in Th&uuml;ringen anfangs geradeso ratlos und ohnm&auml;chtig
gegen&uuml;ber den Bauern wie in Franken und Schwaben. Erst in den letzten Tagen des April gelang
es dem Landgrafen von Hessen, ein Korps zusammenzuziehn - demselben Landgrafen Philipp, von
dessen Fr&ouml;mmigkeit die protestantischen und b&uuml;rgerlichen Reformationsgeschichten so
viel zu r&uuml;hmen wissen und von dessen Infamien gegen die Bauern wir sogleich ein geringes
W&ouml;rtlein vernehmen werden. Der Landgraf Philipp unterwarf durch ein paar rasche Z&uuml;ge
und durch bestimmtes Auftreten bald den gr&ouml;&szlig;ten Teil seines Landes, zog neue Aufgebote
heran und wandte sich dann ins Gebiet des Abts von Fulda, seines bisherigen Lehnsherrn. Er schlug
den Fuldaer Bauernhaufen am 3. Mai am Frauen-Berg, unterwarf das ganze Land und benutzte die
Gelegenheit, nicht nur sich von der Oberhoheit des Abts loszumachen, sondern sogar die Abtei
Fulda in ein hessisches Lehen zu verwandeln - vorbehaltlich ihrer sp&auml;teren
S&auml;kularisierung nat&uuml;rlich. Dann nahm er Eisenach und Langensalza und zog, mit den
herzoglich-s&auml;chsischen Truppen vereinigt, gegen den Hauptsitz der Rebellion, gegen
M&uuml;hlhausen. M&uuml;nzer zog seine Streitkr&auml;fte, an 8.000 Mann mit einigem
Gesch&uuml;tz, bei Frankenhausen zusammen. Der th&uuml;ringische Haufe war weit entfernt davon,
die Schlagf&auml;higkeit zu besitzen, die ein Teil der oberschw&auml;bischen und fr&auml;nkischen
Haufen dem Truchse&szlig; gegen&uuml;ber entwickelte; er war schlecht bewaffnet und schlecht
diszipliniert, er z&auml;hlte wenig gediente Soldaten und ermangelte aller F&uuml;hrer.
M&uuml;nzer selbst besa&szlig; offenbar nicht die geringsten milit&auml;rischen Kenntnisse.
Dennoch fanden es die F&uuml;rsten angemessen, auch hier die Taktik anzuwenden, die dem
Truchse&szlig; so oft zum Sieg verholfen hatte: die Wortbr&uuml;chigkeit. Am 16. Mai leiteten sie
Unterhandlungen ein, schlossen einen Waffenstillstand und &uuml;berfielen dann pl&ouml;tzlich die
Bauern, noch ehe der Stillstand abgelaufen war.</p>
<p>M&uuml;nzer stand mit den Seinen auf dem noch jetzt so genannten Schlachtberg, verschanzt
hinter einer Wagenburg. Die Entmutigung unter dem Haufen war schon sehr im Zunehmen. Die
F&uuml;rsten versprachen Amnestie, wenn der Haufe ihnen M&uuml;nzer lebendig ausliefern wolle.
M&uuml;nzer lie&szlig; einen Kreis bilden und die Antr&auml;ge der F&uuml;rsten debattieren. Ein
Ritter und ein Pfaff sprachen sich f&uuml;r die Kapitulation aus; M&uuml;nzer lie&szlig; sie
beide sofort in den Kreis f&uuml;hren und enthaupten. Dieser von den entschlossenen
Revolution&auml;ren mit Jubel aufgenommene Akt terroristischer Energie brachte wieder einigen
Halt in den Haufen; aber schlie&szlig;lich w&auml;re er doch zum gr&ouml;&szlig;ten Teil ohne
Widerstand auseinandergegangen, wenn man nicht bemerkt h&auml;tte, da&szlig; die <a name=
"S404"><b>&lt;404&gt;</b></a> f&uuml;rstlichen Landsknechte, nachdem sie den ganzen Berg
umstellt, trotz des Stillstands in geschlossenen Kolonnen heranr&uuml;ckten. Schnell wurde die
Front hinter den Wagen formiert, aber schon schlugen die Gesch&uuml;tz- und B&uuml;chsenkugeln in
die halb wehrlosen, kampfungewohnten Bauern, schon waren die Landsknechte bei der Wagenburg
angelangt. Nach kurzem Widerstand war die Wagenlinie durchbrochen, die Kanonen der Bauern waren
erobert und sie selbst versprengt. Sie flohen in wilder Unordnung, um den Umgehungskolonnen und
der Reiterei um so sicherer in die H&auml;nde zu fallen, die ein unerh&ouml;rtes Blutbad unter
ihnen anrichteten. Von achttausend Bauern wurden &uuml;ber f&uuml;nftausend erschlagen; der Rest
kam nach Frankenhausen hinein und gleichzeitig mit ihm die f&uuml;rstlichen Reiter. Die Stadt war
genommen. M&uuml;nzer, am Kopf verwundet, wurde in einem Hause entdeckt und gefangengenommen. Am
25. Mai ergab sich auch M&uuml;hlhausen; Pfeifer, der dort geblieben war, entkam, wurde aber im
Eisenachschen verhaftet.</p>
<p>M&uuml;nzer wurde in Gegenwart der F&uuml;rsten auf die Folter gespannt und dann enthauptet.
Er ging mit demselben Mut auf den Richtplatz, mit dem er gelebt hatte. Er war h&ouml;chstens
achtundzwanzig Jahre alt, als er hingerichtet wurde. Auch Pfeifer wurde enthauptet; au&szlig;er
diesen beiden aber noch zahllose andre. In Fulda hatte der Mann Gottes, Philipp von Hessen, sein
Blutgericht begonnen; er und die s&auml;chsischen F&uuml;rsten lie&szlig;en unter andern in
Eisenach 24, in Langensalza 41, nach der Frankenhauser Schlacht 300, in M&uuml;hlhausen &uuml;ber
100, bei G&ouml;rmar 26, bei T&uuml;ngeda 50, bei Sangerhausen 12, in Leipzig 8 Rebellen mit dem
Schwert hinrichten, von Verst&uuml;mmelungen und anderen gelindern Mitteln, von Pl&uuml;nderungen
und Verbrennungen der D&ouml;rfer und St&auml;dte gar nicht zu reden</p>
<p>M&uuml;hlhausen mu&szlig;te sich seiner Reichsfreiheit begeben und wurde den s&auml;chsischen
L&auml;ndern einverleibt, gerade wie die Abtei Fulda der Landgrafschaft Hessen.</p>
<p>Die F&uuml;rsten zogen nun &uuml;ber den Th&uuml;ringer Wald, wo fr&auml;nkische Bauern aus
dem Bildh&auml;user Lager sich mit den Th&uuml;ringern verbunden und viele Schl&ouml;sser
verbrannt hatten. Vor Meiningen kam es zum Gefecht; die Bauern wurden geschlagen und zogen sich
auf die Stadt zur&uuml;ck. Diese verschlo&szlig; ihnen pl&ouml;tzlich die Tore und drohte sie im
R&uuml;cken anzugreifen. Der Haufe, durch diesen Verrat seiner Bundesgenossen ins Gedr&auml;nge
gebracht, kapitulierte mit den F&uuml;rsten und lief noch w&auml;hrend der Verhandlung
auseinander. Das Bildh&auml;user Lager hatte sich l&auml;ngst zerstreut, und so war mit der
Zersprengung dieses Haufens der letzte Rest der Insurgenten aus Sachsen, Hessen, Th&uuml;ringen
und Oberfranken vernichtet.</p>
<p>Im <i>Elsa&szlig;</i> war der Aufstand sp&auml;ter losgebrochen als auf der rechten Rhein-
<a name="S405"><b>&lt;405&gt;</b></a> seite. Erst gegen die Mitte des April erhoben sich die
Bauern im Bistum Stra&szlig;burg, und bald nach ihnen die Oberels&auml;sser und Sundgauer. Am 18.
April pl&uuml;nderte ein niederels&auml;ssischer Bauernhaufe das Kloster Altdorf; andere Haufen
bildeten sich bei Ebersheim und Barr sowie im Willertal und Urbistal. Sie konzentrierten sich
bald zum gro&szlig;en Niederels&auml;sser Haufen und organisierten die Einnahme der St&auml;dte
und Flecken sowie die Zerst&ouml;rung der Kl&ouml;ster. &Uuml;berall wurde der dritte Mann zum
Heer eingefordert. Die zw&ouml;lf Artikel dieses Haufens sind bedeutend radikaler als die
schw&auml;bisch-fr&auml;nkischen.</p>
<p>W&auml;hrend eine Kolonne der Niederels&auml;sser sich anfangs Mai bei St. Hippolyte
konzentrierte und nach einem vergeblichen Versuch, diese Stadt zu gewinnen, am 10. Mai Bercken,
am 13. Rappoltsweiler, am 14. Reichenweier durch Einverst&auml;ndnis mit den B&uuml;rgern in ihre
Gewalt bekam, zog eine zweite unter Erasmus Gerber aus, um Stra&szlig;burg zu &uuml;berrumpeln.
Der Versuch mi&szlig;lang, die Kolonne wandte sich nun den Vogesen zu, zerst&ouml;rte das Kloster
Maursm&uuml;nster und belagerte Zabern, das sich am 13. Mai ergab. Von hier zog sie an die
lothringische Grenze und insurgierte den ansto&szlig;enden Teil des Herzogtums, w&auml;hrend sie
zugleich die Gebirgsp&auml;sse verschanzte. Bei Herbitzheim an der Saar und bei Neuburg wurden
gro&szlig;e Lager gebildet; bei Saargem&uuml;nd verschanzten sich 4.000 deutsch-lothringische
Bauern; zwei vorgeschobene Haufen endlich, der Kolbenhaufen in den Vogesen bei St&uuml;rzelbronn,
der Kleeburger Haufe bei Wei&szlig;enburg, deckten Front und rechte Flanke, w&auml;hrend sich die
linke Flanke an die Oberels&auml;sser anlehnte.</p>
<p>Diese, seit dem 20. April in Bewegung, hatten am 10. Mai Sulz, am 12. Gebweiler, am 15.
Sennheim und Umgegend in die Bauernverbr&uuml;derung gezwungen. Die &ouml;streichische Regierung
und die umliegenden Reichsst&auml;dte verbanden sich zwar sogleich gegen sie, waren aber zu
schwach, ihnen ernsthaften Widerstand zu leisten, geschweige sie anzugreifen. So war, mit
Ausnahme weniger St&auml;dte, bis Mitte Mai das ganze Elsa&szlig; in den H&auml;nden der
Inurgenten.</p>
<p>Aber schon nahte das Heer, das den Frevelmut der Els&auml;sser Bauern brechen sollte. Es waren
<i>Franzosen</i>, die hier die Restauration der Adelsherrschaft vollzogen. Der Herzog Anton von
Lothringen setzte sich bereits am 6. Mai mit einer Armee von 30.000 Mann in Bewegung, darunter
die Bl&uuml;te des franz&ouml;sischen Adels und spanische, piemontesische, lombardische,
griechische und albanesische H&uuml;lfstruppen. Am 16. Mai stie&szlig; er bei L&uuml;tzelstein
auf 4.000 Bauern, die er ohne M&uuml;he schlug, und am 17. schon zwang er das von den Bauern
besetzte Zabern zur Kapitulation. Aber noch w&auml;hrend des Einzugs der Lothringer in die Stadt
und der Entwaffnung der Bauern wurde die <a name="S406"><b>&lt;406&gt;</b></a> Kapitulation
gebrochen; die wehrlosen Bauern wurden von den Landsknechten &uuml;berfallen und
gr&ouml;&szlig;tenteils niedergemacht. Die &uuml;brigen niederels&auml;ssischen Kolonnen
zerstreuten sich, und Herzog Anton zog nun den Oberels&auml;ssern entgegen. Diese, die sich
geweigert hatten, den Niederels&auml;ssern nach Zabern zuzuziehn, wurden nun bei Scherweiler von
der ganzen Macht der Lothringer angegriffen. Sie wehrten sich mit gro&szlig;er Tapferkeit, aber
die enorme &Uuml;bermacht - 30.000 gegen 7.000 - und der Verrat einer Anzahl Ritter, besonders
des Vogts von Reichenweier, vereitelte alle Bravour. Sie wurden vollst&auml;ndig geschlagen und
zersprengt. Der Herzog pazifizierte nun den ganzen Elsa&szlig; mit &uuml;blicher Grausamkeit. Nur
der Sundgau blieb von seiner Anwesenheit verschont. Die &ouml;streichische Regierung brachte hier
durch die Drohung, ihn ins Land zu rufen, ihre Bauern anfangs Juni zum Abschlu&szlig; des
Vertrags von Ensisheim. Sie selbst aber brach diesen Vertrag sogleich wieder und lie&szlig; die
Prediger und F&uuml;hrer der Bewegung massenweise h&auml;ngen. Die Bauern machten hierauf einen
neuen Aufstand, der endlich damit endigte, da&szlig; die Sundgauer Bauern in den Vertrag zu
Offenburg (18. September) eingeschlossen wurden.</p>
<p>Es bleibt uns jetzt noch der Bauernkrieg in den <i>&ouml;streichischen Alpenl&auml;ndern</i>
zu berichten. Diese Gegenden sowie das ansto&szlig;ende <i>Erzbistum Salzburg</i> waren seit der
<a href="me07_359.htm#S370">stara prawa</a> in fortw&auml;hrender Opposition gegen Regierung und
Adel, und die reformierten Lehren hatten auch hier einen g&uuml;nstigen B&ouml;den gefunden.
Religi&ouml;se Verfolgungen und willk&uuml;rliche Steuerbedr&uuml;ckungen brachten den Aufstand
zum Losbruch.</p>
<p>Die Stadt <i>Salzburg</i>, unterst&uuml;tzt von den Bauern und Bergknappen, hatte schon seit
1522 mit dem Erzbischof wegen ihrer st&auml;dtischen Privilegien und wegen der
Religions&uuml;bung im Streit gelegen. Ende 1524 &uuml;berfiel der Erzbischof die Stadt mit
angeworbnen Landsknechten, terrorisierte sie durch die Kanonen des Schlosses und verfolgte die
ketzerischen Prediger. Zugleich schrieb er neue, dr&uuml;ckende Steuern aus und reizte die ganze
Bev&ouml;lkerung dadurch aufs &auml;u&szlig;erste. Im Fr&uuml;hjahr 1525, gleichzeitig mit der
schw&auml;bisch-fr&auml;nkischen und th&uuml;ringischen Insurrektion, erhoben sich pl&ouml;tzlich
die Bauern und Bergleute des ganzen Landes, organisierten sich in Haufen unter den Hauptleuten
<i>Pra&szlig;ler</i> und <i>Weitmoser</i>, befreiten die Stadt und belagerten das Schlo&szlig;
Salzburg. Sie schlossen, wie die westdeutschen Bauern, einen christlichen Bund und fa&szlig;ten
ihre Forderungen in Artikeln zusammen, deren hier vierzehn waren.</p>
<p>Auch in <i>Steiermark</i>, <i>Ober&ouml;streich</i>, <i>K&auml;rnten</i> und <i>Krain</i>, wo
neue ungesetzliche Steuern, Z&ouml;lle und Verordnungen das Volk in seinen n&auml;chsten
Interessen <a name="S407"><b>&lt;407&gt;</b></a> schwer verletzt hatten, standen die Bauern im
Fr&uuml;hjahr 1525 auf. Sie nahmen eine Anzahl Schl&ouml;sser und schlugen den Besieger der stara
prawa, den alten Feldhauptmann Dietrichstein, bei Gry&szlig;. Obgleich es den Vorspiegelungen der
Regierung gelang, einen Teil der Insurgenten zu beschwichtigen, blieb die Masse doch zusammen und
vereinigte sich mit den Salzburgern, so da&szlig; das ganze Salzburgische und der
gr&ouml;&szlig;te Teil von Ober&ouml;streich, Steiermark, K&auml;rnten und Krain in den
H&auml;nden der Bauern und Bergknappen war.</p>
<p>In Tirol hatten ebenfalls die reformierten Lehren gro&szlig;en Anhang gefunden; hier waren
sogar, noch mehr als in den &uuml;brigen &ouml;streichischen Alpenl&auml;ndern, M&uuml;nzersche
Emiss&auml;re mit Erfolg t&auml;tig gewesen. Der Erzherzog Ferdinand verfolgte die Prediger der
neuen Lehre auch hier und griff ebenfalls durch neue willk&uuml;rliche Finanzregulationen in die
Vorrechte der Bev&ouml;lkerung ein. Die Folge war, wie &uuml;berall, der Aufstand im
Fr&uuml;hling desselben Jahres 1525. Die Insurgenten, deren oberster Hauptmann ein
M&uuml;nzerscher war, Geismaier, das einzige bedeutende milit&auml;rische Talent unter
s&auml;mtlichen Bauernchefs, nahmen eine Menge Schl&ouml;sser und verfuhren namentlich im
S&uuml;den, im Etschgebiet, sehr energisch gegen die Pfaffen. Auch die Vorarlberger standen auf
und schlossen sich den Allg&auml;uern an.</p>
<p>Der Erzherzog, von allen Seiten bedr&auml;ngt, machte den Rebellen, die er noch kurz vorher
mit Sengen und Brennen, Pl&uuml;ndern und Morden hatte ausrotten wollen, Konzession &uuml;ber
Konzession. Er berief die Landtage der Erblande ein und schlo&szlig; bis zu ihrem Zusammentritt
Waffenstillstand mit den Bauern. Inzwischen r&uuml;stete er nach Kr&auml;ften, um m&ouml;glichst
bald eine andre Sprache mit den Frevlern f&uuml;hren zu k&ouml;nnen.</p>
<p>Der Waffenstillstand wurde nat&uuml;rlich nicht lange gehalten. In den Herzogt&uuml;mern fing
Dietrichstein, dem das Geld ausging, an zu brandschatzen. Seine slawischen und magyarischen
Truppen erlaubten sich zudem die schamlosesten Grausamkeiten gegen die Bev&ouml;lkerung. Die
Steirer standen also wieder auf, &uuml;berfielen in der Nacht vom 2. zum 3. Juli den
Feldhauptmann Dietrichstein in Schladming und machten alles nieder, was nicht deutsch sprach.
Dietrichstein selbst wurde gefangen; am Morgen des 3. wurde von den Bauern ein Geschwornengericht
eingesetzt und 40 tschechische und kroatische Adlige aus den Gefangnen zum Tode verurteilt. Sie
wurden sofort enthauptet. Das wirkte; der Erzherzog genehmigte sofort alle Forderungen der
St&auml;nde der f&uuml;nf Herzogt&uuml;mer (Ober- und Nieder&ouml;streich, Steiermark,
K&auml;rnten und Krain).</p>
<p>Auch in Tirol wurden die Forderungen des Landtags bewilligt und dadurch der Norden
pazifiziert. Der S&uuml;den jedoch, auf seinen urspr&uuml;nglichen Forderungen gegen&uuml;ber den
abgeschw&auml;chten Landtagsbeschl&uuml;ssen beharrend, <a name="S408"><b>&lt;408&gt;</b></a>
blieb unter den Waffen. Erst im Dezember konnte der Erzherzog hier die Ordnung durch Gewalt
wiederherstellen. Er unterlie&szlig; nicht, eine gro&szlig;e Anzahl der in seine H&auml;nde
gefallenen Anstifter und F&uuml;hrer des Aufruhrs hinrichten zu lassen.</p>
<p>Gegen Salzburg zogen nun im August 10.000 Bayern unter Georg von Frundsberg. Diese imposante
Truppenmacht sowie Zwistigkeiten, die unter den Bauern ausgebrochen waren, bewogen die Salzburger
zum Abschlu&szlig; eines Vertrags mit dem Erzbischof, der am 1. September zustande kam und den
auch der Erzherzog annahm. Die beiden F&uuml;rsten, die inzwischen ihre Truppen gen&uuml;gend
verst&auml;rkt hatten, brachen diesen Vertrag jedoch sehr bald und trieben dadurch die Salzburger
Bauern zu einem erneuerten Aufstand. Die Insurgenten hielten sich den Winter &uuml;ber; im
Fr&uuml;hjahr kam Geismaier zu ihnen und er&ouml;ffnete eine gl&auml;nzende Kampagne gegen die
von allen Seiten heranr&uuml;ckenden Truppen. In einer Reihe brillanter Gefechte schlug er - im
Mai und Juni 1526 - nacheinander Bayern, &Ouml;streicher, schw&auml;bische Bundestruppen und
erzbisch&ouml;flich-salzburgische Landsknechte und hinderte lange die verschiednen Korps an ihrer
Vereinigung. Dazwischen fand er noch Zeit, Radstadt zu belagern. Von der &Uuml;bermacht endlich
auf allen Seiten umzingelt, mu&szlig;te er abziehn, schlug sich durch und f&uuml;hrte die Truppen
seines Korps mitten durch die &ouml;streichischen Alpen auf venetianisches Gebiet. Die Republik
Venedig und die Schweiz boten dem unerm&uuml;dlichen Bauernchef Anhaltspunkte zu neuen Intrigen;
er versuchte noch ein Jahr lang, sie in einen Krieg gegen &Ouml;streich zu verwickeln, der ihm zu
einem wiederholten Bauernaufstand Gelegenheit bieten sollte. Aber w&auml;hrend dieser
Unterhandlungen erreichte ihn die Hand eines M&ouml;rders; der Erzherzog Ferdinand und der
salzburgische Erzbischof waren nicht ruhig, solange Geismaier am Leben war: Sie bezahlten einen
Banditen, und diesem gelang es, den gef&auml;hrlichen Rebellen 1527 aus der Welt zu schaffen.</p>
</body>
</html>