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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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65 KiB
HTML

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<HEAD>
<TITLE>John Reed: 10 Tage die die Welt ersch&uuml;tterten</TITLE>
</HEAD>
<BODY bgcolor="#FFFFFF">
<H3>
XI. FESTIGUNG DER MACHT
</H3>
<P>
<P align=center>
&AElig; D e k l a r a t i o n d e r R e c h t e d e r V &ouml; l k e r R
u &szlig; l a n d s
<P>
...der Erste Sowjetkongre&szlig; (hat) im Juni dieses Jahres das Recht der
V&ouml;lker Ru&szlig;lands auf freie Selbstbestimmung verk&uuml;ndet. Der
Zweite Sowjetkongre&szlig; im Oktober dieses Jahres hat dieses
unver&auml;u&szlig;erliche Recht der V&ouml;lker Ru&szlig;lands mit
gr&ouml;&szlig;erer Entschiedenheit und Bestimmtheit best&auml;tigt. In
Ausf&uuml;hrung des Willens dieser Kongresse hat der Rat der Volkskommissare
beschlossen, seiner T&auml;tigkeit in der Frage der Nationalit&auml;ten
Ru&szlig;lands folgende Prinzipien zugrunde zu legen.
<P>
<I>1. Gleichheit und Souver&auml;nit&auml;t der V&ouml;lker Ru&szlig;lands</I>
<P>
<I>2. Das Recht der V&ouml;lker Ru&szlig;lands auf freie Selbstbestimmung
bis zur Lostrennung und Bildung eines selbstst&auml;ndigen Staates.</I>
<P>
<I>3. Abschaffung aller und jeglicher nationalen und national-religi&ouml;sen
Privilegien und Beschr&auml;nkungen.</I>
<P>
<I>4. Freie Entwicklung der nationalen Minderheiten und ethnographischen
Gruppen, die das Territorium Ru&szlig;lands bev&ouml;lkern.</I>
<P>
<I></I>Die sich daraus ergebenden konkreten Dekrete werden sofort nach der
Bildung der Kommission f&uuml;r Angelegenheiten der Nationalit&auml;ten
ausgearbeitet werden.
<P>
Im Namen der Republik Ru&szlig;land
<P>
Der Vorsitzende des Rates der Volkskommissare
<P>
<I> W. Uljanow (Lenin)</I>
<P>
<I></I> f&uuml;r Angelegenheiten der Nationalit&auml;ten
<P>
<I>Josef Dshugaschwili - Stalin</I>
<P>
<I></I>
<P>
Die Zentralrada in Kiew erkl&auml;rte sofort die Ukraine zur unabh&auml;ngigen
Republik. Das gleiche tat die Regierung von Finnland durch das Parlament
von Helsingfors. Unabh&auml;ngige Regierungen bildeten sich in Sibirien und
im Kaukasus. Das polnische zentrale Milit&auml;rkomitee raffte mit gro&szlig;er
Schnelligkeit die polnischen Truppen innerhalb der russischen Armee zusammen,
beseitigte deren Komitees und schuf eine eiserne Disziplin.
<P>
Alle diese &AElig;Regierungen" und &AElig;Bewegungen" hatten zweierlei gemeinsam:
Sie standen unter Leitung der besitzenden Klassen und f&uuml;rchteten und
verabscheuten den Bolschewismus. Inmitten des Chaos aber h&auml;mmerte der
Rat der Volkskommissare unentwegt an dem Ger&uuml;st der sozialistischen
Ordnung, erlie&szlig; Dekret um Dekret: &uuml;ber die Sozialversicherung,
&uuml;ber die Arbeiterkontrolle, &uuml;ber die Beseitigung des alten
Gerichtswesens und die Errichtung von Volkstribunalen, Anweisungen f&uuml;r
die Wolost-(Amtsbezirks-)Bodenkomitees....
<P>
Armee auf Armee, Flotte auf Flotte entsandten Deputationen, die jubelnd die
neue Volksregierung begr&uuml;&szlig;ten. Vor dem Smolny sah ich eines Tages
ein eben aus den Sch&uuml;tzengr&auml;ben zur&uuml;ckgekehrtes, v&ouml;llig
abgerissenes Regiment. Die Soldaten waren vor dem gro&szlig;en Tor aufmarschiert,
mit mageren, grauen Gesichtern, zu dem Geb&auml;ude emporschauend, als ob
der Herrgott selber darin wohne. Einige zeigten lachend auf die kaiserlichen
Adler &uuml;ber dem Tor. W&auml;hrenddem kamen Rotgardisten, um die Wache
zu beziehen. Die Soldaten wandten sich um, neugierig, als h&auml;tten sie
von ihnen geh&ouml;rt, sie aber nie gesehen. Sie lachten gutm&uuml;tig und
dr&auml;ngten sich aus der Reihe, um den Rotgardisten mit halb spa&szlig;haften,
halb bewundernden Zurufen auf die Schulter zu klopfen. Die Provisorische
Regierung hatte aufgeh&ouml;rt zu bestehen. Schon seit dem 15. November beteten
die Priester in den Kirchen der Hauptstadt nicht mehr f&uuml;r sie. Aber
wie Lenin im Zentralexekutivkomitee selbst sagte, war das erst der Beginn
zur Eroberung der Macht. Der milit&auml;rischen Waffen beraubt, begann die
Opposition, die noch das &ouml;konomische Leben des Landes beherrschte, mit
all dem russischen Talent zur Massenaktion in aller Ruhe die Desorganisation
zu organisieren - um den Sowjets Hindernisse in den Weg zu legen, sie zu
sabotieren und zu diskreditieren. Der Streik der Regierungsbeamten war
gl&auml;nzend organisiert und von den Banken und Handelsh&auml;usern finanziert.
Jede Handlung der Bolschewiki zur &Uuml;bernahme des Regierungsapparates
stie&szlig; auf Widerstand. Trotzki ging ins Au&szlig;enministerium; die
Beamten weigerten sich, ihn anzuerkennen. Sie schlossen sich ein, und als
die T&uuml;ren gewaltsam ge&ouml;ffnet wurden, legten sie ihre Posten nieder.
Trotzki verlangte die Schl&uuml;ssel zu den Archiven, und erst als Arbeiter
herbeigeholt wurden, um die Schl&ouml;sser mit Gewalt zu &ouml;ffnen, wurden
sie ihm ausgeh&auml;ndigt. Dann stellte man fest, da&szlig; Neratow, der
ehemalige stellvertretende Au&szlig;enminister, mit den Geheimabkommen
verschwunden war. Schljapnikow versuchte, das Ministerium f&uuml;r Arbeit
zu &uuml;bernehmen. Es war bitter kalt, und niemand kam, die &Ouml;fen zu
heizen. Nicht einer von hundert Abgestellten wollte ihm das B&uuml;ro des
Ministers zeigen.
<P>
Alexandra Kollontai, am 13. November zur Volkskommissarin f&uuml;r soziale
F&uuml;rsorge ernannt - es war dies der Gesch&auml;ftsbereich f&uuml;r
Armenpflege und &ouml;ffentliche Wohlfahrtseinrichtungen -, wurde mit einem
Streik aller Beamten des Ministeriums empfangen; nur vierzig Beamte
erkl&auml;rte sich zur Arbeit bereit. Die unmittelbare Folge war, da&szlig;
die Armen der gro&szlig;en St&auml;dte und die Insassen der verschiedensten
Institutionen der gr&ouml;&szlig;ten Not ausgesetzt waren. Zahllose Delegationen
verhungernder Kr&uuml;ppel und Waisen, mit blauen mageren Gesichtern, umlagerten
das Geb&auml;ude. Mit tr&auml;nennassem Gesicht ordnete Kollontai die Verhaftung
der Streikenden an, bis die Schl&uuml;ssel des B&uuml;ros und des Tresors
ausgeliefert w&uuml;rden. Als sie die Schl&uuml;ssel erhielt, stellte sich
heraus, da&szlig; die bisherige Leiterin des Gesch&auml;ftsbereichs, die
Gr&auml;fin Panina, den Fonds mit sich genommen hatte und die Herausgabe
verweigerte, bis ein entsprechender Befehl der Konstituierenden Versammlung
vorliegen w&uuml;rde. &Auml;hnliches spielte sich in den Ministerien f&uuml;r
Landwirtschaft, f&uuml;r Ern&auml;hrung und im Finanzministerium ab. Die
Angestellten, aufgefordert, auf ihre Posten zur&uuml;ckzukehren, da sie sonst
ihre Stellungen und Pensionsanspr&uuml;che verlieren w&uuml;rden, blieben
entweder weg oder kamen nur, um - zu sabotieren. Infolge der
antibolschewistischen Einstellung fast der gesamten Intelligenz war die
Sowjetregierung au&szlig;erstande, schnell einen neuen Beamtenstab zu
rekrutieren. Die Privatbanken blieben hartn&auml;ckig geschlossen; nur eine
Hintert&uuml;r hielte sie ge&ouml;ffnet f&uuml;r - Spekulanten. Wenn die
bolschewistischen Kommissare kamen, verlie&szlig;en die Angestellten ihre
B&uuml;ros, versteckten die B&uuml;cher und trugen das Geld davon.
S&auml;mtliche Angestellte der Staatsbank streikten, mit Ausnahme der Beamten,
die die Tresore verwalteten, und der Notendruckereien. Alle Geldforderungen
des Smolny lehnten sie ab, aber im Geheimen zahlten sie riesige Summen an
das Komitee zur Rettung des Vaterlandes und an die Staatsduma aus. Zweimal
war ein Kommissar mit einer Kompanie Rotgardisten erschienen, um die Auslieferung
bedeutender Summen zur Deckung der Regierungskosten Zu erzwingen. Das erstemal
waren Mitglieder der Stadtduma und menschewistische und sozialrevolution&auml;re
F&uuml;hrer in imponierender Zahl zugegen. Diese sprachen so eindringlich
&uuml;ber die Folgen solcher Eingriffe in das Bankeigentum, da&szlig; der
Kommissar sich einsch&uuml;chtern lie&szlig;. Das zweitemal kam er mit einer
Vollmacht, die er in feierlicher Form verlas. Aber darauf aufmerksam gemacht,
da&szlig; die Vollmacht weder Datum noch Siegel trug, lie&szlig; der
traditionelle russische Respekt gegen&uuml;ber Dokumenten ihn noch einmal
unverrichtetersache abziehen. Die Beamten des Kreditamtes vernichteten ihre
B&uuml;cher, so da&szlig; alle Urkunden &uuml;ber die finanziellen Beziehungen
Ru&szlig;lands zum Auslande verloren waren.
<P>
Die Ern&auml;hrungs&auml;mter und die Verwaltungen der st&auml;dtischen
Einrichtungen arbeiteten entweder gar nicht oder trieben Sabotage. Und wenn
die Bolschewiki, gezwungen durch die verzweifelte Notlage der st&auml;dtischen
Bev&ouml;lkerung, helfend einzugreifen oder die st&auml;dtischen Einrichtungen
zu kontrollieren versuchten, traten die Angestellten in den Streik und die
Duma &uuml;berflutete Ru&szlig;land mit Telegrammen, wonach die Bolschewiki
die Autonomie der st&auml;dtischen Selbstverwaltung verletzen w&uuml;rden.
In den Milit&auml;r-Hauptquartieren und in den B&uuml;ros der Kriegs- und
Marineministerien, wo die alten Beamten sich bereit erkl&auml;rt hatten,
auf ihren Posten zu verbleiben, blockierten die Armeekomitees und das
Oberkommando die Sowjets, wo sie nur konnten, und gingen so weit, die Truppen
an der Front zu vernachl&auml;ssigen. Der Wikshel verhielt sich feindlich
und verweigerte den Transport von Sowjettruppen. Jeder Truppentransport aus
Petrograd hinaus mu&szlig;te erzwungen werden. H&auml;ufig mu&szlig;te man
einige Eisenbahnbeamte verhaften - und schon drohte der Wikshel mit dem
Generalstreik, wenn sie nicht freigelassen w&uuml;rden.
<P>
Der Smolny schien v&ouml;llig machtlos. Die Zeitungen erz&auml;hlten, da&szlig;
in Petrograd s&auml;mtliche Fabriken in drei Wochen ihre Tore schlie&szlig;en
m&uuml;&szlig;ten, weil sie keinen Brennstoff h&auml;tten. In Petrograd waren
nur noch f&uuml;r drei Tage Lebensmittel, neue kamen nicht herein, und an
der Front hungerte die Armee. Der Wikshel gab bekannt, da&szlig; der gesamte
Zugverkehr ab 1. Dezember eingestellt werden w&uuml;rde. Das Komitee zur
Rettung des Vaterlandes, die diversen Zentralkomitees &uuml;berfluteten das
Land mit Telegrammen, die die Bev&ouml;lkerung aufforderten, die Dekrete
der Regierung nicht zu beachten. Die Gesandtschaften der Alliierten verhielten
sich entweder gleichg&uuml;ltig oder offen feindselig. Die oppositionellen
Zeitungen, heute verboten und morgen unter neuem Namen wieder auftauchend,
&uuml;bersch&uuml;tteten das neue Regime mit ihrem Sarkasmus. Sogar &AElig;Nowaja
Shisn" charakterisierte es als &AElig;ein Gemisch von Demagogie und
Machtlosigkeit". &AElig;Von Tag zu Tag", schrieb sie, &AElig;sinkt die Regierung
der Volkskommissare tiefer in den Sumpf der oberfl&auml;chlichen
&Uuml;bereiltheit. Nachdem sie die Macht mit Leichtigkeit errungen haben....,
wissen die Bolschewiki jetzt nicht, was sie damit anfangen sollen. Sie haben
nicht die Macht, den bestehenden Regierungsapparat zu lenken, k&ouml;nnen
aber ebensowenig einen neuen schaffen, der nach den Theorien der experimentellen
Sozialisten leicht und reibungslos arbeiten m&uuml;&szlig;te. Noch vor kurzem
hatten die Bolschewiki nicht genug Leute, um ihre wachsende Partei zu leiten
- eine Arbeit, die noch mehr oder weniger nur Menschen erfordert, die reden
und schreiben k&ouml;nnen. Wie sollen sie also geschulte Menschen finden,
die die verschiedenen und komplizierten Regierungsfunktionen aus&uuml;ben
k&ouml;nnen? Die neue Regierung handelt und droht, sie &uuml;berschwemmt
das Land mit Dekreten, eines radikaler und ,sozialistischer' als das andere.
Aber in diesem zur Schau gestellten Papiersozialismus - der eher dazu taugen
mag, unsere Nachkommen in Erstaunen zu versetzen - sieht man weder den Wunsch
noch die F&auml;higkeit, die unmittelbaren Tagesfragen zu l&ouml;sen!"
<P>
Mittlerweile tagte Tag und Nacht die &AElig;Konferenz des Eisenbahnerkomitees
f&uuml;r die Bildung einer neuen Regierung". Man war bereits zu einer
grunds&auml;tzlichen Verst&auml;ndigung &uuml;ber die Basis der neuen Regierung
gelangt und diskutierte die Zusammensetzung des &AElig;Volksrates". Man einigte
sich auf ein Kabinett mit Tschernow als Ministerpr&auml;sident. Die Bolschewiki
sollten mit einer starken Mehrheit vertreten, Lenin und Trotzki aber
ausgeschlossen sein. Die Zentralkomitees der Menschewiki und
Sozialrevolution&auml;re und das Exekutivkomitee der Bauernsowjets
erkl&auml;rten, da&szlig; sie sich &AElig;im Interesse der Beendigung des
Brudermordes" dem Eintritt der Bolschewiki in den Volksrat nicht widersetzen
w&uuml;rden, wenn sie auch die &AElig;verbrecherische Politik" der Bolschewiki
nach wie vor ablehnten.
<P>
Die Flucht Kerenskis und die erfolge der Sowjets im ganzen Land &auml;nderten
jedoch die Situation. Am 16. November forderten in einer Sitzung des
Zentralexekutivkomitees die linken Sozialrevolution&auml;re von den Bolschewiki
die Bildung einer Koalitionsregierung mit den anderen sozialistischen Parteien
und drohten f&uuml;r den Fall der Weigerung mit ihrem Ausscheiden aus dem
Revolution&auml;ren Milit&auml;rkomitee und dem Zentralexekutivkomitee. Malkin
erkl&auml;rte: &AElig;Die Nachrichten aus Moskau, wo unsere Genossen auf
beiden Seiten der Barrikaden ihr Leben opfern, veranlassen uns, erneut die
Frage der Organisierung der Macht aufzuwerfen. Das ist nicht nur unser Recht,
es ist unsere Pflicht....Wir haben uns das Recht erworben, hier im Smolny
mit den Bolschewiki zu sitzen und von dieser Trib&uuml;ne zu reden. Nach
dem heftigen inneren Parteikampf werden wir gezwungen sein, wenn sie die
Verst&auml;ndigung ablehnen, zum offenen Kampfe au&szlig;erhalb des Smolny
&uuml;berzugehen...Wir m&uuml;ssen der Demokratie ein annehmbares Kompromi&szlig;
vorschlagen..." Die Bolschewiki zogen sich zur&uuml;ck, um zu dem Ultimatum
Stellung zu nehmen. Sie kehrten mit der folgenden, von Kamenew zur Verlesung
gebrachten Resolution zur&uuml;ck:
<P>
&AElig;Das Zentralexekutivkomitee ist der Meinung, da&szlig; in die Regierung
Vertreter aller sozialistischen Parteien eintreten m&uuml;ssen, die in den
Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten vertreten sind und
die Errungenschaften der Revolution vom 7. November anerkennen, das hei&szlig;t
die Sowjetmacht, die Land- und Friedensdekrete, die Dekrete &uuml;ber die
Industriekontrolle durch die Arbeiter und die Bewaffnung der Arbeiter. Das
Zentralexekutivkomitee beschlie&szlig;t daher, allen an den Sowjets beteiligten
Parteien Verhandlungen &uuml;ber die Konstituierung der Regierung vorzuschlagen,
und besteht auf folgenden Bedingungen als Grundlage:
<P>
Die Regierung ist dem Zentralexekutivkomitee verantwortlich. Das
Zentralexekutivkomitee wird auf 150 Mitglieder erweitert. Zu diesen sollen
kommen: 75 Delegierte der Gouvernementssowjets der Bauerndeputierten, 80
Delegierte der Frontorganisationen der Armee und Flotte, 40 Delegierte der
Gewerkschaften (25 von den verschiedenen Gesamtrussischen Verb&auml;nden,
10 vom Hauptvorstand des Gesamtrussischen Eisenbahnerverbandes, 5 von den
Post- und Telegrafenarbeitern) und endlich 50 Delegierte der sozialistischen
Gruppen in der Petrograder Stadtduma. Im Kabinett selbst sind mindestens
die H&auml;lfte der Portefeuilles den Bolschewiki zu reservieren, darunter
die Ministerien der Arbeit, des Inneren und des Ausw&auml;rtigen. Das Kommando
der Petrograder und Moskauer Garnisonen mu&szlig; in den H&auml;nden von
Delegierten der Petrograder und Moskauer Sowjets bleiben. Die Regierung
f&uuml;hrt die systematische Bewaffnung aller Arbeiter Ru&szlig;lands durch.
Die Kandidatur der Genossen Lenin und Trotzki ist aufrechtzuerhalten."
<P>
Kamenew begr&uuml;ndete die Resolution: Der von der Konferenz vorgeschlagene
sogenannte Volksrat w&uuml;rde aus etwa 420 Mitgliedern bestehen, von denen
150 Bolschewiki w&auml;ren. Au&szlig;erdem sollen ihm Delegierte aus dem
konterrevolution&auml;ren Zentralexekutivkomitee angeh&ouml;ren, 100 von
den Stadtdumas auserw&auml;hlte Mitglieder, durchweg Kornilowleute, weitere
100 Delegierte aus den Bauernsowjets, von Awxentjew ernannt, und endlich
80 Delegierte der alten Armeekomitees, die l&auml;ngst aufgeh&ouml;rt haben,
die Soldatenmassen zu vertreten. Wir lehnen es ab, das alte
Zentralexekutivkomitee zuzulassen, wir lehnen auch die Vertreter der Stadtdumas
ab. Die Delegierten der Bauernsowjets m&uuml;ssen von dem durch uns einberufenen
Bauernkongre&szlig;, der sich gleichzeitig ein neues Exekutivkomitee geben
wird, gew&auml;hlt werden. Der Vorschlag, Lenin und Trotzki auszuschlie&szlig;en,
bezweckt nur, unsere Partei ihres Kopfes zu berauben; wir lehnen ihn ab.
Endlich m&uuml;ssen wir sagen, da&szlig; wir die Notwendigkeit dieses Volksrates
nicht einsehen; die Sowjets stehen allen sozialistischen Parteien offen,
und in dem Zentralexekutivkomitee sind sie entsprechend ihrer wirklichen
zahlenm&auml;&szlig;igen St&auml;rke unter den Massen vertreten..." F&uuml;r
die linken Sozialrevolution&auml;re erkl&auml;rte Karelin, da&szlig; seine
Partei f&uuml;r die Resolution der Bolschewiki stimmen w&uuml;rde, sich jedoch
das Recht der Modifizierung gewisser Einzelheiten vorbehalte, wie beispielsweise
den Passus &uuml;ber die Vertretung der Bauern; endlich, da&szlig; das
Landwirtschaftsministerium den linken Sozialrevolution&auml;ren reserviert
bleiben m&uuml;sse. Dem wurde zugestimmt. Sp&auml;ter wurde auf einer Sitzung
des Petrograder Sowjets eine hinsichtlich der Bildung einer neuen Regierung
gestellte Anfrage von Trotzki wie folgt beantwortet: &AElig;Ich wei&szlig;
hier&uuml;ber gar nichts. Ich bin an den Verhandlungen nicht beteiligt. Ich
glaube aber nicht, da&szlig; ihnen gro&szlig;e Bedeutung beizumessen ist."
<P>
In der Konferenz herrschte in dieser Nacht gro&szlig;e Aufregung. Die Delegierten
der Stadtduma erkl&auml;rten ihren Austritt.... Aber im Smolny selber, in
den Reihern der bolschewistischen Partei, begann eine &auml;u&szlig;erst
heftige Opposition gegen die Politik Lenins heranzuwachsen. In der Nacht
des 17. November war der gro&szlig;e Saal gedr&auml;ngt voll. Das
Zentralexekutivkomitee sollte zusammentreten. Die Stimmung war gespannt.
Der Bolschewik Larin erkl&auml;rte, da&szlig; es angesichts der
heranr&uuml;ckenden Wahlen zur Konstituierenden Versammlung an der Zeit sei,
auf &AElig;politischen Terror" zu verzichten. &AElig;Die gegen die Freiheit
der Presse ergriffenen Ma&szlig;nahmen m&uuml;ssen abge&auml;ndert werden.
Sie haben ihre Existenzberechtigung gehabt, solange der Kampf w&auml;hrte;
jetzt sind sie aber nicht mehr zu verteidigen. Die Presse mu&szlig; frei
sein. Zu rechtfertigen w&auml;ren nur Repressalien gegen die Bl&auml;tter,
die zum Aufruhr und Sturz der Regierung auffordern." Er schlug folgende
Resolution vor: &AElig;Das Dekret des Rates der Volkskommissare, die Presse
betreffend, ist hiermit aufgehoben. Politische Repressionsma&szlig;nahmen
k&ouml;nnen nur auf Beschlu&szlig; eines Spezialtribunals zur Anwendung kommen,
das vom Zentralexekutivkomitee unter Ber&uuml;cksichtigung des
St&auml;rkeverh&auml;ltnisses aller im Zentralexekutivkomitee vertretenen
Parteien gew&auml;hlt wird. Dieses Tribunal soll das Recht haben, bereits
durchgef&uuml;hrte Repressionsma&szlig;nahmen erneuter Pr&uuml;fung zu
unterziehen."
<P>
Die Verlesung der Resolution rief st&uuml;rmischen Beifall nicht nur bei
den linken Sozialrevolution&auml;ren, sondern auch bei einem teil der Bolschewiki
hervor. Im Namen der Anh&auml;nger Lenins schlug Awanessow vor, die Frage
der Presse so lange zu vertagen, bis eine gewisse Verst&auml;ndigung zwischen
den sozialistischen Parteien erreicht sein w&uuml;rde. Die Versammlung wandte
sich mit &uuml;berw&auml;ltigender Mehrheit dagegen. &AElig;Die Revolution",
fuhr Awanessow fort, &AElig;die wir zu vollenden im Begriff sind, ist nicht
vor dem Angriff auf das Privateigentum zur&uuml;ckgeschreckt, und wir
k&ouml;nnen die Frage der Presse nur unter dem Gesichtspunkt unserer Stellung
zum Privateigentum untersuchen." Er verlas dann die offizielle bolschewistische
Resolution: &AElig;Die Unterdr&uuml;ckung der b&uuml;rgerlichen Presse war
nicht nur diktiert von den milit&auml;rischen Erfordernissen im Verlaufe
des Aufstandes und im Interesse der Niederschlagung der
konterrevolution&auml;ren Aktion; sie ist auch eine notwendige Ma&szlig;nahme
f&uuml;r die &Uuml;bergangszeit der Errichtung einer neuen Ordnung, in der
es den Eigent&uuml;mern der Druckereimaschinen und des Papiers nicht erlaubt
sein kann, ihre bisherige Rolle als die allm&auml;chtigen und
ausschlie&szlig;lichen Fabrikanten der &ouml;ffentlichen Meinung weiter zu
spielen. Wir m&uuml;ssen zur Beschlagnahme der privaten Druckereien und
Papierfabriken &uuml;bergehen, die sowohl in der Hauptstadt als auch in den
Provinzen den Sowjets zu geh&ouml;ren haben, damit sie den politischen Parteien
und Gruppen, entsprechend der tats&auml;chlichen Kraft der von ihnen vertretenen
Ideen, das hei&szlig;t der Anzahl ihrer Anh&auml;nger, zug&auml;nglich gemacht
werden k&ouml;nnen. Die Wiederherstellung der sogenannten Freiheit der Presse,
die R&uuml;ckgabe der Druckereien und des Papiers an die Kapitalisten - diese
Vergifter der Volkshirne -, w&auml;re eine f&uuml;r uns undenkbare Kapitulation
vor dem Willen des Kapitals und die Preisgabe einer der wichtigsten Eroberungen
der Revolution, mit anderen Worten: es w&auml;re eine Ma&szlig;nahme von
u zweideutig konterrevolution&auml;rem Charakter. Das Zentralexekutivkomitee
verwirft daher kategorisch alle Vorschl&auml;ge, die auf die Wiederherstellung
der alten Ordnung auf dem Gebiet der Presse hinzielen, und unterst&uuml;tzt
uneingeschr&auml;nkt den Standpunkt des Rates der Volkskommissare in dieser
Frage gegen&uuml;ber Anspr&uuml;chen und Ultimaten, die diktiert sind von
kleinb&uuml;rgerlichen Vorurteilen oder der offenbaren Kapitulation vor den
Interessen der konterrevolution&auml;ren Bourgeoisie." Die Verlesung der
Resolution war von ironischen Zurufen der linken Sozialrevolution&auml;re
und den Zornesausbr&uuml;chen oppositioneller Bolschewiki begleitet. Karelin
sprang auf, protestierend: &AElig;Vor drei Wochen noch gaben sich die Bolschewiki
als die leidenschaftlichsten Verteidiger der Freiheit der Presse. Die Argumente
dieser Revolution erinnern eigenartig an den Standpunkt der alten
Schwarzhunderter und der zaristischen Zensoren. Auch die pflegten von den
,Vergiftern der Volkshirne' zu reden." Schlie&szlig;lich sprach Trotzki f&uuml;r
die Resolution. Er unterschied zwischen der Presse w&auml;hrend des
B&uuml;rgerkrieges und der Presse nach dem Siege. &AElig;In der Periode des
B&uuml;rgerkrieges", sagte er, &AElig;haben die Unterdr&uuml;ckten ein Recht,
zur Gewalt zu greifen." (Rufe: &AElig;Wer ist denn jetzt der
Unterdr&uuml;ckte?") &AElig;Der Sieg &uuml;ber unsere Gegner ist noch nicht
vollst&auml;ndig, und die Zeitungen sind die Waffen, deren sie sich bedienen.
Die Schlie&szlig;ung der Zeitungen ist unter diesen Umst&auml;nden eine
gerechtfertigte Verteidigungsma&szlig;nahme." Dann zur Frage der Presse in
der Zeit nach dem Sieg &uuml;bergehend: &AElig;Die Stellung der Sozialisten
zur Frage der Pressefreiheit kann keine andere sein als ihre Stellung zur
Freiheit des Handels. Die Herrschaft der Demokratie, die wir in Ru&szlig;land
aufzurichten im Begriff sind, erheischt ebenso dringend die Zerst&ouml;rung
der Herrschaft des privaten Eigentums &uuml;ber die Presse wie die &uuml;ber
die Industrie. Die Sowjetmacht sollte s&auml;mtliche Druckereien konfiszieren."
(Rufe: &AElig;Konfisziert die Druckerei der ,Prawda' !) &AElig;Das Pressemonopol
der Bourgeoisie mu&szlig; vernichtet werden. Sonst h&auml;tte die
Macht&uuml;bernahme durch uns keinen Sinn! Das Eigentumsrecht an den Druckereien
und am Papier ist in erster Linie ein Recht der Arbeiter und Bauern, und
erst danach kommen die b&uuml;rgerlichen Parteien, die eine Minderheit sind.
Der &Uuml;bergang der Macht in die H&auml;nde der Sowjets wird eine radikale
Umw&auml;lzung aller wesentlichen Existenzbedingungen zur Folge haben. Es
ist nur nat&uuml;rlich, da&szlig; diese Umw&auml;lzung auch in den
Presseverh&auml;ltnissen ihren Ausdruck findet. Wenn wir die Banken
nationalisieren, sollen wir da die Finanzzeitungen dulden? Die alte Ordnung
mu&szlig; sterben! Das mu&szlig; ein f&uuml;r allemal begriffen werden!"
(Beifall und w&uuml;tende Zurufe.) Karelin sprach dem Zentralexekutivkomitee
das Recht ab, in dieser wichtigen Frage einen Beschlu&szlig; zu fassen, und
forderte noch einmal leidenschaftlich die Wiederherstellung der Pressefreiheit.
Und dann Lenin, ruhig, kalt, mit zusammengezogener Stirn, seine Worte
w&auml;gend, w&auml;hrend er langsam sprach. Jeder Satz fiel wie ein
Hammerschlag: &AElig;Der B&uuml;rgerkrieg ist noch nicht beendet. Der Feind
ist noch immer unter uns. Es ist darum unm&ouml;glich, die Zwangsma&szlig;nahmen
gegen die Presse aufzuheben. Wir Bolschewiki haben nie ein Hehl daraus gemacht,
da&szlig; wir im Falle unseres Sieges und der Eroberung der Macht die
b&uuml;rgerliche Presse verbieten w&uuml;rden. Die b&uuml;rgerlichen Zeitungen
dulden hie&szlig;e aufh&ouml;ren, ein Sozialist zu sein. In der Revolution
kann man nicht stehenbleiben; man mu&szlig; immer vorw&auml;rtsgehen - oder
man geht r&uuml;ckw&auml;rts. Wer heute von Freiheit der Presse redet, der
geht in Wirklichkeit r&uuml;ckw&auml;rts und hemmt unseren Vormarsch zum
Sozialismus. Wir haben das Joch des Kapitalismus abgeworfen, wie die erste
Revolution das Joch des Zarismus abwarf. Wenn die erste Revolution ein Recht
zur Unterdr&uuml;ckung der monarchistischen Zeitungen hatte, dann haben wir
dasselbe Recht gegen&uuml;ber der b&uuml;rgerlichen Presse. Es ist
unm&ouml;glich, die Frage der Pressefreiheit von den anderen Fragen des
Klassenkampfes zu trennen. Wir haben versprochen, das Erscheinen dieser Zeitungen
zu verhindern, und wir werden unser Versprechen halten. Die &uuml;bergro&szlig;e
Mehrheit des Volkes ist mit uns! Jetzt, nachdem der Aufstand vor&uuml;ber
ist, w&uuml;rden wir gern darauf verzichten, die Zeitungen der anderen
sozialistischen Parteien zu unterdr&uuml;cken, vorausgesetzt, da&szlig; sie
nicht zu bewaffnetem Aufstand und Ungehorsam gegen die Regierung auffordern.
Wir werden allerdings nicht zulassen, da&szlig; sie sich unter dem Vorwand
der Freiheit der sozialistischen Presse mittels der heimlichen
Unterst&uuml;tzung der Bourgeoisie das Monopol auf die Druckereien, das Papier
und sonstige Materialien verschaffen. Alle diese Dinge m&uuml;ssen das Eigentum
der Sowjetregierung werden. Wir werden sie in erster Linie den sozialistischen
Parteien zug&auml;nglich machen, und zwar in exakter Proportion zu ihrer
Stimmenst&auml;rke." In der Abstimmung unterlag die Resolution Larins und
der linken Sozialrevolution&auml;re mit zweiundzwanzig gegen einunddrei&szlig;ig
Stimmen, die Lenins wurde mit vierunddrei&szlig;ig gegen vierundzwanzig Stimmen
angenommen. Unter der Minderheit befanden sich die Bolschewiki Rjasanow und
Losowski, die erkl&auml;rten, da&szlig; es ihnen unm&ouml;glich sei, f&uuml;r
irgendeine Beschr&auml;nkung der Pressefreiheit zu stimmen. Nach der Abstimmung
erkl&auml;rten die linken Sozialrevolution&auml;re, nicht l&auml;nger die
Verantwortung f&uuml;r die hier getriebene Politik tragen zu k&ouml;nnen
und aus dem revolution&auml;ren Milit&auml;rkomitee sowie aus allen anderen
Positionen exekutiver Verantwortlichkeit auszuscheiden. F&uuml;nf Mitglieder:
Nogin, Rykow, Miljutin, Teodorowitsch und Schljapnikow, schieden aus dem
Rat der Volkskommissare aus, indem sie erkl&auml;rten: &AElig;Wir stehen
auf dem Standpunkt, da&szlig; eine sozialistische Regierung aus allen Parteien
der Sowjets geschaffen werden mu&szlig;. Wir sind der Auffassung, da&szlig;
nur die Bildung einer solchen Regierung die M&ouml;glichkeit geben w&uuml;rde,
die Fr&uuml;chte des heroischen Kampfes der Arbeiterklasse und der
revolution&auml;ren Armee in den Oktobertagen zu sichern. Wir sind der
Auffassung, da&szlig; es au&szlig;erdem nur einen Weg gibt: die Aufrechterhaltung
einer rein bolschewistischen Regierung mit den Mitteln des politischen Terrors.
Diesen Weg hat der Rat der Volkskommissare beschritten. Wir wollen und
k&ouml;nnen diesen Weg nicht beschreiten. Wir sehen, da&szlig; das zur
Ausschaltung der proletarischen Massenorganisationen von der Leitung des
politischen Lebens, zur Errichtung eines unverantwortlichen Regimes und zur
Zerschlagung der Revolution f&uuml;hrt. Die Verantwortung f&uuml;r diese
Politik k&ouml;nnen wir nicht &uuml;bernehmen und erkl&auml;ren deshalb dem
Gesamtrussischen Exekutivkomitee, da&szlig; wir von unseren Posten als
Volkskommissare zur&uuml;cktreten."
<P>
Weitere Kommissare, die die Erkl&auml;rung unterzeichneten, jedoch ohne ihre
Funktionen abzugeben, waren: Rjasanow und Derbyschew - Presseabteilung; Arbusow
- Staatsdruckerei; Jurenew - Rote Garde; Fjodorow - Arbeitskommissariat;
Larin - Abteilung f&uuml;r die Ausarbeitung von Dekreten. Gleichzeitig traten
Kamenew, Rykow, Miljutin, Sinowjew und Nogin aus dem Zentralkomitee der
bolschewistischen Partei aus und ver&ouml;ffentlichten die Gr&uuml;nde dieses
Schrittes: &AElig;Wir sind der Auffassung, da&szlig; die Bildung einer solchen
Regierung" (zusammengesetzt aus s&auml;mtlichen in den Sowjets vertretenen
Parteien) &AElig;notwendig ist, um weiteres Blutvergie&szlig;en, um das
Herannahen des Hungers, um die Niederschlagung der Revolution durch die
Kaledinleute zu verhindern, um die Einberufung der Konstituierenden Versammlung
zur festgesetzten Frist zu sichern und tats&auml;chlich das Friedensprogramm
zu verwirklichen, das auf dem zweiten Gesamtrussischen Sowjetkongre&szlig;
angenommen worden ist... Wir k&ouml;nnen nicht die Verantwortung f&uuml;r
diese verh&auml;ngnisvolle Politik des Zentralkomitees &uuml;bernehmen, die
gegen den Willen eines gewaltigen Teiles des Proletariats und der Soldaten
durchgef&uuml;hrt wird, die die schleunigste Einstellung des Blutvergie&szlig;ens
zwischen den einzelnen Teilen der Demokratie herbeisehnen. Wir legen deshalb
unsere Funktionen als Mitglieder des Zentralkomitees nieder, um das Recht
zu haben, der massen der Arbeiter und Soldaten offen unsere Meinung zu sagen...
Wir treten aus dem Zentralkomitee aus im Moment des Sieges..., weil wir nicht
ruhig mit ansehen k&ouml;nnen, wie die Politik der f&uuml;hrenden Gruppe
des Zentralkomitees dazu f&uuml;hrt, da&szlig; die Arbeiterpartei die
Fr&uuml;chte dieses Sieges verliert und das Proletariat niedergeschlagen
wird ." Die Massen der Arbeiter, die Soldaten der Garnison waren aufs
h&ouml;chste erregt und entsandten eine Delegation nach der anderen in den
Smolny, in die &AElig;Konferenz f&uuml;r die Bildung der neuen Regierung",
wo der Bruch in den Reihen der Bolschewiki die lebhafteste Freude verursachte.
Aber die Antwort der Leninisten kam schnell und erbarmungslos. Schljapkinow
und Teodorowitsch unterwarfen sich der Parteidisziplin und kehrten auf ihre
Posten zur&uuml;ck. Kamenew wurde seines Postens als Vorsitzender des
Zentralexekutivkomitees enthoben und an seine Stelle Swerdlow gew&auml;hlt.
Sinowjew verlor seinen Posten als Vorsitzender des Petrograder Sowjets. Am
Morgen des 18. Erschien in der &AElig;Prawda" ein von Lenin verfa&szlig;ter
grimmiger Aufruf an das russische Volk, der in Hunderttausenden von Exemplaren
angeschlagen und in ganz Ru&szlig;land verbreitet wurde:
<P>
&AElig;Der Zweite Gesamtrussische Sowjetkongre&szlig; hat der Partei der
Bolschewiki die Mehrheit gebracht. Nur eine aus Vertretern dieser Partei
zusammengesetzte Regierung ist deshalb eine Sowjetregierung. Und es ist allen
bekannt, da&szlig; das Zentralkomitee der Partei der Bolschewiki einige Stunden
vor der Bildung einer neuen Regierung, bevor die Liste der Regierungsmitglieder
dem Zweiten Gesamtrussischen Sowjetkongre&szlig; vorgelegt wurde, drei angesehene
Mitglieder der Gruppe der linken Sozialrevolution&auml;re, n&auml;mlich die
Genossen Kamkow, Spiro und Karelin, zur Sitzung des Zentralkomitees eingeladen
<I>und ihnen vorgeschlagen </I>hat, sich an der neuen Regierung zu beteiligen.
Wir bedauern au&szlig;erordentlich, da&szlig; die Genossen linken
Sozialrevolution&auml;re abgelehnt haben. Wir betrachten ihre Ablehnung als
unzul&auml;ssig f&uuml;r Revolution&auml;re und Vork&auml;mpfer der
Werkt&auml;tigen. Wir sind jederzeit bereit, die linken Sozialrevolution&auml;re
in die Regierung aufzunehmen, aber wir erkl&auml;ren, da&szlig; wir als Partei,
die auf dem Zweiten Gesamtrussischen Sowjetkongre&szlig; die Mehrheit erhalten
hat, berechtigt und dem Volke gegen&uuml;ber<I> verpflichtet</I> sind, die
Regierung zu bilden... Genossen! Mehrere Mitglieder des Zentralkomitees unserer
Partei und des Rates der Volkskommissare, Kamenew, Sinowjew, Nogin, Rykow;
Miljutin und einige wenige andere, sind gestern, am 17. (4.) November, aus
dem Zentralkomitee unserer Partei
<P>
ausgetreten und die drei letzten auch aus dem Rate der Volkskommissare...
Die zur&uuml;ckgetretenen Genossen haben wie Deserteure gehandelt, nicht
nur, weil sie die ihnen anvertrauten Posten verlassen haben, sondern auch,
weil sie den ausdr&uuml;cklichen Beschlu&szlig; des Zentralkomitees unserer
Partei durchbrochen haben, da&szlig; sie mit ihrem R&uuml;cktritt wenigstens
bis zur Stellungnahme der Petrograder und Moskauer Parteiorganisationen warten
sollen. Wir verurteilen diese Desertation aufs entschiedenste. Wir sind zutiefst
&uuml;berzeugt, da&szlig; alle klassenbewu&szlig;ten Arbeiter, Soldaten und
Bauern, die unserer Partei angeh&ouml;ren oder mit ihr sympathisieren, die
Handlungsweise der Deserteure ebenso entschieden verurteilen werden.
<P>
...denkt daran, da&szlig; zwei dieser Deserteure, Kamenew und Sinowjew, schon
vor dem Aufstand in Petrograd als Deserteure und Streikbrecher aufgetreten
sind, denn sie haben nicht nur in der entscheidenden Sitzung des Zentralkomitees
am 23.(10.) Oktober 1917 gegen den Aufstand gestimmt, sondern haben auch
<I>nach</I> der Beschlu&szlig;fassung durch das Zentralkomitee vor den
Parteifunktion&auml;ren gegen den Aufstand agitiert...
<P>
Der gewaltige Aufschwung der Massen, der gewaltige Heroismus von Millionen
von Arbeitern, Soldaten und Bauern in Petrograd und Moskau, an der Front,
in den Sch&uuml;tzengr&auml;ben und in den D&ouml;rfern hat die Deserteure
mit derselben Leichtigkeit beiseite geschoben, mit der ein Eisenbahnzug
Holzsp&auml;ne beiseite schleudert. M&ouml;gen sich alle Kleinm&uuml;tigen,
alle Schwankenden, alle Zweifelnden, alle, die sich von der Bourgeoisie
einsch&uuml;chtern oder vom Geschrei ihrer und indirekten Helfershelfer
beeinflussen lie&szlig;en, sch&auml;men. <I>In den Massen</I> der Petrograder,
Moskauer und der &uuml;brigen Arbeiter und Soldaten gibt es<I> keine Spur</I>
von Schwankungen.
<P>
.....wir werden uns keinerlei Ultimatum von Intellektuellengr&uuml;ppchen
unterwerfen, hinter denen keine Massen stehen, hinter denen in Wirklichkeit
nur die Kornilowleute, Sawinkowleute, Offizierssch&uuml;ler u. dgl. Stehen."
Die Antwort aus dem ganzen Lande kam wie ein Gewittersturm. Die Oppositionellen
kamen gar nicht dazu, den Massen der Arbeiter und Soldaten die Gr&uuml;nde
ihres Tuns auseinanderzusetzen. Das Zentralexekutivkomitee wurde mit
Erkl&auml;rungen &uuml;berschwemmt, die die Deserteure in sch&auml;rfster
Weise verdammten. Tagelang wimmelte es im Smolny von Delegationen und Komitees
von der Front, von der Wolga, aus den Petrograder Fabriken. &AElig;Warum
sind sie aus der Regierung ausgetreten? Sind sie von der Bourgeoisie bestochen,
um die Revolution zugrunde zu richten? Sie m&uuml;ssen sofort zur&uuml;ckkehren
und sich den Beschl&uuml;ssen des Zentralkomitees unterwerfen!"
<P>
Nur in der Petrograder Garnison herrschte anfangs Ungewi&szlig;heit. Am 24.
November fand eine gro&szlig;e Soldatenversammlung statt, wo Vertreter aller
politischen Parteien sprachen. Die Politik Lenins fand die Zustimmung einer
gro&szlig;en Mehrheit, und den linken Sozialrevolution&auml;ren wurde
erkl&auml;rt, da&szlig; sie in die Regierung eintreten m&uuml;&szlig;ten.
Die Menschewiki unterbreiteten ein endg&uuml;ltiges Ultimatum. Sie forderten
die Freilassung aller Minister und Offizierssch&uuml;ler, unbeschr&auml;nkte
Pressefreiheit, Entwaffnung der Rotgardisten und Unterstellung der Garnisonen
unter das Kommando der Duma. Der Smolny antwortete hierauf, da&szlig; alle
sozialistischen Minister und mit wenigen Ausnahmen auch alle
Offizierssch&uuml;ler bereits frei seien, da&szlig; alle Zeitungen mit Ausnahme
der b&uuml;rgerlichen erscheinen d&uuml;rften und da&szlig; das Kommando
&uuml;ber die Truppen in den H&auml;nden der Sowjets bleiben w&uuml;rde.
Am 19.l&ouml;ste sich die Konferenz f&uuml;r die Bildung einer neuen Regierung
auf, und die Opposition verzog sich allm&auml;hlich nach Mogiljow, wo sie
unter dem Schutze des Generalstabs bis zu Ende fortfuhr, eine Regierung nach
der anderen zu bilden. Mittlerweile war es den Bolschewiki gelungen, die
Macht des Wikshel zu untergraben. Der Petrograder Sowjet forderte die Eisenbahner
in einem Aufruf auf, den R&uuml;cktritt des Wikshel zu erzwingen. Am 15.
Berief das Zentralexekutivkomitee &uuml;ber den Kopf des Wikshel hinweg einen
Gesamtrussischen Eisenbahnerkongre&szlig; zum 1. Dezember ein, wie es seinerzeit
den Gesamtrussischen Bauernkongre&szlig; einberufen hatte. Das veranla&szlig;te
den Wikshel, seinerseits einen Kongre&szlig;, und zwar f&uuml;r zwei Wochen
sp&auml;ter anzusetzen. Am 16.November &uuml;bernahmen die Mitglieder des
Wikshel ihre Sitze im Zentralexekutivkomitee. In der Er&ouml;ffnungssitzung
des Gesamtrussischen Eisenbahnerkongresses, in der Nacht des 2. Dezember,
bot das Zentralexekutivkomitee dem Wikshel in aller Form den Posten des
Kommissars f&uuml;r das Verkehrswesen an. Der Wikshel nahm an. Nachdem sie
die frage der Macht geregelt hatten, wandten die Bolschewiki ihre Aufmerksamkeit
den Problemen der praktischen Verwaltung zu. Brennend war vor allem die Frage
der Verpflegung der St&auml;dte, des Landes und der Front. Die Lagerh&auml;user
und G&uuml;terbahnh&ouml;fe, ja sogar die Barken in den Kan&auml;len wurden
von Matrosen und Rotgardistentrupps durchsucht. Tausende Pud Lebensmittel,
die von privaten Spekulanten beiseite geschafft worden waren, wurden zutage
gef&ouml;rdert und beschlagnahmt. In die Provinzen wurden Bevollm&auml;chtigte
geschickt, die mit Unterst&uuml;tzung der Bodenkomitees die Vorratsh&auml;user
der gro&szlig;en Getreideh&auml;ndler beschlagnahmten. Expeditionen von je
f&uuml;nftausend schwer bewaffneten Matrosen gingen, von fliegenden Kommissionen
begleitet, nach dem S&uuml;den und nach Sibirien, um die noch von den
Wei&szlig;gardisten beherrschten St&auml;dte in die Hand der Sowjets zu bringen,
die Ordnung herzustellen und <I>Lebensmittel zu beschaffen</I>. Der
Personenverkehr auf der Transsibirischen Bahn wurde zwei Wochen lang eingestellt,
w&auml;hrend dreizehn von den Fabrikkomitees zusammengestellte
Eisenbahnz&uuml;ge mit Textil- und Eisenwaren beladen nach dem Osten fuhren,
jeder Zug unter der Leitung eines Kommissars, der beauftragt war, von den
sibirischen Bauern f&uuml;r diese Waren Getreide und Kartoffeln einzutauschen.
Da die Kohlengruben des Donezbeckens von Kaledin beherrscht waren, begann
die Heizungsfrage zu einer Kalamit&auml;t zu werden. Der Smolny ordnete die
Einstellung der elektrischen Beleuchtung der Theater, L&auml;den und Restaurants
an, schr&auml;nkte den Stra&szlig;enbahnbetrieb ein und beschlagnahmte die
bei den Heizmaterialienh&auml;ndlern lagernden privaten Vorr&auml;te an
Brennholz. Als den Petrograder Fabriken die Kohlevorr&auml;te ausgingen und
die Schlie&szlig;ung der Betriebe drohte, wurden ihnen von den Matrosen der
Baltischen Flotte zweihunderttausend Pud Kohle aus den Bunkern der Kriegsschiffe
geliefert.
<P>
Gegen ende November spielten sich die sogenannten Weinpogrome ab - die
Auspl&uuml;nderung der Weinkellereien -, die mit der Ausraubung der Kellereien
des Winterpalastes ihren Anfang nahmen. Tagelang trieben sich in den
Stra&szlig;en betrunkene Soldaten umher. Bei alledem hatten
nachgewiesenerma&szlig;en die Konterrevolution&auml;re ihre Hand im Spiel.
Sie spielten den Regimentern Pl&auml;ne in die H&auml;nde, mit deren Hilfe
die Soldaten die Alkoholvorr&auml;te ausfindig machten. Anfangs
beschr&auml;nkten sich die Kommissare des Smolny darauf, die Soldaten durch
gutes Zureden von der Sch&auml;dlichkeit ihres treibens zu &uuml;berzeugen;
das gen&uuml;gte jedoch nicht, um der wachsenden Anarchie, in deren Verlauf
es zu erbitterten K&auml;mpfen zwischen Soldaten und Rotgardisten kam, Einhalt
zu gebieten. Schlie&szlig;lich war das Revolution&auml;re Milit&auml;rkomitee
gezwungen, Kompanien von Matrosen mit Maschinengewehren hinauszuschicken,
die erbarmungslos in die betrunkenen Massen hineinschossen und viele
t&ouml;teten. Auf Befehl der Exekutive drangen spezielle
Zerst&ouml;rungsabteilungen in die Kellereien ein, die die Flaschen mit Hacken
zerschlugen oder die Keller mit Dynamit sprengten. In den Zentralen der
Bezirkssowjets standen Tag und Nacht disziplinierte und gut besoldete
Rotgardisten in Bereitschaft, die die alte Milz ersetzten. In allen Stadtvierteln
traten von den Arbeitern und Soldaten gew&auml;hlte kleine Revolutionstribunale
in Funktion, die die weniger ernsten vergehen aburteilten. Die gro&szlig;en
Hotels, noch immer der Markt f&uuml;r die florierenden Gesch&auml;fte der
Spekulanten, wurden von Rotgardisten umstellt und die Spekulanten in die
Gef&auml;ngnisse geworfen. Wachsam und voller Mi&szlig;trauen, organisierte
das Petrograder Proletariat ein ausgedehntes Erkundungssystem. Die Dienstboten
in den b&uuml;rgerlichen H&auml;usern waren seine Sp&auml;her. Sie unterrichteten
das Revolution&auml;re Milit&auml;rkomitee, sobald sie Verd&auml;chtiges
entdeckten oder vermuteten, soda&szlig; unverz&uuml;glich zugepackt werden
konnte, was mit eiserner Faust und unerm&uuml;dlich geschah. Auf diese Weise
kam die Monarchistenverschw&ouml;rung an den Tag, die, gef&uuml;hrt von dem
ehemaligen Dumamitglied Purischkewitsch und einer Gruppe von Adligen und
Offizieren, einen Offiziersaufstand vorbereitet und in einem Brief an Kaledin
diesen aufgefordert hatte, nach Petrograd zu kommen. Auf dieselbe Art wurde
die Verschw&ouml;rung der Petrograder Kadetten entdeckt, die an Kaledin Geld
und Rekruten geschickt hatten.
<P>
Neratow, in Angst versetzt durch denVolkszorn, den seine Flucht hervorgerufen
hatte, kehrte zur&uuml;ck und lieferte die Geheimvertr&auml;ge an Trotzki
ab, der sie in der &AElig;Prawda" zu ver&ouml;ffentlichen begann und damit
die ganze Welt in Erregung versetzte. Die Beschr&auml;nkungen der Presse
erfuhren eine Zunahme durch ein Dekret, das das Anzeigenwesen zu einem Monopol
der offiziellen Regierungsbl&auml;tter erkl&auml;rte. Die anderen Zeitungen
stellten als Protest ihr Erscheinen ein oder kehrten sich nicht an das Gesetz
und wurden verboten. Es dauerte drei Wochen, bis sie sich schlie&szlig;lich
unterwarfen. Der Streik in den Ministerien war noch immer nicht beendet.
Noch immer betrieben die alten Beamten ihre Sabotage und bem&uuml;hten sich,
den normalen Fortgang des &ouml;konomischen Lebens des Landes zu hindern.
Hinter dem Smolny standen nur die breiten, unorganisierten Volksmassen. Auf
sie gest&uuml;tzt und sie zu revolution&auml;ren Massenaktionen f&uuml;hrend,
&uuml;berwand der rat der Volkskommissare seine Gegner. In beredten
Proklamationen, von wunderbarer Einfachheit der Sprache, die in ganz
Ru&szlig;land verbreitet wurden, setzte Lenin das Wesen der Revolution
auseinander und dr&auml;ngte die Massen, die Macht in ihre H&auml;nde zu
nehmen, den Widerstand der besitzenden Klassen mit Gewalt zu brechen und
sich der Regierungsinstitutionen zu bem&auml;chtigen. &AElig;Revolution&auml;re
Ordnung! Revolution&auml;re Disziplin! Strikte Rechnungslegung und Kontrolle!
Keine Streiks! Kein Faulenzen!" Am 20. November erlie&szlig; das
revolution&auml;re Milit&auml;rkomitee folgende Warnung: &AElig;Die besitzenden
Klassen sind gegen die Macht der Sowjets - die Regierung der Arbeiter, Soldaten
und Bauern. Ihre Anh&auml;nger hindern die Arbeit der Angestellten in der
Regierung und der Duma, hetzen zu Streiks in den Banken, sind bem&uuml;ht,
das Funktionieren der Eisenbahnen, der Post und des Telegrafs zu sabotieren...
Wir warnen sie, mit dem Feuer zu spielen. Dem Lande und der Armee droht der
Hunger. Um ich zu bek&auml;mpfen, ist es unerl&auml;&szlig;lich, da&szlig;
alle Dienste ungehindert funktionieren. Die Arbeiter-und-Bauern-Regierung
trifft alle Ma&szlig;nahmen, um sicherzustellen, was das Land und die Armee
braucht. Der Widerstand gegen diese Ma&szlig;nahmen ist ein Verbrechen gegen
das Volk. Wir warnen die besitzenden Klassen und ihren Anhang! Wenn sie ihre
Sabotage und Provokationen zur Verhinderung des Lebensmitteltransportes nicht
einstellen, so werden sie die ersten sein, die die Folgen zu tragen haben.
Wir werden ihnen jeden Anspruch auf Lebensmittelrationen nehmen. Alle
Vorr&auml;te, die sie haben, werden requiriert, das Eigentum der Hauptverbrecher
wird konfisziert werden. Das ist unsere letzte Warnung an die Elemente, die
mit dem Feuer spielen. Wir sind &uuml;berzeugt, da&szlig; notwendigenfalls
unsere Ma&szlig;nahmen die Unterst&uuml;tzung aller Arbeiter, Soldaten und
Bauern finden werden." Am 22. November waren an allen Mauern der Stadt Plakate
angeschlagen, betitelt:
<P align=center>
&AElig; A u &szlig; e r o r d e n t l i c h e M i t t e i l u n g !
<P>
Der Rat der Volkskommissare hat von dem Stab der Nordfront das nachfolgende
dringende Telegramm erhalten: ,"Wir k&ouml;nnen nicht l&auml;nger warten!
La&szlig;t die Armee nicht Hungers sterben! Die Armeen der Nordfront haben
seit mehreren Tagen keine Kruste Brot erhalten, und in zwei oder drei Tagen
wird der Zwieback aufgebraucht sein, der ihnen aus den bisher nie angebrochenen
Reservebest&auml;nden zugeteilt werden mu&szlig;te. Schon jetzt sprechen
Delegierte von allen Teilen der Front von der notwendigen R&uuml;ckverlegung
der Armeen, weil anderenfalls in wenigen Tagen ein panikartiges
Zur&uuml;ckfluten der ausgehungerten, in dem dreij&auml;hrigen
Sch&uuml;tzengrabenkrieg geschw&auml;chten, kranken, ungen&uuml;gend gekleideten,
barf&uuml;&szlig;igen und infolge des &uuml;bermenschlichen Elends fast
wahnsinnig gewordenen Soldaten unvermeidlich w&auml;re.' Das Revolution&auml;re
Milit&auml;rkomitee bringt dies zur Kenntnis der Petrograder Garnison und
der Arbeiter von Petrograd. W&auml;hrend die Lage an der Front die dringendsten
und entschiedensten Ma&szlig;nahmen erheischt, streiken die h&ouml;heren
Beamten der Regierungsinstitutionen, der Banken, Eisenbahnen, der Post und
des Telegrafs und hindern alle Bem&uuml;hungen der Regierung, die Front mit
Lebensmitteln zu versorgen. Jede Stunde des Wartens kann das Leben von Tausenden
Soldaten kosten. Die konterrevolution&auml;ren Beamten machen sich des schwersten
Verbrechens gegen ihre an der Front hungernden und sterbenden Br&uuml;der
schuldig. Das Revolution&auml;re Milit&auml;rkomitee richtet an diese Verbrecher
eine letzte Warnung. Wenn sie nicht unverz&uuml;glich und vollst&auml;ndig
ihren Widerstand und ihre Opposition einstellen, werden gegen sie die
unerbittlichsten Ma&szlig;nahmen ergriffen werden, deren Strenge der
Gr&ouml;&szlig;e ihres Verbrechens entsprechen wird."
<P>
Die Arbeiter und Soldaten des ganzen Landes waren aufs h&ouml;chste erregt.
In der Hauptstadt versuchten die Regierungs- und Bankbeamten, sich in Hunderten
von Protestproklamationen und Aufrufen in der Art des folgenden zu rechtfertigen:
<P align=center>
&AElig;A n a l l e B &uuml; r g e r ! D i e S t a a t s b a n k i s t g e
s c h l o s s e n ! - W a r u m ?
<P>
Die Gewaltma&szlig;nahmen der Bolschewiki gegen die Staatsbank haben es uns
unm&ouml;glich gemacht, unsere Arbeit fortzusetzen. Die erste Handlung des
Volkskommissars war die Forderung auf <I>Auszahlung von zehn Millionen
Rubel</I>, am 27. November wurden weitere <I>f&uuml;nfundzwanzig Millionen</I>
gefordert, ohne das angegeben wurde, wohin dieses Geld gehen solle. ... Wir
Beamten k&ouml;nnen an der Auspl&uuml;nderung des Volkseigentums nicht
teilnehmen. Wir stellten darum die Arbeit ein.<I> B&uuml;rger!</I> Das Geld
in der Staatsbank geh&ouml;rt euch, es ist des Volkes Geld, erworben durch
eure Arbeit, euern Schwei&szlig;, euer Blut. <I>B&uuml;rger!</I> Rettet das
Eigentum des Volkes vor dem Diebstahl, befreit uns von der Gewaltherrschaft,
wir werden dann die Arbeit sofort wieder aufnehmen.
<P align=right>
<I> Die Angestellten der Staatsbank</I>."
<P>
Vom Ern&auml;hrungsministerium, vom Finanzministerium usw. kamen
Erkl&auml;rungen, die besagten, da&szlig; das Revolution&auml;re
Milit&auml;rkomitee den Beamten das Arbeiten unm&ouml;glich mache, und Aufrufe
an das Volk, sie gegen den Smolny zu unterst&uuml;tzen. Aber die Arbeiter
und Soldaten schenkten ihnen keinen Glauben. Sie waren &uuml;berzeugt, da&szlig;
die Beamten die Sabotage nur trieben, um die Armee und das Volk mit Hilfe
des Hungers niederzuzwingen...Wieder tauchten in den Stra&szlig;en lange
Reihen auf, in denen die Arbeiter in der eisigen Winterluft nach Brot anstanden,
aber der Zorn der Leute richtete sich nicht, wie ehedem unter Kerenski, gegen
die <I>Regierung</I>, sondern gegen die<I> &AElig;Tschinowniki" </I>(die
Beamten), die Saboteure; die Regierung war<I> ihre</I> Regierung, waren
<I>ihre</I> Sowjets - und die Beamten der Ministerien waren gegen sie.
<P>
Im Mittelpunkt dieser ganzen Opposition standen die Duma und ihr Kampforgan,
das Komitee zur Rettung des Vaterlandes, die gegen alle Dekrete des Rates
der Volkskommissare protestierten und in immer neuen Beschl&uuml;ssen
erkl&auml;rten, da&szlig; sie die Sowjetregierung nicht anerkennen, und die
offen den immer neuen konterrevolution&auml;ren &AElig;Regierungen" in Mogiljow
in die H&auml;nde arbeiteten. So wandte sich am 17. November das Komitee
zur Rettung des Vaterlandes an &AElig;alle st&auml;dtischen Selbstverwaltungen,
Semstwos und alle demokratischen und revolution&auml;ren Organisationen der
Bauern, Arbeiter, Soldaten und anderen B&uuml;rger" mit folgender Aufforderung:
&AElig;Erkennt die Regierung der Bolschewiki nicht an! K&auml;mpft gegen
sie! Bildet lokale Komitees zur Rettung des Vaterlandes und der Revolution,
die, mit allen Kr&auml;ften der Demokratie vereinigt, dem Gesamtrussischen
Komitee helfen werden, die Aufgaben zu vollbringen, die es sich gestellt
hat."
<P>
Mittlerweile hatten die Wahlen zur Konstituierenden Versammlung den Bolschewiki
in Petrograd eine enorme Mehrheit gebracht, so da&szlig; sogar die
Menschewiki-Internationalisten die Neuwahl der Stadtduma f&uuml;r notwendig
erachteten, da sie nicht mehr die politische Zusammensetzung der Petrograder
Bev&ouml;lkerung repr&auml;sentiere. Gleichzeitig wurde die Duma von den
Arbeitern, von den Truppen und sogar von den Bauern aus der Umgebung der
Stadt mit Resolutionen best&uuml;rmt, in denen sie als
&AElig;konterrevolution&auml;r", als &AElig;kornilowistisch" gebrandmarkt
und ihr R&uuml;cktritt verlangt wurde. Die letzten Tage der Duma waren von
st&uuml;rmischen Debatten erf&uuml;llt, die durch die Forderungen der
st&auml;dtischen Arbeiter nach menschenw&uuml;rdigen L&ouml;hnen und ihre
Drohung mit eventuellem Streik veranla&szlig;t waren. Am 23. November l&ouml;ste
ein Dekret des Revolution&auml;ren Milit&auml;rkomitees das Komitee zur Rettung
des Vaterlandes in aller Form auf. Am 29. Ordnete der Rat der Volkskommissare
die Aufl&ouml;sung und Neuwahl der Petrograder Stadtduma an.
<P>
&AElig;In Anbetracht der Tatsache, da&szlig; die am 2. September gew&auml;hlte
Petrograder Zentralduma in absolutem Gegensatz zu den Auffassungen und
W&uuml;nschen der Petrograder Bev&ouml;lkerung steht und darum kein Recht
hat, in ihrem Namen zu sprechen, in Anbetracht der weiteren Tatsache, da&szlig;
die Mehrheit in der Duma, obgleich sie ihre ganze politische Anh&auml;ngerschaft
verloren hat, fortf&auml;hrt, ihre Vorrechte auszun&uuml;tzen, um in
konterrevolution&auml;rer Weise sich dem Willen der Arbeiter, Soldaten und
Bauern zu widersetzen, die normale Arbeit der Regierung zu sabotieren und
zu hindern - erachtet es der Rat der Volkskommissare f&uuml;r seine Pflicht,
der Bev&ouml;lkerung der Hauptstadt die M&ouml;glichkeit zu geben, &uuml;ber
die Politik des Organs der st&auml;dtischen Selbstverwaltung ihr Urteil zu
f&auml;llen. Zu diesem Zweck beschlie&szlig;t der Rat der Volkskommissare:
<P>
1. Die Stadtduma wird aufgel&ouml;st; die Aufl&ouml;sung tritt mit dem 30.
November 1917 in Kraft.
<P>
2. Alle von der jetzigen Duma gew&auml;hlten oder ernannten Funktion&auml;re
bleiben auf ihren Posten und erf&uuml;llen die ihnen anvertrauten Aufgaben,
bis an ihre Stelle die Beauftragten der neuen Duma treten.<I></I>
<P>
<I></I>3. Alle st&auml;dtischen Angestellten bleiben auf ihren Posten; wer
seinen Dienst auf eigene Verantwortung verl&auml;&szlig;t, gilt als
entlassen.<I></I>
<P>
<I></I>4. Die Neuwahlen f&uuml;r die Stadtduma von Petrograd werden auf den
9. Dezember 1917 angesetzt.<I></I>
<P>
<I></I>5. Die Stadtduma von Petrograd tritt am 11. Dezember 1917, um 2 Uhr,
zusammen.<I></I>
<P>
<I></I>6. Wer immer sich diesem Dekret widersetzt und wer absichtlich das
Eigentum der Stadtverwaltung sch&auml;digt oder zerst&ouml;rt, wird sofort
verhaftet und vor ein Revolutionstribunal gestellt..."<I></I>
<P>
<I></I>Die Duma erkl&auml;rte in einer Anzahl Resolutionen trotzig, da&szlig;
sie &AElig;ihre Stellung bis zum letzten Blutstropfen verteidigen" werde,
und richtete einen verzweifelten Aufruf an die Bev&ouml;lkerung, ihre
&AElig;selbstgew&auml;hlte Stadtverwaltung" zu sch&uuml;tzen. Aber die
Bev&ouml;lkerung blieb gleichg&uuml;ltig oder offen feindselig. Am 30. November
wurden der B&uuml;rgermeister Schrejder und mehrere Mitglieder der Duma
verhaftet, einem Verh&ouml;r unterzogen und wieder freigelassen. Trotzdem
fuhr an diesem und dem folgenden Tage die Duma fort zu tagen, wiederholt
unterbrochen von Rotgardisten und Matrosen, die die Versammlung in
h&ouml;flicher Weise zum Auseinandergehen aufforderten. Am 2. Dezember erschien
im Nikolaisaal w&auml;hrend der Rede eines Dumamitglieds ein Offizier mit
einigen Matrosen und forderte die R&auml;umung des Saales, widrigenfalls
Gewalt angewandt werden m&uuml;&szlig;te. Die Dumaleute protestierten heftig,
f&uuml;gten sich aber schlie&szlig;lich, indem sie erkl&auml;rten, da&szlig;
&AElig;sie nur der Gewalt wichen". Die neue Duma, deren Wahl zehn Tage
sp&auml;ter unter dem Boykott der &AElig;gem&auml;&szlig;igten" Sozialisten
erfolgte, war fast ganz bolschewistisch.
<P>
Es bestanden jedoch noch andere gef&auml;hrliche Oppositionszentren, so die
&AElig;Republiken" der Ukraine und Finnland, die eine eindeutige antisowjetische
Haltung einnahmen. Die Regierungen in Helsingfors wie in Kiew zogen
zuverl&auml;ssige Truppen zusammen und begannen einen brutalen Feldzug zur
Niederschlagung des Bolschewismus, zur Entwaffnung und Abschiebung der russischen
Truppen. Die Ukrainische Rada unterwarf sich ganz S&uuml;dru&szlig;land und
schickte Verst&auml;rkungen und Kriegsmaterial an Kaledin. Finnland und die
Ukraine verhandelten im geheimen mit den Deutschen und wurden von den Regierungen
der Alliierten prompt anerkannt.. Die Alliierten leihen ihnen riesige Summen
und verb&uuml;ndeten sich mit ihnen zum Zwecke der Bildung
konterrevolution&auml;rer Angriffszentren gegen Sowjetru&szlig;land. Als
in diesen K&auml;mpfen der Bolschewismus Sieger blieb, rief die unterlegene
Bourgeoisie die Deutschen, damit diese ihnen wieder zur Macht verh&uuml;lfen.
Die allergef&auml;hrlichste Bedrohung der Sowjetregierung kam jedoch aus
dem Innern und hatte zwei Ausgangspunkte: die Kaledinbewegung und den Stab
in Mogiljow, den General Duchonin befehligte. Der &uuml;berall zu findende
Murawjow wurde mit der F&uuml;hrung des Krieges gegen die Kosaken betraut
und eine Rote Armee aus Fabrikarbeitern gebildet. Hunderte von Propagandisten
gingen an den Don. Der Rat der Volkskommissare erlie&szlig; eine Proklamation
an die Kosaken, in der das Wesen der Sowjetregierung auseinandergesetzt und
gezeigt wurde, wie die besitzenden Klassen, die Tschinowniki, Gutsbesitzer,
Bankiers und ihre Verb&uuml;ndeten, die Kosakenf&uuml;rsten, Kosakengutsbesitzer
und Kosakengenerale, die Revolution zu erdrosseln versuchten, um die
Beschlagnahme ihrer Reicht&uuml;mer zu verhindern.
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Am 27. Erschien im Smolny eine Kosakendelegation, die Lenin und Trotzki zu
sehen w&uuml;nschte. Die Kosaken fragten, ob die Sowjetregierung wirklich
nicht die Absicht habe, ihr Land unter die Bauern Gro&szlig;ru&szlig;lands
aufzuteilen. &AElig;Wir denken nicht daran", erwiderte Trotzki. Die Kosaken
berieten eine Weile. &AElig;Gut", fuhren sie fort, &AElig;beabsichtigt die
Sowjetregierung, die G&uuml;ter unserer Kosakengutsbesitzer zu beschlagnahmen
und unter die werkt&auml;tigen Kosaken aufzuteilen?" Darauf Lenin: &AElig;Das
ist schon <I>eure</I> Sache. Wir werden die werkt&auml;tigen Kosaken in allen
ihren Aktionen unterst&uuml;tzen. Ihr beginnt am besten, indem ihr Kosakensowjets
w&auml;hlt. Wir geben euch eine Vertretung im Zentralexekutivkomitee, und
dann ist die Regierung auch <I>eure</I> Regierung."
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Die Kosaken gingen, angestrengt nachdenkend. Zwei Wochen darauf erschien
beim General Kaledin eine Delegation seiner Truppen mit der Anfrage, ob er
gewillt sei, die Aufteilung der gro&szlig;en L&auml;ndereien der
Kosakengutsbesitzer unter die werkt&auml;tigen Kosaken zu versprechen.
&AElig;Nein", erwiderte Kaledin. &AElig;Eher wollte ich sterben." Einen Monat
sp&auml;ter jagte er sich, durch das unaufhaltsame Dahinschmelzen seiner
Armee zur Verzweiflung gebracht, tats&auml;chlich eine Kugel durch den Kopf.
Die Kosakengefahr war erledigt.
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Mittlerweile hatten sich in Mogiljow das alte Zentralexekutivkomitee, die
F&uuml;hrer der &AElig;gem&auml;&szlig;igten" Sozialisten - von Awxentjew
bis Tschernow - , die aktiven H&auml;upter der alten Armeekomitees und die
reaktion&auml;ren Offiziere zusammengefunden. Der Stab weigerte sich
hartn&auml;ckig, den Rat der Volkskommissare anzuerkennen. Um sich herum
hatte er die Todesbataillone, die St.-Georgs-Ritter und die Frontkosaken
zusammengezogen und stand in enger und geheimer Verbindung mit den alliierten
Milit&auml;rattaches, mit der Kaledinbewegung und der Ukrainischen Rada.
Das Friedensdekret vom 8. November, in dem der Sowjetkongre&szlig; einen
allgemeinen Waffenstillstand vorgeschlagen hatte, war von den Regierungen
der Alliierten nicht beantwortet worden.
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Am 20. November &uuml;berreichte Trotzki den Gesandtschaften der Alliierten
eine Note: &AElig;Ich habe die Ehre, Herr Gesandter, Sie davon in Kenntnis
zu setzen, da&szlig; am 8. November der Gesamtrussische Sowjetkongre&szlig;
eine neue Regierung konstituiert hat: den Rat der Volkskommissare. Der
Pr&auml;sident dieser Regierung ist Wladimir Iljitsch Lenin. Die Leitung
der Ausw&auml;rtigen Angelegenheiten ist mir anvertraut worden, als dem
Volkskommissar f&uuml;r Ausw&auml;rtige Angelegenheiten. Indem ich ihre
Aufmerksamkeit auf den vom Gesamtrussischen Kongre&szlig; best&auml;tigten
Text des Vorschlages eines Waffenstillstandes und demokratischen Friedens
ohne Kriegsentsch&auml;digungen, ohne Annexionen und auf der Grundlage des
Selbstbestimmungsrechts der V&ouml;lker lenke, bitte ich Sie, das Dokument
als formellen Vorschlag eines sofortigen Waffenstillstandes an allen Fronten
und der unverz&uuml;glichen Einleitung von Friedensverhandlungen zu betrachten.
Die autorisierte Regierung der Russischen Republik richtet diesen Vorschlag
gleichzeitig an alle kriegf&uuml;hrenden V&ouml;lker und deren Regierungen.
Nehmen Sie, Herr Gesandter, die aufrichtige Versicherung der Hochsch&auml;tzung
der Sowjetregierung f&uuml;r ihr Volk entgegen, das sicher auch nur, gleich
allen in dieser beispiellosen Schl&auml;chterei ersch&ouml;pften und
wei&szlig;gebluteten V&ouml;lkern, den Frieden w&uuml;nscht..." In der gleichen
Nacht telegrafierte der Rat der Volkskommissare an den General Duchonin:
&AElig;...Der Rat der Volkskommissare hat im Auftrage des Gesamtrussischen
Sowjetkongresses der Arbeiter- und Soldatendeputierten die Macht in seine
H&auml;nde genommen, mit der Verpflichtung, allen kriegf&uuml;hrenden
V&ouml;lkern und deren Regierungen einen sofortigen Waffenstillstand an allen
Fronten und sofortige Er&ouml;ffnung von Verhandlungen zwecks Abschlusses
eines Friedens auf demokratischer Grundlage vorzuschlagen. ....Sie, B&uuml;rger
Kommandeur, beauftragt der Rat der Volkskommissare, in Ausf&uuml;hrung des
Beschlusses des Sowjetkongresses der Arbeiter- und Soldatendeputierten sich
sofort nach Erhalt der gegenw&auml;rtigen Mitteilung an die
Milit&auml;rbeh&ouml;rden der feindlichen Armeen mit dem Vorschlag der sofortigen
Einstellung der Kampfhandlungen zwecks Er&ouml;ffnung von Friedensverhandlungen
zu wenden. Indem der Rat der Volkskommissare Sie mit der F&uuml;hrung dieser
Verhandlungen betraut, befiehlt er Ihnen: 1. Dem Rate fortlaufend &uuml;ber
den Gang Ihrer Verhandlungen mit den Vertretern der feindlichen Armeen auf
telefonischem Weg Bericht zu erstatten; 2. den Akt &uuml;ber den Vorfrieden
erst nach vorheriger Zustimmung des Rates der Volkskommissare zu
unterzeichnen..."
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Die Gesandten der Alliierten quittierten die Note Trotzkis mit
ver&auml;chtlichem Schweigen und anonymen Interviews in den Zeitungen, voller
Boshaftigkeit und Spott. Der Duchonin erteilte Befehl wurde von ihnen offen
als Verrat bezeichnet. Duchonin selber lie&szlig; nichts von sich h&ouml;ren.
In der Nacht des 22. November wurde er telefonisch befragt, ob er bereit
sei, dem ihm erteilten Befehl zu gehorchen. Duchonin antwortete, da&szlig;
er nur einer Regierung gehorchen k&ouml;nne, die das Vertrauen der Armee
und des Landes habe.
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Ein telegrafischer Befehl enthob ihn sofort seines Postens als Oberbefehlshaber,
und Krylenko wurde an seine Stelle gesetzt. Au&szlig;erdem entsandte Lenin,
auch hier wieder seiner Taktik des &AElig;An-die-Massen-Appellierens" treu
bleibend, an alle Regiments-, Divisions- und Korpskomitees, an alle Soldaten
und Matrosen der Armee und Flotte einen Funkspruch, in dem er die Weigerung
Duchonins bekanntgab und den Regimentern an der Front die Wahl von Delegationen
befahl, die mit den ihnen gegen&uuml;berstehenden feindlichen Abteilungen
verhandeln sollten. Am 23. &Uuml;berreichten die Milit&auml;rattach&eacute;s
der Alliierten, den Instruktionen ihrer Regierungen folgend, Duchonin eine
Note, in der dieser feierlich aufgefordert wurde, &AElig;die zwischen den
Ententem&auml;chten geschlossenen Bedingungen unter keinen Umst&auml;nden
zu verletzen". Die Note erkl&auml;rte weiter, da&szlig; ein mit Deutschland
abgeschlossener Separat-Waffenstillstand f&uuml;r Ru&szlig;land die ernstesten
Konsequenzen im Gefolge haben w&uuml;rde. Duchonin sandte diese Mitteilung
sofort allen Soldatenkomitees zu. Am n&auml;chsten Morgen richtete Trotzki
einen neuen Appell an die Truppen, in dem er die Note der Vertreter der
Alliierten als offenkundige Einmischung in die inneren Angelegenheiten
Ru&szlig;lands kennzeichnete und als unversch&auml;mten Versuch, die russische
Armee und das russische Volk durch Drohungen zur Fortsetzung des Krieges
und Durchf&uuml;hrung der vom Zaren abgeschlossenen Vertr&auml;ge zu zwingen.
Aus dem Smolny kamen Aufrufe mit Anklagen gegen Duchonin, gegen die ihn
umgebenden Offiziere und die in Mogiljow versammelten reaktion&auml;ren
Politikaster, die auf der ganzen Tausende Kilometer langen Front Millionen
zorniger und argw&ouml;hnischer Soldaten in wilde Aufregung versetzten.
Gleichzeitig machte sich, von drei Abteilungen zu allem entschlossener Matrosen
begleitet, Krylenko auf den Weg zum Stab, racheschnaubend und von den Soldaten
mit Begeisterung empfangen. Als das zentrale Armeekomitee eine Erkl&auml;rung
zugunsten Duchonins erlie&szlig;, marschierten sofort zehntausend Mann nach
Mogiljow.
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Am 2. Dezember erhob sich die Garnison von Mogiljow und bem&auml;chtigte
sich der Stadt. Die Truppen verhafteten Duchonin und das Armeekomitee und
zogen mit siegreichen roten Fahnen aus, den neuen Oberbefehlshaber zu
begr&uuml;&szlig;en. Am n&auml;chsten Morgen zog Krylenko in Mogiljow ein.
Er fand Duchonin eingesperrt in einem Eisenbahnwagen, den eine w&uuml;tende
Menge umlagerte. Krylenko hielt eine Ansprache, in der er die Soldaten dringend
bat, den General ungeschoren zu lassen, da er nach Petrograd
&uuml;bergef&uuml;hrt und vom Revolutionstribunal abgeurteilt werden sollte.
W&auml;hrend er eben endete, erschien pl&ouml;tzlich Duchonin selbst am Fenster,
als wollte er eine Rede halten. Aber mit wildem Geheul drangen die Leute
in den Wagen, rissen den alten General heraus und schlugen ihn auf der Plattform
des Wagens tot. Auf diese Weise endete die Auflehnung des Stabes.
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M&auml;chtig gest&auml;rkt durch den Zusammenbruch der letzten Feste der
feindlichen Milit&auml;rstreitkr&auml;fte in Ru&szlig;land ging jetzt die
Sowjetregierung voller Zuversicht an die Organisierung des Staates. Viele
der alten Beamten str&ouml;mten ihr jetzt zu, und zahlreiche Mitglieder der
anderen Parteien traten in den Regierungsdienst. Die aufs Geldverdienen Erpichten
wurden allerdings durch das Dekrete &uuml;ber die Geh&auml;lter der
Regierungsangestellten zur&uuml;ckgeschreckt, das die Bez&uuml;ge der
Volkskommissare - die die H&ouml;chstbezahlten waren -. Auf f&uuml;nfhundert
Rubel (etwa f&uuml;nfzig Dollar) im Monat festsetzte. Der Streik der
Regierungsangestellten brach zusammen, als die Finanz- und Handelskreise
die Unterst&uuml;tzung der Streikenden einstellten. Die Bankangestellten
kehrte an ihre Arbeit zur&uuml;ck. Mit dem Dekret &uuml;ber die Nationalisierung
der Banken, der Einrichtung des Obersten Volkswirtschaftsrates und der
Verwirklichung des Landdekrets in den D&ouml;rfern, mit der demokratischen
Reorganisation der Armee sowie den durchgreifenden &Auml;nderungen in allen
Zweigen der Regierungst&auml;tigkeit und auf allen Gebieten des Lebens, mit
all dem - wirksam nur durch den Willen der Arbeiter, Soldaten und Bauern
- begann langsam und unter vielen Irrt&uuml;mern und Hemmungen der Aufbau
des proletarischen Ru&szlig;lands. Nicht durch Kompromisse mit den besitzenden
Klassen oder mit den anderen politischen F&uuml;hrern, nicht durch einfache
&Uuml;bernahme des alten Regierungsapparates eroberten die Bolschewiki die
Macht, noch geschah dies mittels der organisierten Gewalt einer kleinen Clique.
Wenn die Massen in ganz Ru&szlig;land nicht zum Aufstand bereit gewesen
w&auml;ren, h&auml;tten sie nicht siegen k&ouml;nnen. Die einzige Erkl&auml;rung
des bolschewistischen Erfolges liegt darin, da&szlig; sie die tiefen und
einfachen Bestrebungen der unterdr&uuml;ckten Volksmassen in die Tat umsetzten,
indem sie sie dazu aufforderten, das Alte niederzurei&szlig;en und zu
zerst&ouml;ren, und da&szlig; sie dann gemeinsam mit ihnen inmitten der noch
rauchenden Ruinen an der Errichtung einer neuen Ordnung arbeiteten
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