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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<TITLE>Der Arbeitslohn - 17. Verwandlung von Wert resp. Preis der Arbeitskraft in Arbeitslohn</TITLE>
<META NAME="Date" CONTENT="1997-11-02">
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<BODY BGCOLOR="#fffffc">
<P ALIGN="CENTER"><A HREF="me23_553.htm"><FONT SIZE=2>16. Kapitel. Verschiedne Formeln f&uuml;r die Rate des Mehrwerts</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="me23_000.htm"><FONT SIZE=2>Inhalt</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="me23_565.htm"><FONT SIZE=2>18. Kapitel. Der Zeitlohn</FONT></A></P>
<SMALL>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 23, "Das Kapital", Bd. I, Sechster Abschnitt, S. 557 - 564<BR>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1968 </SMALL></P>
<P ALIGN="CENTER">Sechster Abschnitt<BR>
<FONT SIZE="+2">Der Arbeitslohn</FONT></P>
<P ALIGN="CENTER">__________</P>
<P ALIGN="CENTER">SIEBZEHNTES KAPITEL<BR>
<FONT SIZE="+2">Verwandlung von Wert resp. Preis der Arbeitskraft in Arbeitslohn</FONT></P>
<B><P><A NAME="S557">&lt;557&gt;</A></B> Auf der Oberfl&auml;che der b&uuml;rgerlichen Gesellschaft erscheint der Lohn des Arbeiters als Preis der Arbeit, ein bestimmtes Quantum Geld, das f&uuml;r ein bestimmtes Quantum Arbeit gezahlt wird. Man spricht hier vom Wert der Arbeit und nennt seinen Geldausdruck ihren notwendigen oder nat&uuml;rlichen Preis. Man spricht andrerseits von Marktpreisen der Arbeit, d.h. &uuml;ber oder unter ihrem notwendigen Preis oszillierenden Preisen.</P>
<P>Aber was ist der Wert einer Ware? Gegenst&auml;ndliche Form der in ihrer Produktion verausgabten gesellschaftlichen Arbeit. Und wodurch messen wir die Gr&ouml;&szlig;e ihres Werts? Durch die Gr&ouml;&szlig;e der in ihr enthaltnen Arbeit. Wodurch w&auml;re also der Wert z.B. eines zw&ouml;lfst&uuml;ndigen Arbeitstags bestimmt? Durch die in einem Arbeitstag von 12 Stunden enthaltnen 12 Arbeitsstunden, was eine abgeschmackte Tautologie ist.<A NAME="Z21"><A HREF="me23_557.htm#M21">(21)</A></A> </P>
<B><P><A NAME="S558">&lt;558&gt;</A></B> Um als Ware auf dem Markt verkauft zu werden, m&uuml;&szlig;te die Arbeit jedenfalls existieren, bevor sie verkauft wird. K&ouml;nnte der Arbeiter ihr aber eine selbst&auml;ndige Existenz geben, so w&uuml;rde er Ware verkaufen und nicht Arbeit.<A NAME="Z22"><A HREF="me23_557.htm#M22">(22)</A></A></P>
<P>Von diesen Widerspr&uuml;chen abgesehn, w&uuml;rde ein direkter Austausch von Geld, d.h. vergegenst&auml;ndlichter Arbeit, mit lebendiger Arbeit entweder das Wertgesetz aufheben, welches sich grade erst auf Grundlage der kapitalistischen Produktion frei entwickelt, oder die kapitalistische Produktion selbst aufheben, welche grade auf der Lohnarbeit beruht. Der Arbeitstag von 12 Stunden stellt sich z.B. in einem Geldwert von 6 sh. dar. Entweder werden &Auml;quivalente ausgetauscht, und dann erh&auml;lt der Arbeiter f&uuml;r zw&ouml;lfst&uuml;ndige Arbeit 6 sh. Der Preis seiner Arbeit w&auml;re gleich dem Preis seines Produkts. In diesem Fall produzierte er keinen Mehrwert f&uuml;r den K&auml;ufer seiner Arbeit, die 6 sh. verwandelten sich nicht in Kapital, die Grundlage der kapitalistischen Produktion verschw&auml;nde, aber grade auf dieser Grundlage verkauft er seine Arbeit und ist seine Arbeit Lohnarbeit. Oder er erh&auml;lt f&uuml;r 12 Stunden Arbeit weniger als 6 sh., d.h. weniger als 12 Stunden Arbeit. Zw&ouml;lf Stunden Arbeit tauschen sich aus gegen 10, 6 usw. Stunden Arbeit. Diese Gleichsetzung ungleicher Gr&ouml;&szlig;en hebt nicht nur die Wertbestimmung auf. Ein solcher sich selbst aufhebender Widerspruch kann &uuml;berhaupt nicht als Gesetz auch nur ausgesprochen oder formuliert werden.<A NAME="Z23"><A HREF="me23_557.htm#M23">(23)</A></A></P>
<P>Es n&uuml;tzt nichts, den Austausch von mehr gegen weniger Arbeit aus dem Formunterschied herzuleiten, da&szlig; sie das eine Mal vergegenst&auml;ndlicht, das andre Mal lebendig ist.<A NAME="Z24"><A HREF="me23_557.htm#M24">(24)</A></A> Dies ist um so abgeschmackter, als der Wert einer <A NAME="S559"><B>&lt;559&gt;</A></B> Ware nicht durch das Quantum wirklich in ihr vergegenst&auml;ndlichter, sondern durch das Quantum der zu ihrer Produktion notwendigen lebendigen Arbeit bestimmt wird. Eine Ware stelle 6 Arbeitsstunden dar. Werden Erfindungen gemacht, wodurch sie in 3 Stunden produziert werden kann, so sinkt der Wert auch der bereits produzierten Ware um die H&auml;lfte. Sie stellt jetzt 3 statt fr&uuml;her 6 Stunden notwendige gesellschaftliche Arbeit dar. Es ist also das zu ihrer Produktion erheischte Quantum Arbeit, nicht deren gegenst&auml;ndliche Form, wodurch ihre Wertgr&ouml;&szlig;e bestimmt wird.</P>
<P>Was dem Geldbesitzer auf dem Warenmarkt direkt gegen&uuml;bertritt, ist in der Tat nicht die Arbeit, sondern der Arbeiter. Was letztrer verkauft, ist seine Arbeitskraft. Sobald seine Arbeit wirklich beginnt, hat sie bereits aufgeh&ouml;rt, ihm zu geh&ouml;ren, kann also nicht mehr von ihm verkauft werden. Die Arbeit ist die Substanz und das immanente Ma&szlig; der Werte, aber sie selbst hat keinen Wert.<A NAME="Z25"><A HREF="me23_557.htm#M25">(25)</A></A></P>
<P>Im Ausdruck: "Wert der Arbeit" ist der Wertbegriff nicht nur v&ouml;llig ausgel&ouml;scht, sondern in sein Gegenteil verkehrt. Es ist ein imagin&auml;rer Ausdruck, wie etwa Wert der Erde. Diese imagin&auml;ren Ausdr&uuml;cke entspringen jedoch aus den Produktionsverh&auml;ltnissen selbst. Sie sind Kategorien f&uuml;r Erscheinungsformen wesentlicher Verh&auml;ltnisse. Da&szlig; in der Erscheinung die Dinge sich oft verkehrt darstellen, ist ziemlich in allen Wissenschaften bekannt, au&szlig;er in der politischen &Ouml;konomie.<A NAME="Z26"><A HREF="me23_557.htm#M26">(26)</A></A></P>
<P>Die klassische politische &Ouml;konomie entlehnte dem Alltagsleben ohne weitere Kritik die Kategorie "Preis der Arbeit", um sich dann hinterher <A NAME="S560"><B>&lt;560&gt;</A></B> zu fragen, wie wird dieser Preis bestimmt? Sie erkannte bald, da&szlig; der Wechsel im Verh&auml;ltnis von Nachfrage und Angebot f&uuml;r den Preis der Arbeit, wie f&uuml;r den jeder andren Ware, nichts erkl&auml;rt au&szlig;er seinem Wechsel, d.h. die Schwankung der Markpreise unter oder &uuml;ber eine gewisse Gr&ouml;&szlig;e. Decken sich Nachfrage und Angebot, so h&ouml;rt, unter sonst gleichbleibenden Umst&auml;nden, die Preisoszillation auf. Aber dann h&ouml;ren auch Nachfrage und Angebot auf, irgend etwas zu erkl&auml;ren. Der Preis der Arbeit, wenn Nachfrage und Angebot sich decken, ist ihr vom Verh&auml;ltnis der Nachfrage und Angebot unabh&auml;ngig bestimmter, ihr nat&uuml;rlicher Preis, der so als der eigentlich zu analysierende Gegenstand gefunden ward. Oder man nahm eine l&auml;ngere Periode der Schwankungen des Marktpreises, z.B. ein Jahr und fand dann, da&szlig; sich ihr Auf und Ab ausgleicht zu einer mittlern Durchschnittsgr&ouml;&szlig;e, einer konstanten Gr&ouml;&szlig;e. Sie mu&szlig;te nat&uuml;rlich anders bestimmt werden als die sich kompensierenden Abweichungen von ihr selbst. Dieser &uuml;ber die zuf&auml;lligen Marktpreise der Arbeit &uuml;bergreifende und sie regulierende Preis, der "notwendige Preis" (Physiokraten) oder "nat&uuml;rliche Preis" der Arbeit (Adam Smith) kann, wie bei andren Waren, nur ihr in Geld ausgedr&uuml;ckter Wert sein. In dieser Art glaubte die politische &Ouml;konomie durch die zuf&auml;lligen Preise der Arbeit zu ihrem Wert vorzudringen. Wie bei den andren Waren wurde dieser Wert dann weiter durch die Produktionskosten bestimmt. Aber was sind die Produktionskosten - des Arbeiters, d.h. die Kosten, um den Arbeiter selbst zu produzieren oder zu reproduzieren? Diese Frage schob sich der politischen &Ouml;konomie bewu&szlig;tlos f&uuml;r die urspr&uuml;ngliche unter, da sie mit den Produktionskosten der Arbeit als solcher sich im Kreise drehte und nicht vom Flecke kam. Was sie also <A NAME="S561"><B>&lt;561&gt;</A></B> Wert der Arbeit (value of labour) nennt, ist in der Tat der Wert der Arbeitskraft, die in der Pers&ouml;nlichkeit des Arbeiters existiert und von ihrer Funktion, der Arbeit, ebenso verschieden ist wie eine Maschine von ihren Operationen. Besch&auml;ftigt mit dem Unterschied zwischen den Marktpreisen der Arbeit und ihrem sog. Wert, mit dem Verh&auml;ltnis dieses Werts zur Profitrate, zu den vermittelst der Arbeit produzierten Warenwerten usw., entdeckte man niemals, da&szlig; der Gang der Analyse nicht nur von den Marktpreisen der Arbeit zu ihrem vermeintlichen Wert, sondern dahin gef&uuml;hrt hatte, diesen Wert der Arbeit selbst wieder aufzul&ouml;sen in den Wert der Arbeitskraft. Die Bewu&szlig;tlosigkeit &uuml;ber dies Resultat ihrer eignen Analyse, die kritiklose Annahme der Kategorien "Wert der Arbeit", "nat&uuml;rlicher Preis der Arbeit" usw. als letzter ad&auml;quater Ausdr&uuml;cke des behandelten Wertverh&auml;ltnisses, verwickelte, wie man sp&auml;ter sehn wird, die klassische politische &Ouml;konomie in unaufl&ouml;sbare Wirren und Widerspr&uuml;che, w&auml;hrend sie der Vulg&auml;r&ouml;konomie eine sichere Operationsbasis f&uuml;r ihre prinzipiell nur dem Schein huldigende Flachheit bot.</P>
<P>Sehn wir nun zun&auml;chst, wie Wert und Preise der Arbeitskraft sich in dieser verwandelten Form als Arbeitslohn darstellen.</P>
<P>Man wei&szlig;, da&szlig; der Tageswert der Arbeitskraft berechnet ist auf eine gewisse Lebensdauer des Arbeiters, welcher eine gewisse L&auml;nge des Arbeitstags entspricht. Nimm an, der gewohnheitsm&auml;&szlig;ige Arbeitstag betrage 12 Stunden und der Tageswert der Arbeitskraft 3 sh., der Geldausdruck eines Werts, worin sich 6 Arbeitsstunden darstellen. Erh&auml;lt der Arbeiter 3 sh., so erh&auml;lt er den Wert seiner w&auml;hrend 12 Stunden funktionierenden Arbeitskraft. Wird nun dieser Tageswert der Arbeitskraft als Wert der Tagesarbeit ausgedr&uuml;ckt, so ergibt sich die Formel: Die zw&ouml;lfst&uuml;ndige Arbeit hat einen Wert von 3 sh. Der Wert der Arbeitskraft bestimmt so den Wert der Arbeit oder, in Geld ausgedr&uuml;ckt, ihren notwendigen Preis. Weicht dagegen der Preis der Arbeitskraft von ihrem Wert ab, so ebenfalls der Preis der Arbeit von ihrem sog. Wert.</P>
<P>Da der Wert der Arbeit nur ein irrationeller Ausdruck f&uuml;r den Wert der Arbeitskraft, ergibt sich von selbst, da&szlig; der Wert der Arbeit stets kleiner sein mu&szlig; als ihr Wertprodukt, denn der Kapitalist l&auml;&szlig;t die Arbeitskraft stets l&auml;nger funktionieren, als zur Reproduktion ihres eignen Werts n&ouml;tig ist. Im obigen Beispiel ist der Wert der w&auml;hrend 12 Stunden funktionierenden Arbeitskraft 3 sh., ein Wert, zu dessen Reproduktion sie 6 Stunden braucht. Ihr Wertprodukt ist dagegen 6 sh., weil sie in der Tat w&auml;hrend 12 Stunden funktioniert, und ihr Wertprodukt nicht von ihrem eignen Werte, sondern von der Zeitdauer ihrer Funktion abh&auml;ngt. Man erh&auml;lt so das auf den <A NAME="S562"><B>&lt;562&gt;</A></B> ersten Blick abgeschmackte Resultat, da&szlig; Arbeit, die einen Wert von 6 sh. schafft, einen Wert von 3 sh. besitzt.<A NAME="Z27"><A HREF="me23_557.htm#M27">(27)</A></A></P>
<P>Man sieht ferner: Der Wert von 3 sh., worin sich der bezahlte Teil des Arbeitstags, d.h. sechsst&uuml;ndige Arbeit darstellt, erscheint als Wert oder Preis des Gesamtarbeitstags von 12 Stunden, welcher 6 unbezahlte Stunden enth&auml;lt. Die Form des Arbeitslohns l&ouml;scht also jede Spur der Teilung des Arbeitstags in notwendige Arbeit und Mehrarbeit, in bezahlte und unbezahlte Arbeit aus. Alle Arbeit erscheint als bezahlte Arbeit. Bei der Fronarbeit unterscheiden sich r&auml;umlich und zeitlich, handgreiflich sinnlich, die Arbeit des Fr&ouml;ners f&uuml;r sich selbst und seine Zwangsarbeit f&uuml;r den Grundherrn. Bei der Sklavenarbeit erscheint selbst der Teil des Arbeitstags, worin der Sklave nur den Wert seiner eignen Lebensmittel ersetzt, den er in der Tat also f&uuml;r sich selbst arbeitet, als Arbeit f&uuml;r seinen Meister. Alle seine Arbeit erscheint als unbezahlte Arbeit.<A NAME="Z28"><A HREF="me23_557.htm#M28">(28)</A></A> Bei der Lohnarbeit erscheint umgekehrt selbst die Mehrarbeit oder unbezahlte Arbeit als bezahlt. Dort verbirgt das Eigentumsverh&auml;ltnis das F&uuml;rsichselbstarbeiten des Sklaven, hier das Geldverh&auml;ltnis das Umsonstarbeiten des Lohnarbeiters.</P>
<P>Man begreift daher die entscheidende Wichtigkeit der Verwandlung von Wert und Preis der Arbeitskraft in die Form des Arbeitslohns oder in Wert und Preis der Arbeit selbst. Auf dieser Erscheinungsform, die das wirkliche Verh&auml;ltnis unsichtbar macht und grade sein Gegenteil zeigt, beruhn alle Rechtsvorstellungen des Arbeiters wie des Kapitalisten, alle Mystifikationen der kapitalistische Produktionsweise, alle ihre Freiheitsillusionen, alle apologetischen Flausen der Vulg&auml;r&ouml;konomie.</P>
<P>Braucht die Weltgeschichte viele Zeit, um hinter das Geheimnis des Arbeitslohns zu kommen, so ist dagegen nichts leichter zu verstehen als die Notwendigkeit, die raisons d'&ecirc;tre &lt;Gr&uuml;nde des Daseins&gt; dieser Erscheinungsform. </P>
<B><P><A NAME="S563">&lt;563&gt;</A></B> Der Austausch zwischen Kapital und Arbeit stellt sich der Wahrnehmung zun&auml;chst ganz in derselben Art dar wie der Kauf und Verkauf aller andren Waren. Der K&auml;ufer gibt eine gewisse Geldsumme, der Verk&auml;ufer einen von Geld verschiednen Artikel. Das Rechtsbewu&szlig;tsein erkennt hier h&ouml;chstens einen stofflichen Unterschied, der sich ausdr&uuml;ckt in den rechtlich &auml;quivalenten Formeln: Do ut des, do ut facias, facio ut des, und facio ut facias. &lt;Ich gebe, damit du gibst; ich gebe, damit du tust; ich tue, damit du gibst; und ich tue, damit du tust.&gt;</P>
<P>Ferner: Da Tauschwert und Gebrauchswert an und f&uuml;r sich inkommensurable Gr&ouml;&szlig;en sind, so scheint der Ausdruck: "Wert der Arbeit", "Preis der Arbeit" nicht irrationeller als der Ausdruck "Wert der Baumwolle", "Preis der Baumwolle". Es kommt hinzu, da&szlig; der Arbeiter gezahlt wird, nachdem er seine Arbeit geliefert hat. In seiner Funktion als Zahlungsmittel realisiert das Geld aber nachtr&auml;glich den Wert oder Preis des gelieferten Artikels, also im gegebnen Fall den Wert oder Preis der gelieferten Arbeit. Endlich ist der "Gebrauchswert", den der Arbeiter dem Kapitalisten liefert, in der Tat nicht seine Arbeitskraft, sondern ihre Funktion, eine bestimmte n&uuml;tzliche Arbeit, Schneiderarbeit, Schusterarbeit, Spinnarbeit usw. Da&szlig; dieselbe Arbeit nach einer andren Seite hin allgemeines wertbildendes Element ist, eine Eigenschaft, wodurch sie sich von allen andren Waren unterscheidet, f&auml;llt au&szlig;erhalb des Bereichs des gew&ouml;hnlichen Bewu&szlig;tseins.</P>
<P>Stellen wir uns auf den Standpunkt des Arbeiters, der f&uuml;r zw&ouml;lfst&uuml;ndige Arbeit z.B. das Wertprodukt sechsst&uuml;ndiger Arbeit erh&auml;lt, sage 3 sh., so ist f&uuml;r ihn in der Tat seine zw&ouml;lfst&uuml;ndige Arbeit das Kaufmittel der 3 sh. Der Wert seiner Arbeitskraft mag variieren mit dem Wert seiner gewohnheitsm&auml;&szlig;igen Lebensmittel von 3 auf 4 sh. oder von 3 auf 2 sh., oder bei gleichbleibendem Wert seiner Arbeitskraft mag ihr Preis, infolge wechselnden Verh&auml;ltnisses von Nachfrage und Angebot, auf 4 sh. steigen oder auf 2 sh. fallen, er gibt stets 12 Arbeitsstunden. Jeder Wechsel in der Gr&ouml;&szlig;e des &Auml;quivalents, das er erh&auml;lt, erscheint ihm daher notwendig als Wechsel im Wert oder Preis seiner 12 Arbeitsstunden. Dieser Umstand verleitete umgekehrt Adam Smith, der den Arbeitstag als eine konstante Gr&ouml;&szlig;e behandelt <A NAME="Z29"><A HREF="me23_557.htm#M29">(29)</A></A>, zur Behauptung, der Wert der Arbeit sei konstant, obgleich der Wert der Lebensmittel wechsle und derselbe Arbeitstag sich daher in mehr oder weniger Geld f&uuml;r den Arbeiter darstelle. </P>
<B><P><A NAME="S564">&lt;564&gt;</A></B> Nehmen wir andrerseits den Kapitalisten, so will er zwar m&ouml;glichst viel Arbeit f&uuml;r m&ouml;glichst wenig Geld erhalten. Praktisch interessiert ihn daher nur die Differenz zwischen dem Preis der Arbeitskraft und dem Wert, den ihre Funktion schafft. Aber er sucht alle Ware m&ouml;glichst wohlfeil zu kaufen und erkl&auml;rt sich &uuml;berall seinen Profit aus der einfachen Prellerei, dem Kauf unter und dem Verkauf &uuml;ber dem Wert. Er kommt daher nicht zur Einsicht, da&szlig;, wenn so ein Ding wie Wert der Arbeit wirklich existierte, und er diesen Wert wirklich zahlte, kein Kapital existieren, sein Geld sich nicht in Kapital verwandeln w&uuml;rde.</P>
<P>Zudem zeigt die wirkliche Bewegung des Arbeitslohns Ph&auml;nomene, die zu beweisen scheinen, da&szlig; nicht der Wert der Arbeitskraft bezahlt wird, sondern der Wert ihrer Funktion, der Arbeit selbst. Diese Ph&auml;nomene k&ouml;nnen wir auf zwei gro&szlig;e Klassen zur&uuml;ckf&uuml;hren. Erstens: Wechsel des Arbeitslohns mit wechselnder L&auml;nge des Arbeitstags. Man k&ouml;nnte ebensowohl schlie&szlig;en, da&szlig; nicht der Wert der Maschine, sondern der ihrer Operation bezahlt wird, weil es mehr kostet, eine Maschine f&uuml;r eine Woche als f&uuml;r einen Tag zu dingen. Zweitens: Der individuelle Unterschied in den Arbeitsl&ouml;hnen verschiedner Arbeiter, welche dieselbe Funktion verrichten. Diesen individuellen Unterschied findet man, aber ohne Anla&szlig; zu Illusionen, auch im System der Sklaverei, wo frank und frei, ohne Schn&ouml;rkel, die Arbeitskraft selbst verkauft wird. Nur f&auml;llt der Vorteil einer Arbeitskraft die &uuml;ber dem Durchschnitt, oder der Nachteil einer Arbeitskraft, die unter dem Durchschnitt steht, im Sklavensystem dem Sklaveneigner zu, im System der Lohnarbeit dem Arbeiter selbst, weil seine Arbeitskraft in dem einen Fall von ihm selbst, in dem andern von einer dritten Person verkauft wird.</P>
<P>&Uuml;brigens gilt von der Erscheinungsform, "Wert und Preis der Arbeit" oder "Arbeitslohn", im Unterschied zum wesentlichen Verh&auml;ltnis, welches erscheint, dem Wert und Preis der Arbeitskraft, dasselbe, was von allen Erscheinungsformen und ihrem verborgnen Hintergrund. Die ersteren reproduzieren sich unmittelbar spontan, als gang und g&auml;be Denkformen, der andre mu&szlig; durch die Wissenschaft erst entdeckt werden. Die klassische politische &Ouml;konomie st&ouml;&szlig;t ann&auml;hernd auf den wahren Sachverhalt, ohne ihn jedoch bewu&szlig;t zu formulieren. Sie kann das nicht, solange sie in ihrer b&uuml;rgerlichen Haut steckt. </P>
<P><HR></P>
<P><A NAME="M21">Fu&szlig;noten</P>
<P>(21)</A> "Ricardo, geistreich genug, vermeidet eine Schwierigkeit, die auf den ersten Blick seiner Theorie entgegenzustehen scheint, da&szlig; n&auml;mlich der Wert von der in der Produktion verwandten Arbeitsmenge abh&auml;ngig ist. H&auml;lt man an diesem Prinzip streng fest, so folgt daraus, da&szlig; der Wert der Arbeit abh&auml;ngt von der zu ihrer Produktion aufgewandten Arbeitsmenge - was offenbar Unsinn ist. Durch eine geschickte Wendung macht deshalb Ricardo den Wert der Arbeit abh&auml;ngig von der Menge der Arbeit, die zur Produktion des Lohnes erforderlich ist; oder, um mit seinen eigenen Worten zu sprechen, er behauptet, da&szlig; der Wert der Arbeit nach der Arbeitsmenge zu sch&auml;tzen sei, die zur Produktion des Lohnes ben&ouml;tigt wird; worunter er die Arbeitsmenge versteht, die zur Produktion des Geldes oder der Ware notwendig ist, die dem Arbeiter gegeben werden. Gerade so gut k&ouml;nnte man sagen, da&szlig; der Wert von Tuch nicht nach der zu seiner Produktion verwandten Arbeitsmenge gesch&auml;tzt werde, sondern nach der Arbeitsmenge, die zur Produktion des Silbers verwandt wurde, gegen welches das Tuch eingetauscht wird." ([S. Bailey,] "A Critical Dissertation on the Nature, etc., of Value", pp. 50, 51) <A HREF="me23_557.htm#Z21">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="M22">(22)</A> "Wenn ihr Arbeit eine Ware nennt, so ist sie doch nicht einer Ware gleich, die zuerst zum Zweck des Tausches produziert und dann auf den Markt gebracht wird, wo sie mit anderen Waren, die grade auf dem Markte sind, in entsprechendem Verh&auml;ltnis ausgetauscht wird; Arbeit wird in dem Augenblick geschaffen, in dem sie auf den Markt gebracht wird, ja sie wird auf den Markt gebracht, bevor sie geschaffen ist." ("Observations on some verbal disputes etc.", p. 75, 76.) <A HREF="me23_557.htm#Z22">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="M23">(23)</A> "Wenn man Arbeit als eine Ware und Kapital, das Produkt von Arbeit, als eine andre behandelt, dann w&uuml;rde sich, wenn die Werte jener beiden Waren durch gleiche Arbeitsmengen bestimmt w&uuml;rden, eine gegebene Menge Arbeit ... gegen eine solche Menge Kapital austauschen, die durch die gleiche Arbeitsmenge erzeugt worden w&auml;re; vergangene Arbeit w&uuml;rde ... gegen die gleiche Menge eingetauscht wie gegenw&auml;rtige. Aber der Wert der Arbeit, im Verh&auml;ltnis zu anderen Waren ... wird eben nicht durch gleiche Arbeitsmengen bestimmt." (E. G. Wakefield in s. Edit. von A. Smiths, "Wealth of Nations", Lond. 1835, v. I, p. 230, 231, Note.) <A HREF="me23_557.htm#Z23">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="M24">(24)</A> "Man mu&szlig;te vereinbaren" (auch eine Ausgabe des "contrat social" &lt;"Gesellschaftsvertrags"&gt;), "da&szlig;, wann immer geleistete Arbeit gegen zu leistende Arbeit ausgetauscht wird, der letztere" (le capitaliste &lt;der Kapitalist&gt;) "einen h&ouml;heren Wert erhalten m&uuml;&szlig;te als der erstere" (le travailleur &lt;der Arbeiter&gt;). (Simonde (i.e. Sismondi) "De la Richesse Commerciale", Gen&egrave;ve 1803, t. I, p. 37) <A HREF="me23_557.htm#Z24">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="M25">(25)</A> Arbeit, der ausschlie&szlig;liche Ma&szlig;stab des Wertes ... die Sch&ouml;pferin allen Reichtums, ist keine Ware." (Th. Hodgskin, l.c.p. 186.) <A HREF="me23_557.htm#Z25">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="M26">(26)</A> Solche Ausdr&uuml;cke dagegen f&uuml;r blo&szlig;e licentia poetica &lt;dichterische Freiheit&gt; zu erkl&auml;ren, zeigt nur die Ohnmacht der Analyse. Gegen Proudhons Phrase: "Man sagt von der Arbeit, da&szlig; sie einen Wert hat, nicht als eigentliche Ware, sondern im Hinblick auf die Werte, welche man in ihr potentiell enthalten annimmt. Der Wert der Arbeit ist ein fig&uuml;rlicher Ausdruck etc.", bemerke ich daher: "Er sieht in der Ware Arbeit, die eine furchtbare Realit&auml;t ist, nur eine grammatische Ellipse. Demgem&auml;&szlig; ist die ganze heutige, auf den Warencharakter der Arbeit begr&uuml;ndete Gesellschaft von jetzt an eine poetische Lizenz, auf einen fig&uuml;rlichen Ausdruck begr&uuml;ndet. Will die Gesellschaft 'alle Unzutr&auml;glichkeiten ausmerzen', unter denen sie zu leiden hat, nun, so merze sie die anst&ouml;&szlig;igen Ausdr&uuml;cke aus, so &auml;ndere sie die Sprache, und sie braucht sich zu diesem Behufe nur an die Akademie zu wenden, um von ihr eine neue Ausgabe ihres W&ouml;rterbuchs zu verlangen." (K. Marx, "Mis&egrave;re de la Philosophie", p. 34, 35 &lt;Siehe Band 4, S. 87/88&gt;.) Noch bequemer ist es nat&uuml;rlich, sich unter Wert gar nichts zu denken. Man kann dann ohne Umst&auml;nde alles unter diese Kategorie subsumieren. So z.B. J. B. Say. Was ist "valeur" &lt;"Wert"&gt;? Antwort: "Das, was eine Sache wert ist" und was ist "prix &lt;"Preis"&gt;? Antwort: "Der Wert einer Sache ausgedr&uuml;ckt in Geld." Und warum hat "die Arbeit der Erde ... einen Wert? Weil man ihr einen Preis zuerkennt". Also Wert ist, was ein Ding wert ist, und die Erde hat einen "Wert", weil man ihren Wert "in Geld ausdr&uuml;ckt". Dies ist jedenfalls eine sehr einfache Methode, sich &uuml;ber das why &lt;Warum&gt; und wherefore &lt;Weswegen&gt; der Dinge zu verst&auml;ndigen. <A HREF="me23_557.htm#Z26">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="M27">(27)</A> Vgl. "Zur Kritik der politischen Oekonomie", p. 40 &lt;Siehe Band 13, S. 47&gt;, wo ich ank&uuml;ndige, da&szlig; bei Betrachtung des Kapitals das Problem gel&ouml;st werden soll: "Wie f&uuml;hrt Produktion auf Basis des durch blo&szlig;e Arbeitszeit bestimmten Tauschwerts zum Resultat, da&szlig; der Tauschwert der Arbeit kleiner ist als der Tauschwert ihres Produkts?" <A HREF="me23_557.htm#Z27">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="M28">(28)</A> Der "Morning Star", ein bis zur Albernheit naives Londoner Freihandelsorgan, beteuerte w&auml;hrend des Amerikanischen B&uuml;rgerkriegs wieder und wieder mit aller menschenm&ouml;glichen moralischen Entr&uuml;stung, da&szlig; die Neger in den "Confederate States" ganz umsonst arbeiteten. Es h&auml;tte gef&auml;lligst die Tageskosten eines solchen Negers mit denen des freien Arbeiters im East End von London z.B. vergleichen sollen. <A HREF="me23_557.htm#Z28">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="M29">(29)</A> A. Smith spielt nur zuf&auml;llig auf die Variation des Arbeitstags an bei Gelegenheit des St&uuml;cklohns. <A HREF="me23_557.htm#Z29">&lt;=</A></P></BODY>
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