emacs.d/clones/www.mlwerke.de/me/me15/me15_027.htm
2022-08-25 20:29:11 +02:00

83 lines
No EOL
35 KiB
HTML
Raw Blame History

This file contains ambiguous Unicode characters

This file contains Unicode characters that might be confused with other characters. If you think that this is intentional, you can safely ignore this warning. Use the Escape button to reveal them.

<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 3.2//EN">
<HTML>
<HEAD>
<TITLE>Friedrich Engels - Ueber gezogene Kanonen</TITLE>
<META HTTP-EQUIV="Content-Type" CONTENT="text/html; charset=ISO-8859-1">
</HEAD>
<BODY LINK="#0000ff" VLINK="#800080" BGCOLOR="#ffffaf">
<P ALIGN="CENTER"><A HREF="../me_ak60.htm"><FONT SIZE=2>Inhaltsverzeichnis Artikel und Korrespondenzen 1860</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 15, 4. Auflage 1972, unver&auml;nderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 27-38.</P>
<P>1. Korrektur<BR>
Erstellt am 18.09.1998</P>
</FONT><H2>Friedrich Engels </H2>
<H1>&Uuml;ber gezogene Kanonen </H1>
<FONT SIZE=2><P>Geschrieben M&auml;rz/April 1858.<BR>
Aus dem Englischen.</P>
</FONT><P><HR></P>
<FONT SIZE=2><P>["New York Daily Tribune" Nr. 5914 vom 7. April 1860] </P>
</FONT><B><P ALIGN="CENTER">I</P>
<P><A NAME="S27">&lt;27&gt;</A></B> Die ersten Versuche, die Schu&szlig;weite und Pr&auml;zision der Gesch&uuml;tze durch Z&uuml;ge in der Rohrwand zu vergr&ouml;&szlig;ern und damit dem Gescho&szlig; eine Drehung senkrecht zur Fluglinie zu geben, stammen aus dem 17. Jahrhundert. In M&uuml;nchen gibt es eine kleine Kanone mit gezogenem Rohr, die 1694 in N&uuml;rnberg hergestellt wurde; das Rohr hat acht Z&uuml;ge und ein Kaliber von ungef&auml;hr zwei Zoll. W&auml;hrend des ganzen 18. Jahrhunderts wurden sowohl in Deutschland als auch in England Experimente mit gezogenen Gesch&uuml;tzen vorgenommen, von denen einige Hinterlader waren. Obwohl es sich nur um kleine Kaliber handelte, erzielte man sehr zufriedenstellende Resultate. Die englischen Zweipf&uuml;nder von 1776, mit einer Schu&szlig;weite von 1.300 Yard, ergaben eine seitliche Abweichung von nur zwei Fu&szlig; ein Grad von Genauigkeit, den keine andere Schu&szlig;waffe dieser Zeit auch nur ann&auml;hernd erreichen konnte. Im gleichen Jahr wurden diese gezogenen Gesch&uuml;tze erstmalig zum Feuern von Langgeschossen verwandt.</P>
<P>Diese Experimente blieben jedoch lange Zeit ohne jedes praktische Ergebnis. Die milit&auml;rischen Anschauungen dieser Zeit wandten sich ganz und gar gegen gezogene Waffen. Selbst die B&uuml;chse war damals ein sehr plumpes Instrument, das Laden eine langwierige und m&uuml;hsame Angelegenheit, die betr&auml;chtliche Handfertigkeit verlangte. Sie war in einer Zeit, in der das Schnellfeuer sowohl der deployierten Linien, der Kolonnenspitzen als auch der Sch&uuml;tzen eines der Haupterfordernisse der Schlacht war, eine f&uuml;r die allgemeine Kriegf&uuml;hrung ungeeignete Waffe. Napoleon duldete keine gezogenen Gewehre in seiner Armee; in England und Deutschland wurden nur wenige Bataillone damit bewaffnet; lediglich in Amerika und in der Schweiz blieb die B&uuml;chse Nationalwaffe. </P>
<B><P><A NAME="S28">&lt;28&gt;</A></B> Der algerische Krieg war der Anla&szlig;, das gezogene Gewehr wieder in Kredit zu bringen und seine Konstruktion zu vervollkommnen; diese Verbesserungen waren nur der Beginn jener gewaltigen Umw&auml;lzung im gesamten System der Feuerwaffen, die selbst jetzt noch weit von ihrem Abschlu&szlig; entfernt ist. Die glattl&auml;ufigen Musketen der Franzosen konnten sich mit den langen Espingardas der Araber nicht messen; ihre gr&ouml;&szlig;ere L&auml;nge und das bessere Material, die eine schwerere Ladung zulie&szlig;en, erm&ouml;glichten den Kabylen und Beduinen, aus einer Entfernung auf die Franzosen zu schie&szlig;en, in der das Regulationsgewehr v&ouml;llig wirkungslos war. Der Herzog von Orleans, der die preu&szlig;ischen und &ouml;sterreichischen Chasseure gesehen und bewundert hatte, organisierte nach ihrem Vorbild die franz&ouml;sischen Chasseure, die in bezug auf Bewaffnung, Ausr&uuml;stung und Taktik bald die besten Truppen ihrer Art in der Welt wurden. Das gezogene Gewehr, mit dem man sie bewaffnete, war der alten B&uuml;chse um ein vielfaches &uuml;berlegen und erfuhr alsbald weitere Ver&auml;nderungen, die schlie&szlig;lich die allgemeine Einf&uuml;hrung der gezogenen Gewehre in der gesamten Infanterie Europas zur Folge hatten. </P>
<P>Nachdem so die Schu&szlig;weite des Infanteriefeuers von 300 auf 800 und selbst auf 1.000 Yard erh&ouml;ht worden war, entstand die Frage, ob die Feldartillerie, die bisher alle Entfernungen von 300 bis zu 1.500 Yard beherrscht hatte, noch in der Lage sein w&uuml;rde, sich gegen die neuen Handfeuerwaffen zu behaupten. In der Tat lag die gr&ouml;&szlig;te Wirksamkeit der gew&ouml;hnlichen Feldgesch&uuml;tze gerade bei jener Schu&szlig;weite, die jetzt vom gezogenen Gewehr ebenfalls erreicht wurde; Kart&auml;tschen waren &uuml;ber 600 oder 700 Yard hinaus kaum wirksam. Vollkugeln der Sechs- und Neunpf&uuml;nder ergaben &uuml;ber 1.000 Yard hinaus keine sehr zufriedenstellenden Resultate, und um durchschlagend zu wirken, erforderten Schrapnells (runde Kart&auml;tschen) Kaltbl&uuml;tigkeit und genaues Sch&auml;tzen der Entfernungen, Qualit&auml;ten also, die nicht immer auf dem Schlachtfeld zu finden sind, wenn der Feind vorr&uuml;ckt; auch das Granatenfeuer der alten Haubitzen gegen Truppen war alles andere als zufriedenstellend. Solche Armeen, die wie die englische den Neunpf&uuml;nder als kleinstes Kaliber hatten, waren noch am besten dran; der franz&ouml;sische Achtpf&uuml;nder und noch mehr der deutsche Sechspf&uuml;nder wurden nahezu unbrauchbar. Um dem abzuhelfen, f&uuml;hrten die Franzosen ungef&auml;hr zu Beginn des Krimkrieges Louis-Napoleons sogenannte Erfindung, den leichten Zw&ouml;lfpf&uuml;nder, canon obusier, ein, aus dem Vollgeschosse mit einer Ladung, die statt eines Drittels nur ein Viertel des Gescho&szlig;gewichts betrug, sowie Granaten gefeuert werden konnten. Diese Kanone stellte lediglich eine Nachahmung des englischen leichten Zw&ouml;lfpf&uuml;nders dar, der <A NAME="S29"><B>&lt;29&gt;</A></B> von den Engl&auml;ndern bereits wieder aufgegeben worden war. Das System, Hohlgeschosse aus langen Gesch&uuml;tzen zu feuern, war in Deutschland schon lange gebr&auml;uchlich, so da&szlig; an dieser angeblichen Verbesserung absolut nichts Neues war. Jedoch h&auml;tte eine Bewaffnung der gesamten franz&ouml;sischen Artillerie mit Zw&ouml;lfpf&uuml;ndern, selbst mit verminderter Schu&szlig;weite, dieser eine entschiedene &Uuml;berlegenheit &uuml;ber die alten Sechs- und Achtpf&uuml;nder gegeben. Um dem zu begegnen, entschlo&szlig; sich die preu&szlig;ische Regierung 1859, ihre gesamte Fu&szlig;artillerie mit schweren Zw&ouml;lfpf&uuml;ndern auszur&uuml;sten. Das war der letzte Schritt in der Entwicklung des glattl&auml;ufigen Gesch&uuml;tzes; er zeigte, da&szlig; die ganze Angelegenheit erledigt und die Verteidiger der glatten L&auml;ufe ad absurdum gef&uuml;hrt worden waren. Es konnte in der Tat nichts unsinniger sein, als die gesamte Artillerie einer Armee mit diesen schwerf&auml;lligen, unbeholfenen preu&szlig;ischen Zw&ouml;lfpf&uuml;ndern zu bewaffnen, und das zu einer Zeit, in der Beweglichkeit und Schnelligkeit beim Man&ouml;vrieren das allerwichtigste Erfordernis ist. Da der leichte franz&ouml;sische Zw&ouml;lfpf&uuml;nder nur gegen&uuml;ber anderer Artillerie eine relative &Uuml;berlegenheit, aber gegen&uuml;ber den neuen Handfeuerwaffen &uuml;berhaupt keine &Uuml;berlegenheit besa&szlig; und der schwere preu&szlig;ische Zw&ouml;lfpf&uuml;nder eine handgreifliche Absurdit&auml;t war, so blieb nichts weiter &uuml;brig, als entweder die Feldartillerie v&ouml;llig fallenzulassen oder gezogene Gesch&uuml;tze zu &uuml;bernehmen. </P>
<P>Inzwischen waren in verschiedenen L&auml;ndern die Experimente mit gezogenen Gesch&uuml;tzen st&auml;ndig weitergef&uuml;hrt worden. In Deutschland experimentierte der bayrische Oberstleutnant Reichenbach schon 1816 mit einer kleinen gezogenen Kanone und einem zylindrisch-konoidalen Gescho&szlig;. In bezug auf Schu&szlig;weite und Pr&auml;zision waren die Ergebnisse sehr zufriedenstellend, aber die Schwierigkeiten des Ladens und nicht der Sache selbst entspringende Hindernisse vereitelten die Weiterf&uuml;hrung des Experiments. Im Jahre 1846 konstruierte der Piemontese Major Cavalli einen gezogenen Hinterlader, der betr&auml;chtliches Aufsehen erregte. Sein erstes Gesch&uuml;tz war ein Drei&szlig;igpf&uuml;nder, der mit einem zylindrisch-konoidalen Hohlgescho&szlig; von 64 Pfund Gewicht und mit 5 Pfund Pulver geladen wurde. Bei einer Elevation von 14<FONT SIZE="-1"><SUP>3</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">4</FONT> Grad erzielte er eine Schu&szlig;weite (bei Messung des ersten Aufschlages) von 3.050 Metern, das hei&szlig;t 3.400 Yard. Ein wichtiges Ergebnis seiner Experimente (bis in die letzte Zeit teils in Schweden, teils in Piemont fortgef&uuml;hrt) war die Entdeckung, da&szlig; alle aus gezogenen Gesch&uuml;tzen abgefeuerten Geschosse eine regelm&auml;&szlig;ige, durch den Drallwinkel verursachte seitliche Abweichung haben, und zwar immer nach der Seite, nach der die Z&uuml;ge laufen. Nachdem dies festgestellt worden war, erfand Cavalli auch die sogenannte seitliche oder horizontale Tangentenskala zur <A NAME="S30"><B>&lt;30&gt;</A></B> Korrektur der Abweichung. Die Ergebnisse seiner Experimente waren h&ouml;chst befriedigend. Bei Turin ergab im Jahre 1854 sein Drei&szlig;igpf&uuml;nder mit einer Ladung von 8 Pfund und einem 64 Pfund schweren Gescho&szlig; folgende Resultate: </P>
<P ALIGN="CENTER"><CENTER><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=470>
<TR><TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">Elevation</TD>
<TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">Schu&szlig;weite</TD>
<TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">Seitliche unregelm&auml;&szlig;ige<BR>
Abweichung</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">10°</TD>
<TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">2.806 m</TD>
<TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">2,81 m</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">15°</TD>
<TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">3.785 m</TD>
<TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">3,21 m</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">20°</TD>
<TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">4.511 m</TD>
<TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">3,72 m</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">25°</TD>
<TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">5.103 m</TD>
<TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">4,77 m</TD>
</TR>
</TABLE>
</CENTER></P>
<P>Das hei&szlig;t, bei 25 Grad Elevation ergibt sich eine Schu&szlig;weite von &uuml;ber 3 Meilen mit einer seitlichen Abweichung von der Ziellinie von weniger als 16 Fu&szlig; (nach der Korrektur mittels der horizontalen Tangentenskala)! Die gr&ouml;&szlig;te franz&ouml;sische Feldhaubitze hatte bei einer Schu&szlig;weite von 2.400 Metern, gleich 2.650 Yard, seitliche Abweichungen von durchschnittlich 47 Metern oder 155 Fu&szlig;, also zehnmal gr&ouml;&szlig;er als die des gezogenen Gesch&uuml;tzes bei doppelter Schu&szlig;weite. </P>
<P>Ein anderes System gezogener Gesch&uuml;tze, das kurze Zeit nach Cavallis ersten Experimenten Aufmerksamkeit erweckte, war das des schwedischen Barons Wahrendorff. Sein Gesch&uuml;tz war ebenfalls ein Hinterlader und sein Gescho&szlig; zylindrisch-konoidal. Der Unterschied beim Gescho&szlig; bestand jedoch darin, da&szlig; Cavallis Gescho&szlig; aus hartem Metall war und Ans&auml;tze hatte, die in die Z&uuml;ge eingriffen, w&auml;hrend Wahrendorffs Gescho&szlig; mit einem d&uuml;nnen Bleimantel &uuml;berzogen und im Durchmesser etwas gr&ouml;&szlig;er war als das Kaliber des gezogenen Teils des Rohres. Nachdem das Gescho&szlig; in die Kammer eingef&uuml;hrt worden war, die daf&uuml;r die entsprechende Gr&ouml;&szlig;e hatte, trieb die Explosion das Gescho&szlig; in das gezogene Rohr; das kr&auml;ftig in die Z&uuml;ge gepre&szlig;te Blei beseitigte jeden Spielraum und verhinderte das Entweichen auch der geringsten Menge des durch die Explosion entwickelten Gases. Die mit diesen Gesch&uuml;tzen in Schweden und anderswo erzielten Resultate waren durchaus zufriedenstellend, und w&auml;hrend Cavallis Gesch&uuml;tze in die Armierung Genuas &uuml;bernommen wurden, spielten die Gesch&uuml;tze Wahrendorffs in den Kasematten von Waxholm in Schweden, Portsmouth in England und in einigen preu&szlig;ischen Festungen eine Rolle. Damit hatte die Einf&uuml;hrung gezogener Gesch&uuml;tze in die Praxis begonnen, wenn auch blo&szlig; f&uuml;r Festungen. Es blieb nur noch der eine Schritt zu tun, sie in die Feldartillerie einzuf&uuml;hren, und das ist in Frankreich geschehen und geschieht jetzt in allen europ&auml;ischen <A NAME="S31"><B>&lt;31&gt;</A></B> Artillerien. Die verschiedenen Systeme, nach denen gezogene Feldgesch&uuml;tze jetzt erfolgreich entwickelt werden oder entwickelt werden k&ouml;nnen, sollen Gegenstand eines weiteren Artikels sein. </P>
<FONT SIZE=2><P>["New-York Daily Tribune" Nr. 5926 vom 21. April 1860] </P>
</FONT><B><P ALIGN="CENTER">II</P>
</B><P>Wie wir im vorigen Artikel sagten, waren die Franzosen die ersten, die dem gezogenen Gesch&uuml;tz in die praktische Kriegf&uuml;hrung Eingang verschafften. Seit f&uuml;nf oder sechs Jahren haben zwei Offiziere, Oberst Tamisier und Oberstleutnant (jetzt Oberst) Treuille de Beaulieu, auf diesem Gebiet im Auftrage der Regierung experimentiert, und die erzielten Ergebnisse wurden als ausreichend befunden, um als Grundlage einer Reorganisation der franz&ouml;sischen Artillerie direkt vor dem Ausbruch des letzten italienischen Krieges zu dienen. Ohne auf die Geschichte der Experimente einzugehen, wollen wir sofort zur Beschreibung des Systems kommen, das jetzt von der franz&ouml;sischen Artillerie &uuml;bernommen wurde. </P>
<P>In &Uuml;bereinstimmung mit dem f&uuml;r die Franzosen so charakteristischen Verlangen nach Einheitlichkeit &uuml;bernahmen sie f&uuml;r die Feldartillerie nur ein Kaliber (den alten franz&ouml;sischen Vierpf&uuml;nder mit einem Bohrungsdurchmesser von 85<FONT SIZE="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">2</FONT> Millimetern oder nahezu 3<FONT SIZE="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">2</FONT> Zoll) und eines f&uuml;r die Belagerungsartillerie (den alten Zw&ouml;lfpf&uuml;nder von 120 Millimetern oder 4<FONT SIZE="-1"><SUP>3</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">4</FONT> Zoll). Alle anderen Gesch&uuml;tze, mit Ausnahme der M&ouml;rser, werden abgeschafft. Das verwendete Material ist im allgemeinen gew&ouml;hnliches Kanonenmetall, aber in einigen F&auml;llen auch Gu&szlig;stahl. Die Gesch&uuml;tze sind Vorderlader, denn die franz&ouml;sischen Experimente mit Hinterladern waren nicht befriedigend. Jedes Gesch&uuml;tz hat 6 muldenf&ouml;rmige Z&uuml;ge, 5 Millimeter tief und 16 Millimeter breit; der Drallwinkel scheint nur gering zu sein, aber dar&uuml;ber sind keine Einzelheiten bekannt. Der Spielraum f&uuml;r das Gescho&szlig; betr&auml;gt ungef&auml;hr <FONT SIZE="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">2</FONT> bis 1 Millimeter, an den ailettes oder Warzen, die in die Z&uuml;ge eingreifen, etwas weniger als 1 Millimeter. Das Gescho&szlig; ist zylindrisch-ogival und hohl, wiegt gef&uuml;llt ungef&auml;hr 12 Pfund und hat sechs Ailetten, eine f&uuml;r jeden Zug, drei sitzen nahe der Spitze und drei nahe dem Gescho&szlig;boden. Sie sind sehr kurz ungef&auml;hr 15 Millimeter lang. Die Z&uuml;nd&ouml;ffnung l&auml;uft von der Spitze abw&auml;rts und wird bei pulvergef&uuml;llten Geschossen durch eine Z&uuml;ndr&ouml;hre oder einen Z&uuml;ndkegel mit Z&uuml;ndh&uuml;tchen verschlossen und, wenn das Gescho&szlig; nicht explodieren soll, mit einer <A NAME="S32"><B>&lt;32&gt;</A></B> eisernen Schraube. Im letzteren Fall ist es mit einer Mischung aus S&auml;gemehl und Sand gef&uuml;llt, damit es das gleiche Gewicht wie das pulvergef&uuml;llte Gescho&szlig; hat. Die Rohrl&auml;nge des Gesch&uuml;tzes betr&auml;gt 1.385 Millimeter oder das Sechzehnfache des Kalibers; das Gewicht des Hartbronzegesch&uuml;tzes ist nur 237 Kilogramm (518 englische Pfund). Um die Abweichung des Geschosses von der Ziellinie (seitliche Abweichung) in Richtung des Dralls zu korrigieren - eine Abweichung, die allen aus gezogenen Rohren gefeuerten Geschossen eigen ist , tr&auml;gt der rechte Schildzapfen eine sogenannte horizontale Tangentenskala. Wie berichtet wird, soll das Gesch&uuml;tz, ebenso wie die Lafette, sehr geschmackvoll gearbeitet sein und wegen seiner geringen Gr&ouml;&szlig;e und gediegenen Ausf&uuml;hrung eher einem Modell als einem richtigen Kriegswerkzeug gleichen. </P>
<P>Mit diesem Gesch&uuml;tz bewaffnet, trat die franz&ouml;sische Artillerie in den italienischen Feldzug ein, wo es die &Ouml;sterreicher zwar durch gro&szlig;e Schu&szlig;weite, doch gewi&szlig; nicht durch genaues Feuer in Staunen versetzte. Sehr oft, sogar in der Regel, feuerten die Gesch&uuml;tze &uuml;ber das Ziel hinaus und waren somit der Reserve gef&auml;hrlicher als den vordersten Linien mit anderen Worten, dort, wo sie weiter als die gew&ouml;hnlichen Gesch&uuml;tze reichten, trafen sie Leute, auf die sie &uuml;berhaupt nicht gerichtet waren. Das ist gewi&szlig; ein sehr fragw&uuml;rdiger Vorteil, weil dabei die Objekte, auf die die Kanonen gerichtet waren, in neun von zehn F&auml;llen nicht getroffen wurden. Demgegen&uuml;ber machte die &ouml;sterreichische Artillerie einen sehr ordentlichen Eindruck, als sie mit ihrem Material, so schwerf&auml;llig wie nur irgendeines in Europa, den Franzosen gegen&uuml;berstand; sie r&uuml;ckte bis auf kurze Entfernung (500 oder 900 Yard) an diesen furchtbaren Gegner heran und protzte unter seinem schwersten Feuer ab. Es besteht kein Zweifel, da&szlig; die franz&ouml;sischen Kanonen, so sehr sie den alten, glattl&auml;ufigen Kanonen &uuml;berlegen sind, absolut nicht das hielten, was man von ihnen erwartet hatte. Ihre &auml;u&szlig;erste Schu&szlig;weite betrug 4.000 Meter (4.400 Yard), und es war zweifellos nur eine unversch&auml;mte bonapartistische &Uuml;bertreibung, wenn gesagt wurde, da&szlig; sie mit Leichtigkeit einen einzelnen Reiter auf 3.300 Yard Entfernung tr&auml;fen. </P>
<P>Die Gr&uuml;nde f&uuml;r diese unbefriedigenden Leistungen im wirklichen Krieg sind sehr einfach. Die Konstruktion dieser Kanonen ist &auml;u&szlig;erst unvollkommen, und wenn die Franzosen daran festhalten, wird ihre Artillerie in zwei oder drei Jahren das schlechteste Material ganz Europas haben. Der erste Grundsatz f&uuml;r gezogene Waffen ist, da&szlig; sie<I> keinen Spielraum</I> haben d&uuml;rfen, sonst wird das im Rohr und in den Z&uuml;gen lose hin und her schlagende Gescho&szlig; nicht um seine eigene L&auml;ngsachse rotieren, sondern sich beim Flug spiralf&ouml;rmig um eine imagin&auml;re Linie bewegen, deren Richtung <A NAME="S33"><B>&lt;33&gt;</A></B> durch die zuf&auml;llige Lage des Geschosses beim Verlassen der M&uuml;ndung bestimmt wird, wobei der Durchmesser der Spirale mit der Entfernung zunimmt. Nun haben aber die franz&ouml;sischen Kanonen einen betr&auml;chtlichen Spielraum und k&ouml;nnen so lange nicht ohne ihn auskommen, wie von der Explosion der Treibladung die Entz&uuml;ndung des S&auml;ulenz&uuml;nders des Hohlgeschosses abh&auml;ngt. Das ist also ein Umstand, der den Mangel an Genauigkeit erkl&auml;rt. Ein zweiter ist die Ungleichm&auml;&szlig;igkeit der Treibkraft, die w&auml;hrend der Explosion der Ladung durch ein mehr oder minder starkes Entweichen der Gase durch den Spielraum entsteht. Ein dritter ist die gr&ouml;&szlig;ere Elevation, welche bei gleicher Ladung wegen dieses Spielraums erforderlich ist. Es ist einleuchtend, da&szlig; da, wo zwischen Gescho&szlig; und Rohrwand &uuml;berhaupt kein Gas entweichen kann, dieselbe Ladung eine st&auml;rkere Treibkraft hat als dort, wo ein Teil des Gases entweicht. Nun scheint die franz&ouml;sische Artillerie f&uuml;r gezogene Gesch&uuml;tze nicht nur eine sehr starke Ladung zu erfordern (ein F&uuml;nftel des Gescho&szlig;gewichts), sondern auch eine ziemlich gro&szlig;e Elevation. Die gr&ouml;&szlig;ere Schu&szlig;weite, die gezogene Rohre gegen&uuml;ber glatten selbst mit geringerer Ladung erreichen, wird haupts&auml;chlich dadurch erzielt, da&szlig; kein Spielraum vorhanden und damit die Gew&auml;hr gegeben ist, da&szlig; die ganze Explosivkraft der Ladung dem Antrieb des Geschosses dient. Durch den Spielraum geht bei den Franzosen ein Teil der Treibkraft verloren, und sie m&uuml;ssen diesen bis zu einem bestimmten Grad durch eine gr&ouml;&szlig;ere Ladung und dar&uuml;ber hinaus durch eine gr&ouml;&szlig;ere Rohrerh&ouml;hung ersetzen. Bei allen Entfernungen ist aber nichts der Genauigkeit so abtr&auml;glich wie eine gro&szlig;e Elevation. Solange die Flugbahn des Geschosses auf ihrem h&ouml;chsten Punkt die H&ouml;he des Zieles nicht weit &uuml;berschreitet, ist ein Fehler beim Sch&auml;tzen der Entfernung nur von geringer Bedeutung; aber bei gro&szlig;er Schu&szlig;weite hat das Gescho&szlig; eine sehr hohe Flugbahn und kommt in einem Winkel herunter, der durchschnittlich zweimal so gro&szlig; ist wie zu Beginn des Fluges (das bezieht sich nat&uuml;rlich nur auf Elevationen bis zu ungef&auml;hr 15 Grad). Je gr&ouml;&szlig;er also die Elevation, desto mehr n&auml;hert sich die Linie, in der das Gescho&szlig; auf den Boden schl&auml;gt, der Vertikale, und ein Irrtum von nicht mehr als 10 oder 20 Yard in der Berechnung der Entfernung kann die M&ouml;glichkeit ausschlie&szlig;en, &uuml;berhaupt zu treffen. Bei Schu&szlig;weiten &uuml;ber 400 oder 500 Yard sind solche Irrt&uuml;mer unvermeidlich, und die Folge davon ist der erstaunliche Unterschied zwischen dem ausgezeichneten Schie&szlig;en auf dem &Uuml;bungsplatz mit abgemessenen Entfernungen und der j&auml;mmerlichen Praxis auf dem Schlachtfeld, wo die Entfernungen unbekannt sind, die Ziele sich bewegen und die Zeit f&uuml;r &Uuml;berlegungen sehr kurz ist. Deshalb ist auch die Chance, mit den <A NAME="S34"><B>&lt;34&gt;</A></B> neuen gezogenen Gewehren auf dem Schlachtfeld &uuml;ber 300 Yard hinaus zu treffen, sehr gering, w&auml;hrend sie unter 300 Yard durch die gestreckte Flugbahn der Kugel sehr gro&szlig; ist. Demzufolge ist der Bajonettangriff das wirksamste Mittel, einen Feind aus seinen Stellungen zu werfen, sobald der angreifende Truppenk&ouml;rper bis auf diese Entfernung herangekommen ist. Nehmen wir an, da&szlig; eine Armee gezogene Gewehre hat, die auf 400 Yard keine h&ouml;here Flugbahn erzielen als die ihrer Gegner auf 300 Yard, dann werden die ersteren den Vorteil haben, ein wirksames Feuer aus einer um 100 Yard gr&ouml;&szlig;eren Entfernung er&ouml;ffnen zu k&ouml;nnen, und da nur drei oder vier Minuten erforderlich sind, um beim Angriff 400 Yard zur&uuml;ckzulegen, ist dieser Vorteil im entscheidenden Augenblick einer Schlacht kein geringer. &Auml;hnlich ist es bei Gesch&uuml;tzen. Sir Howard Douglas erkl&auml;rte vor zehn Jahren jenes Gesch&uuml;tz f&uuml;r das weitaus beste, das die gr&ouml;&szlig;te Schu&szlig;weite bei geringster Elevation hat. Bei gezogenen Gesch&uuml;tzen ist die Bedeutung dieser Eigenschaft noch gr&ouml;&szlig;er, da die M&ouml;glichkeit des Irrtums beim Sch&auml;tzen der Entfernung mit der gr&ouml;&szlig;eren Schu&szlig;weite w&auml;chst und man sich nur bei runden Geschossen auf Rikoschettsch&uuml;sse verlassen kann. Das ist ein Nachteil der gezogenen Gesch&uuml;tze; um &uuml;berhaupt zu treffen, m&uuml;ssen sie beim ersten Aufschlag treffen, w&auml;hrend runde Geschosse, wenn sie zu kurz fallen, abprallen und ihren Flug in ziemlich derselben Richtung fortsetzen. Bei gezogenen Gesch&uuml;tzen ist also eine flache Flugbahn von allerh&ouml;chster Wichtigkeit, da jeder weitere Grad der Elevation die M&ouml;glichkeit des Treffens beim ersten Aufschlag in steigendem Ma&szlig;e verringert. Deshalb ist die stark gekr&uuml;mmte Flugbahn bei den franz&ouml;sischen Gesch&uuml;tzen einer ihrer ernstesten M&auml;ngel. </P>
<P>Doch die Unzul&auml;nglichkeiten dieser Gesch&uuml;tze werden durch einen alles &uuml;bertreffenden Mangel vermehrt, der gen&uuml;gt, um das ganze System zu charakterisieren. Sie werden mittels Maschinen und in der Art und Weise hergestellt, die fr&uuml;her der Fabrikation der alten glattl&auml;ufigen Gesch&uuml;tze dienten. Bei dem sehr gro&szlig;en Spielraum dieser alten Gesch&uuml;tze und den unterschiedlichen Gewichten und Kalibern der Geschosse war die mathematische Genauigkeit bei der Produktion nur von zweitrangiger Bedeutung. Die Herstellung von Feuerwaffen war bis vor wenigen Jahren der r&uuml;ckst&auml;ndigste Zweig der modernen Industrie. Es gab viel zuviel Handarbeit und viel zuwenig Maschinen. F&uuml;r die alten glattl&auml;ufigen Waffen mochte dies angehen, aber als Waffen produziert werden sollten, von denen man eine gro&szlig;e Pr&auml;zision bei gro&szlig;en Entfernungen erwartete, wurde dieses Verfahren unbrauchbar. Um die Gewi&szlig;heit zu haben, da&szlig; die Leistungen der Gewehre bei 600, 800 und 1.000 Yard sowie die der Kanonen bei <A NAME="S35"><B>&lt;35&gt;</A></B> 2.000, 4.000 und 6.000 Yard v&ouml;llig gleichwertig sind, wurde es notwendig, jeden kleinsten Arbeitsgang von den vollkommensten mechanischen Maschinen verrichten zu lassen, so da&szlig; jede Waffe das mathematisch genaue Gegenst&uuml;ck einer anderen wird. Abweichungen von der mathematischen Genauigkeit, die beim alten System unbedeutend waren, f&uuml;hrten jetzt zu M&auml;ngeln, die die ganze Waffe wertlos machten. Die Franzosen haben ihre alte Maschinerie kaum merklich verbessert, und daraus resultieren bei ihrem Artilleriefeuer die Abweichungen. Wie kann man denn erreichen, da&szlig; Gesch&uuml;tze bei gleicher Elevation und bei v&ouml;lliger Gleichheit aller anderen Umst&auml;nde die gleiche Schu&szlig;weite ergeben, wenn sie nicht bis ins einzelne miteinander &uuml;bereinstimmen? Aber Ungenauigkeiten in der Fabrikation, die bei 800 Yard Schu&szlig;weite Differenzen von einem Yard ergeben, werden bei 4.000 Yard Schu&szlig;weite zu Differenzen von 100 Yard f&uuml;hren. Wie kann man also von solchen Gesch&uuml;tzen bei gro&szlig;en Schu&szlig;weiten Zuverl&auml;ssigkeit erwarten? </P>
<P>Um zu rekapitulieren: Die franz&ouml;sischen gezogenen Gesch&uuml;tze sind schlecht, weil sie Spielraum im Rohr brauchen, eine verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ig gro&szlig;e Elevation ben&ouml;tigen und ihre Ausf&uuml;hrung keineswegs den Erfordernissen gezogener, weittragender Gesch&uuml;tze entspricht. Sie m&uuml;ssen bald von anderen Bauarten verdr&auml;ngt werden, oder die franz&ouml;sische Artillerie wird die schlechteste in Europa. Wir haben diese Gesch&uuml;tze absichtlich etwas in den Einzelheiten untersucht, weil dadurch Gelegenheit geboten war, die wichtigsten Grunds&auml;tze der gezogenen Kanonen zu erkl&auml;ren. In einem abschlie&szlig;enden Artikel werden wir die beiden vorgeschlagenen Systeme betrachten, die jetzt in England um den Vorrang streiten, Modelle, die beide bei vollkommener Ausf&uuml;hrung auf dem Hinterladersystem beruhen und keinen Spielraum haben das Armstrong- und das Whitworth-System. </P>
<FONT SIZE=2><P>["New-York Daily Tribune" Nr. 5938 vom 5. Mai 1860] </P>
</FONT><B><P ALIGN="CENTER">III</P>
</B><P>Wir kommen jetzt zur Beschreibung der beiden Arten von gezogenen Hinterladern, die in England gegenw&auml;rtig um den Vorrang streiten und die, beide von Zivilisten erfunden, an Wirksamkeit gewi&szlig; alles &uuml;bertreffen, was bisher von Berufsartilleristen hervorgebracht wurde das Armstrong- und das Whitworth-Gesch&uuml;tz. </P>
<B><P><A NAME="S36">&lt;36&gt;</A></B> William Armstrongs Gesch&uuml;tz hatte den Vorteil der Priorit&auml;t und das Lob sowohl der Presse als auch der &Ouml;ffentlichkeit ganz Englands f&uuml;r sich. Es ist zweifellos eine im h&ouml;chsten Ma&szlig;e wirksame Kriegsmaschine und dem franz&ouml;sischen gezogenen Gesch&uuml;tz weit &uuml;berlegen; aber ob es das Whitworthsche Gesch&uuml;tz &uuml;bertreffen wird, kann sehr bezweifelt werden. </P>
<P>Sir William Armstrong baut sein Gesch&uuml;tz so, da&szlig; er um ein Rohr aus Gu&szlig;stahl spiralf&ouml;rmig zwei Lagen schmiedeeiserner Stangen legt, die obere Lage in entgegengesetzter Richtung zur unteren, auf die gleiche Weise, wie man aus Drahtschichten Gesch&uuml;tzrohre herstellt. Diese Methode ergibt ein sehr starkes und widerstandsf&auml;higes, wenn auch sehr teures Material. Die Rohrwand hat zahlreiche schmale, dicht nebeneinanderliegende Z&uuml;ge, die eine Gescho&szlig;umdrehung im ganzen Rohr ergeben. Das zylindrisch-ogivale Langgescho&szlig; besteht aus Gu&szlig;eisen, ist aber mit einem Bleimantel umgeben, der dem Gescho&szlig; einen etwas gr&ouml;&szlig;eren Durchmesser gibt als das Rohrkaliber betr&auml;gt. Dieses Gescho&szlig; wird zusammen mit der Kartusche mittels des beweglichen Verschlusses in die Kammer eingef&uuml;hrt, die daf&uuml;r gro&szlig; genug ist. Die Explosion treibt das Gescho&szlig; in das enge Rohr, wo das weiche Blei in die Z&uuml;ge gepre&szlig;t und so jeglicher Spielraum beseitigt wird; dabei erh&auml;lt das Gescho&szlig; die vom Drallwinkel der Z&uuml;ge bestimmte Spiralbewegung um die L&auml;ngsachse. Diese Art, das Gescho&szlig; in die Z&uuml;ge zu pressen, und der daf&uuml;r erforderliche Mantel aus weichem Material sind die charakteristischen Merkmale des Armstrong-Systems, und wenn der Leser auf die Prinzipien gezogener Gesch&uuml;tze zur&uuml;ckgreift, die wir in unseren vorangegangenen Artikeln entwickelt haben, wird er mit uns &uuml;bereinstimmen, da&szlig; Armstrong im Prinzip unbedingt auf dem richtigen Wege ist. Da das Gescho&szlig; im Durchmesser gr&ouml;&szlig;er ist als das Kaliber, ist das Gesch&uuml;tz zwangsl&auml;ufig ein Hinterlader, was uns ebenfalls ein notwendiges Merkmal aller gezogenen Gesch&uuml;tze zu sein scheint. Der Hinterladermechanismus selbst hat jedoch ganz und gar nichts mit dem Prinzip eines besonderen Drallsystems zu tun, sondern kann von einem System auf das andere &uuml;bertragen werden; wir lassen ihn deshalb v&ouml;llig aus unseren Erw&auml;gungen heraus. </P>
<P>Die Schu&szlig;weite und die Pr&auml;zision, die mit diesem neuen Gesch&uuml;tz erreicht wurden, sind geradezu erstaunlich. Das Gescho&szlig; wurde etwa 8.500 Yard oder beinahe 5 Meilen weit geschleudert, und die Sicherheit, mit der das Ziel bei 2.000 oder 3.000 Yard getroffen wurde, &uuml;berstieg bei weitem alles, was die alten glattl&auml;ufigen Kanonen bei einem Drittel dieser Entfernungen aufweisen konnten. Dennoch wurden trotz aller Marktschreierei der englischen Presse die wissenschaftlich interessierenden <A NAME="S37"><B>&lt;37&gt;</A></B> Details all dieser Experimente streng geheimgehalten. Es wurde niemals bekanntgegeben, mit welcher Elevation und mit welcher Ladung diese Schu&szlig;weiten erreicht wurden. Das Gewicht des Geschosses und das des Gesch&uuml;tzes selbst, die genauen Seiten- und L&auml;ngsabweichungen etc. wurden niemals in Einzelheiten ver&ouml;ffentlicht. Jetzt endlich, da das Whitworth-Gesch&uuml;tz in Erscheinung getreten ist, erfahren wir wenigstens einiges &uuml;ber eine Reihe von Versuchen. Kriegsminister Sidney Herbert hat dem Parlament berichtet, da&szlig; ein 8 Zentner schwerer Zw&ouml;lfpf&uuml;nder mit einer Pulverladung von 1 Pfund 8 Unzen bei 7 Grad Elevation eine Schu&szlig;weite von 2.460 Yard erreichte, mit der &auml;u&szlig;ersten seitlichen Abweichung von 3 und der &auml;u&szlig;ersten L&auml;ngsabweichung von 65 Yard. Bei 8 Grad Elevation betrug die Schu&szlig;weite 2.797 Yard, bei 9 Grad &uuml;ber 3.000 Yard, wobei die Abweichungen fast die gleichen blieben. Eine Elevation von 7 bis 9 Grad ist jedoch in der Praxis der glattl&auml;ufigen Feldgesch&uuml;tze etwas Unbekanntes. Die offiziellen Tabellen z.B. gehen nicht &uuml;ber 4 Grad Elevation hinaus, bei der die Zw&ouml;lf- und Neunpf&uuml;nder eine Schu&szlig;weite von 1.400 Yard erzielen. Jede gr&ouml;&szlig;ere Elevation w&auml;re bei Feldgesch&uuml;tzen wertlos, da sie eine zu hohe Flugbahn erg&auml;be und dadurch die Treffsicherheit gewaltig herabminderte. Jedoch kennen wir einige Experimente mit schweren glattrohrigen Schiffsgesch&uuml;tzen bei gr&ouml;&szlig;eren Elevationen (in Sir Howard Douglas' "Naval Gunnery" erw&auml;hnt). Der lange englische 32pf&uuml;nder ergab bei Deal im Jahre 1839 mit einer Elevation von 7 Grad Schu&szlig;weiten von 2.231 bis 2.318 Yard, bei 9 Grad von 2.498 bis 2.682 Yard. Der franz&ouml;sische 36pf&uuml;nder aus den Jahren 1846 und 1847 ergab bei 7 Grad eine Schu&szlig;weite von 2.270, bei 9 Grad eine Schu&szlig;weite von 2.636 Yard. Das zeigt, da&szlig; bei gleicher Elevation die Schu&szlig;weiten der gezogenen Gesch&uuml;tze nicht sehr viel gr&ouml;&szlig;er sind als die der glattl&auml;ufigen. </P>
<P>Das Whitworth-Gesch&uuml;tz ist dem Armstrong-Gesch&uuml;tz in fast jeder Beziehung entgegengesetzt. Seine Bohrung ist nicht kreisf&ouml;rmig, sondern sechseckig; der Drallwinkel seiner Z&uuml;ge ist nahezu doppelt so gro&szlig; wie der des Armstrong-Gesch&uuml;tzes; das Gescho&szlig; besteht aus sehr hartem Material ohne jeden Bleimantel; da&szlig; es ein Hinterlader ist, ist bei Whitworth keine Frage der Notwendigkeit, sondern lediglich eine Frage der Bequemlichkeit und der Mode. Dieses Gesch&uuml;tz ist aus einem k&uuml;rzlich patentierten Material, genannt "homogenes Eisen", hergestellt, das sich durch gro&szlig;e Festigkeit, Elastizit&auml;t und Z&auml;higkeit auszeichnet; das Gescho&szlig; pa&szlig;t mathematisch genau in das Rohr und kann deshalb nur eingef&uuml;hrt werden, wenn es geschmiert ist. Das geschieht durch eine zwischen Ladung und Gescho&szlig; befindliche Mischung von Wachs und Fett, die dabei jeden noch <A NAME="S38"><B>&lt;38&gt;</A></B> etwa vorhandenen Spielraum vermindern hilft. Das Material des Gesch&uuml;tzes ist so widerstandsf&auml;hig, da&szlig; es leicht 3.000 Schu&szlig; aushalten kann, ohne da&szlig; die Rohrwand darunter leidet. </P>
<P>Das Whitworth-Gesch&uuml;tz wurde im vergangenen Februar der &Ouml;ffentlichkeit vorgef&uuml;hrt, als in Southport, an der K&uuml;ste Lancashires, eine Serie von Experimenten mit ihm durchgef&uuml;hrt wurde. Es handelte sich um drei Kanonen einen Dreipf&uuml;nder, einen Zw&ouml;lfpf&uuml;nder und einen Achtzigpf&uuml;nder. Aus den ausf&uuml;hrlichen Berichten w&auml;hlen wir den Zw&ouml;lfpf&uuml;nder zur Illustration. Diese Kanone war 7 Fu&szlig; 9 Zoll lang und wog 8 Zentner. Der gew&ouml;hnliche Zw&ouml;lfpf&uuml;nder f&uuml;r runde Geschosse ist 6 Fu&szlig; 6 Zoll lang und wiegt 18 Zentner. Mit der Whitworthschen Kanone wurden folgende Schu&szlig;weiten erreicht: bei 2 Grad Elevation (wobei der alte Zw&ouml;lfpf&uuml;nder 1.000 Yard erreichte) mit einer Ladung von 1<FONT SIZE="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">2</FONT> Pfund variierte die Schu&szlig;weite von 1.208 bis 1.281 Yard. Bei 5 Grad (wobei der alte 32pf&uuml;nder 1.940 Yard erreichte) kam sie auf eine Schu&szlig;weite von 2.298 bis 2.342 Yard. Bei 10 Grad (Schu&szlig;weite des alten 32pf&uuml;nders 2.800 Yard) ergab sie einen Durchschnitt von 4.000 Yard. F&uuml;r gr&ouml;&szlig;ere Elevationen wurde eine Dreipf&uuml;nderkanone mit 8 Unzen Ladung benutzt; bei 20 Grad hatte sie eine Schu&szlig;weite von 6.300 bis 6.800, bei 33 und 35 Grad von 9.400 bis 9.700 Yard. Der alte 56pf&uuml;nder mit glatter Bohrung erreicht bei 20 Grad eine Schu&szlig;weite von 4.381 Yard, bei 32 Grad eine von 5.680 Yard. Die von der Whitworth-Kanone erzielte Pr&auml;zision war sehr zufriedenstellend und in bezug auf die seitliche Abweichung mindestens so gut wie die der Armstrong-Kanone; &uuml;ber die Abweichungen in der L&auml;nge gestatten die Experimente keine befriedigenden Schlu&szlig;folgerungen. </P>
</BODY>
</HTML>