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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<TITLE>Friedrich Engels - Vorbemerkungen zu der Brosch&uuml;re &quot;Soziales aus Ru&szlig;land&quot;</TITLE>
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<META name="description" content="Vorbemerkungen zu der Brosch&uuml;re &quot;Soziales aus Ru&szlig;land&quot;">
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<TD ALIGN="CENTER" width= 149 height=20 valign=middle bgcolor="#99CC99"><FONT size=2><A HREF="me18_519.htm#Kap_V"><FONT color=#CC3333>&lt;= Soziales aus Ru&szlig;land</A></TD>
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<TD ALIGN="CENTER" width= 149 height=20 valign=middle bgcolor="#99CC99"><FONT size=2><A HREF="../me_ak75.htm"><FONT color=#CC3333>&lt;= Art. u. Korr. 1875</A></TD>
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<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 18, 5. Auflage 1973, unver&auml;nderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 584-586.</P>
<P>1. Korrektur.<BR>
Erstellt am 04.03.1999</P>
</FONT><H2>Friedrich Engels</H2>
<H1>[Vorbemerkung zu der Brosch&uuml;re "Soziales aus Ru&szlig;land"]</H1>
<FONT SIZE=2><P>Geschrieben im Mai 1875.</P>
<P>Nach: "Soziales aus Ru&szlig;land", Leipzig 1875.</P>
</FONT><P><HR noshade size="1"></P>
<B><P><A NAME="S584">|584|</A></B> Die folgenden Zeilen wurden geschrieben bei Gelegenheit einer Polemik, in die ich mit einem Herrn Peter Nikititsch Tkatschow verwickelt wurde. In einem Artikel &uuml;ber die in London erscheinende russische Zeitschrift "Vorw&auml;rts" ("Volksstaat" 1874, Nr. 117 und 118) hatte ich Veranlassung, den Namen dieses Herrn ganz nebenbei, aber in einer Weise zu erw&auml;hnen, die mir seine werte Feindschaft zuzog. Herr Tkatschow erlie&szlig; unverweilt einen "Offenen Brief an Herrn Friedrich Engels", Z&uuml;rich 1874, worin er mir allerhand wunderliche Dinge nachsagt und dann, meiner krassen Unwissenheit gegen&uuml;ber, seine eigne Meinung vom Stand der Dinge und von den Aussichten einer sozialen Revolution in Ru&szlig;land zum besten gibt. Form wie Inhalt des Machwerks trugen den gew&ouml;hnlichen bakunistischen Stempel. Da es in deutscher Sprache erschienen war, hielt ich es der M&uuml;he wert, im "Volksstaat" zu antworten (s. "Fl&uuml;chtlingsliteratur", Nr. IV und V, "Volksstaat" 1875, Nr. 36 und folgende). Der erste Teil meiner Antwort schilderte vorwiegend die bakunistische Art des literarischen Kampfs, die einfach darin besteht, dem Gegner eine t&uuml;chtige Tracht direkter L&uuml;gen anzuh&auml;ngen. Durch Abdruck im "Volksstaat" war diesem vorherrschend pers&ouml;nlichen Teil hinl&auml;nglich Gen&uuml;ge geschehn. Ich unterdr&uuml;cke ihn daher hier und lasse bei dem von der Verlagshandlung gew&uuml;nschten Sonderabdruck nur den zweiten Teil bestehn, der sich haupts&auml;chlich mit den gesellschaftlichen Zust&auml;nden Ru&szlig;lands besch&auml;ftigt, wie sie sich seit 1861, seit der sogenannten Bauern-Emanzipation gestaltet haben.</P>
<P>Die Entwicklung der Dinge in Ru&szlig;land ist von der h&ouml;chsten Wichtigkeit f&uuml;r die deutsche Arbeiterklasse. Das bestehende Russische Reich bildet <A NAME="S585"><B>|585|</A></B> den letzten gro&szlig;en R&uuml;ckhalt aller westeurop&auml;ischen Reaktion. Das hat sich 1848 und 1849 schlagend gezeigt. Weil Deutschland 1848 vers&auml;umte, Polen zu insurgieren und den russischen Zar mit Krieg zu &uuml;berziehen (wie dies die "Neue Rheinische Zeitung" von Anfang an verlangt hatte), konnte derselbe Zar |Nikolaus I.| 1849 die bis an die Tore Wiens vorgedrungne ungarische Revolution niederschlagen, 1850 &uuml;ber &Ouml;sterreich, Preu&szlig;en und die deutschen Kleinstaaten in Warschau zu Gericht sitzen und den alten Bundestag wiederherstellen. Und noch vor wenig Tagen - Anfang Mai 1875 - hat der russische Zar |Alexander II.| ganz wie vor f&uuml;nfundzwanzig Jahren die Huldigung seiner Vasallen in Berlin entgegengenommen und bewiesen, da&szlig; er auch heute noch der Schiedsrichter von Europa ist. Keine Revolution in Westeuropa kann endg&uuml;ltig siegen, solange der jetzige russische Staat neben ihr besteht. Deutschland aber ist sein n&auml;chster Nachbar, auf Deutschland f&auml;llt also der erste Anprall der russischen Reaktionsarmeen. Der Sturz des russischen Zarenstaats, die Abl&ouml;sung des Russischen Reichs ist also eine der ersten Bedingungen f&uuml;r den endg&uuml;ltigen Sieg des deutschen Proletariats.</P>
<P>Dieser Sturz braucht aber keineswegs von au&szlig;en herbeigef&uuml;hrt zu werden, obwohl ein ausw&auml;rtiger Krieg ihn sehr beschleunigen k&ouml;nnte. Im Innern des Russischen Reichs selbst gibt es Elemente, die kr&auml;ftig an seinem Ruin arbeiten.</P>
<P>Das erste sind die <I>Polen</I>. Sie sind durch hundertj&auml;hrige Unterdr&uuml;ckung in eine Lage versetzt, wo sie entweder revolution&auml;r sein, jede wirklich revolution&auml;re Erhebung des Westens als ersten Schritt zur Befreiung Polens unterst&uuml;tzen oder aber untergehen m&uuml;ssen. Und gerade jetzt sind sie in einer Lage. wo sie ihre westeurop&auml;ischen Bundesgenossen nur im Lager des Proletariats suchen k&ouml;nnen. Seit hundert Jahren werden sie fortw&auml;hrend von allen b&uuml;rgerlichen Parteien des Westens verraten. In Deutschland z&auml;hlt die Bourgeoisie &uuml;berhaupt erst seit 1848, und seitdem war sie stets polenfeindlich. In Frankreich verriet Napoleon Polen 1812 und verlor infolge dieses Verrats Feldzug, Krone und Reich; seinem Beispiel folgte 1830 und 1846 das B&uuml;rgerk&ouml;nigtum, 1848 die b&uuml;rgerliche Republik, im Krimkrieg und 1863 das zweite Kaisertum. Eins verriet Polen so schn&ouml;de wie das andere. Und heute noch kriechen die radikalen b&uuml;rgerlichen Republikaner Frankreichs vor dem Zaren, um f&uuml;r einen erneuerten Verrat an Polen eine Revanche-Allianz gegen Preu&szlig;en zu erschachern, ganz wie die deutschen Reichsbourgeois denselben Zar verg&ouml;ttern als den Schirmherrn des europ&auml;ischen Friedens, d.h. des deutsch-preu&szlig;ischen Annexionsbestandes. <A NAME="S586"><B>|586|</A></B> Nirgends als bei den revolution&auml;ren Arbeitern finden die Polen aufrichtige und r&uuml;ckhaltlose St&uuml;tze, weil beide gleiches Interesse am Sturz des gemeinsamen Feindes haben und weil die Befreiung Polens gleichbedeutend ist mit diesem Sturz.</P>
<P>Aber die T&auml;tigkeit der Polen ist eine &ouml;rtlich begrenzte. Sie beschr&auml;nkt sich auf Polen, Litauen und Kleinru&szlig;land; der eigentliche Kern des Russischen Reichs, Gro&szlig;ru&szlig;land, bleibt ihrer Wirksamkeit so gut wie verschlossen. Die vierzig Millionen Gro&szlig;russen sind ein viel zu gro&szlig;es Volk und haben eine viel zu eigent&uuml;mliche Entwicklung gehabt, als da&szlig; ihnen eine Bewegung von au&szlig;en aufgezwungen werden k&ouml;nnte. Dies ist aber auch gar nicht n&ouml;tig. Allerdings hat die Masse des russischen Volks, die Bauern, seit Jahrhunderten in einer Art geschichtsloser Versumpfung von Geschlecht zu Geschlecht dumpf dahingelebt; und die einzige Abwechslung, die diesen &ouml;den Zustand etwa unterbrach, bestand in einzelnen fruchtlosen Aufst&auml;nden und in neuen Bedr&uuml;ckungen durch Adel und Regierung. Dieser Geschichtslosigkeit hat die russische Regierung selbst ein Ende gemacht (1861) durch die nicht l&auml;nger mehr aufschiebbare Abschaffung der Leibeigenschaft und die Abl&ouml;sung der Frondienste - eine Ma&szlig;regel, die in einer so &uuml;berpfiffigen Weise angelegt wurde, da&szlig; sie die Mehrzahl sowohl der Bauern wie der Adligen dem sichern Ruin entgegenf&uuml;hrt. Die Zust&auml;nde selbst also, in die der russische Bauer jetzt versetzt ist, treiben ihn in die Bewegung hinein, eine Bewegung, die allerdings erst im allerersten Entstehen sich befindet, die aber durch die t&auml;glich sich verschlimmernde &ouml;konomische Lage der Bauernmasse unaufhaltsam weitergetrieben wird. Die grollende Unzufriedenheit der Bauern ist schon jetzt eine Tatsache, mit der sowohl die Regierung wie alle unzufriedenen und Oppositionsparteien rechnen m&uuml;ssen.</P>
<P>Es folgt hieraus, da&szlig;, wenn im folgenden von Ru&szlig;land die Rede ist, darunter nicht das ganze Russische Reich, sondern ausschlie&szlig;lich Gro&szlig;ru&szlig;land zu verstehen ist, d.h. das Gebiet, dessen westlichste Gouvernements Pskow und Smolensk und dessen s&uuml;dlichste Kursk und Woronesh sind.</P>
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