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<title>"Neue Rheinische Zeitung" - Das Kabinett Hansemann</title>
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<p align="center"><a href="me05_098.htm"><font size="2">Erste Tat des deutschen
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Nationalversammlung zu Frankfurt</font></a> <font size="2">|</font> <a href=
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"../me_nrz48.htm"><font size="2">Inhalt</font></a> <font size="2">|</font> <a href=
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"me05_102.htm"><font size="2">Die "Neue Berliner Zeitung" über die
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Chartisten</font></a></p>
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<small>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 5, S. 100-101<br>
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Dietz Verlag, Berlin/DDR 1971</small> <br>
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<h1>Das Kabinett Hansemann</font></p>
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<p><font size="2">["Neue Rheinische Zeitung" Nr. 24 vom 24. Juni 1848]</font></p>
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<p><b><a name="S100"><100></a></b> **<i>Köln</i>, 23. Juni. Neue Wendung der
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Ministerkrisis in Berlin! Unser <i>Hansemann</i> ist mit der Bildung eines Kabinetts beauftragt
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und wird mit den Trümmern des alten Ministeriums, mit <i>Patow</i>, <i>Bornemann</i>,
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<i>Schleinitz</i> und <i>Schreckenstein</i> dem linken Zentrum gerührt in die Arme fallen.
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Herr <i>Rodbertus</i> soll bei der neuen Kombination sich beteiligen; er ist der Mittler, der
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den reuigen Trümmern des Ministeriums Camphausen die Gnade und Vergebung des linken
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Zentrums verschafft.</p>
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<p>Dank der Gnade des Herrn Rodbertus sieht unser preußischer Duchâtel seine
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schönsten Wünsche gekrönt - er wird Premier. Die Lorbeeren Camphausens
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ließen ihn nicht schlafen; jetzt endlich wird er Gelegenheit haben zu beweisen, wessen er
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fähig ist, wenn er ungehemmt seine Schwingen entfalten kann. Jetzt werden wir seine
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riesigen Finanzpläne, jetzt seine unermeßlichen Projekte zur Hebung aller Not und
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alles Elends in voller Glorie bewundern können - jene Pläne, von denen er seinen
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Abgeordneten so Großes vorgespiegelt hat. Jetzt erst ist er imstande, dem Staate die
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ganze Fülle jener Talente zu widmen, die er früher als Eisenbahnmann und in andern
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Stellungen so glänzend und erfolgreich entwickelt hat. Und jetzt erst wird es
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Kabinettsfragen regnen.</p>
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<p>Herr Hansemann hat sein Vorbild überflügelt - durch Rodbertus' Aufopferung wird er
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Premier, was Duchâtel nie war. Aber wir warnen ihn. Duchâtel hatte seine
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Gründe, warum er immer scheinbar in zweiter Linie blieb. Duchâtel wußte,
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daß die mehr oder weniger gebildeten Stände des Landes sowohl in als außer der
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Kammer einen schönrednerischen Ritter der "großen Debatte" nötig haben, einen
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Guizot oder Camphausen, der in jedem beliebigen Falle mit den erforderlichen
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Beweisgründen, philosophischen Entwicklungen, staatsmännischen Theorien und andern
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leeren Phrasen die <a name="S101"><b><101></b></a> Gewissen beschwichtigt und die Herzen
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aller Hörer hinreißt. Duchâtel gönnte seinen redseligen Ideologen gern
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den Nimbus der Konseilspräsidentschaft; ihm war der eitle Schimmer wertlos, ihm kam es auf
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die wirklich praktische Macht an, und er wußte: wo er war, da war die wirkliche Macht.
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Herr Hansemann will es anders versuchen; er muß es wissen. Aber wir wiederholen, die
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Konseilspräsidentschaft ist nicht der natürliche Platz Duchâtels.</p>
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<p>Aber ein schmerzliches Gefühl ergreift uns, wenn wir uns erinnern, wie bald Herr
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Hansemann von seiner schwindelnden Höhe hinabstürzen wird. Ehe denn das Kabinett
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Hansemann sich konstituiert hat, ehe es nur einen Augenblick zum Genusse seines Daseins kommt,
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ist es dem Untergang verfallen.</p>
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<p align="center"><font size="2">"Der Henker steht vor der Türe";<br>
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<H. Heine, "Ritter Olaf", Kaput II></font></p>
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<p>die Reaktion und die Russen pochen an, und ehe der Hahn dreimal gekräht haben wird,
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wird das Kabinett Hansemann gefallen sein trotz Rodbertus und trotz dem linken Zentrum. Dann
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ade Konseilspräsidentschaft, ade Finanzpläne und Riesenprojekte zur Hebung der Not;
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der Abgrund wird sie alle verschlingen, und wohl Herrn Hansemann, wenn er ruhig an seinen
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bescheidnen Bürgerherd zurückkehren und darüber nachdenken kann, daß das
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Leben ein Traum ist.</p>
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