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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<TITLE>Karl Marx - Russells Protest gegen die amerikanische Grobheit - Kornteuerung - Zur Lage in Italien</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="../me_ak62.htm"><FONT SIZE=2>Inhaltsverzeichnis Artikel und Korrespondenzen 1862</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 15, 4. Auflage 1972, unver&auml;nderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 527-529.</P>
<P>1. Korrektur.<BR>
Erstellt am 25.10.1998.</P>
</FONT><H2>Karl Marx </H2>
<H1>Russells Protest gegen die amerikanische Grobheit - <BR>
Kornteuerung - <BR>
Zur Lage in Italien </H1>
<P ALIGN="CENTER"><HR></P>
<FONT SIZE=2><P>["Die Presse" Nr. 233 vom 24. August 1862] </P>
</FONT><B><P><A NAME="S527">|527|</A></B> London, 20. August 1862 </P>
<P>Lord John Russell ist unter den Engl&auml;ndern bekannt als "letter writer" (Briefschreiber). In seinem letzten Schreibebrief an Herrn Stuart klagt er &uuml;ber die Insulte der nordamerikanischen Bl&auml;tter gegen "Old England". Et tu, Brute! |Auch du, Brutus!| Es ist unm&ouml;glich, einen respektablen Engl&auml;nder unter vier Augen zu sprechen, der bei dieser tour de force |Kraftst&uuml;ck| nicht die H&auml;nde &uuml;ber dem Kopf zusammenschl&uuml;ge! Die englische Journalistik hat bekanntlich Un&uuml;bertroffenes geleistet von 1789-1815 in ihren geh&auml;ssigen Wutausf&auml;llen gegen die franz&ouml;sische Nation. Und dennoch hat sie wahrend des letzten Jahres diese Tradition &uuml;berboten durch ihre "malignant brutality" (b&ouml;sartige Brutalit&auml;t) gegen die Vereinigten Staaten! Ein paar Beispiele aus letzter Zeit m&ouml;gen gen&uuml;gen. </P>
<FONT SIZE=2><P>"Wir schulden", sagen die "Times", "unser ganzes moralisches Gewicht unseren Stammverwandten" (den s&uuml;dlichen Sklavenhaltern), "die so tapfer und ausdauernd f&uuml;r ihre Freiheit k&auml;mpfen, gegen eine Mischrasse von R&auml;ubern und Unterdr&uuml;ckern." </P>
</FONT><P>Die New York "Evening Post" (das Abolitionisten-Organ) bemerkt hierzu: </P>
<FONT SIZE=2><P>"Sind diese englischen Pasquillschreiber, diese Nachkommen von Briten, D&auml;nen, Sachsen, Kelten, Normannen und Holl&auml;ndern von so<I> reinem</I> Blut, da&szlig; alle anderen Bev&ouml;lkerungen ihnen gegen&uuml;ber als Mischrassen erscheinen?" </P>
</FONT><P>Kurz nach Ver&ouml;ffentlichung des obigen Passus nannten die "Times", in fetter Garmondschrift, den Pr&auml;sidenten Lincoln "einen respektablen <A NAME="S528"><B>|528|</A></B> Hanswurst", seine Minister "eine Bande von Schurken und Lumpen", und die Armee der Vereinigten Staaten "eine Armee, deren Offiziere Yankee-Schwindler und deren Gemeine deutsche Diebe sind". Und Lord John Russell, unbefriedigt von den Lorbeern seiner Schreibebriefe an den Bischof von Durham und an Sir James Hudson zu Turin, wagt in seinem Briefe an Stuart von den "Insulten der nordamerikanischen Presse" gegen England zu sprechen. </P>
<P>Es ist indes daf&uuml;r gesorgt, da&szlig; die B&auml;ume nicht in den Himmel wachsen. Aber b&ouml;sartiger Impertinenz und geh&auml;ssiger Rank&uuml;ne zum Trotz wird das offizielle England seinen Frieden mit den "Yankee-Schwindlern" halten und seine tiefen Sympathien mit den hochherzigen Menschenblutverk&auml;ufern des S&uuml;dens auf l&ouml;schpapierne Redensarten und vereinzelte Schmuggelunternehmungen beschr&auml;nken, denn mit einer Kornteuerung ist nicht zu spa&szlig;en, und jeder Konflikt mit den Yankees w&uuml;rde jetzt die Hungersnot der Baumwollnot hinzuf&uuml;gen. </P>
<P>England hat seit langem aufgeh&ouml;rt von seiner eigenen Kornproduktion zu leben. In den Jahren 1857, 1858 und 1859 f&uuml;hrte es f&uuml;r 66 Millionen Pfund Sterling an Korn und Mehl ein, in den Jahren 1860, 1861 und 1862 f&uuml;r 118 Millionen Pfund Sterling. Was die Masse des eingef&uuml;hrten Getreides und Mehles betrifft, so betrug sie 1859 10.278.774 Quarters, 1860 14.484.976 Quarters, und 1861 16.094.914 Quarters. W&auml;hrend der letzten f&uuml;nf Jahre allein stieg daher der Getreideimport um 50 Prozent. </P>
<P>England f&uuml;hrt jetzt in der Tat bereits die H&auml;lfte seines Getreidebedarfes vom Auslande ein. Und es ist alle Wahrscheinlichkeit vorhanden, da&szlig; das kommende Jahr wenigstens 30 Prozent dieser Einfuhr zuf&uuml;gen wird, wir meinen 30 Prozent an Kostenpreis, da die sehr reichliche Ernte in den Vereinigten Staaten ein zu hohes Steigen der Kornpreise verhindern wird. Da&szlig; aber der diesj&auml;hrige Ausfall der Getreideernte <FONT size="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">4</FONT> bis <FONT size="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">5</FONT> unter der Durchschnittsernte betragen wird, ist so gut wie erwiesen durch die ausf&uuml;hrlichen Berichte, die der "Mark Lane Express" und "The Gardeners' Chronicle and Agricultural Gazette" aus allen ackerbauenden Distrikten eben ver&ouml;ffentlicht haben. Wenn Lord Brougham nach dem Frieden von 1815 sagte, da&szlig; England durch die Staatsschuld von einer Milliarde Europa ein Faustpfand f&uuml;r seine "good behaviour" (gute Auff&uuml;hrung) gebe, so gibt der diesj&auml;hrige Getreideausfall den Vereinigten Staaten die beste Versicherung, da&szlig; England "will not break the Queen's peace" (den K&ouml;nigsfrieden nicht brechen wird). </P>
<P>Es ist mir der Brief eines der besten Freunde Garibaldis aus Genua mitgeteilt worden, wovon ich hier einige Ausz&uuml;ge gebe. </P>
<B><P><A NAME="S529">|529|</A></B> Es hei&szlig;t unter anderm darin: </P>
<FONT SIZE=2><P>"Die letzten Briefe Garibaldis und verschiedener Offiziere seines Lagers kamen gestern (16. August) hier an. Sie sind datiert vom 12. August. Alle atmen den unersch&uuml;tterlichen Entschlu&szlig; des Generals, an seinem Programm: 'Rom oder den Tod!' festzuhalten und enthalten peremtorische Ordres in diesem Sinn an seine Freunde. Andrerseits gingen gestern<I> positive</I> Befehle von Turin an den General Cugia ab, zu den letzten T&auml;tlichkeiten zu schreiten, d.h. mit Schu&szlig;- und Stichwaffe auf die Freiwilligen loszugehen und den Garibaldi und seine Freunde gefangenzunehmen, falls er sich weigere, in vierundzwanzig Stunden die Waffen zu strecken. Wenn die Truppen Gehorsam leisten, steht eine ernste Katastrophe bevor. Der Beschlu&szlig; extremer Ma&szlig;regeln wurde gefa&szlig;t infolge eines Telegramms von Paris, dahin lautend: 'Der Kaiser wird sich nicht herablassen zur Verhandlung mit der italienischen Regierung, bevor Garibaldi entwaffnet ist.' H&auml;tte Rattazzi sein Vaterland mehr geliebt als sein Amt, so h&auml;tte er resigniert und dem Ricasoli oder einem andern minder unpopul&auml;ren Minister erlaubt, an seine Stelle zu treten. Er w&uuml;rde bedacht haben, da&szlig; mit Louis Bonaparte gegen Italien, statt mit Italien gegen Bonaparte Partei ergreifen, die Monarchie gef&auml;hrden hei&szlig;t, der er zu dienen vorgibt. Flie&szlig;t in Sizilien italienisches Blut durch italienische H&auml;nde, so ist es nicht Garibaldis Schuld, denn sein Wahlruf ist: 'Es lebe die italienische Armee!', und die enthusiastische Weise, womit diese Armee &uuml;berall empfangen wird, beweist, welchen Gehorsam Garibaldi findet. Sollte aber die Armee das Blut der Freiwilligen vergie&szlig;en, wer wagt auf ruhiges Dulden seitens des Volkes zu rechnen?" </P>
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