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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<TITLE>Friedrich Engels - &Uuml;ber den Krieg - X</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="me17_048.htm"><FONT SIZE=2>&Uuml;ber den Krieg - IX</FONT></A><FONT SIZE=1> </FONT><FONT SIZE=2>| </FONT><A HREF="me17_udk.htm"><FONT SIZE=2>Inhalt</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="me17_056.htm"><FONT SIZE=2>Die Krise des Krieges</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 17, 5. Auflage 1973, unver&auml;nderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 52-55.</P>
<P>Erstellt am 13.12.1998.<BR>
1. Korrektur.</P>
</FONT><H2>Friedrich Engels</H2>
<H1>&Uuml;ber den Krieg - X</H1>
<P><HR></P>
<FONT SIZE=2><P>["The Pall Mall Gazette" Nr. 1721 vom 19. August 1870]</P>
</FONT><B><P><A NAME="S52">|52|</A></B> Wenn General Moltke auch ein alter Mann ist, seine Pl&auml;ne atmen die ganze Energie der Jugend. Nicht zufrieden damit, da&szlig; er seine kompakte Armee schon einmal zwischen einen Fl&uuml;gel der Franzosen und den Rest ihrer Truppen getrieben hat, wiederholt er jetzt dasselbe Man&ouml;ver, und offensichtlich mit dem gleichen Erfolg. Wenn er seinen geraden Marsch zur Marne fortgesetzt und nur die rechte Flanke und den R&uuml;cken der Franzosen w&auml;hrend ihres parallelen Marsches nach demselben Ziel beunruhigt h&auml;tte, so w&uuml;rde er nach der Meinung der meisten Milit&auml;rkritiker vollkommen genug getan haben. Aber es war wohl kaum zu erwarten, da&szlig; er den Beinen seiner Soldaten so gewaltige Kraftanstrengungen zumuten w&uuml;rde, wie er es jetzt allem Anschein nach getan hat. Was wir f&uuml;r blo&szlig;e Angriffe einzelner Truppenteile auf die exponierte Flanke und den R&uuml;cken dieser langen, von Metz nach Verdun marschierenden Kolonne gehalten haben, scheint, wie es sich jetzt herausgestellt hat, nur die Rekognoszierung gewesen zu sein, die einem mit starken Kr&auml;ften gef&uuml;hrten Angriff vorangeht. Drei oder vier deutsche Armeekorps sind in einem Halbkreis s&uuml;dlich um Metz herummarschiert; ihre Voraustruppen erreichten die Marschlinie der Franzosen am Dienstag morgen |16. August 1870| und &uuml;berfielen sie pl&ouml;tzlich. Die franz&ouml;sische Armee begann ihren R&uuml;ckzug aus Metz am Sonntag; die Gefechte zwischen Pange und Fort Bellecroix am Abend desselben Tages m&ouml;gen diese Bewegung verz&ouml;gert haben, doch wurde sie am Montag fortgesetzt und war am Dienstag noch nicht beendet. Sie wurde in mindestens zwei verschiedenen Kolonnen ausgef&uuml;hrt, welche die beiden Wege einschlugen, die sich in Gravelotte - f&uuml;nf Meilen westlich von Metz - trennen. Der n&ouml;rdlichere dieser <A NAME="S53"><B>|53|</A></B> beiden Wege verl&auml;uft &uuml;ber Doncourt und Etain, der s&uuml;dlichere &uuml;ber Vionville, Mars-la-Tour und Fresnes, und beide vereinigen sich wieder in Verdun. In der N&auml;he von Mars-la-Tour fand der deutsche Angriff statt; der Kampf dauerte den ganzen Tag und endete nach dem deutschen Bericht mit der Niederlage der Franzosen, die zwei Adler, sieben Kanonen und 2.000 Mann an Gefangenen verloren und nach Metz zur&uuml;ckgetrieben wurden. Andererseits beansprucht auch Bazaine den Sieg f&uuml;r sich. Er sagt, da&szlig; seine Truppen die Deutschen zur&uuml;ckschlugen und die Nacht in der gewonnenen Position verbrachten. Aber es gibt zwei sehr bedenkliche Angaben in seinem Telegramm vom Mittwoch abend. Er sagt darin, da&szlig; er den ganzen Dienstag zwischen Doncourt und Vionville k&auml;mpfte; das hei&szlig;t, er k&auml;mpfte mit westw&auml;rts gerichteter Front, die sich von Doncourt nach Vionville erstreckte, w&auml;hrend die Deutschen den Weg nach Verdun auf beiden Stra&szlig;en abriegelten. Welchen Erfolg er auch beansprucht, er behauptet nicht, da&szlig; er die Wege nach Verdun oder auch nur einen von ihnen ges&auml;ubert h&auml;tte. H&auml;tte er dies getan, so w&auml;re es seine unbedingte Pflicht gewesen, seinen R&uuml;ckzug noch in dieser Nacht so schnell er konnte fortzusetzen, da der Feind ganz bestimmt am Morgen Verst&auml;rkung erhalten h&auml;tte. Aber er h&auml;lt an und verbringt die Nacht "in der gewonnenen Position", was immer diese Worte auch bedeuten m&ouml;gen. Nicht zufrieden damit, bleibt er dort auch noch bis Mittwoch nachmittag vier Uhr, und sogar dann verk&uuml;ndet er seine Absicht - nicht etwa weiterzumarschieren, sondern die Fortsetzung seines Marsches noch einige Stunden zu verschieben, um seine Munitionsvorr&auml;te ordentlich aufzuf&uuml;llen. So k&ouml;nnen wir sicher sein, da&szlig; er auch die Nacht zum Donnerstag an derselben Stelle zugebracht hat; und da Metz der einzige Platz war, wo er seine Munition auff&uuml;llen konnte, sind wir v&ouml;llig berechtigt anzunehmen, da&szlig; die "eroberten Positionen" r&uuml;ckw&auml;rtige Positionen waren, da&szlig; der R&uuml;ckzug nach Verdun abgeschnitten war und blieb und da&szlig; Marschall Bazaine im gegebenen Moment entweder nach Metz zur&uuml;ckgegangen ist oder versucht hat, auf einem weiter n&ouml;rdlichen Weg zu entrinnen.</P>
<P>Wenn diese Ansicht richtig ist - und wie k&ouml;nnte man die uns vorliegenden Angaben anders beurteilen -, so bedeutet das, da&szlig; wieder ein Teil der franz&ouml;sischen Armee von den &uuml;brigen Truppen abgeschnitten ist. Wir wissen nicht, welche Truppen am Montag und am Dienstag morgen nach Verdun marschieren konnten, ehe die Deutschen herankamen. Aber der Teil, der nach Metz zur&uuml;ckgetrieben wurde, ist offensichtlich betr&auml;chtlich; doch welche St&auml;rke er auch haben mag - um soviel kleiner wird die gro&szlig;e Armee sein, die man in Ch&acirc;lons konzentrieren wollte. Es gibt allerdings <A NAME="S54"><B>|54|</A></B> noch einen Ausweg f&uuml;r Bazaine, auf dem ein Entkommen m&ouml;glich sein k&ouml;nnte. Dicht an der belgischen Grenze f&uuml;hrt eine Eisenbahn von Thionville nach Longuyon, Montm&eacute;dy und M&eacute;zi&egrave;res, die sich in M&eacute;zi&egrave;res mit einer Linie nach Reims und Ch&acirc;lons kreuzt. Aber alle Truppen, die diese Grenzbahn benutzen oder nur in dieser Richtung marschieren, k&ouml;nnen durch einen sie verfolgenden Feind bis an die Grenze getrieben und gezwungen werden, sich entweder zu ergeben oder die Grenze zu &uuml;berschreiten, wo sie dann von den Belgiern entwaffnet w&uuml;rden. Au&szlig;erdem d&uuml;rfte auf dieser abgelegenen Eisenbahn nicht gen&uuml;gend rollendes Material vorhanden sein, um eine gr&ouml;&szlig;ere Anzahl Truppen zu bef&ouml;rdern; und schlie&szlig;lich haben wir Berichte aus Verdun, da&szlig; die Preu&szlig;en, nachdem sie offenbar die Mosel zwischen Metz und Thionville &uuml;berschritten hatten, am Mittwoch in Briey waren, auf dem direkten Wege von Metz zu dem noch benutzbaren Teil dieser Eisenbahn. W&uuml;rde Bazaine versuchen, seine geschlagenen Truppen auf diesem Wege zu retten, so w&uuml;rde er sie bestenfalls in ihrer Gesamtheit zur v&ouml;lligen Aufl&ouml;sung bringen. Ein langer R&uuml;ckzug, wenn der Feind die direkte Verbindungslinie der geschlagenen Truppen beherrscht, ist ein &uuml;beraus verzweifeltes Beginnen. Ein Beweis daf&uuml;r sind Mac-Mahons Truppen, von denen unausgesetzt kleine Gruppen mit der Eisenbahn in Ch&acirc;lons ankommen. Am 12. trafen etwa 5.000 Mann ein - in welchem Zustande, dar&uuml;ber lassen wir den "Si&egrave;cle" berichten: Es waren Soldaten aller Waffengattungen und Regimenter, ohne Waffen, ohne Patronen, ohne Tornister; die Kavallerie hatte keine Pferde, die Artillerie keine Gesch&uuml;tze; ein buntscheckiger, desorganisierter, demoralisierter Haufe, den wieder zu Bataillonen, Schwadronen und Batterien zu formieren Wochen dauern wird. Es besagt genug, da&szlig; Berichterstatter sich weigern, den Zustand der Linientruppen in Ch&acirc;lons zu beschreiben, aus Furcht, Dinge auszuplaudern, die dem Feinde von Nutzen sein k&ouml;nnten.</P>
<P>Jene gro&szlig;e Armee, die sich in Ch&acirc;lons konzentrieren sollte, wird sich wohl niemals dort sammeln. Nachdem Canroberts Truppen teils nach Paris, teils nach Metz abgezogen wurden, sind nur die 18 Bataillone der Mobilgarde &uuml;briggeblieben, die nicht wert sind, in einem solchen Kriege erw&auml;hnt zu werden. Seitdem ist etwas Marine-Infanterie von Paris nach Ch&acirc;lons geschickt worden. Douays zwei verbleibende Divisionen werden, sofern Bazaines Dispositionen noch etwas gesunder Menschenverstand innewohnt, unterdessen angekommen sein. Vielleicht sind dort auch etliche vierte Bataillone, aber sicherlich nicht viele. Von den k&uuml;rzlich aus Gendarmen und Douaniers gebildeten Regimentern d&uuml;rften einige in diesen Tagen ankommen. Auch k&ouml;nnen ein paar kleine Franktireurabteilungen eintreffen. <A NAME="S55"><B>|55|</A></B> Wenn wir aber alle diese Aushebungen unausgebildeter Mannschaften beiseite lassen, so w&uuml;rde der Hauptteil jener gro&szlig;en Armee, die in Ch&acirc;lons vor der Ankunft der Deutschen konzentriert werden kann, unter allen Umst&auml;nden aus den sich von Metz zur&uuml;ckziehenden Truppen bestehen. Und was aus diesen nach den K&auml;mpfen vom Dienstag geworden ist, das werden wir noch h&ouml;ren.</P>
<P>Die Ernennung des Generals Trochu zum Kommandeur der Armee, die zur Verteidigung von Paris bestimmt ist, so kurze Zeit nach seiner Ernennung zum Kommandeur des XII. Korps, das "in Paris formiert" wurde, beweist, da&szlig; nicht beabsichtigt ist, die Masse der Truppen, die jetzt in Paris ist, an die Front zu senden. Paris mu&szlig; niedergehalten werden. Doch wer wird es niederhalten k&ouml;nnen, wenn die Wahrheit &uuml;ber die Schlacht vom letzten Dienstag dort bekannt wird?</P>
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