emacs.d/clones/www.mlwerke.de/me/me03/me03_282.htm
2022-08-25 20:29:11 +02:00

904 lines
146 KiB
HTML
Raw Blame History

<HTML>
<HEAD>
<META HTTP-EQUIV="Content-Type"; CONTENT="text/html; charset=ISO-8859-1">
<TITLE>Karl Marx-Friedrich Engels - Die deutsche Ideologie</TITLE>
</HEAD>
<BODY BGCOLOR="#fffffc">
<I><P ALIGN="CENTER"><A NAME="I_III_1_4">4. Die Eigenheit</A></P>
</I><B><FONT SIZE=2><P><A NAME="S282">&lt;282&gt;</A></B> "Sich eine <I>eigne Welt</I> gr&uuml;nden, das hei&szlig;t sich einen Himmel erbauen." p. 89 "des "Buchs" <A NAME="Z62"></FONT><A HREF="me03_anm.htm#M62"><FONT SIZE=2>(62)</FONT></A></A><FONT SIZE=2>.</P>
</FONT><P>Wir haben bereits das innerste Heiligtum dieses Himmels "durchschaut". Wir werden uns jetzt bestreben, "mehr Dinge" von ihm kennenzulernen. Wir werden indes im Neuen Testament dieselbe Heuchelei wiederfinden, die bereits im Alten durchging. Wie in diesem die geschichtlichen Data nur Namen f&uuml;r ein paar einfache Kategorien waren, so sind auch hier im Neuen Bunde alle weltlichen Verh&auml;ltnisse nur Verkleidungen, andre Benennungen <A NAME="S283"><B>&lt;283&gt;</A></B> f&uuml;r den magern Inhalt, den wir in der Ph&auml;nomenologie und Logik zusammengestellt haben. Unter dem Scheine, als spr&auml;che er von der wirklichen Welt, spricht Sankt Sancho immer nur von diesen magern Kategorien.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Du willst nicht die <I>Freiheit</I>, alle diese sch&ouml;nen Sachen zu haben ... Du willst sie wirklich haben ... als <I>Dein Eigentum</I> besitzen ... Du mu&szlig;test nicht nur ein <I>Freier</I>, Du m&uuml;&szlig;test auch ein <I>Eigner </I>sein. p. 205.</P>
</FONT><P>Hier wird eine der &auml;ltesten Formeln, zu denen die anfangende soziale Bewegung kam, der Gegensatz des Sozialismus in seiner miserabelsten Gestalt gegen den Liberalismus, zu einem Ausspruch des "mit sich einigen Egoisten" erhoben. Wie alt dieser Gegensatz selbst f&uuml;r Berlin ist, kann unser Heiliger schon daraus ersehen, da&szlig; bereits in Rankes "Historisch-politischer Zeitschrift", Berlin 1831, mit Schrecken darauf hingewiesen wird.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Wie Ich sie" (die Freiheit) "benutze, das h&auml;ngt von Meiner Eigenheit ab." p. 205.</P>
</FONT><P>Der gro&szlig;e Dialektiker kann das auch umdrehen und sagen: Wie Ich Meine Eigenheit benutze, das h&auml;ngt von Meiner Freiheit ab. Nun f&auml;hrt er fort:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Frei - wovon?"</P>
</FONT><P>Hier verwandelt sich also durch einen Gedankenstrich die Freiheit schon in die Freiheit von <I>Etwas, </I>per apposit[ionem] von "Allem". Diesmal wird indes die Apposition in Form eines scheinbar n&auml;her bestimmenden Satzes gegeben. Nachdem er n&auml;mlich dies gro&szlig;e Resultat erreicht hat, wird Sancho sentimental:</P>
<FONT SIZE=2><P>"O was l&auml;&szlig;t sich nicht Alles absch&uuml;tteln!" Zuerst "das Joch der Leibeigenschaft", dann eine ganze Reihe andrer Joche, die endlich unvermerkt dahin f&uuml;hren, da&szlig; "die vollkommenste Selbstverleugnung nichts als Freiheit, Freiheit ... vom eignen Selbst ist und der Drang nach Freiheit als etwas Absolutem ... Uns um die <I>Eigenheit </I>brachte."</P>
</FONT><P>Durch eine h&ouml;chst kunstlose Reihe von Jochen wird hier die Befreiung der Leibeigenschaft, die die Geltendmachung der Individualit&auml;t der Leibeignen und zugleich die Niederrei&szlig;ung einer bestimmten empirischen Schranke war, mit der viel fr&uuml;heren christlich-idealistischen Freiheit aus den Briefen an die R&ouml;mer und Korinther identifiziert und damit die Freiheit &uuml;berhaupt in die Selbstverleugnung verwandelt. Hiermit w&auml;ren wir schon mit der Freiheit fertig, da sie jetzt unbestritten "das Heilige" ist. Ein bestimmter historischer Akt der Selbstbefreiung wird von Sankt Max in die abstrakte Kategorie "<I>der </I>Freiheit" verwandelt und diese Kategorie dann wieder aus einer ganz andern historischen Erscheinung, die ebenfalls unter "<I>die </I>Freiheit" subsumiert werden kann, n&auml;her bestimmt. Das ist das ganze Kunst- <A NAME="S284"><B>&lt;284&gt;</A> </B>st&uuml;ck, die Absch&uuml;ttelung der Leibeigenschaft in die Selbstverleugnung zu verwandeln.</P>
<P>Um dem deutschen B&uuml;rger seine Freiheitstheorie sonnenklar zu machen, f&auml;ngt <I>Sancho</I> jetzt an, in der eignen Sprache des B&uuml;rgers, speziell des Berliner B&uuml;rgers, zu deklamieren:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Je freier Ich indes werde, desto mehr Zwang t&uuml;rmt sich vor Meinen Augen auf, desto ohnm&auml;chtiger f&uuml;hle Ich Mich. Der unfreie Sohn der Wildnis empfindet noch nichts von all den Schranken, die einen jebildeten Menschen bedr&auml;n[gen]: er d&uuml;nkt sich freier als dieser. In dem Ma&szlig;e, als Ich Mir Freiheit erringe, schaffe Ich Mir neue Grenzen und neue Aufgaben; habe Ich die Eisenbahnen erfunden, so f&uuml;hle Ich Mich wieder schwach, weil Ich noch nicht, dem Vogel gleich, die L&uuml;fte durchsegeln kann, und habe Ich ein Problem, dessen Dunkelheit Meinen Geist be&auml;ngstigte, gel&ouml;st, so erwarten Mich schon unz&auml;hlige andere" pp. p. 205, 206.</P>
</FONT><P>O "unbeholfener" Belletrist f&uuml;r B&uuml;rger und Landmann!</P>
<P>Nicht "der unfreie Sohn der Wildnis", sondern "die gebildeten Menschen" "d&uuml;nken" sich den Wilden freier als den Gebildeten. Da&szlig; der "Sohn der Wildni&szlig;" (den F. Halm in Szene gesetzt hat) die Schranken des Gebildeten nicht kennt, weil er sie nicht erfahren kann, ist ebenso klar, als da&szlig; der "gebildete" Berliner B&uuml;rger, der den "Sohn der Wildni&szlig;" nur vom Theater kennt, von den Schranken des Wilden nichts wei&szlig;. Die einfache Tatsache ist diese: die Schranken des Wilden sind nicht die des Zivilisierten. Die Vergleichung, die unser Heiliger zwischen Beiden anstellt, ist die phantastische eines "gebildeten" Berliners, dessen Bildung darin besteht, von Beiden nichts zu wissen. Da&szlig; er von den Schranken des Wilden nichts wei&szlig;, ist erkl&auml;rlich, obgleich etwas davon zu wissen nach den vielen neueren Reisebeschreibungen eben keine Kunst ist; da&szlig; er auch die des Gebildeten nicht kennt, beweist sein Exempel von den Eisenbahnen und dem Fliegen. Der tatlose Kleinb&uuml;rger, dem die Eisenbahnen vom Himmel gefallen sind und der eben deswegen glaubt, sie selbst erfunden zu haben, phantasiert sogleich vom Luftflug, nachdem er einmal auf der Eisenbahn gefahren ist. In der Wirklichkeit kam <I>erst </I>der Luftballon und dann die Eisenbahnen. Sankt Sancho mu&szlig;te dies umdrehen, weil sonst Jedermann gesehen h&auml;tte, da&szlig; mit der Erfindung des Luftballons das Postulat der Eisenbahnen noch lange nicht da war, w&auml;hrend man sich das Umgekehrte leicht vorstellen kann. Er stellt &uuml;berhaupt das empirische Verh&auml;ltnis auf den Kopf. Als der Hauderer &lt;nordwestdeutscher Ausdruck f&uuml;r Mietfuhrmann&gt; und Frachtwagen den entwickelten Bed&uuml;rfnissen des Verkehrs nicht mehr gen&uuml;gte, als u.a. die Zentralisation der Produktion durch die gro&szlig;e Industrie neue Mittel zum <A NAME="S285"><B>&lt;285&gt;</A></B> rascheren und massenweisen Transport ihrer Massen von Produkten n&ouml;tig machte, erfand man die Lokomotive und damit die Anwendung der Eisenbahn auf den gro&szlig;en Verkehr. Dem Erfinder und den Aktion&auml;ren war es um ihren Profit, dem Commerce &uuml;berhaupt um die Verminderung der Produktionskosten zu tun; die M&ouml;glichkeit, ja die absolute Notwendigkeit der Erfindung lag in den empirischen Verh&auml;ltnissen. Die Anwendung der neuen Erfindung in verschiednen L&auml;ndern beruhte auf verschiednen empirischen Verh&auml;ltnissen, z.B. in Amerika auf der Notwendigkeit, die einzelnen Staaten des ungeheuren Gebietes zu vereinigen und die halbzivilisierten Distrikte des Innern mit dem Meere und den Stapelpl&auml;tzen ihrer Produkte zu verbinden. (Vgl. u.a. M. Chevalier, "Lettres sur l'Am&eacute;rique du Nord".) In andern L&auml;ndern, wo man bei jeder neuen Erfindung nur bedauert, da&szlig; sie nicht das Reich der Erfindungen vollendet, wie z.B. in Deutschland - in solchen L&auml;ndern wird man endlich nach vielem Widerstreben gegen die verwerflichen, keine Fl&uuml;gel verleihenden Eisenbahnen durch die Konkurrenz gezwungen, sie zu adoptieren und den Hauderer und Frachtwagen wie das altehrw&uuml;rdige, sittsame Spinnrad fahrenzulassen. Der Mangel an andrer gewinnreicher Anlegung des Kapitals machte das Eisenbahnbauen zum dominierenden Industriezweig in Deutschland. Die Entwicklung seiner Eisenbahnbauten und seine Schlappen auf dem Weltmarkt gingen gleichen Schritt. Nirgend aber baut man Eisenbahnen der Kategorie "<I>der </I>Freiheit <I>von</I>" zulieb, wie Sankt Max schon daraus ersehen konnte, da&szlig; Niemand Eisenbahnen baut, um <I>frei von</I> seinem Geldsack zu werden. Der positive Kern der ideologischen Verachtung des B&uuml;rgers gegen die Eisenbahnen aus Sehnsucht nach dem Vogelflug ist die Vorliebe f&uuml;r den Hauderer, den Frachtwagen und die Landstra&szlig;e. Sancho sehnt sich nach der "eignen Welt", die, wie wir oben sahen, der Himmel ist. Darum will er an die Stelle der Lokomotive den feurigen Wagen Eli&auml; setzen und gen Himmel fahren.</P>
<P>Nachdem sich diesem tatlosen und unwissenden Zuschauer das wirkliche Niederrei&szlig;en der Schranken, das zugleich eine sehr positive Entwicklung der Produktivkraft, reale Energie und Befriedigung unabweisbarer Bed&uuml;rfnisse, Ausdehnung der Macht der Individuen ist, in das blo&szlig;e Freiwerden <I>von </I>einer Schranke verwandelt hat - was er wieder sich logisch als Postulat des Freiwerdens von <I>der </I>Schranke schlechthin zurechtmachen kann - kommt jetzt am Schlu&szlig; der ganzen Entwicklung heraus, was bereits am Anfang vorausgesetzt war:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Freisein von Etwas - hei&szlig;t nur: <I>Ledig </I>oder <I>Los </I>sein." p. 206.</P>
</FONT><P>Er gibt gleich ein sehr ungl&uuml;ckliches Exempel davon: "Er ist frei vom Kopfweh ist gleich: Er ist es los", als ob nicht dies "Lossein" vom Kopf- <A NAME="S286"><B>&lt;286&gt;</A> </B>schmerz gleich w&auml;re einer ganz positiven Dispositionskraft &uuml;ber meinen Kopf, gleich einem Eigentum an meinen Kopf, w&auml;hrend ich, solange Ich Kopfschmerzen hatte, das Eigentum meines kranken Kopfes war.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Im 'Los' vollenden wir die vom Christentum empfohlene Freiheit, im S&uuml;ndlos, Gottlos, Sittenlos usw." p. 206.</P>
</FONT><P>Daher findet unser "vollendeter Christ" auch seine Eigenheit erst im "gedankenlos", bestimmungslos", "berufslos", "gesetzlos", "verfassungslos" pp. und fordert seine Br&uuml;der in Christo auf, "sich nur wohlzuf&uuml;hlen im Aufl&ouml;sen", d.h. im Produzieren des "Losseins", der "vollendeten", "christlichen Freiheit".</P>
<P>Er f&auml;hrt fort:</P>
<FONT SIZE=2><P>"M&uuml;ssen wir etwa, weil die Freiheit als ein christliches Ideal sich verr&auml;t, sie aufgeben? Nein, <I>Nichts soll verloren gehen</I>" (voil&agrave; notre conservateur tout trouv&eacute; &lt;da haben wir unseren Konservativen ertappt&gt;), "auch die Freiheit nicht; aber sie soll unser <I>eigen</I> werden, und das kann sie in der Form der Freiheit nicht." p. 207.</P>
</FONT><P>Unser "mit sich" (toujours et partout &lt;immer und &uuml;berall&gt;) "einiger Egoist" vergi&szlig;t hier, da&szlig; wir bereits im Alten Testament durch das christliche Ideal der Freiheit, d.h. durch die Einbildung der Freiheit, zu "Eignern" der "Welt der Dinge" wurden; er vergi&szlig;t ebenfalls, da&szlig; wir danach nur noch die "Welt der Gedanken" loszuwerden brauchten, um auch ihre "Eigner" zu werden; da&szlig; sich hier die "Eigenheit" als <I>Konsequenz </I>der Freiheit, des Losseins f&uuml;r ihn ergab.</P>
<P>Nachdem unser Heiliger sich die Freiheit als Freisein <I>von </I>Etwas und dies wieder als "Lossein", dies als christliches Ideal der Freiheit und damit der Freiheit "<I>des </I>Menschen" zurechtgemacht hat, kann er an diesem pr&auml;parierten Material einen praktischen Kursus seiner Logik durchmachen. Die erste einfachste Antithese lautet:</P>
<P ALIGN="CENTER">Freiheit <I>des </I>Menschen - Freiheit Meiner,</P>
<P>wo in der Antithese die Freiheit aufh&ouml;rt, "in der Form der Freiheit" zu existieren. Oder:</P>
<P>Lossein im Interesse des Menschen} - {Lossein im Interesse Meiner.</P>
<P>Diese beiden Antithesen ziehen sich, mit einem zahlreichen Gefolge von Deklamationen, durch das ganze Kapitel von der Eigenheit durch, aber mit ihnen allein w&uuml;rde unser welterobernder Sancho noch zu sehr wenig, nicht einmal zur Insel Barataria, kommen. Er hat sich oben, wo er sich das Treiben der Menschen aus seiner "eignen Welt", seinem "Himmel" betrachtete, bei <A NAME="S287"><B>&lt;287&gt;</A></B> seiner Abstraktion der Freiheit zwei Momente der wirklichen Befreiung auf die Seite gebracht. Das erste war, da&szlig; die Individuen in ihrer Selbstbefreiung ein bestimmtes, wirklich empfundenes Bed&uuml;rfnis befriedigen. An die Stelle der wirklichen Individuen trat durch Beseitigung dieses Momentes <I>"der Mensch"</I> und an die Stelle der Befriedigung des wirklichen Bed&uuml;rfnisses das Streben nach einem phantastischen Ideal, der Freiheit als solcher, der "Freiheit <I>des</I> Menschen".</P>
<P>Das Zweite war, da&szlig; ein in den sich befreienden Individuen bisher nur als Anlage existierendes Verm&ouml;gen erst als wirkliche Macht bet&auml;tigt oder eine bereits existierende Macht durch Abstreifung einer Schranke vergr&ouml;&szlig;ert wird. Allerdings kann man das Abstreifen der Schranke, das blo&szlig; eine <I>Folge </I>der neuen Machtsch&ouml;pfung ist, als die Hauptsache betrachten. Zu dieser Illusion kommt man aber nur dann, wenn man entweder die Politik als die Basis der empirischen Geschichte annimmt oder wenn man, wie Hegel, &uuml;berall die Negation der Negation nachzuweisen hat, oder endlich, wenn man, nachdem die neue Macht geschaffen ist, als unwissender Berliner B&uuml;rger &uuml;ber die neue Sch&ouml;pfung reflektiert. - Indem Sankt Sancho dies zweite Moment zu seinem eignen Gebrauch auf Seite bringt, hat er nun eine Bestimmtheit, die er dem &uuml;brigbleibenden, abstrakten caput mortuum &lt;w&ouml;rtlich: toter Kopf; hier: Restbestandteil&gt; "<I>der</I> Freiheit" entgegensetzen kann. Hierdurch kommt er zu folgenden neuen Antithesen: </P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="44%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Freiheit, die inhaltslose Entfernung der fremden Macht</TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=5><P>}</FONT></TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">----</TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=5><P ALIGN="RIGHT">{</FONT></TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Eigenheit, das wirkliche Innehaben der eigenen Macht.</TD>
</TR>
<TR><TD VALIGN="MIDDLE">
<P>Oder auch:</TD>
<TD VALIGN="MIDDLE">
<P>&nbsp;</TD>
<TD VALIGN="MIDDLE">
<P>&nbsp;</TD>
<TD VALIGN="MIDDLE">
<P>&nbsp;</TD>
<TD VALIGN="MIDDLE">
<P>&nbsp;</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="44%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Freiheit, Abwehr fremder Macht</TD>
<TD WIDTH="11%" VALIGN="MIDDLE" COLSPAN=3>
<P ALIGN="CENTER">----</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Eigenheit, Besitz eigner Macht.</TD>
</TR>
</TABLE>
<P>- Wie sehr Sankt Sancho seine <I>eigne </I>"Macht", die er hier der Freiheit gegen&uuml;berstellt, aus derselben Freiheit heraus und in sich hinein eskamotiert hat, dar&uuml;ber wollen wir ihn nicht auf die Materialisten oder Kommunisten, sondern nur auf das "Dictionnaire de l'acad&eacute;mie" verweisen, wo er finden kann, da&szlig; libert&eacute; am h&auml;ufigsten im Sinne von puissance &lt;Macht&gt; gebraucht wird. Sollte Sankt Sancho indes behaupten, da&szlig; er nicht gegen <I>"libert&eacute;"</I>, sondern gegen die <I>"Freiheit" </I>k&auml;mpfe, so mag er sich bei Hegel &uuml;ber die negative und positive Freiheit Rats erholen. Als deutscher Kleinb&uuml;rger mag er sich an der Schlu&szlig;bemerkung dieses Kapitels delektieren.</P>
<B><P><A NAME="S288">&lt;288&gt;</A></B> Die Antithese kann auch so ausgedr&uuml;ckt werden:</P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="43%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Freiheit, idealistisches Trachten nach Lossein und Kampf gegen das Anderssein</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=7><P>}</FONT></TD>
<TD WIDTH="7%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">----</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=7><P ALIGN="RIGHT">{</FONT></TD>
<TD WIDTH="41%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Eigenheit, <I>wirkliches</I> Lossein und Genu&szlig; am eignen Dasein.</TD>
</TR>
</TABLE>
<P>Nachdem er so durch eine wohlfeile <I>Abstraktion </I>die Eigenheit von der Freiheit <I>unterschieden hat</I>, gibt er sich den Schein, als fange er jetzt erst an, diesen Unterschied zu entwickeln, und ruft aus:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Welch ein Unterschied zwischen Freiheit und Eigenheit!" p. 207.</P>
</FONT><P>Da&szlig; er au&szlig;er den allgemeinen Antithesen sich nichts auf die Seite gebracht hat, und da&szlig; neben dieser Bestimmung der Eigenheit auch noch fortw&auml;hrend die Eigenheit "im gew&ouml;hnlichen Verstande" h&ouml;chst erg&ouml;tzlich mit unterl&auml;uft, wird sich zeigen.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Innerlich kann man trotz des Zustandes der Sklaverei frei sein, obwohl auch wieder nur von <I>Allerlei, </I>nicht von <I>Allem</I>; aber von der Peitsche, der gebieterischen Laune pp. des Herrn wird man nicht frei."</P>
<P>"Dagegen Eigenheit, das ist Mein <I>ganzes </I>Wesen und Dasein, das bin Ich selbst. Frei bin Ich von dem, was Ich <I>los</I> bin, Eigner von dem, was Ich in Meiner <I>Macht </I>habe oder dessen Ich m&auml;chtig bin. <I>Mein eigen </I>bin Ich jederzeit und unter allen Umst&auml;nden, wenn Ich Mich zu haben verstehe und nicht an Andre wegwerfe. Das Freisein kann Ich nicht wahrhaft <I>wollen, </I>weil Ich's nicht machen ... kann. Ich kann es nur w&uuml;nschen und danach trachten, <I>denn </I>es bleibt ein Ideal, ein Spuk. Die Fesseln der Wirklichkeit schneiden jeden Augenblick in Mein Fleisch die sch&auml;rfsten Striemen. <I>Mein Eigen </I>aber bleibe Ich. Einem Gebieter leibeigen hingegeben, <I>denke </I>Ich nur an Mich und Meinen Vorteil; seine Schl&auml;ge treffen Mich zwar. Ich bin nicht davon <I>frei; <U>aber ich erdulde sie nur zu Meinem Nutzen</U>, </I>etwa um ihn durch den Schein der Geduld zu t&auml;uschen und ihn sicher zu machen, oder auch, um nicht durch Widersetzlichkeit &Auml;rgeres Mir zuzuziehen. Da Ich aber Mich und Meinen Eigennutz im Auge behalte" (w&auml;hrend die Schl&auml;ge ihn und seinen R&uuml;cken im Besitz behalten), "so fasse Ich die n&auml;chste gute Gelegenheit beim Schopfe" (d.h., er "w&uuml;nscht", er "trachtet" nach einer n&auml;chsten guten Gelegenheit, die aber "ein Ideal, ein Spuk bleibt"), "den Sklavenbesitzer zu zertreten. Da&szlig; Ich dann von ihm und seiner Peitsche <I>frei </I>werde, das ist nur die Folge Meines vorangegangenen Egoismus. Man sagt hier vielleicht: Ich sei auch im Stande der Sklaverei frei gewesen, n&auml;mlich 'an sich' oder 'innerlich'; allein 'an sich frei' ist nicht 'wirklich frei', und 'innerlich' nicht '&auml;u&szlig;erlich'. Eigen hingegen, <I>Mein</I> <I>eigen </I>war Ich <I>ganz und gar</I>, innerlich und <I>&auml;u&szlig;erlich. </I>Von den Folterqualen und Gei&szlig;elhieben ist Mein Leib nicht 'frei' unter der Herrschaft eines grausamen Gebieters; <I>aber Meine Knochen sind es, welche unter der Tortur &auml;chzen, Meine Fibern zucken unter den Schl&auml;gen, und Ich &auml;chze, weil Mein Leib &auml;chzt. Da&szlig; ich seufze und erzittre, beweist, da&szlig; Ich noch bei Mir, da&szlig; Ich Mein eigen bin</I>." p. 207, 208.</P>
</FONT><B><P><A NAME="S289">&lt;289&gt;</A></B> Unser Sancho, der hier wieder den Belletristen f&uuml;r Kleinb&uuml;rger und Landmann spielt, beweist hier, da&szlig; er trotz der vielen Pr&uuml;gel, die er schon bei Cervantes erhielt, stets sein "Eigner" blieb und da&szlig; diese Pr&uuml;gel vielmehr zu seiner "Eigenheit geh&ouml;rten. Sein "eigen" ist er "jederzeit und unter allen Umst&auml;nden", <I>wenn </I>er sich zu haben <I>versteht</I>. Hier ist also die Eigenheit hypothetisch und h&auml;ngt von seinem Verstande ab, unter dem er eine sklavische Kasuistik versteht. Dieser Verstand wird dann auch sp&auml;ter zum <I>Denken</I>, wo er an sich und seinen "Vorteil" "denkt" - welches Denken und welcher gedachte "Vorteil" sein gedachtes "Eigentum" sind. Er wird weiter dahin erkl&auml;rt, da&szlig; er die Schl&auml;ge "zu seinem Nutzen" erduldet, wo die Eigenheit wiederum in der <I>Vorstellung </I>des "Nutzens besteht und wo er das Arge "erduldet", um nicht "Eigner" von "&Auml;rgerem" zu werden. Sp&auml;ter zeigt sich der Verstand auch als "Eigner" des Vorbehalts einer "n&auml;chsten guten Gelegenheit", also einer blo&szlig;en reservatio mentalis, und endlich als "Zertreten" des "Sklavenbesitzers" in der Antizipation der Idee, wo er dann "Eigner" dieser Antizipation ist, w&auml;hrend der Sklavenbesitzer ihn in der Gegenwart wirklich zertritt. W&auml;hrend er also hier sich mit seinem <I>Bewu&szlig;tsein </I>identifiziert, das sich durch allerlei Klugheitsmaxirnen zu beruhigen strebt, identifiziert er sich am Schlu&szlig; mit seinem <I>Leibe</I>, so da&szlig; er ganz und gar, innerlich und &auml;u&szlig;erlich "sein eigen" ist, solange er noch einen Funken Leben und selbst nur noch bewu&szlig;tloses Leben in sich hat. Erscheinungen wie &Auml;chzen der "Knochen", Zucken der Fibern usw., Erscheinungen, aus der Sprache der <I>einzigen </I>Naturwissenschaft in die pathologische &uuml;bersetzt, die durch Galvanismus an seinem Kadaver, wenn man ihn frisch von dem Galgen abgeschnitten, an dem er sich oben erhing, die selbst an einem toten Frosch hervorgebracht werden k&ouml;nnen, gelten ihm hier f&uuml;r Beweise, da&szlig; er "ganz und gar", "innerlich und &auml;u&szlig;erlich" noch "sein eigen", seiner m&auml;chtig ist. Dasselbe, woran sich die Macht und Eigenheit des Sklavenbesitzers zeigt, da&szlig; gerade <I>Er </I>gepr&uuml;gelt wird und kein Anderer, da&szlig; gerade <I>seine </I>Knochen "&auml;chzen", <I>seine </I>Fibern zucken, ohne da&szlig; Er es &auml;ndern kann, das gilt unsrem Heiligen hier f&uuml;r einen Beweis seiner eignen Eigenheit und Macht. Also wenn er im surinamischen Spanso Bocho eingespannt liegt, wo er weder Arme noch Beine noch sonst ein Glied r&uuml;hren kann und Alles &uuml;ber sich ergehen lassen mu&szlig;, so besteht seine Macht und Eigenheit nicht darin, da&szlig; er &uuml;ber seine Glieder disponieren kann, sondern in dem Faktum, da&szlig; sie <I>seine </I>Glieder sind. Seine Eigenheit rettete er hier wieder dadurch, da&szlig; er sich immer als Anders-Bestimmten fa&szlig;te, bald als blo&szlig;es Bewu&szlig;tsein, bald als bewu&szlig;tlosen Laib (siehe die Ph&auml;nomenologie).</P>
<B><P><A NAME="S290">&lt;290&gt;</A> </B>Sankt Sancho "erduldet" seine Tracht Pr&uuml;gel allerdings mit mehr W&uuml;rde als die wirklichen Sklaven. Die Mission&auml;re m&ouml;gen diesen noch so oft im Interesse der Sklavenbesitzer vorhalten, da&szlig; sie die Schl&auml;ge "zu ihrem Nutzen erdulden", die Sklaven lassen sich dergleichen Faseleien nicht einreden. Sie machen nicht die k&uuml;hle und furchtsame Reflexion, da&szlig; sie sonst "&Auml;rgeres sich zuziehen" w&uuml;rden, sie bilden sich auch nicht ein, "durch ihre Geduld den Sklavenbesitzer zu t&auml;uschen" - sie verh&ouml;hnen ihre Peiniger im Gegenteil, sie spotten ihrer Ohnmacht, die sie nicht einmal zur Dem&uuml;tigung zwingen kann, und unterdr&uuml;cken jedes "&Auml;chzen", jede Klage, solange der physische Schmerz es ihnen noch erlaubt. (Siehe <I>Charles Comte</I>, "Trait&eacute; de l&eacute;gislation".) Sie sind also weder "innerlich" noch "&auml;u&szlig;erlich" ihre "Eigner", sondern blo&szlig; die "Eigner" ihres Trotzes, was ebensogut so ausgedr&uuml;ckt werden kann, da&szlig; sie weder "innerlich" noch "&auml;u&szlig;erlich" "frei", sondern blo&szlig; in einer Beziehung frei, n&auml;mlich "innerlich" frei von der Selbstdem&uuml;tigung sind, wie sie auch "&auml;u&szlig;erlich" zeigen. Insofern "Stirner" die Pr&uuml;gel erh&auml;lt, ist er Eigner der Pr&uuml;gel und damit frei vom Nichtgepr&uuml;geltwerden, und diese Freiheit, dies Lossein geh&ouml;rt zu seiner Eigenheit.</P>
<P>Daraus, da&szlig; Sankt Sancho ein besonderes Kennzeichen der Eigenheit in den Vorbehalt setzt, bei "der n&auml;chsten guten Gelegenheit" wegzulaufen und in seinem dadurch bewerkstelligten "Freiwerden" "nur die Folge seines vorangegangenen Egoismus" (<I>seines</I>, d.h. des mit sich einigen Egoismus) sieht, geht hervor, da&szlig; er sich einbildet, die revolutionierenden Neger von Haiti und die weglaufenden Neger aller Kolonien h&auml;tten nicht <I>sich</I>, sondern "<I>den</I> Menschen" befreien wollen. Der Sklave, der den Entschlu&szlig; fa&szlig;t, sich zu befreien, mu&szlig; schon dar&uuml;ber hinaus sein, da&szlig; die Sklaverei seine "Eigenheit" ist. Er mu&szlig; "<I>frei</I>" von dieser "<I>Eigenheit</I>" sein. Die "Eigenheit" eines Individuums kann aber allerdings darin bestehen, da&szlig; es sich "<I>wegwirft</I>". Es hie&szlig;e "einen fremden Ma&szlig;stab" an es legen, wenn "Man" das Gegenteil behaupten wollte.</P>
<P>Zum Schlu&szlig; r&auml;cht sich Sankt Sancho f&uuml;r seine Pr&uuml;gel durch folgende Anrede an den "Eigner" seiner "Eigenheit", den Sklavenbesitzer:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Mein <I>Bein</I> ist nicht 'frei' von dem Pr&uuml;gel des Herrn, aber es ist <I>Mein</I> Bein und ist <I>unentrei&szlig;bar</I>. Er rei&szlig;e Mir's aus und sehe zu, ob er noch Mein Bein hat! Nichts beh&auml;lt er in der Hand, als den - Leichnam Meines Beines, der so wenig Mein Bein ist, als ein toter Hund noch ein Hund ist." p. 208.</P>
</FONT><P>Er - Sancho, der hier glaubt, der Sklavenbesitzer wolle sein <I>lebendiges</I> Bein haben, wahrscheinlich zum eignen Gebrauch - "sehe zu", was er von seinem "unentrei&szlig;baren" Beine noch an sich hat. Er beh&auml;lt nichts als den Verlust seines Beines und ist zum einbeinigen Eigner seines ausgerissenen <A NAME="S291"><B>&lt;291&gt;</A></B> Beines geworden. Wenn er acht Stunden t&auml;glich die Tretm&uuml;hle treten mu&szlig;, so ist er es, der mit der Zeit zum Idioten wird, und der Idiotismus ist dann <I>seine </I>"Eigenheit". Der Richter, der ihn dazu verdammt hat, "sehe zu", ob er noch Sanchos Verstand "in der Hand hat". Damit ist aber dem armen Sancho wenig geholfen.</P>
<P>"Das erste Eigentum, die erste Herrlichkeit ist erworben!"</P>
<P>Nachdem unser Heiliger an diesen eines Asketen w&uuml;rdigen Exempeln den Unterschied zwischen Freiheit und Eigenheit mit bedeutenden belletristischen Produktionskosten enth&uuml;llt hat, erkl&auml;rt er p. 209 ganz unerwartet, da&szlig;</P>
<FONT SIZE=2><P>"zwischen der Eigenheit und Freiheit noch eine <I>tiefere</I> Kluft liegt als die blo&szlig;e Wortdifferenz".</P>
</FONT><P>Diese "tiefere Kluft" besteht darin, da&szlig; die obige Bestimmung der Freiheit unter "mancherlei Wandlungen" und "Brechungen" und vielen "episodischen Einlagen" wiederholt wird. Aus der Bestimmung "<I>der </I>Freiheit"' als "<I>des</I> Losseins" ergeben sich die Fragen: wovon die Menschen frei werden sollen (p. 209) pp., die Streitigkeiten &uuml;ber dies Wovon (ibid.) (er sieht hier wieder als deutscher Kleinb&uuml;rger in dem Kampfe der wirklichen Interessen nur den Hader um die Bestimmung dieses "Wovon", wobei es ihm dann nat&uuml;rlich sehr verwundersam ist, da&szlig; "der B&uuml;rger" nicht "vom B&uuml;rgertum" frei werden will, p. 210), dann die Wiederholung des Satzes, da&szlig; die Aufhebung einer Schranke die Position einer neuen Schranke ist in der Form, da&szlig; "der Drang nach einer bestimmten Freiheit stets die Absicht auf eine neue Herrschaft einschlie&szlig;t", p. 210 (wobei wir erfahren, da&szlig; die Bourgeois in der Revolution nicht auf ihre eigne Herrschaft, sondern auf "die Herrschaft des Gesetzes" ausgingen - siehe oben &uuml;ber den Liberalismus), dann das Resultat, da&szlig; man von Dem nicht los werden will, was Einem "ganz recht ist, z.B. dem unwiderstehlichen Blick der Geliebten" (p. 211). Ferner ergibt sich, da&szlig; die Freiheit ein "Phantom" ist (p. 211), ein "Traum" (p. 212); dann erfahren wir nebenbei, da&szlig; "die Naturstimme" auch einmal zur "Eigenheit" (p. 213) wird, dagegen die "Gottes- und Gewissensstimme" f&uuml;r "Teufelswerk" zu halten sei, und dann renommiert er: "Solche heillose Menschen" (die das f&uuml;r Teufelswerk halten) "gibt es; wie werdet Ihr mit ihnen fertig werden?" (p. 213, 214.) Aber nicht die Natur soll Mich, sondern Ich soll Meine Natur bestimmen, geht die Rede des mit sich einigen Egoisten. Und mein Gewissen ist auch eine "Naturstimme".</P>
<P>Bei dieser Gelegenheit ergibt sich dann auch, da&szlig; das Tier "sehr richtige Schritte tut" (p. 213). Wir h&ouml;ren weiter, da&szlig; die "Freiheit dar&uuml;ber schweigt, was nun weiter geschehen soll, nachdem Ich frei geworden bin" (p. 215). <A NAME="S292"><B>&lt;292&gt;</A></B> (Siehe "Das hohe Lied Salomonis".) Die Exposition der obigen "tieferen Kluft" wird damit beschlossen, da&szlig; Sankt Sancho die Pr&uuml;gelszene wiederholt und sich diesmal etwas deutlicher &uuml;ber die Eigenheit ausspricht.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Auch unfrei, auch in tausend Fesseln geschlagen, bin Ich doch, und Ich bin nicht etwa erst zuk&uuml;nftig und auf Hoffnung vorhanden, wie die Freiheit, sondern Ich bin auch als Verworfenster der Sklaven - gegenw&auml;rtig" (p. 215).</P>
</FONT><P>Hier stellt er also sich und <I>"die Freiheit" </I>als zwei Personen gegen&uuml;ber, und die Eigenheit wird zum blo&szlig;en Vorhandensein, Gegenwart, und zwar der "verworfensten" Gegenwart. Hier ist die Eigenheit als blo&szlig;e Konstatierung der pers&ouml;nlichen Identit&auml;t. Stirner, der sich bereits oben als "Geheimer-Polizei-Staat" konstituierte, wirft sich hier zum Pa&szlig;b&uuml;ro auf. "Es sei ferne", da&szlig; aus "der Welt des Menschen" "Etwas verlorengehe"! (Siehe "Das hohe Lied Salomonis".)</P>
<P>Nach p. 218 kann man auch seine Eigenheit "aufgeben" durch die "Ergebenheit", "Ergebung", obwohl sie nach dem Obigen nicht aufh&ouml;ren kann, solange man &uuml;berhaupt <I>vorhanden </I>ist, sei es auch in noch so "verworfner" oder "ergebner" Weise. Oder ist der "verworfenste" Sklave nicht der "ergebenste"? Nach einer der fr&uuml;heren Beschreibungen der Eigenheit kann man seine Eigenheit nur dadurch "aufgeben", da&szlig; man sein <I>Leben </I>aufgibt.</P>
<P>p. 218 wird die Eigenheit einmal wieder als die eine Seite der Freiheit, als Macht, gegen die Freiheit als Lossein geltend gemacht und unter den Mitteln, durch die Sancho seine Eigenheit zu sichern vorgibt, "Heuchelei", "Betrug" (Mittel, die Meine Eigenheit anwendet, weil sie sich den Weltverh&auml;ltnissen "ergeben" mu&szlig;te) usw. angef&uuml;hrt, "denn die Mittel, welche Ich anwende, richten sich nach dem, was Ich bin". Wir haben schon gesehen, da&szlig; unter diesen Mitteln die Mittel<I>losigkeit </I>eine Hauptrolle spielt, wie sich auch wieder bei seinem Proze&szlig; gegen den Mond zeigt (siehe oben, Logik). Dann wird die Freiheit zur Abwechslung als <I>"Selbstbefreiung" </I>gefa&szlig;t, "d.h., da&szlig; Ich nur so viel Freiheit haben kann, als Ich durch meine Eigenheit Mir verschaffe", wo die bei allen, namentlich deutschen Ideologen vorkommende Bestimmung der Freiheit als <I>Selbstbestimmung, </I>als Eigenheit auftritt. Dies wird uns daran klargemacht, da&szlig; es "den Schafen" nichts "n&uuml;tzt", "wenn ihnen die Redefreiheit gegeben wird" (p. 220). Wie trivial hier seine Auffassung der Eigenheit als Selbstbefreiung ist, sieht man schon aus seiner Wiederholung der bekanntesten Phrasen &uuml;ber oktroyierte Freiheit, Freilassung, Sich-Freimachen usw. (p. 220, 221). Der Gegensatz zwischen der <A NAME="S293"><B>&lt;293&gt;</A></B> Freiheit als Lossein und der Eigenheit als Negation dieses Losseins wird nun auch poetisch ausgemalt:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Die Freiheit weckt Euren Grimm gegen Alles, was Ihr nicht seid" (Sie ist also die <I>grimmige</I> Eigenheit, oder haben nach Sankt Sancho die bil[i]&ouml;sen Naturen, z.B. Guizot, keine "Eigenheit"? Und genie&szlig;e Ich Mich nicht im Grimm gegen Andre?), "der Egoismus ruft Euch zur <I>Freude </I>&uuml;ber Euch selbst, zum Selbstgenusse" (er ist also die sich freuende Freiheit; wir haben &uuml;brigens die Freude und den Selbstgenu&szlig; des mit sich einigen Egoisten kennengelernt). "Die Freiheit ist und bleibt eine Sehnsucht" (als ob die Sehnsucht nicht auch eine Eigenheit, Selbstgenu&szlig; besonders geformter Individuen, namentlich der christlich-germanischen w&auml;re - und soll die Sehnsucht "verlorengehen"?). "Die Eigenheit ist eine Wirklichkeit, die <I>von selbst </I>so viel Unfreiheit beseitigt, als Euch hinderlich den eignen Weg versperrt"</P>
</FONT><P>(wo denn, ehe die Unfreiheit beseitigt ist, meine Eigenheit eine <I>versperrte </I>Eigenheit ist. F&uuml;r den deutschen Kleinb&uuml;rger ist es wieder bezeichnend, da&szlig; ihm alle Schranken und Hindernisse "von selbst" fallen, da er nie eine Hand dazu r&uuml;hrt und diejenigen Schranken, die nicht "von selbst" fallen, durch Gewohnheit zu seiner Eigenheit macht. Nebenbei bemerkt tritt hier die Eigenheit als handelnde <I>Person </I>auf, obwohl sie sp&auml;ter zur blo&szlig;en <I>Beschreibung </I>des Eigners erniedrigt wird). p.215.</P>
<P>Dieselbe Antithese erscheint uns wieder in folgender Form:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Als <I>Eigne </I>seid <I>Ihr wirklich Alles los, </I>und was Euch anhaftet, das habt Ihr angenommen, das ist Eure Wahl und Belieben. Der Eigne ist der <I>geborne Freie, </I>der Freie dagegen nur der Freiheitss&uuml;chtige."</P>
</FONT><P>Obgleich Sankt Sancho p. 252 "zugibt", "da&szlig; Jeder als <I>Mensch geboren </I>wird, mithin die Neugebornen darin gleich seien".</P>
<P>Was Ihr als Eigne nicht "los seid", das ist "Eure Wahl und Belieben", wie oben bei dem Sklaven die Pr&uuml;gel. - Abgeschmackte Paraphrase! - Die Eigenheit reduziert sich also hier auf die Einbildung, da&szlig; Sankt Sancho Alles, was er nicht "los" ist, aus freiem Willen angenommen und beibehalten habe, z.B. den Hunger, wenn er kein Geld hat. Abgesehen von den vielen Sachen, z.B. Dialekt, Skrofeln, H&auml;morrhoiden, Armut, Einbeinigkeit, Zwang zum Philosophieren durch die Teilung der Arbeit ihm aufgedrungen pp. - abgesehen davon, da&szlig; es keineswegs von ihm abh&auml;ngt, ob er diese Sachen "annimmt" oder nicht, so hat er, selbst wenn wir uns f&uuml;r einen Augenblick auf seine Voraussetzungen einlassen, doch immer nur zwischen bestimmten, in seinem Bereiche liegenden und keineswegs durch seine Eigenheit gesetzten Dingen zu w&auml;hlen. Als irischer Bauer hat er z.B. nur dazwischen zu w&auml;hlen, ob er Kartoffeln essen oder verhungern will, und auch diese Wahl steht ihm nicht <A NAME="S294"><B>&lt;294&gt;</A> </B>immer frei. Zu bemerken ist noch in dem obigen Satze die sch&ouml;ne Apposition, wodurch, gerade wie im Recht, das "Annehmen" mit der "Wahl" und dem "Belieben" ohne weiteres identifiziert wird. Was &uuml;brigens Sankt Sancho unter einem "geborenen Freien" versteht, ist weder in noch au&szlig;er dem Zusammenhange zu sagen.</P>
<P>Und ist nicht auch ein ihm eingegebenes Gef&uuml;hl sein von ihm angenommenes Gef&uuml;hl? Und erfahren wir nicht p. 84, 85, da&szlig; die "eingegebnen" Gef&uuml;hle nicht "eigne" Gef&uuml;hle sind? &Uuml;brigens tritt hier, wie wir bei Klopstock (der hier als Beispiel angef&uuml;hrt wird) schon sahen, hervor, da&szlig; das "eigne" Verhalten keineswegs mit dem individuellen Verhalten zusammenf&auml;llt; obwohl dem Klopstock das Christentum "ganz recht" gewesen zu sein und ihm keineswegs "hinderlich den Weg versperrt zu haben" scheint. </P>
<FONT SIZE=2><P>"Der Eigner <I>braucht </I>sich nicht erst <I>zu befreien, </I>weil er von vornherein Alles au&szlig;er sich verwirft ... Befangen im kindlichen Respekt, <I>arbeitet</I> er gleichwohl schon daran, sich aus dieser Befangenheit zu <I>'befreien'</I>."</P>
</FONT><P>Weil der Eigne sich nicht erst zu befreien <I>braucht</I>, <I>arbeitet</I> er schon als Kind daran, sich zu befreien, und das Alles, weil er, wie wir sahen, der "<I>geborne Freie</I>" ist. "Befangen im kindlichen Respekt", reflektiert er bereits unbefangen, n&auml;mlich eigen, &uuml;ber diese seine eigne Befangenheit. Doch das darf uns nicht wundern - wir sahen schon im Anfang des Alten Testaments, welch ein Wunderkind der mit sich einige Egoist war.</P>
<FONT SIZE=2><P>"<I>Die Eigenheit arbeitet </I>in <I>dem kleinen Egoisten </I>und <I>verschafft </I>ihm die begehrte 'Freiheit'."</P>
</FONT><P>Nicht "Stirner" lebt, sondern die "Eigenheit" lebt, "arbeitet" und "verschafft" <I>in </I>ihm. Wir erfahren hier, da&szlig; nicht die Eigenheit die <I>Beschreibung </I>des Eigners, sondern der Eigner nur die <I>Umschreibung </I>der Eigenheit ist.</P>
<P>Das "Lossein" war, wie wir sahen, auf seiner h&ouml;chsten Spitze das Lossein vom Eignen Selbst, Selbstverleugnung. Wir sahen ebenfalls, da&szlig; er hiergegen die Eigenheit als Behauptung seiner selbst, als Eigennutz geltend machte. Da&szlig; dieser Eigennutz aber selbst wieder Selbstverleugnung war, haben wir auch gesehen.</P>
<P>Wir vermi&szlig;ten seit einiger Zeit "das Heilige" schmerzlich. Wir finden es pl&ouml;tzlich auf p. 224 am Schlu&szlig; der Eigenheit, ganz versch&auml;mt, wieder, wo es sich mit folgender neuen Wendung legitimiert.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Zu einer Sache, die Ich eigenn&uuml;tzig betreibe" (oder auch gar nicht betreibe), "habe Ich ein <I>anderes</I> Verh&auml;ltnis als zu einer, welcher Ich uneigenn&uuml;tzig diene" (oder auch welche Ich betreibe).</P>
</FONT><B><P><A NAME="S295">&lt;295&gt;</A> </B>Noch nicht zufrieden mit dieser merkw&uuml;rdigen Tautologie, die Sankt Max aus "Wahl und Belieben" "angenommen" hat, tritt auf einmal der l&auml;ngst verschollene "Man" als die Identit&auml;t des Heiligen konstatierender Nachtw&auml;chter wieder auf und meint, er</P>
<FONT SIZE=2><P>"k&ouml;nnte folgendes Erkennungszeichen anf&uuml;hren: Gegen Jene kann Ich Mich <I>vers&uuml;ndigen</I> oder eine <I>S&uuml;nde </I>begehen" (sehenswerte Tautologie!), "die andre nur <I>verscherzen, </I>von Mir <I>sto&szlig;en, </I>Mich darum bringen, d.h. eine Unklugheit begehen". (Wo er sich verscherzen, sich um sich bringen, um sich gebracht - umgebracht werden kann.) "Beiderlei Betrachtungsweisen erf&auml;hrt die <I>Handelsfreiheit, </I>indem sie" teils f&uuml;r das Heilige gehalten wird, teils nicht, oder wie Sancho selbst dies umst&auml;ndlicher ausdr&uuml;ckt, "indem sie teils f&uuml;r eine Freiheit angesehn wird, welche <I>unter Umst&auml;nden </I>gew&auml;hrt oder entzogen werden k&ouml;nne, teils f&uuml;r eine solche, die <I>unter allen Umst&auml;nden heilig </I>zu halten sei." p. 224, 225.</P>
</FONT><P>Sancho zeigt hier wieder eine "eigne" "Durchschauung" der Frage von der Handelsfreiheit und den Schutzz&ouml;llen. Ihm wird hiermit der "Beruf" gegeben, einen einzigen Fall aufzuweisen, wo die Handelsfreiheit 1. <I>weil </I>sie eine <I>"Freiheit" </I>ist und 2. <I>"unter allen Umst&auml;nden" </I>"heilig" gehalten wurde. - Das Heilige ist zu allen Dingen n&uuml;tze.</P>
<P>Nachdem, wie wir sahen, die Eigenheit vermittelst der logischen Antithesen und des ph&auml;nomenologischen "Auch-anders-Bestimmtseins" aus der vorher zurechtgestutzten "Freiheit" konstruiert war, wobei Sankt Sancho Alles, was ihm gerade Recht war (z.B. die Pr&uuml;gel) in die Eigenheit, und alles, was ihm nicht recht war, in die Freiheit "verwarf", erfahren wir schlie&szlig;lich, da&szlig; dies Alles noch nicht die wahre Eigenheit war.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Die Eigenheit", hei&szlig;t es p. 225, "ist keine <I>Idee</I>, gleich der Freiheit pp., sie ist nur eine Beschreibung des - <I>Eigners</I>."</P>
</FONT><P>Wir werden sehen, da&szlig; diese "Beschreibung des Eigners" darin besteht, die Freiheit in ihren drei von Sankt Sancho untergeschobenen Brechungen des Liberalismus, Kommunismus und Humanismus zu negieren, in ihrer <I>Wahrheit </I>zu fassen und diesen nach der entwickelten Logik h&ouml;chst einfachen Gedankenproze&szlig; die Beschreibung eines wirklichen Ich zu nennen.</P>
<P ALIGN="CENTER">__________</P>
<P>Das ganze Kapitel von der Eigenheit reduziert sich auf die allertrivialsten Selbstbesch&ouml;nigungen, mit denen sich der deutsche Kleinb&uuml;rger &uuml;ber seine eigne Ohnmacht tr&ouml;stet. Er glaubt gerade wie Sancho, in dem Kampfe der Bourgeoisinteressen gegen die Reste der Feudalit&auml;t und absoluten Monarchie in andern L&auml;ndern handle es sich nur um die Prinzipienfrage, <I>wovon</I> "<I>der <A NAME="S296"></I><B>&lt;296&gt;</A></B> Mensch" frei werden solle. (Siehe auch oben den politischen Liberalismus.) Er sieht daher in der Handelsfreiheit nur eine Freiheit und kannegie&szlig;ert mit vieler Wichtigkeit und ganz wie Sancho dar&uuml;ber, ob "<I>der </I>Mensch" "unter allen Umst&auml;nden" Handelsfreiheit haben m&uuml;sse oder nicht. Und wenn, wie dies unter diesen Verh&auml;ltnissen nicht anders m&ouml;glich, seine Freiheitsbestrebungen ein j&auml;mmerliches Ende nehmen, so tr&ouml;stet er sich, abermals wie Sancho, damit, da&szlig; "<I>der </I>Mensch" oder er selber doch nicht "von Allem frei werden" k&ouml;nne, da&szlig; die Freiheit ein sehr unbestimmter Begriff sei und selbst Metternich und Karl X. an die "wahre Freiheit" appellieren konnten (p. 210 "des Buchs", wobei nur zu bemerken, da&szlig; gerade die Reaktion&auml;re, namentlich die historische Schule und die Romantiker, ebenfalls ganz wie Sancho, die wahre Freiheit in die Eigenheit, z.B. der Tiroler Bauern, &uuml;berhaupt in die eigent&uuml;mliche Entwicklung der Individuen und weiter der Lokalit&auml;ten, Provinzen und St&auml;nde setzen) - und da&szlig; er als Deutscher, wenn er auch nicht frei sei, doch durch seine unbestreitbare Eigenheit f&uuml;r alle Leiden entsch&auml;digt werde. Er sieht, noch einmal wie Sancho, nicht in der Freiheit eine Macht, die er sich verschafft, und erkl&auml;rt daher seine Ohnmacht f&uuml;r eine Macht.</P>
<P>Was der gew&ouml;hnliche deutsche Kleinb&uuml;rger in aller Stille des Gem&uuml;tes sich leise zum Troste sagt, posaunt der Berliner als geistreiche Wendung laut aus. Er ist stolz auf seine lumpige Eigenheit und eigne Lumperei.</P>
<I><P ALIGN="CENTER"><A NAME="I_III_1_5">5. Der Eigner</A></P>
</I><P>Wie "der Eigner" in die drei "Brechungen": "Meine Macht", "Mein Verkehr" und "Mein Selbstgenu&szlig;" auseinanderf&auml;llt, dar&uuml;ber siehe die &Ouml;konomie des Neuen Bundes. Wir gehen gleich zur ersten dieser Brechungen &uuml;ber.</P>
<I><P ALIGN="CENTER"><A NAME="I_III_1_5_A">A) Meine Macht</A></P>
</I><P>Das Kapitel von der Macht ist wieder trichotomisch gegliedert, indem 1. Recht, 2. Gesetz und 3. Verbrechen darin abgehandelt werden - eine Trichotomie, zu deren sorgsamer Verdeckung Sancho die "Episode" &uuml;beraus h&auml;ufig anwendet. Wir werden das Ganze tabellarisch, mit den n&ouml;tigen episodischen Einlagen, behandeln.</P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="I_III_1_5_A_I">I. Das Recht</A></P>
<FONT SIZE=2><P ALIGN="CENTER"><A NAME="I_III_1_5_A_I_A">A) Kanonisation im Allgemeinen</A></P>
</FONT><B><P><A NAME="S297">&lt;297&gt;</A></B> Ein <I>anderes</I> Beispiel des <I>Heiligen </I>ist das Recht.</P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="36%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Das Recht ist nicht Ich</TD>
<TD WIDTH="55%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="6%" VALIGN="MIDDLE" ROWSPAN=8>
<FONT SIZE=7><P>}</FONT></TD>
<TD WIDTH="6%" VALIGN="MIDDLE" ROWSPAN=8>
<P>Das Heilige</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="36%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="55%" VALIGN="TOP">
<P>= Nicht Mein Recht</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="36%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="55%" VALIGN="TOP">
<P>= das fremde Recht</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="36%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="55%" VALIGN="TOP">
<P>= das bestehende Recht.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="36%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Alles bestehende Recht</TD>
<TD WIDTH="55%" VALIGN="TOP">
<P>= fremdes Recht</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="36%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="55%" VALIGN="TOP">
<P>= Recht <I>von</I> Fremden (nicht von mir)</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="36%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="55%" VALIGN="TOP">
<P>= von Fremden gegebenes Recht.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="36%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="55%" VALIGN="TOP">
<P>= (Recht, welches <I>man</I> Mir gibt, Mir wiederfahren l&auml;&szlig;t). p. 244, [2]45.</TD>
</TR>
</TABLE>
<I><P>Note Nr. 1.</P>
</I><P>Der Leser wird sich wundern, warum der Nachsatz von Gleichung Nr. 4 in Gleichung Nr. 5 pl&ouml;tzlich als Vordersatz zum Nachsatze von Gleichung Nr. 3 auftritt und so an die Stelle "des Rechtes" auf Einmal "Alles bestehende Recht" als Vordersatz tritt. Dies geschieht, um den Schein hervorzubringen, als spreche Sankt Sancho vom <I>wirklichen, </I>bestehenden Recht, was ihm indes keineswegs einf&auml;llt. Er spricht vom Recht nur, insofern es als heiliges "Pr&auml;dikat" vorgestellt wird.</P>
<I><P>Note Nr. 2.</P>
</I><P>Nachdem das Recht als "fremdes Recht" bestimmt ist, k&ouml;nnen ihm nun beliebige Namen gegeben werden, als "sultanisches Recht", "Volksrecht" pp., je nachdem Sankt Sancho gerade den Fremden bestimmen will, von dem er es erh&auml;lt. Es kann dann weiter gesagt werden, da&szlig; das "fremde Recht von Natur, Gott, Volkswahl pp. gegeben" sei (p. 250), also "nicht von Mir". Naiv ist nur die Art, wie unser Heiliger vermittelst der Synonymik in die obigen simpeln Gleichungen den Schein einer Entwicklung zu bringen sucht.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Wenn ein Dummkopf Mir Recht gibt (wenn nun der Dummkopf, der ihm Recht gibt, er selber w&auml;re?), "so werde Ich mi&szlig;trauisch gegen mein Recht" (es w&auml;re in "Stirners" Interesse zu w&uuml;nschen, da&szlig; dies der Fall gewesen w&auml;re). "Aber auch wenn ein Weiser Mir Recht gibt, habe Ich's drum doch noch nicht. Ob Ich Recht habe, ist v&ouml;llig unabh&auml;ngig von dem Rechtgeben der Toren und Weisen. Gleichwohl haben Wir bis jetzt nach <I>diesem </I>Recht getrachtet. Wir suchen <I>Recht </I>und wenden Uns zu diesem Zweck ans <I>Gericht ... </I>Was suche Ich also bei diesem Gericht? Ich suche sultanisches Recht, nicht mein Recht, Ich suche fremdes Recht ... vor einem Oberzensurgericht also das Recht der Zensur." p. 244, 245.</P>
</FONT><B><P><A NAME="S298">&lt;298&gt;</A> </B>In diesem meisterhaften Satze ist zu bewundern die schlaue Anwendung der Synonymik. Recht geben in der gew&ouml;hnlichen Konversationsbedeutung und Rechtgeben in der juristischen Bedeutung werden identifiziert. Noch bewunderungsw&uuml;rdiger ist der Berge versetzende Glaube, als ob man sich "ans Gericht wende" des Vergn&uuml;gens halber, Recht zu behalten - ein Glaube, der die Gerichte aus der Rechthaberei erkl&auml;rt <A HREF="me03_anm.htm#M63">(63</A><A NAME="Z63"></A>).</P>
<P>Endlich ist noch die Pfiffigkeit bemerkenswert, womit Sancho, wie oben bei Gleichung 5, den konkreteren Namen, hier das "sultanische Recht", <I>vorher </I>einschmuggelt, um seine allgemeine Kategorie "fremdes Recht" <I>nachher </I>desto sicherer anbringen zu k&ouml;nnen.</P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Fremdes Recht</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>= Nicht Mein Recht.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Mein Fremdes Recht haben</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>= Nicht Recht haben</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>= <I>Kein Recht haben</I></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>= die <I>Rechtlosigkeit</I> haben (p. 247).</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Mein Recht</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>= Nicht Dein Recht</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>= <I>Dein Unrecht</I>.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Dein Recht</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>= Mein Unrecht.</TD>
</TR>
</TABLE>
<P>Note.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Ihr wollt gegen die Andern im Rechte sein" (soll hei&szlig;en in Eurem Rechte sein). Das k&ouml;nnt Ihr nicht, gegen sie bleibt Ihr ewig 'im Unrecht'; <I>denn</I> sie w&auml;ren ja Eure Gegner nicht, wenn sie nicht auch in 'ihrem' Rechte w&auml;ren. Sie werden Euch stets 'Unrecht geben' ... Bleibt Ihr auf dem Rechtsboden, so bleibt Ihr bei der - Rechthaberei." p. 248, 253.</P>
</FONT><P>"Fassen Wir inzwischen die Sache noch anders." Nachdem Sankt Sancho so seine Kenntnisse vom Recht hinl&auml;nglich dokumentiert hat, kann er sich <A NAME="S299"><B>&lt;299&gt;</A></B> jetzt darauf beschr&auml;nken, das Recht nochmals als das Heilige zu bestimmen und bei dieser Gelegenheit einige der dem Heiligen bereits vorhin gegebenen Beiw&ouml;rter mit dem Zusatze: "Das Recht" zu wiederholen.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Ist das Recht nicht ein <I>religi&ouml;ser Begriff, </I>d.h. etwas <I>Heiliges</I>?" p. 247.</P>
<P>"Wer kann, wenn er sich nicht auf dem <I>religi&ouml;sen Standpunkte </I>befindet, nach dem 'Rechte'<B> </B>fragen?" ibid.</P>
<P>"Recht <I>'an und f&uuml;r sich'. </I>Also ohne Beziehung auf Mich? <I>'Absolutes </I>Recht'! Also getrennt von Mir. - Ein <I>'an </I>und f&uuml;r sich <I>Seiendes' - </I>Ein <I>Absolutes</I>!<I> </I>Ein <I>ewiges </I>Recht, wie eine ewige Wahrheit" - das Heilige. p. 270.</P>
<P>"Ihr schreckt vor den Andern zur&uuml;ck, weil Ihr neben ihnen das <I>Gespenst </I>des Rechts zu sehen glaubt" p. 253.</P>
<P>"Ihr schleicht umher, um <I>den Spuk </I>f&uuml;r Euch zu gewinnen." ibid.</P>
<P>"Recht ist ein <I>Sparren</I>, erteilt von einem <I>Spuk</I>" (Synthese obiger zwei S&auml;tze). p. 276.</P>
<P>"Das Recht ist ... <I>eine fixe </I>Idee." p. 270.</P>
<P>"Das Recht ist der Geist ..." p. 244.</P>
<P>"Weil Recht nur von einem <I>Geiste </I>erteilt werden kann." p. 275.</P>
</FONT><P>Jetzt entwickelt Sankt Sancho nochmals, was er bereits im Alten Testament entwickelte - n&auml;mlich was eine "fixe Idee" ist, nur mit dem Unterschiede, da&szlig; hier &uuml;berall "das Recht" als "ein anderes Beispiel" der "fixen Idee" dazwischenl&auml;uft.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Das Recht ist urspr&uuml;nglich Mein Gedanke, oder er" (!) "hat seinen Ursprung in Mir. Ist er aber aus Mir entsprungen" (vulgo durchgebrannt), "ist das 'Wort' heraus, so ist es <I>Fleisch </I>geworden" (woran Sankt Sancho sich satt essen mag), "eine <I>fixe Idee</I>" - weshalb das ganze Stirnersche Buch aus "fixen Ideen" besteht, die "aus" ihm "entsprungen", von uns aber wieder eingefangen und in das vielbelobte "Sittenverbesserungshaus" gesperrt worden sind. "Ich komme <I>nun </I>von dem Gedanken nicht mehr los" (nachdem der Gedanke <I>von ihm </I>los geworden!); "wie Ich Mich drehe, er steht vor Mir." (Der Zopf, der h&auml;ngt ihm hinten.) "So sind die Menschen des Gedankens 'Recht', den sie selber erschufen, nicht wieder Meister geworden. Die Kreatur geht mit ihnen durch. <I>Das ist das absolute Recht</I>, das von Mir <I>absolvierte</I>" (o Synonymik) "und <I>abgel&ouml;ste. </I>Wir k&ouml;nnen es, indem Wir's als Absolutes verehren, nicht weder aufzehren, und es benimmt Uns die Sch&ouml;pferkraft; das Gesch&ouml;pf ist mehr als der Sch&ouml;pfer, ist an und f&uuml;r sich. La&szlig; das Recht einmal nicht mehr frei umherlaufen ..."</P>
</FONT><P>(Wir werden diesen Rat gleich mit diesem Satz befolgen und ihn hier bis zur weiteren Verf&uuml;gung an die Kette legen.) p. 270.</P>
<P>Nachdem Sankt Sancho so das Recht durch alle m&ouml;glichen Wasser- und <A NAME="S300"><B>&lt;300&gt;</A></B> Feuerproben der Heiligung hindurchgeschleift und kanonisiert hat, hat er es damit vernichtet.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Mit dem absoluten Recht <I>vergeht</I> das <I>Recht selbst</I>, wird die <I>Herrschaft des Rechtbegriffs</I>" (die Hierarchie), "zugleich getilgt. <I>Denn</I> es ist nicht zu vergessen, da&szlig; seither Begriffe, Ideen und Prinzipien Uns beherrschten und da&szlig; unter diesen <I>Herrschern</I> der Rechtsbegriff <I>oder</I> der Begriff der Gerechtigkeit eine der bedeutendsten Rollen spielte." p. 276.</P>
</FONT><P>Da&szlig; die rechtlichen Verh&auml;ltnisse hier wieder als Herrschaft des Rechts<I>begriffs</I> auftreten und da&szlig; er das Recht schon dadurch t&ouml;tet, da&szlig; er es f&uuml;r einen Begriff und damit f&uuml;r das Heilige erkl&auml;rt, das sind wir gewohnt, und dar&uuml;ber siehe die "Hierarchie". Das Recht entsteht nicht aus den materiellen Verh&auml;ltnissen der Menschen und ihrem daraus entstehenden Widerstreit untereinander, sondern aus ihrem Widerstreit mit ihrer Vorstellung, die sie sich "aus dem Kopfe zu schlagen" haben. Siehe "Logik".</P>
<P>Zu dieser letzten Form der Kanonisation des Rechts geh&ouml;ren noch folgende drei Noten.</P>
<P>Note 1.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Solange dies <I>fremde</I> Recht mit dein <I>Meinigen</I> &uuml;bereinstimmt, werde Ich freilich <I>auch</I> das letztere bei ihm finden." p. 245.</P>
</FONT><P>&Uuml;ber diesen Satz m&ouml;ge Sankt Sancho vorl&auml;ufig nachdenken.</P>
<P>Note 2.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Schlich sich einmal ein <I>egoistisches Interesse </I>ein, so war die Gesellschaft verdorben ... wie z.B. das R&ouml;mertum beweist mit seinem ausgebildeten <I>Privatrecht</I>." p. 278.</P>
</FONT><P>Hiernach mu&szlig;te die r&ouml;mische Gesellschaft von vornherein die <I>verdorbene </I>r&ouml;mische Gesellschaft gewesen sein, da in den zehn Tafeln das egoistische Interesse noch viel krasser hervortritt als in dem "ausgebildeten Privatrecht" der Kaiserzeit. In dieser ungl&uuml;cklichen Reminiszenz aus Hegel wird also das Privatrecht als ein Symptom des <I>Egoismus, </I>und nicht des <I>Heiligen, </I>aufgefa&szlig;t. Sankt Sancho m&ouml;ge auch hier nachdenken, inwiefern das Privatrecht mit dem Privateigentum zusammenh&auml;ngt und inwiefern mit dem Privatrecht eine ganze Masse anderer Rechtsverh&auml;ltnisse gegeben sind (vgl. "Privateigentum, Staat und Recht"), von denen Sankt Max nichts zu sagen wei&szlig;, als da&szlig; sie das Heilige seien.</P>
<P>Note 3.</P>
<FONT SIZE=2><P>"<I>Wenn </I>das Recht <I>auch </I>aus dem <I>Begriffe </I>kommt, so tritt es <I>doch </I>nur in die <I>Existenz, </I>weil es <I>n&uuml;tzlich </I>f&uuml;r die Bed&uuml;rfnisse ist."</P>
</FONT><P>So Hegel ("Rechtsphil[osophie]" <20> 209, Zusatz) - von dem unsrem Heiligen die Hierarchie der Begriffe in der modernen Welt &uuml;berkommen ist.</P>
<B><P><A NAME="S301">&lt;301&gt;</A></B> Hegel erkl&auml;rt also die <I>Existenz </I>des Rechtes aus den empirischen <I>Bed&uuml;rfnissen </I>der Individuen und rettet den <I>Begriff </I>nur durch eine einfache Versicherung. Man sieht, wie unendlich materialistischer Hegel verf&auml;hrt als unser "leibhaftiges Ich", Sankt Sancho.</P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="I_III_1_5_A_I_B"><SMALL><FONT SIZE=2>B) Aneignung durch einfache Antithese</SMALL></P></FONT>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="37%" VALIGN="MIDDLE">
<P></A>a) Das Recht des Menschen</TD>
<TD WIDTH="15%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">-----</TD>
<TD WIDTH="47%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Das Recht Meiner.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="37%" VALIGN="MIDDLE">
<P>b) Das Menschliche Recht</TD>
<TD WIDTH="15%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">-----</TD>
<TD WIDTH="47%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Das egoistische Recht.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="37%" VALIGN="MIDDLE">
<P>c) Fremdes Recht = von Fremden berechtigt sein</TD>
<TD WIDTH="15%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=6><P ALIGN="CENTER">}</FONT>-----<FONT SIZE=6>{</FONT></TD>
<TD WIDTH="47%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Mein Recht = von Mir berechtigt sein.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="37%" VALIGN="TOP">
<P>d) Recht ist, was dem Menschen recht ist</TD>
<TD WIDTH="15%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=6><P ALIGN="CENTER">}</FONT>-----<FONT SIZE=6>{</FONT></TD>
<TD WIDTH="47%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Recht ist, was Mir recht ist.</TD>
</TR>
</TABLE>
<FONT SIZE=2><P>"Dies ist das egoistische Recht, d.h., Mir ist's so recht, darum ist es Recht." (passim &lt;&uuml;berall&gt;, letzter Satz p. 251.)</P>
</FONT><P>Note 1.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Ich bin durch Mich berechtigt zu morden, wenn Ich Mir's selbst nicht verbiete, wenn Ich selbst Mich nicht vorm Morde, als vor einem Unrechte, f&uuml;rchte." p. 249.</P>
</FONT><P>Mu&szlig; hei&szlig;en: Ich <I>morde, </I>wenn Ich Mir's selbst nicht verbiete, wenn Ich Mich nicht vorm Morde <I>f&uuml;rchte</I>. Dieser ganze Satz ist eine renommistische Ausf&uuml;llung der zweiten Gleichung in Antithese c, wo das "berechtigt" den Sinn verloren hat.</P>
<P>Note 2.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Ich entscheide, ob es <I>in Mir </I>das Rechte ist; au&szlig;er <I>Mir </I>gibt es kein Recht," p. 249. - "Sind wir das, was <I>in uns </I>ist? Sowenig als das, was au&szlig;er uns ist ... Gerade weil Wir nicht der Geist sind, der <I>in uns </I>wohnt, gerade darum mu&szlig;ten wir ihn <I>au&szlig;er uns </I>versetzen ... <I>au&szlig;er uns </I>existierend denken ... <I>im Jenseits</I>." p. 43.</P>
</FONT><P>Nach seinem eignen Satze von p. 43 also mu&szlig; Sankt Sancho das Recht "in ihm" wieder "au&szlig;er sich", und zwar "ins Jenseits" versetzen. Will er aber einmal nach dieser Manier sich aneignen, so kann er die Moral, die Religion, das ganze "Heilige" "in sich" versetzen und entscheiden, ob es "in ihm" das Moralische, das Religi&ouml;se, Heilige ist; "au&szlig;er ihm gibt es keine" Moral, Religion, Heiligkeit, um sie alsdann nach p. 43 wieder au&szlig;er sich, ins Jenseits zu versetzen. Womit die "Wiederbringung aller Dinge" nach christlichem Vorbild hergestellt ist.</P>
<B><P><A NAME="S302">&lt;302&gt;</A> </B>Note 3.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Au&szlig;er Mir gibt es kein Recht. Ist es Mir Recht, so ist es recht, M&ouml;glich, da&szlig; es darum den Andern noch nicht recht ist." p. 249.</P>
</FONT><P>Soll hei&szlig;en: Ist es Mir recht, so ist es Mir recht, noch nicht den Andern. Wir haben jetzt Exempel genug davon gehabt, welche synonymische "Flohspr&uuml;nge" Sankt Sancho mit dem Worte "Recht" vornimmt. Recht und recht, das juristische "Recht", das moralische "Rechte", das, was ihm "recht" ist usw. werden durcheinander gebraucht, wie es gerade konveniert. Sankt Max m&ouml;ge versuchen, seine S&auml;tze &uuml;ber das Recht in irgendeiner andern Sprache wiederzugeben, wo der Unsinn vollst&auml;ndig an den Tag kommt. Da in der Logik diese Synonymik ausf&uuml;hrlich behandelt wurde, so brauchen wir hier blo&szlig; darauf zu verweisen.</P>
<P>Derselbe obige Satz wird noch in folgenden drei "Wandlungen" vorgebracht:</P>
<FONT SIZE=2><P>A) Ob Ich Recht habe oder nicht, dar&uuml;ber gibt es keinen andern Richter als Mich selbst. Dar&uuml;ber nur k&ouml;nnen Andre urteilen und richten, ob sie Meinem Rechte beistimmen und ob es auch f&uuml;r sie als Recht besteht." p. 246.</P>
<P>B) "Die Gesellschaft will zwar haben, da&szlig; <I>Jeder</I> zu seinem Rechte komme, aber doch nur zu dem von der Gesellschaft sanktionierten, dem Gesellschaftsrechte, nicht wirklich zu seinem Rechte" (soll hei&szlig;en: zu <I>Seinem</I>; - Recht ist hier ein ganz nichtssagendes Wort. Und nun renommiert er weiter:) "Ich aber gebe oder nehme Mir das Recht aus eigner Machtvollkommenheit ... Eigner und Sch&ouml;pfer Meines Rechts" ("Sch&ouml;pfer" nur insofern er erst das Recht f&uuml;r seinen Gedanken erkl&auml;rt und dann diesen Gedanken in sich zur&uuml;ckgenommen zu haben versichert), - "erkenne Ich keine andre Rechtsquelle als - Mich, weder Gott noch den Staat, noch die Natur, noch den Menschen, weder g&ouml;ttliches noch menschliches Recht." p. 269.</P>
<P>C) "Da das <I>menschliche</I> Recht immer ein Gegebenes ist, so l&auml;uft es in der Wirklichkeit immer auf das Recht hinaus, welches die Menschen einander <I>geben</I>, d. h. <I>einr&auml;umen</I>." p. 251.</P>
</FONT><P>Das egoistische Recht dagegen ist das Recht, was <I>Ich Mir gebe</I> oder <I>nehme</I>.</P>
<P>"Es kann" indessen, "um hiermit zu schlie&szlig;en, einleuchten", da&szlig; das egoistische Recht im Sanchoschen Millennium, wor&uuml;ber man sich gegenseitig "verst&auml;ndigt", von dem nicht sehr verschieden ist, was man sich gegenseitig "gibt" oder "einr&auml;umt".</P>
<P>Note 4.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Zum Schlusse mu&szlig; Ich nun noch die halbe Ausdrucksweise zur&uuml;cknehmen, von der Ich nur solange Gebrauch machen <I>wollte</I>, als Ich in den Eingeweiden des Rechts w&uuml;hlte <A NAME="S303"><B>&lt;303&gt;</A></B> und das <I>Wort </I>wenigstens bestehen lie&szlig;. Es verliert aber in der Tat mit dem Begriffe auch das Wort seinen Sinn. Was Ich <I>Mein </I>Recht nannte, das ist gar nicht mehr Recht." p. 275.</P>
</FONT><P>Warum Sankt Sancho in den obigen Antithesen "das <I>Wort</I>" Recht bestehen lie&szlig;, sieht Jeder auf den ersten Blick. Da er n&auml;mlich vom <I>Inhalt </I>des Rechts gar nicht spricht, noch weniger ihn kritisiert, so kann er sich nur durch die Beibehaltung des <I>Wortes </I>Recht den Schein geben, als spr&auml;che er vom Recht. L&auml;&szlig;t man das <I>Wort </I>Recht in der Antithese weg, so ist Nichts darin gesagt als "Ich", "Mein" und die &uuml;brigen grammatikalischen Pronominalformen der ersten Person. Der Inhalt kam auch immer erst durch die Beispiele herein, die aber, wie wir sahen, nichts als Tautologien waren, wie: wenn Ich morde, so morde Ich usw., und in denen die Worte "Recht", "berechtigt" pp. blo&szlig; deshalb untergebracht wurden, um die einfache Tautologie verdecken und mit den Antithesen in irgendeine Verbindung zu bringen. Auch die <I>Synonymik </I>hatte diesen Beruf, den Schein hervorzubringen, als handle es sich um irgendeinen Inhalt. Man sieht &uuml;brigens sogleich welch eine reichhaltige Fundgrube der <I>Renommage</I> dieses inhaltslose Geschw&auml;tz &uuml;ber das Recht liefert.</P>
<P>Das ganze "W&uuml;hlen in den Eingeweiden des Rechts" bestand also darin, da&szlig; Sankt Sancho von "der halben Ausdrucksweise Gebrauch machte" und "das <I>Wort </I>wenigstens bestehen lie&szlig;", weil er von der <I>Sache </I>gar nichts zu sagen wu&szlig;te. Wenn die Antithese irgendeinen Sinn haben soll, d.h., wenn "Stirner" in ihr einfach seinen Widerwillen gegen das Recht manifestieren wollte, so ist vielmehr zu sagen, da&szlig; nicht er "in den Eingeweiden des Rechts", sondern das Recht in <I>seinen </I>Eingeweiden "w&uuml;hlte", da&szlig; er nur zu Protokoll gab, da&szlig; das Recht Ihm nicht recht sei. "Halte Er sich dies Recht unverk&uuml;mmert", Jacques le bonhomme!</P>
<P>Damit in diese Leerheit irgendein Inhalt hereinkomme, mu&szlig; Sankt Sancho noch ein andres logisches Man&ouml;ver vornehmen, das er mit vieler "Virtuosit&auml;t" mit der Kanonisation und der einfachen Antithese geh&ouml;rig durcheinanderw&uuml;rfelt und mit h&auml;ufigen Episoden vollends so verdeckt, da&szlig; das deutsche Publikum und die deutschen Philosophen es allerdings nicht durchschauen konnten.</P>
<FONT SIZE=2><P ALIGN="CENTER"><A NAME="I_III_1_5_A_I_C">C) Aneignung durch zusammengesetzte Antithese</A></P>
</FONT><P>"Stirner" mu&szlig; jetzt eine empirische Bestimmung des Rechts hereinbringen, die er dem Einzelnen vindizieren kann, d.h., er mu&szlig; in dem Recht noch etwas Anderes als die Heiligkeit anerkennen. Er h&auml;tte sich hierbei seine <A NAME="S304"><B>&lt;304&gt;</A> </B>ganzen schwerf&auml;lligen Machinationen sparen k&ouml;nnen, da<B> </B>seit Machiavelli, Hobbes, Spinoza, Bodinus pp. in der neueren Zeit, von den Fr&uuml;heren gar nicht zu reden, die Macht als die Grundlage des Rechtes dargestellt worden ist; womit die theoretische Anschauung der Politik von der Moral emanzipiert und weiter nichts als das Postulat einer selbst&auml;ndigen Behandlung der Politik gegeben war. Sp&auml;ter, im achtzehnten Jahrhundert in Frankreich und im neunzehnten in England, wurde das gesamte Recht auf das Privatrecht, wovon Sankt Max nicht spricht, und dies auf eine ganz bestimmte Macht, die Macht der Privateigent&uuml;mer, reduziert, wobei man sich aber keineswegs mit der blo&szlig;en Phrase begn&uuml;gte.</P>
<P>Sankt Sancho nimmt sich also die Bestimmung <I>Macht</I> aus dem <I>Recht</I> heraus und verdeutlicht sie sich an Folgendem:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Wir pflegen die Staaten nach der verschiedenen Art, wie die 'h&ouml;chste <I>Gewalt' </I>verteilt ist, zu klassifizieren ... also die h&ouml;chste Gewalt! Gewalt gegen wen? Gegen den Einzelnen ... der Staat &uuml;bt Gewalt ... des Staats Betragen ist <I>Gewaltt&auml;tigkeit </I>und seine Gewalt nennt er <I>Recht </I>... Die Gesamtheit ... hat eine Gewalt, welche berechtigt genannt, d.h. welche Recht ist." p. 259, 260.</P>
</FONT><P>Durch "Unser" "Pflegen" kommt unser Heiliger zu seiner ersehnten Gewalt und kann sich nun selber "pflegen".</P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Recht, die Macht des Menschen</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP" COLSPAN=2>
<P>-- Macht, das Recht Meiner.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>Zwischengleichungen:</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP" COLSPAN=2>
<P>&nbsp;</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Berechtigt sein</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP" COLSPAN=2>
<P>= Erm&auml;chtigt sein.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Sich berechtigen</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP" COLSPAN=2>
<P>= Sich erm&auml;chtigen.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="JUSTIFY">Antithese:</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP" COLSPAN=2>
<P>&nbsp;</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Vom Menschen berechtigt sein</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP" COLSPAN=2>
<P>-- Von Mir erm&auml;chtigt sein.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>die erste Antithese:</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP" COLSPAN=2>
<P>&nbsp;</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Recht, Macht des Menschen</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP" COLSPAN=2>
<P>-- Mach, Recht Meiner</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>verwandelt sich jetzt in:</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP" COLSPAN=2>
<P>&nbsp;</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="MIDDLE" ROWSPAN=2>
<I><P ALIGN="RIGHT">Recht des Menschen</I></TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE" ROWSPAN=2>
<FONT SIZE=5><P>{</FONT></TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP">
<I><P>Macht Meiner</I>,</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP">
<I><P>Meine Macht</I>,</TD>
</TR>
</TABLE>
<P>da in der These Recht und Macht identisch sind und in der Antithese die "halbe Ausdrucksweise" "zur&uuml;ckgenommen" werden mu&szlig;, nachdem das Recht "allen Sinn verloren" hat, wie wir gesehen haben.</P>
<P>Note 1. Proben bombastischer und renommistischer Umschreibung obiger Antithesen und Gleichungen:</P>
<B><FONT SIZE=2><P><A NAME="S305">&lt;305&gt;</A></B> "Was Du zu sein die Macht hast, dazu hast Du das Recht." - "Ich leite alles Recht und alle Berechtigung aus <I>Mir </I>her, Ich bin zu Allem <I>berechtigt, </I>dessen Ich <I>m&auml;chtig </I>bin." - "Ich fordere kein Recht, darum brauche Ich auch keins anzuerkennen. Was Ich Mir zu erzwingen vermag, erzwinge Ich Mir, und was Ich nicht erzwinge, darauf habe Ich auch kein Recht pp. - Berechtigt oder unberechtigt - darauf kommt Mir's nicht an: bin Ich nur <I>m&auml;chtig, </I>so bin ich schon von selbst <I>erm&auml;chtigt </I>und bedarf keiner andern Erm&auml;chtigung oder Berechtigung." p. 248, 275.</P>
</FONT><P>Note 2. Proben von der Art, wie Sankt Sancho die Macht als die reale Basis des Rechts entwickelt:</P>
<P>So sagen <I>'die' </I>Kommunisten" (woher nur "Stirner" das alles wei&szlig;, was die Kommunisten sagen, da er au&szlig;er dem Bluntschlibericht, Beckers "Volksphilosophie" und einigen wenigen andern Sachen Nichts von ihnen zu Gesichte bekommen hat?):</P>
<FONT SIZE=2><P>"Die gleiche Arbeit berechtige die Menschen zu gleichem Genusse ... Nein, die gleiche Arbeit berechtigt Dich nicht dazu, sondern der gleiche Genu&szlig; allein berechtigt Dich zum gleichen Genu&szlig;. Genie&szlig;e, so bist Du zum Genu&szlig; berechtigt ... Wenn Ihr den Genu&szlig; nehmt, so ist er Euer Recht; schmachtet Ihr hingegen nur danach, ohne zuzugreifen, so bleibt er nach wie vor ein 'wohlerworbnes Recht' Derer, welche f&uuml;r den Genu&szlig; privilegiert sind. Er ist ihr Recht, wie er durch Zugreifen Euer Recht wird." p. 250.</P>
</FONT><P>&Uuml;ber das, was hier den Kommunisten in den Mund gelegt wird, vergleiche man oben den "Kommunismus". Sankt Sancho unterstellt hier wieder die Proletarier als eine "geschlossene Gesellschaft", die nur den Beschlu&szlig; des "Zugreifens" zu fassen habe, um am n&auml;chsten Tage der ganzen bisherigen Weltordnung summarisch ein Ende zu machen. Die Proletarier kommen aber in der Wirklichkeit erst durch eine lange Entwicklung zu dieser Einheit, eine Entwicklung, in der der Appell an ihr Recht auch eine Rolle spielt. Dieser Appell an ihr Recht ist &uuml;brigens nur ein Mittel, sie zu "Sie", zu einer revolution&auml;ren, verb&uuml;ndeten Masse zu machen. - Was den Satz im &Uuml;brigen angeht, so bildet er von Anfang bis zu Ende ein brillantes Exempel der Tautologie, wie sogleich klar wird, wenn man, was unbeschadet des Inhalts geschehen kann, sowohl Macht wie Recht herausl&auml;&szlig;t. Zweitens macht Sankt Sancho selbst den Unterschied zwischen pers&ouml;nlichem und sachlichem Verm&ouml;gen, womit er also zwischen Genie&szlig;en und Macht zu genie&szlig;en unterscheidet. Ich kann gro&szlig;e <I>pers&ouml;nliche </I>Macht (F&auml;higkeit) zum Genie&szlig;en haben, ohne da&szlig; ich darum auch die <I>sachliche </I>Macht (Geld pp.) zu haben brauche. Mein wirkliches "Genie&szlig;en" ist also noch immer hypothetisch.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Da&szlig; das K&ouml;nigskind sich &uuml;ber andre Kinder stellt", f&auml;hrt der Schulmeister fort in seinen f&uuml;r den Kinderfreund passenden Exempeln, "das ist schon seine Tat, die ihm <A NAME="S306"><B>&lt;306&gt;</A></B> den Vorzug sichert, und da&szlig; die andern Kinder diese Tat billigen und anerkennen, das ist <I>ihre</I> Tat, die sie w&uuml;rdig macht, Untertanen zu sein." p. 250.</P>
</FONT><P>In diesem Exempel wird das gesellschaftliche Verh&auml;ltnis, in dem ein K&ouml;nigskind zu andern Kindern steht, als die Macht, und zwar <I>pers&ouml;nliche </I>Macht des K&ouml;nigskindes und als die Ohnmacht der andern Kinder gefa&szlig;t. Will man es einmal als die "<I>Tat</I>" der andern Kinder fassen, da&szlig; sie sich von dem K&ouml;nigskinde kommandieren lassen, so beweist dies h&ouml;chstens, da&szlig; sie Egoisten sind. "Die Eigenheit arbeitet in den kleinen Egoisten" und treibt sie dazu, das K&ouml;nigskind zu exploitieren, einen Vorteil von ihm zu erhaschen.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Man" (Hegel n&auml;mlich) sagt, die Strafe sei das Recht des Verbrechers. Allein die Straflosigkeit ist ebenso sein Recht. Gelingt ihm sein Unternehmen, so geschieht ihm Recht, und gelingt es nicht, so geschieht ihm gleichfalls Recht. Begibt sich Jemand tollk&uuml;hn in Gefahren, und kommt er darin um, so sagen wir wohl: es geschieht ihm recht, er hat es nicht besser gewollt. Besiegt er aber die Gefahren, d.h. siegt seine <I>Macht</I>, so h&auml;tte er auch <I>Recht</I>. Spielt ein Kind mit dem Messer und schneidet sich, so geschieht ihm recht; aber schneidet sich's nicht, so geschieht ihm auch recht. Dem Verbrecher widerf&auml;hrt daher wohl Recht, wenn er leidet, was er riskierte; warum riskiert er's auch, da er die m&ouml;glichen Folgen kannte?" p. 255.</P>
</FONT><P>In dem Schlu&szlig; dieses Satzes, in der Frage an den Verbrecher: Warum er's auch riskierte, wird der schulmeisterliche Unsinn des Ganzen latent. Ob einem Verbrecher Recht geschieht, wenn er heim Einsteigen in ein Haus f&auml;llt und das Bein bricht, ob einem Kinde, wenn es sich schneidet - bei diesen wichtigen Fragen, die nur einen Sankt Sancho besch&auml;ftigen k&ouml;nnen, kommt also nur heraus, da&szlig; hier der <I>Zufall</I> f&uuml;r Meine Macht erkl&auml;rt wird. Also im ersten Beispiel war Mein Tun, im zweiten das von mir unabh&auml;ngige gesellschaftliche Verh&auml;ltnis, im dritten der Zufall "Meine Macht". Doch diese widersprechenden Bestimmungen haben wir schon bei der Eigenheit gehabt.</P>
<P>Zwischen die obigen kinderfreundlichen Exempel legt Sancho noch folgendes erheiterndes Zwischenschiebsel ein:</P>
<FONT SIZE=2><P>"<I>Sonst eben</I> hat das Recht eine w&auml;chserne Nase. Der Tiger, der Mich anf&auml;llt, hat Recht, und Ich, der ihn niederst&ouml;&szlig;t, hab auch Recht. Nicht Mein Recht wahre Ich gegen ihn, sondern Mich." p. 251.</P>
</FONT><P>Im Vordersatz stellt sich Sankt Sancho in ein Rechtsverh&auml;ltnis zum Tiger, und im Nachsatz f&auml;llt ihm ein, da&szlig; doch im Grunde kein Rechtsverh&auml;ltnis stattfindet. <I>Darum</I> "eben hat das Recht eine w&auml;chserne Nase". Das Recht "<I>des</I> Menschen" l&ouml;st sich auf in das Recht "<I>des</I> Tigers". </P>
<B><P><A NAME="S307">&lt;307&gt;</A></B> Hiermit ist die Kritik des Rechts beendet. Nachdem wir aus hundert fr&uuml;heren Schriftstellern l&auml;ngst wu&szlig;ten, da&szlig; das Recht aus der Gewalt hervorgegangen sei, erfahren wir noch von Sankt Sancho, da&szlig; "das Recht" "die Gewalt des Menschen" ist, womit er alle Fragen &uuml;ber den Zusammenhang des Rechts mit den <I>wirklichen </I>Menschen und ihren Verh&auml;ltnissen gl&uuml;cklich beseitigt und seine Antithese zustande gebracht hat. Er beschr&auml;nkt sich darauf, das Recht als das aufzuheben, als was er es setzt, n&auml;mlich als das Heilige, d.h. das Heilige aufzuheben und das Recht stehenzulassen.</P>
<P>Diese Kritik des Rechts ist mit einer Menge von Episoden verziert, n&auml;mlich mit allerlei Zeug, wovon bei Stehely nachmittags von zwei bis vier gesprochen zu werden "pflegt".</P>
<I><P>Episode I. "Menschenrecht" </I>und <I>"wohlerworbnes Recht".</P>
</I><FONT SIZE=2><P>"Als die Revolution die 'Gleichheit' zu einem 'Rechte' stempelte, fl&uuml;chtete sie ins <I>religi&ouml;se </I>Gebiet, in die Region des <I>Heiligen, </I>des <I>Ideals. Daher </I>seitdem der Kampf um die heiligen, unver&auml;u&szlig;erlichen Menschenrechte. Gegen das ewige Menschenrecht wird ganz nat&uuml;rlich und gleichberechtigt das 'wohlerworbne Recht des Bestehenden' geltend gemacht; Recht gegen Recht, wo nat&uuml;rlich Eins vom Andern als Unrecht verschrien wird. Das ist der Rechtsstreit seit der Revolution." p. 248.</P>
</FONT><P>Zuerst wird wiederholt, da&szlig; die Menschenrechte "das Heilige" sind und <I>daher </I>seitdem der Kampf um die Menschenrechte stattfindet. Womit Sankt Sancho blo&szlig; beweist, da&szlig; die materielle Basis dieses Kampfes ihm heilig, d.h. fremd geblieben ist.</P>
<P>Weil "Menschenrecht" und "wohlerworbnes Recht" Beides "Rechte" sind, so sind sie "gleichberechtigt", und zwar hier im <I>historischen </I>Sinn "berechtigt". Weil Beides im <I>juristischen </I>Sinn "Rechte" sind, darum sind sie im <I>historischen </I>Sinn "gleichberechtigt". In dieser Weise kann man Alles in k&uuml;rzester Frist abmachen, ohne etwas von der Sache zu wissen, und z.B. bei dem Kampfe um die Korngesetze in England sagen: Gegen den Profit (Vorteil) "wird dann ganz nat&uuml;rlich und gleichberechtigt" die Rente, die auch Profit (Vorteil) ist, "geltend gemacht". Vorteil gegen Vorteil, "wo nat&uuml;rlich Eins vom Andern verschrieen wird. Das ist der Kampf" um die Korngesetze seit 1815 in England - &Uuml;brigens konnte Stirner von vornherein sagen: Das bestehende Recht ist das Recht <I>des </I>Menschen, das Menschenrecht. Man "pflegt" es auch, von gewisser Seite her, "wohlerworbnes Recht" zu nennen. Wo bleibt also der Unterschied zwischen "Menschenrecht" und "wohlerworbnem Recht"? </P>
<P>Wir wissen schon, da&szlig; das fremde, heilige Recht das ist, was von Fremden gegeben wird. Da nun die Menschenrechte auch die nat&uuml;rlichen angebornen Rechte genannt werden und bei Sankt Sancho der Name die <A NAME="S308"><B>&lt;308&gt;</A> </B>Sache selbst ist, so sind sie also die mir von der Natur, d.h. der Geburt gegebenen Rechte. Aber</P>
<FONT SIZE=2><P>"die wohlerworbnen Rechte kommen auf <I>dasselbe</I> hinaus, n&auml;mlich auf die Natur, welche Mir ein Recht gibt, d. h. die Geburt <I>und weiter </I>die Erbschaft" und <I>so</I> weiter. "Ich bin als Mensch geboren ist gleich: Ich bin als K&ouml;nigssohn geboren."</P>
</FONT><P>p. 249, 250, wo denn auch dem Babeuf der Vorwurf gemacht wird, da&szlig; er nicht dies dialektische Talent der Aufl&ouml;sung des Unterschiedes besessen habe. Da "Ich" "unter allen Umst&auml;nden" "auch" Mensch ist, wie Sankt Sancho sp&auml;ter konzediert, und diesem Ich daher "auch" das, was es als Mensch hat, zugute kommt, wie ihm z.B. als Berliner der Berliner Tiergarten zugute kommt, so kommt ihm "auch" das Menschenrecht "unter allen Umst&auml;nden" zugute. Da er aber keineswegs "unter allen Umst&auml;nden" als "K&ouml;nigssohn" geboren ist, kommt ihm das "wohlerworbne Recht" keineswegs "unter allen Umst&auml;nden" zugute. Auf dem Rechtsboden ist daher ein wesentlicher Unterschied zwischen "Menschenrecht" und "wohlerworbnem Recht". H&auml;tte er nicht seine Logik verdecken m&uuml;ssen, so "war hier zu sagen": Nachdem Ich den Rechtsbegriff aufgel&ouml;st zu haben meine, in der Weise, wie Ich &uuml;berhaupt aufzul&ouml;sen "pflege", so ist der Kampf um diese beiden speziellen Rechte ein Kampf innerhalb eines von Mir in Meiner Meinung aufgel&ouml;sten Begriffes und braucht "daher" von Mir gar nicht weiter ber&uuml;hrt zu werden.</P>
<P>Zur Vermehrung der Gr&uuml;ndlichkeit h&auml;tte Sankt Sancho noch folgende neue Wendung hinzuf&uuml;gen k&ouml;nnen: Auch das <I>Menschenrecht</I> ist erworben, also <I>wohl erworben</I>, und das <I>wohlerworbene Recht</I> ist von Menschen besessenes, menschliches, <I>Menschenrecht</I>.</P>
<P>Da&szlig; man &uuml;brigens solche Begriffe, wenn man sie von der ihnen zugrunde liegenden empirischen Wirklichkeit trennt, wie einen Handschuh umdrehen kann, ist bereits von Hegel ausf&uuml;hrlich genug bewiesen, bei dem diese Methode den abstrakten Ideologen gegen&uuml;ber berechtigt war. Sankt Sancho braucht sie also nicht erst durch seine "unbeholfenen" "Machinationen" l&auml;cherlich zu machen.</P>
<P>Bis jetzt "liefen" das wohlerworbne und das Menschenrecht "auf <I>dasselbe </I>hinaus", damit Sankt Sancho einen au&szlig;er seinem Kopf in der Geschichte existierenden Kampf in nichts verfl&uuml;chtigen konnte. Nun beweist uns unser Heiliger, da&szlig; er ebenso scharfsinnig im Distinguieren wie allm&auml;chtig im Zusammenwerfen ist, um einen neuen, im "sch&ouml;pferischen Nichts" seines Kopfes existierenden schrecklichen Kampf hervorbringen zu k&ouml;nnen.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Ich will auch zugeben" (gro&szlig;m&uuml;tiger Sancho), "da&szlig; Jeder als Mensch geboren werde" (mithin nach der obigen, dem Babeuf vorgehaltenen Weisung, auch als <A NAME="S309"><B>&lt;309&gt;</A></B> "K&ouml;nigssohn"), "mithin die <I>Neugebornen </I>darin einander <I>gleich </I>seien ... nur deshalb" weil sie sich noch als nichts anderes zeigen und bet&auml;tigen, als eben als blo&szlig;e - Menschenkinder, nackte Menschlein." Dagegen die Erwachsenen sind "Kinder ihrer eignen Sch&ouml;pfung". Sie "besitzen mehr als blo&szlig; angeborne Rechte, sie haben Rechte <I>erworben</I>".</P>
</FONT><P>(Glaubt Stirner, da&szlig; das Kind ohne seine eigne Tat aus dem Mutterleib herauskam, eine Tat, durch die es sich erst das "Recht", au&szlig;er dem Mutterleib zu sein, <I>erwarb</I>; und zeigt und bet&auml;tigt sich jedes Kind nicht gleich von vornherein als "einziges" Kind?)</P>
<FONT SIZE=2><P>"Welcher Gegensatz, welch ein Kampffeld! Der alte Kampf der angebornen Rechte und der wohlerworbnen Rechte!" p. 252.</P>
</FONT><P>Welch ein Kampf der b&auml;rtigen M&auml;nner gegen die S&auml;uglinge!</P>
<P>&Uuml;brigens spricht Sancho blo&szlig; gegen die Menschenrechte, weil "man in neuester Zeit" wieder dagegen zu sprechen "pflegte". In Wahrheit hat er auch diese angebornen Menschenrechte sich "erworben". In der Eigenheit hatten wir schon den "gebornen Freien", wo er die Eigenheit zum angebornen Menschenrechte machte, indem er sich als blo&szlig; Geborner schon als Freier zeigte und bet&auml;tigte. Noch mehr: "Jedes Ich ist von <I>Geburt </I>schon ein Verbrecher gegen den Staat", wo das Staatsverbrechen zum angebornen Menschenrecht wird und das Kind schon gegen etwas verbricht, was noch nicht f&uuml;r es, sondern wof&uuml;r es existiert. Endlich spricht "Stirner" sp&auml;ter von "<I>gebornen </I>beschr&auml;nkten K&ouml;pfen", "<I>gebornen </I>Dichtern", "<I>gebornen </I>Musikern" usw. Da hier die Macht (musikalisches, dichterisches, resp. beschr&auml;nktes <I>Verm&ouml;gen</I>) angeboren und Recht = Macht ist, so sieht man, wie "Stirner" dem "Ich" die angebornen Menschenrechte vindiziert, wenn auch die Gleichheit diesmal nicht unter ihnen figuriert.</P>
<I><P>Episode 2. Bevorrechtigt </I>und <I>gleichberechtigt. </I>Den Kampf um Vorrecht und gleiches Recht verwandelt unser Sancho zun&auml;chst in den Kampf um die blo&szlig;en <I>"Begriffe" </I>bevorrechtigt und gleichberechtigt. Damit erspart er es sich, etwas von der mittelalterlichen Produktionsweise, deren politischer Ausdruck das Vorrecht, und der modernen, deren Ausdruck das <I>Recht </I>schlechthin, das <I>gleiche Recht </I>ist, und von dem Verh&auml;ltnisse dieser beiden Produktionsweisen zu den ihnen entsprechenden Rechtsverh&auml;ltnissen zu wissen. Er kann sogar die obigen beiden "Begriffe" auf den noch einfacheren Ausdruck gleich und ungleich reduzieren und nachweisen, da&szlig; Einem dasselbe (z.B. die andern Menschen, ein Hund usw.) je nachdem gleichg&uuml;ltig, d.h. gleich oder nicht gleich g&uuml;ltig, d.h. ungleich, verschieden, bevorzugt sein k&ouml;nnen usw. usw.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Ein Bruder aber, der niedrig ist, r&uuml;hme sich seiner H&ouml;he." Saint-Jacques le bonhomme 1, 9.</P>
</FONT><P ALIGN="CENTER"><A NAME="I_III_1_5_A_II">II. Das Gesetz</A></P>
<B><P><A NAME="S310">&lt;310&gt;</A></B> Wir haben hier dem Leser ein gro&szlig;es Mysterium unsres heiligen Mannes zu enth&uuml;llen - n&auml;mlich, da&szlig; er seine ganze Abhandlung &uuml;ber das Recht mit einer allgemeinen Erkl&auml;rung des Rechts beginnt, die ihm "entspringt", solange er vom Recht spricht, und von ihm erst dann wieder eingefangen wird, sobald er auf ganz etwas Anderes, n&auml;mlich auf das Gesetz, zu sprechen kommt. Damals rief das Evangelium unserm Heiligen zu: Richtet nicht, auf da&szlig; Ihr nicht gerichtet werdet - und er tat seinen Mund auf, lehrete und sprach:</P>
<FONT SIZE=2><P>"<I>Das Recht ist der Geist der Gesellschaft</I>." (Die Gesellschaft aber ist das Heilige.) "<I>Hat</I> die Gesellschaft einen Willen, <I>so</I> ist dieser Wille <I>eben</I> das Recht: <I>sie besteht nur</I> durch das Recht. <I>Da</I> sie aber <I>nur dadurch besteht</I>" (nicht durch das Recht, sondern <I>nur</I> dadurch), "da&szlig; sie &uuml;ber die Einzelnen eine <I>Herrschaft</I> aus&uuml;bt, <I>so</I> ist das Recht ihr <I>Herrscherwille</I>." p. 244.</P>
</FONT><P>D.h., "das Recht ... ist ... hat ... so ... eben ..., besteht nur ... da ... aber nur dadurch besteht ... da&szlig; ... so ... Herrscherwille." Dieser Satz ist der vollendete Sancho.</P>
<P>Dieser Satz "entsprang" unsrem Heiligen damals, weil er nicht in seine Thesen pa&szlig;te, und wird jetzt teilweise wieder eingefangen, weil er ihm jetzt teilweise wieder pa&szlig;t.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Es dauern die Staaten so lange, als es einen <I>herrschenden Willen</I> gibt und dieser <I>herrschende Wille</I> als gleichbedeutend mit dem eignen Willen angesehen wird. Des Herrn Wille ist Gesetz." p. 256.</P></FONT>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="60%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Der Herrscherwille der Gesellschaft</TD>
<TD WIDTH="40%" VALIGN="TOP">
<P>= Recht,</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="60%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Der herrschende Wille</TD>
<TD WIDTH="40%" VALIGN="TOP">
<P>= Gesetz ---</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="60%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Recht</TD>
<TD WIDTH="40%" VALIGN="TOP">
<P>= Gesetz.</TD>
</TR>
</TABLE>
<P>"Mitunter", d.h. als Wirtshausschild seiner "Abhandlung" &uuml;ber das Gesetz, wird sich auch noch ein Unterschied zwischen Recht und Gesetz herausstellen, der merkw&uuml;rdigerweise beinahe ebensowenig mit seiner "Abhandlung" &uuml;ber das Gesetz zu tun hat als die "entsprungene" Definition des Rechts mit der "Abhandlung" &uuml;ber das "Recht":</P>
<FONT SIZE=2><P>"Was aber <I>Recht</I>, was in einer Gesellschaft Rechtens ist, das kommt <I>auch</I> zu Worte - im <I>Gesetze</I>." p. 255.</P>
</FONT><P>Dieser Satz ist eine "unbeholfene" Kopie aus Hegel:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Was gesetzm&auml;&szlig;ig, ist die Quelle der Erkenntnis dessen, was Recht ist oder was Rechtens ist."</P>
</FONT><P>Was Sankt Sancho "zu Worte kommen" hei&szlig;t, nennt Hegel auch "gesetzt", "gewu&szlig;t" etc. "Rechtsphilosophie". <20> 211 seqq.</P>
<B><P><A NAME="S311">&lt;311&gt;</A></B> Warum Sankt Sancho das Recht als "den Willen" oder "Herrscherwillen" der Gesellschaft aus seiner "Abhandlung" &uuml;ber das Recht ausschlie&szlig;en mu&szlig;te, ist sehr begreiflich. Nur insoweit das <I>Recht </I>als <I>Macht </I>des Menschen bestimmt war, konnte er es als <I>seine Macht </I>in sich zur&uuml;cknehmen. Er mu&szlig;te also seiner Antithese zulieb die materialistische Bestimmung der "Macht" festhalten und die idealistische des <I>"Willens" </I>"entspringen" lassen. Warum er jetzt, wo er vom "Gesetze" spricht, den "Willen" wieder einf&auml;ngt, werden wir bei den Antithesen &uuml;ber das Gesetz sehen.</P>
<P>In der wirklichen Geschichte bildeten diejenigen Theoretiker, die die <I>Macht </I>als die Grundlage des Rechts betrachteten, den direktesten Gegensatz gegen diejenigen, die den <I>Willen </I>f&uuml;r die Basis des Rechts ansehen - einen Gegensatz, den Sankt Sancho auch als den von Realismus (Kind, Alter, Neger pp.) und Idealismus (J&uuml;ngling, Neuer, Mongole PP.) auffassen k&ouml;nnte. Wird die Macht als die Basis des Rechts angenommen, wie es Hobbes etc. tun, so sind Recht, Gesetz pp. nur Symptom, Ausdruck <I>anderer </I>Verh&auml;ltnisse, auf denen die Staatsmacht beruht. Das materielle Leben der Individuen, welches keineswegs von ihrem blo&szlig;en "Willen" abh&auml;ngt, ihre Produktionsweise und die Verkehrsform, die sich wechselseitig bedingen, ist die reelle Basis des Staats und bleibt es auf allen Stufen, auf denen die Teilung der Arbeit und das Privateigentum noch n&ouml;tig sind, ganz unabh&auml;ngig vom <I>Willen </I>der Individuen. Diese wirklichen Verh&auml;ltnisse sind keineswegs von der Staatsmacht geschaffen, sie sind vielmehr die sie schaffende Macht. Die unter diesen Verh&auml;ltnissen herrschenden Individuen m&uuml;ssen, abgesehen davon, da&szlig; ihre Macht sich als <I>Staat </I>konstituieren mu&szlig;, ihrem durch diese bestimmten Verh&auml;ltnisse bedingten Willen einen allgemeinen Ausdruck als Staatswillen geben, als Gesetz - einen Ausdruck, dessen Inhalt immer durch die Verh&auml;ltnisse dieser Klasse gegeben ist, wie das Privat- und Kriminalrecht aufs Klarste beweisen. So wenig es von ihrem idealistischen Willen oder Willk&uuml;r abh&auml;ngt, ob ihre K&ouml;rper schwer sind, so wenig h&auml;ngt es von ihm ab, ob sie ihren eignen Willen in der Form des Gesetzes durchsetzen und zugleich von der pers&ouml;nlichen Willk&uuml;r jedes Einzelnen unter ihnen unabh&auml;ngig setzen. Ihre pers&ouml;nliche Herrschaft mu&szlig; sich zugleich als eine Durchschnittsherrschaft konstituieren. Ihre pers&ouml;nliche Macht beruht auf Lebensbedingungen, die sich als Vielen gemeinschaftliche entwickeln, deren Fortbestand sie als Herrschende gegen andere und zugleich als f&uuml;r Alle geltende zu behaupten haben. Der Ausdruck dieses durch ihre gemeinschaftlichen Interessen bedingten Willens ist das Gesetz. Gerade das Durchsetzen der voneinander unabh&auml;ngigen Individuen und ihrer eignen Willen, das auf dieser Basis in ihrem Verhalten gegeneinander notwendig egoistisch ist, macht die <A NAME="S312"><B>&lt;312&gt;</A></B> Selbstverleugnung im Gesetz und Recht n&ouml;tig, Selbstverleugnung im Ausnahmsfall, Selbstbehauptung ihrer Interessen im Durchschnittsfall (die daher nicht <I>ihnen, </I>sondern nur dem "mit sich einigen Egoisten" f&uuml;r Selbstverleugnung gilt). Dasselbe gilt von den beherrschten Klassen, von deren Willen es ebensowenig abh&auml;ngt, ob Gesetz und Staat bestehen. Z.B. solange die Produktivkr&auml;fte noch nicht so weit entwickelt sind, um die Konkurrenz &uuml;berfl&uuml;ssig zu machen, und deshalb die Konkurrenz immer wieder hervorrufen w&uuml;rden, solange w&uuml;rden die beherrschten Klassen das Unm&ouml;gliche wollen, wenn sie den "Willen h&auml;tten, die Konkurrenz und mit ihr Staat und Gesetz abzuschaffen. &Uuml;brigens entsteht dieser "Wille", ehe die Verh&auml;ltnisse so weit entwickelt sind, da&szlig; sie ihn produzieren k&ouml;nnen, auch nur in der Einbildung des Ideologen. Nachdem die Verh&auml;ltnisse weit genug entwickelt waren, ihn zu produzieren, kann der Ideologe diesen Willen als einen blo&szlig; willk&uuml;rlichen und daher zu allen Zeiten und unter allen Umst&auml;nden fa&szlig;baren sich vorstellen.</P>
<P>Ebensowenig wie das Recht geht das Verbrechen, d.h. der Kampf des isolierten Einzelnen gegen die herrschenden Verh&auml;ltnisse, aus der reinen Willk&uuml;r hervor. Es hat vielmehr dieselben Bedingungen wie jene Herrschaft. Dieselben Vision&auml;re, die im Recht und Gesetz die Herrschaft eines f&uuml;r sich selbst&auml;ndigen allgemeinen Willens erblicken, k&ouml;nnen im Verbrechen den blo&szlig;en Bruch des Rechts und Gesetzes sehen. Nicht der Staat besteht also durch den herrschenden Willen, sondern der aus der materiellen Lebensweise der Individuen hervorgehende Staat hat auch die Gestalt eines herrschenden Willens. Verliert dieser die Herrschaft, so hat sich nicht nur der Wille, sondern auch das materielle Dasein und Leben der Individuen, und blo&szlig; deswegen ihr Wille, ver&auml;ndert. Es ist m&ouml;glich, da&szlig; Rechte und Gesetze sich "forterben", aber sie sind dann auch nicht mehr herrschend, sondern nominell, wovon die altr&ouml;mische und englische Rechtsgeschichte eklatante Beispiele liefern. Wir sahen schon fr&uuml;her, wie bei den Philosophen vermittelst der Trennung der Gedanken von den ihnen zur Basis dienenden Individuen und ihren empirischen Verh&auml;ltnissen eine Entwicklung und Geschichte der blo&szlig;en Gedanken entstehen konnte. Ebenso kann man hier wieder das Recht von seiner realen Basis trennen, womit man dann einen "Herrscherwillen" herausbekommt, der sich in den verschiedenen Zeiten verschieden modifiziert und in seinen Sch&ouml;pfungen, den Gesetzen, eine eigne selbst&auml;ndige Geschichte hat. Womit sich die politische und b&uuml;rgerliche Geschichte in eine Geschichte der Herrschaft von aufeinanderfolgenden Gesetzen ideologisch aufl&ouml;st. Dies ist die spezifische Illusion der Juristen und Politiker, die Jacques le bonhomme sans fa&ccedil;on &lt;ohne Umst&auml;nde&gt; adoptiert. Er macht sich dieselbe Illusion wie etwa <A NAME="S313"><B>&lt;313&gt;</A></B> Friedrich Wilhelm IV., der auch die Gesetze f&uuml;r blo&szlig;e Einf&auml;lle des Herrscherwillens h&auml;lt und daher immer findet, da&szlig; sie am "plumpen Etwas" der Welt scheitern. Kaum [eine] seine[r] durchaus unsch&auml;dlichen Marotten realisiert er weiter als in Cabinetsordren. Er befehle einmal 25 Millionen Anleihen, den hundertzehnten Teil der englischen Staatsschuld, und er wird sehen, wessen Wille sein Herrscherwille ist. Wir werden &uuml;brigens auch sp&auml;ter finden, da&szlig; Jacques le bonhomme die Phantome oder Spuke seines Souver&auml;ns und Mitberliners als Dokumente benutzt, um daraus seine eignen theoretischen Sparren &uuml;ber Recht, Gesetz, Verbrechen usw. zu spinnen. Es darf uns dies um so weniger wundern, da selbst der Spuk der "Vossischen Zeitung" ihm zu wiederholten Malen etwas "pr&auml;sentiert", z.B. den Rechtsstaat. Die oberfl&auml;chlichste Betrachtung der Gesetzgebung, z.B. der Armengesetzgebung in allen L&auml;ndern, wird zeigen, wie weit es die Herrschenden brachten, wenn sie durch ihren blo&szlig;en "Herrscherwillen", d.h. als nur Wollende, irgend etwas durchsetzen zu k&ouml;nnen sich einbildeten. Sankt Sancho mu&szlig; &uuml;brigens die Illusion der Juristen und Politiker &uuml;ber den Herrscherwillen akzeptieren, um in den Gleichungen und Antithesen, an denen wir uns gleich erg&ouml;tzen werden, seinen eignen Willen herrlich leuchten lassen zu k&ouml;nnen und dahin zu kommen, da&szlig; er sich irgendeinen Gedanken, den er sich in den Kopf gesetzt hat, wieder aus dem Kopf schlagen kann.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Meine lieben Br&uuml;der, achtet es eitel Freude, wenn ihr in Anfechtungen fallet." Saint-Jacques le bonhomme 1,2.</P></FONT>
<TABLE BORDER CELLSPACING=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="56%" VALIGN="TOP" COLSPAN=7>
<P ALIGN="RIGHT">Gesetz</TD>
<TD WIDTH="44%" VALIGN="TOP" COLSPAN=7>
<P>= Herrscherwille des Staats,</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="56%" VALIGN="TOP" COLSPAN=7>
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="44%" VALIGN="TOP" COLSPAN=7>
<P>= Staatswillen.</TD>
</TR>
<TR><TD VALIGN="TOP" COLSPAN=14>
<I><P>Antithesen:</I></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="55%" VALIGN="TOP" COLSPAN=5>
<P ALIGN="RIGHT">Staatswillen, fremder Wille</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>-- Mein Wille, eigner Wille.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="55%" VALIGN="TOP" COLSPAN=5>
<P ALIGN="RIGHT">Herrscherwille des Staats</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>-- Eigner Wille Meiner.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="55%" VALIGN="TOP" COLSPAN=5>
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>-- Mein Eigenwille.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="47%" VALIGN="MIDDLE" COLSPAN=4>
<P ALIGN="RIGHT">Staatseigne, die das Gesetz des Staates tragen</TD>
<TD WIDTH="8%" VALIGN="MIDDLE" COLSPAN=2>
<FONT SIZE=7><P ALIGN="RIGHT">}</FONT></TD>
<TD WIDTH="4%" VALIGN="MIDDLE" COLSPAN=2>
<P>--</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=7><P>{</FONT></TD>
<TD WIDTH="36%" VALIGN="MIDDLE" COLSPAN=5>
<P>"Selbsteigne (Einzige), die ihr Gesetz in sich selbst tragen." p. 268</TD>
</TR>
<TR><TD VALIGN="TOP" COLSPAN=14>
<P>Gleichungen:</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>A)</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P ALIGN="RIGHT">Der Staatswille</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Nicht Mein Wille.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>B)</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P ALIGN="RIGHT">Mein Wille</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Nicht der Staatswille.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>C)</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P ALIGN="RIGHT">Wille</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Wollen.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>D)</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P ALIGN="RIGHT">Mein Wille</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Nichtwollen des Staats,</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Wille wider den Staat,</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Widerwille gegen den Staat.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<B><P><A NAME="S314">&lt;314&gt;</A></B> E)</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P ALIGN="RIGHT">Den Nichtstaat wollen</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Eigenwille.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P ALIGN="RIGHT">Eigenwille</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Den Staat nicht wollen.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>F)</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P ALIGN="RIGHT">Der Staatswille</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Das Nichts Meines Willens,</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Meine Willenlosigkeit.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>G)</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P ALIGN="RIGHT">Meine Willenlosigkeit</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Sein des Staatswillens.</TD>
</TR>
<TR><TD VALIGN="TOP" COLSPAN=14>
<P>(Schon aus dem Fr&uuml;heren wissen wir, da&szlig; das Sein des Staats<I>willens</I> gleich ist dem Sein des <I>Staats</I>, woraus sich folgende neue Gleichung ergibt:)</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>H)</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P ALIGN="RIGHT">Meine Willenlosigkeit</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Sein des Staats.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>I)</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P ALIGN="RIGHT">Das Nicht Meiner Willenlosigkeit</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Nichtsein des Staats.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>K)</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P ALIGN="RIGHT">Der Eigenwille</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="BOTTOM" COLSPAN=9>
<P>= Das Nichts des Staats.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P>L)</TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P ALIGN="RIGHT">Mein Wille</TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="TOP" COLSPAN=9>
<P>= Nichtsein des Staats.</TD>
</TR>
</TABLE>
<P>Note 1. Schon nach dem oben zitierten Satze von p. 256</P>
<FONT SIZE=2><P>"dauern die Staaten so lange, als der <I>herrschende</I> Wille als gleichbedeutend mit dem <I>eignen</I> Willen <I>angesehen wird</I>.".</P>
</FONT><P>Note 2.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Wer, um zu bestehen" (wird dem Staat ins Gewissen geredet), auf die Willenlosigkeit Andrer rechnen mu&szlig;, der ist ein Machwerk dieser Andern, wie der Herr ein Machwerk des Dieners ist." p. 257. (Gleichungen F, G, H, I.)</P>
</FONT><P>Note 3.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Der <I>eigne Wille Meiner</I> ist der <I>Verderber</I> des Staats. Er wird deshalb von Letzterem als <I>Eigenwille </I>gebrandmarkt. Der <I>eigne Wille </I>und <I>der Staat</I> sind todfeindliche M&auml;chte, zwischen welchen kein ewiger Friede m&ouml;glich ist." p. 257. - "Daher &uuml;berwacht er auch wirklich Alle, <I>er </I>sieht in Jedem einen Egoisten" (den Eigenwillen), "und vor dem Egoisten f&uuml;rchtet er sich." p. 263. "<I>Der </I>Staat ... widersetzt sich dem Zweikampf ... selbst jede <I>Pr&uuml;gelei </I>wird gestraft" (auch wenn man die Polizei nicht herbeiruft), p. 245.</P>
</FONT><P>Note 4.</P>
<FONT SIZE=2><P>"F&uuml;r ihn, <I>den</I> Staat, ist's unumg&auml;nglich n&ouml;tig, da&szlig; Niemand einen <I>eignen</I> Willen habe; h&auml;tte ihn Einer, so m&uuml;&szlig;te der Staat ihn ausschlie&szlig;en" (einsperren, verbannen); h&auml;tten ihn <I>Alle</I>" ("wer ist diese Person, die Ihr 'Alle' nennt?"), "so schafften sie den Staat ab." p. 257.</P>
</FONT><P>Dies kann nun auch rhetorisch ausgef&uuml;hrt werden:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Was helfen Deine Gesetze, wenn sie Keiner befolgt, was Deine Befehle, wenn sich Niemand befehlen l&auml;&szlig;t?" p. 256. <A NAME="Z64"></FONT><A HREF="me03_anm.htm#M64"><FONT SIZE=2>(64)</FONT></A></A></P>
<B><P><A NAME="S315">&lt;315&gt;</A></B> Note 5.</P>
<FONT SIZE=2><P>Die einfache Antithese: Staatswille - Mein Wille erh&auml;lt im Folgenden eine scheinbare Motivierung: "D&auml;chte <I>Man </I>sich auch selbst den Fall, da&szlig; jeder Einzelne im Volk den gleichen Willen ausgesprochen h&auml;tte und hierdurch ein vollkommener <I>Gesamtwille </I>(!) "zustande gekommen w&auml;re: die Sache bliebe dennoch dieselbe. W&auml;re Ich nicht an Meinen gestrigen Willen heute und ferner gebunden? ... Mein Gesch&ouml;pf, n&auml;mlich ein bestimmter Willensausdruck, w&auml;re Mein Gebieter geworden; ich aber ... der Sch&ouml;pfer, w&auml;re in Meinem Flusse und Meiner Aufl&ouml;sung gehemmt ... Weil Ich gestern ein Wollender war, bin Ich heute ein Willenloser, gestern freiwillig, heute unfreiwillig." p. 258.</P>
</FONT><P>Den alten, von Revolution&auml;ren wie Reaktion&auml;ren schon oft ausgesprochenen Satz, da&szlig; in der Demokratie die Einzelnen ihre Souver&auml;nit&auml;t nur f&uuml;r einen Moment aus&uuml;ben, dann aber sogleich wieder von der Herrschaft zur&uuml;cktreten, sucht sich Sankt Sancho hier auf eine "unbeholfene" Art anzueignen, indem er seine ph&auml;nomenologische Theorie von Sch&ouml;pfer und Gesch&ouml;pf auf ihn anwendet. Die Theorie von Sch&ouml;pfer und Gesch&ouml;pf benimmt diesem Satze aber allen Sinn. Sankt Sancho ist nach dieser seiner Theorie nicht heute ein Willenloser, weil er seinen gestrigen Willen ge&auml;ndert hat, d.h. einen anders bestimmten Willen hat, und nun das dumme Zeug, was er gestern als seinen Willensausdruck zum Gesetz erhob, seinen heutigen besser erleuchteten Willen als Band oder Fessel dr&uuml;ckt. Nach seiner Theorie mu&szlig; vielmehr sein heutiger Wille die Verneinung seines gestrigen sein, weil er die Verpflichtung hat, sich als Sch&ouml;pfer aufl&ouml;send zu seinem gestrigen Willen zu verhalten. Nur als "Willenloser" ist er Sch&ouml;pfer, als wirklich Wollender ist er stets Gesch&ouml;pf. (Siehe die "Ph&auml;nomenologie".) Dann aber ist er, "weil er gestern ein Wollender war", keineswegs heute ein "Willenloser", sondern vielmehr ein <I>Widerwilliger </I>gegen seinen gestrigen Willen, mag dieser die <A NAME="S316"><B>&lt;316&gt;</A></B> Form des Gesetzes angenommen haben oder nicht. Er kann ihn in beiden F&auml;llen aufl&ouml;sen, wie er &uuml;berhaupt aufzul&ouml;sen pflegt, n&auml;mlich <I>als seinen Willen. </I>Damit hat er dem mit sich einigen Egoismus vollkommen Gen&uuml;ge geleistet. Ob also sein gestriger Wille als Gesetz eine Existenzform au&szlig;er seinem Kopfe angenommen hat oder nicht ist hier ganz gleichg&uuml;ltig, besonders wenn wir bedenken, wie schon oben das "aus ihm heraus entsprungene Wort" sich ebenfalls rebellisch gegen ihn verhielt. Und dann will im obigen Satze Sankt Sancho ja nicht seine Eigenwilligkeit, sondern seine Freiwilligkeit, Willens<I>freiheit, Freiheit </I>wahren, was ein arger Versto&szlig; gegen den Moralkodex des mit sich einigen Egoisten ist. In diesem Versto&szlig;e befangen, geht Sankt Sancho sogar so weit, da&szlig; er die oben so sehr verschriene innerliche Freiheit, die Freiheit des Widerwillens, als die wahre Eigenheit proklamiert. blo&szlig;</P>
<FONT SIZE=2><P>"Wie zu &auml;ndern?" ruft Sancho aus. Nur dadurch, da&szlig; Ich keine Pflicht anerkenne, d.h. Mich nicht binde oder binden lasse. - Allein man wird Mich binden! <I>Meinen Willen kann niemand binden und Mein <U>Widerwille</U> bleibt <U>frei</U>!"</I> p. 258.</P><DIR>
<DIR>
</FONT><P>Pauken und Trompeten huld'gen<BR>
Seiner jungen Herrlichkeit!</P></DIR>
</DIR>
<P>Wobei Sankt Sancho vergi&szlig;t, die "einfache Reflexion anzustellen", da&szlig; sein "Wille" allerdings insofern "gebunden" ist, als er wider seinen Willen ein "<I>Widerwille</I>" ist.</P>
<P>In dem obigen Satze &uuml;ber das Gebundensein des Einzelwillens durch den als Gesetz ausgedr&uuml;ckten allgemeinen Willen vollendet sich &uuml;brigens die idealistische Anschauungsweise vom Staat, f&uuml;r die es sich blo&szlig; vom Willen handelt und die bei franz&ouml;sischen und deutschen Schriftstellern zu den spitzfindigsten Qu&auml;stiunculis &lt;winzigen (gelehrten) Fragen&gt; gef&uuml;hrt hat.<A NAME="Z65"><A HREF="me03_anm.htm#M65">(65)</A></A></P>
<P>Wenn es sich &uuml;brigens nur um das "Wollen", nicht um das "K&ouml;nnen", und im schlimmsten Falle nur um den "Widerwillen" handelt, so ist nicht <A NAME="S317"><B>&lt;317&gt;</A></B> abzusehen, warum Sankt Sancho einen so ergiebigen Gegenstand des "Wollens" und "Widerwillens", wie das Staatsgesetz ist, platterdings beseitigen will.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Gesetz &uuml;berhaupt pp. - soweit sind wir heute." p. 256.</P>
</FONT><P>Was Jacques le bonhomme nicht alles glaubt.</P>
<P ALIGN="CENTER">__________</P>
<P>Die bisherigen Gleichungen waren rein vernichtend gegen den Staat und das Gesetz. Der wahre Egoist <I>mu&szlig;te </I>sich rein vernichtend gegen Beide verhalten. Die Aneignung vermi&szlig;ten wir, obwohl wir dagegen die Freude hatten, Sankt Sancho das gro&szlig;e Kunstst&uuml;ck verrichten zu sehen, wie man durch eine blo&szlig;e Ver&auml;nderung des Willens, die nat&uuml;rlich wieder vom blo&szlig;en Willen abh&auml;ngt, den Staat vernichtet. Indessen auch an der Aneignung fehlt es hier nicht, obgleich sie hier nur ganz nebenherl&auml;uft und erst sp&auml;ter "mitunter" Resultate haben kann. Die obigen zwei Antithesen</P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Staatswille, fremder Wille</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>- Mein Wille, eigner Wille,</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Herrscherwille des Staats</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>- Eigner Wille Meiner</TD>
</TR>
</TABLE>
<P>k&ouml;nnen auch so zusammengefa&szlig;t werden:</P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Herrschaft des fremden Willens</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>- Herrschaft des eignen Willens.</TD>
</TR>
</TABLE>
<P>In dieser neuen Antithese, die &uuml;brigens seiner Vernichtung des Staats durch seinen Eigenwillen fortw&auml;hrend versteckt zugrunde lag, eignet er sich die politische Illusion &uuml;ber die Herrschaft der Willk&uuml;r, des ideologischen Willens an. Er konnte dies auch so ausdr&uuml;cken:</P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Willk&uuml;r des Gesetzes</TD>
<TD WIDTH="50%" VALIGN="TOP">
<P>- Gesetz der Willk&uuml;r.</TD>
</TR>
</TABLE>
<P>Zu dieser Einfachheit des Ausdrucks hat es Sankt Sancho indes nicht gebracht.</P>
<B><P><A NAME="S318">&lt;318&gt;</A></B> In der Antithese III haben wir schon ein "Gesetz in ihm"; aber er eignet sich das Gesetz noch direkter an in folgender Antithese:</P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="45%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="RIGHT">Gesetz, Willenserkl&auml;rung des Staats</TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=5><P ALIGN="RIGHT">}</FONT></TD>
<TD WIDTH="4%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">----</TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=5><P>{</FONT></TD>
<TD WIDTH="45%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Gesetz, Willenserkl&auml;rung Meiner, Meine Willenserkl&auml;rung</TD>
</TR>
</TABLE>
<FONT SIZE=2><P>"Es kann Jemand wohl erkl&auml;ren, was er sich gefallen lassen will, mithin durch ein <I>Gesetz</I> das Gegenteil sich verbitten" pp., p. 256.</P>
</FONT><P>Dies Verbitten wird mit obligaten Drohungen begleitet. Diese letzte Antithese ist von Wichtigkeit f&uuml;r den Abschnitt &uuml;ber das Verbrechen.</P>
<I><P>Episoden</I>. p. 256 wird uns erkl&auml;rt, da&szlig; "Gesetz" von "willk&uuml;rlichem Befehl, Ordonnanz" nicht verschieden sei, weil Beides "Willenserkl&auml;rung", mithin "Befehl". - p. 254, 255, 260, 263 wird unter dem Schein, als werde von "<I>dem </I>Staat" gesprochen, der <I>preu&szlig;ische </I>Staat untergeschoben und die wichtigen Fragen der "Vossischen Zeitung" &uuml;ber Rechtsstaat, Absetzbarkeit der Beamten, Beamtenhochmut und dergl. dummes Zeug verhandelt. Das einzig Wichtige ist die Entdeckung, da&szlig; die altfranz&ouml;sischen Parlamente auf dem Rechte bestanden, k&ouml;nigliche Edikte zu registrieren, <I>weil </I>sie "nach eignem Rechte richten" wollten. Das Registrieren der Gesetze durch die franz&ouml;sischen Parlamente kam auf zugleich mit der Bourgeoisie und der f&uuml;r die damit absolut werdenden K&ouml;nige gesetzten Notwendigkeit, sowohl dem Feudaladel wie fremden Staaten gegen&uuml;ber einen fremden Willen, von dem der ihrige abh&auml;ngig sei, vorzusch&uuml;tzen und zugleich den Bourgeois eine Garantie zu geben. Sankt Max kann sich dies aus der Geschichte seines geliebten Franz I. eines Weiteren verst&auml;ndlich machen; im &Uuml;brigen m&ouml;ge er sich aus den vierzehn B&auml;nden "Des Etats g&eacute;n&eacute;raux et autres assembl&eacute;es nationales", Paris 1788, &uuml;ber das, was die franz&ouml;sischen Parlamente wollten oder nicht wollten und was sie zu bedeuten hatten, einigerma&szlig;en Rats erholen, ehe er sie wieder in den Mund nimmt. &Uuml;berhaupt w&auml;re es wohl am Ort, hier eine kurze Episode &uuml;ber die <I>Belesenheit </I>unsres eroberungss&uuml;chtigen Heiligen einzulegen. Abgesehen von den theoretischen B&uuml;chern, wie Feuerbachs und B. Bauers Schriften, sowie von der Hegelschen Tradition, die seine Hauptquelle bildet - abgesehen von diesen notd&uuml;rftigsten theoretischen Quellen benutzt und zitiert unser Sancho folgende historische Quellen: F&uuml;r die franz&ouml;sische Revolution Rutenbergs "Politische Reden" und die Bauerschen "Denkw&uuml;rdigkeiten"; f&uuml;r den Kommunismus Proudhon, A.Beckers "Volksphilosophie", die "Einundzwanzig Bogen" und den Bluntschlibericht; f&uuml;r den Liberalismus die "Vossische Zeitung", die s&auml;chsischen Vaterlandsbl&auml;tter, die badische Kammer, wieder die "Einundzwanzig Bogen" und E. Bauers epochemachende Schrift; au&szlig;erdem werden noch hier und da als historische Belege zitiert: <A NAME="S319"><B>&lt;319&gt;</A></B> die Bibel, Schlossers "18. Jahrhundert", Louis Blancs "Histoire de dix ans", Hinrichs' "Politische Vorlesungen", Bettina: "Dies Buch geh&ouml;rt dem K&ouml;nig", He&szlig;' "Triarchie", die "Deutsch-Franz&ouml;sischen Jahrb&uuml;cher", die Z&uuml;richer "Anekdota", Moriz Carri&egrave;re &uuml;ber den K&ouml;lner Dom, Sitzung der Pariser Pairskammer vom 25. April 1844, Karl Nauwerck, "Emilia Galotti", die Bibel - kurz, das ganze Berliner Lesekabinett samt seinem Eigent&uuml;mer Willibald Alexis Cabanis. Man wird es nach dieser Probe von Sanchos tiefen Studien erkl&auml;rlich finden, da&szlig; so unendlich viel Fremdes, d.h. Heiliges f&uuml;r ihn in dieser Welt existiert.</P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="I_III_1_5_A_III">III. Das Verbrechen</A></P>
<P>Note 1.</P>
<FONT SIZE=2><P>"L&auml;&szlig;t Du Dir von einem Andern Recht geben, so mu&szlig;t Du nicht minder Dir von ihm Unrecht geben lassen. Kommt Dir von ihm die Rechtfertigung und Belohnung, so erwarte auch seine Anklage und Strafe. Dem Rechte geht das <I>Unrecht</I>, der Gesetzlichkeit das Verbrechen zur Seite. Was - bist - Du? - Du - bist - ein - <I>Verbrecher</I>!!" p. 262.</P>
</FONT><P>Dem code civil &lt;b&uuml;rgerlichen Gesetzbuch&gt; geht der code p&eacute;nal &lt;Strafgesetzbuch&gt;, dem code p&eacute;nal der code de commerce &lt;Handelsgesetzbuch&gt; zur Seite. Was bist Du? Du bist ein - <I>Commer&ccedil;ant</I>!</P>
<P>Sankt Sancho konnte uns diese nervenersch&uuml;tternde &Uuml;berraschung sparen. Bei ihm hat das "L&auml;&szlig;t Du Dir von einem Andern Recht geben, so mu&szlig;t Du Dir auch Unrecht von ihm geben lassen" allen Sinn verloren, insofern dadurch eine neue Bestimmung hinzukommen soll; denn bei ihm hei&szlig;t es schon nach einer fr&uuml;heren Gleichung: L&auml;&szlig;t Du Dir von einem Andern Recht geben, so l&auml;&szlig;t Du Dir fremdes Recht, also <I>Dein Unrecht </I>geben.</P>
<FONT SIZE=2><P ALIGN="CENTER"><A NAME="I_III_1_5_A_III_A">A) Einfache Kanonisation von Verbrechen und Strafe</A></P>
<P ALIGN="CENTER">a) Verbrechen</P>
</FONT><P>Was das Verbrechen anbetrifft, so ist es, wie wir schon sahen, der Name f&uuml;r eine allgemeine Kategorie des mit sich einigen Egoisten, Negation des Heiligen, <I>S&uuml;nde</I>. In den angef&uuml;hrten Antithesen und Gleichungen &uuml;ber die Beispiele des Heiligen: Staat, Recht, Gesetz konnte die negative Beziehung des Ich auf diese Heiligen oder die Kopula auch Verbrechen genannt werden, wie bei der Hegelschen Logik, die ebenfalls ein Beispiel des Heiligen ist, Sankt Sancho auch sagen kann: Ich bin nicht die Hegelsche Logik, Ich bin ein S&uuml;nder gegen die Hegelsche Logik. Er mu&szlig;te nun, da er vom Recht, Staat pp. sprach, fortfahren: Ein andres Beispiel der S&uuml;nde oder des Ver- <A NAME="S320"><B>&lt;320&gt;</A></B> brechens sind die sogenannten <I>juristischen </I>oder <I>politischen </I>Verbrechen. Statt dessen tut er uns wieder ausf&uuml;hrlich dar, da&szlig; diese Verbrechen seien</P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=230>
<TR><TD VALIGN="TOP" COLSPAN=4>
<P>die S&uuml;nde gegen das Heilige,</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="9%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">"</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">"</TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">"</TD>
<TD WIDTH="56%" VALIGN="TOP">
<P>die fixe Idee,</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="9%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">"</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">"</TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">"</TD>
<TD WIDTH="56%" VALIGN="TOP">
<P>das Gespenst,</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="9%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">"</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">"</TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="CENTER">"</TD>
<TD WIDTH="56%" VALIGN="TOP">
<P>"<I>den</I> Menschen".</TD>
</TR>
</TABLE>
<FONT SIZE=2><P>"Nur gegen <I>ein Heiliges </I>gibt es Verbrecher." p. 268.</P>
<P>"<I>Der Kriminalkodex hat nur durch das Heilige Bestand</I>." p. 318.</P>
<P>"Aus der <I>fixen Idee </I>entstehen die Verbrechen." p. 269.</P>
<P>"Man sieht hier, wie es wieder '<I>der </I>Mensch' ist, der auch den Begriff des Verbrechens, der S&uuml;nde <I>und damit </I>den des Rechts zuwege bringt." (Vorhin war es umgekehrt.) "Ein Mensch, in welchem Ich nicht den Menschen erkenne, ist ein S&uuml;nder." p. 268.</P>
</FONT><P>Note 1.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Kann Ich annehmen, da&szlig; Einer gegen Mich ein Verbrechen begehe" (wird im Gegensatz zum franz&ouml;sischen Volk in der Revolution behauptet), "ohne anzunehmen, da&szlig; er so handeln m&uuml;sse, wie Ich's f&uuml;r gut finde? Und dieses Handeln <I>nenne </I>Ich das Rechte, Gute pp., das Abweichende ein Verbrechen. Mithin <I>denke </I>Ich, die Andern m&uuml;&szlig;ten auf <I>dasselbe </I>Ziel mit Mir losgehen ... als Wesen, die irgendeinem 'vern&uuml;nftigen' Gesetze" (Beruf! Bestimmung! Aufgabe! Das Heilige!!!) "gehorchen sollen. Ich <I>stelle auf</I>, was <I>der </I>Mensch sei und was wahrhaft menschlich handeln hei&szlig;e, und fordere von Jedem, da&szlig; ihm dies Gesetz Norm und Ideal werde, widrigenfalls er sich als S&uuml;nder und Verbrecher <I>ausweise </I>..." p. [267,] 268.</P>
</FONT><P>Dabei weint er eine ahnungsvolle Tr&auml;ne auf dem Grabe der "eigenen Menschen", die zur Schreckenszeit vom souver&auml;nen Volk im Namen des Heiligen geschlachtet wurden. Er zeigt weiter an einem Beispiel, wie von diesem heiligen Standpunkt aus die Namen der wirklichen Verbrechen konstruiert werden k&ouml;nnen.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Wird, wie in der Revolution, das, was <I>das Gespenst, </I>der Mensch sei, als 'guter B&uuml;rger' gefa&szlig;t, <I>so gibt es von </I>diesem Begriffe des Menschen die bekannten 'politischen Vergehen und Verbrechen'." (Soll hei&szlig;en: so <I>gibt </I>dieser Begriff pp. die bekannten Verbrechen von <I>sich</I>.) p. 268.</P>
</FONT><P>Wie sehr die Leichtgl&auml;ubigkeit in dem Abschnitt &uuml;ber das Verbrechen die vorherrschende Qualit&auml;t unsres Sancho ist, davon haben wir hier ein gl&auml;nzendes Exempel, indem er die Sansculotten der Revolution vermittelst einer synonymischen Mi&szlig;handlung des Wortes citoyen in Berliner "gute B&uuml;rger" verwandelt. "Gute B&uuml;rger und treue Beamte" geh&ouml;ren nach Sankt Max unzertrennlich zusammen. "Robespierre z.B., Saint-Just usw." w&auml;ren also die <A NAME="S321"><B>&lt;321&gt;</A></B> "treuen Beamten", w&auml;hrend Danton einen Kassendefekt sich zuschulden kommen lie&szlig; und die Gelder des Staats verschleuderte. Sankt Sancho hat einen guten Anfang zu einer Revolutionsgeschichte f&uuml;r den preu&szlig;ischen B&uuml;rger und Landmann gemacht.</P>
<P>Note 2.</P>
<P>Nachdem Sankt Sancho uns so das politische und juristische Verbrechen als ein Beispiel des Verbrechens &uuml;berhaupt, n&auml;mlich seiner Kategorie des Verbrechens, der S&uuml;nde, der Negation, Feindschaft, Beleidigung, Verachtung des Heiligen, des unanst&auml;ndigen Betragens gegen das Heilige, vorgef&uuml;hrt hat, kann er nun getrost erkl&auml;ren:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Im Verbrechen hat sich bisher der Egoist behauptet und das Heilige verspottet." p. 319.</P>
</FONT><P>An dieser Stelle werden alle bisherigen Verbrechen dem mit sich einigen Egoisten ins Credit geschrieben, obwohl wir sp&auml;terhin wieder Einiges davon ins Debet werden &uuml;bertragen m&uuml;ssen. Sancho glaubt, man habe bisher nur Verbrechen begangen, um "das Heilige" zu verspotten und sich nicht gegen die Dinge, sondern gegen das Heilige <I>an </I>den Dingen zu behaupten. Weil der Diebstahl eines armen Teufels, der sich einen fremden Taler aneignet, unter die Kategorie des Verbrechens gegen das Gesetz subsumiert werden kann, <I>darum </I>beging dieser arme Teufel den Diebstahl aus reiner Lust, das Gesetz zu brechen. Gerade wie Jacques le bonhomme sich oben einbildete, nur um des Heiligen willen seien &uuml;berhaupt Gesetze gegeben worden und nur um des Heiligen willen w&uuml;rden Diebe eingesteckt.</P>
<FONT SIZE=2><P ALIGN="CENTER">b) Strafe</P>
</FONT><P>Da wir gerade mit juristischen und politischen Verbrechen uns zu schaffen machen, so findet sich bei dieser Gelegenheit, da&szlig; dergleichen Verbrechen "im gew&ouml;hnlichen Verstande" eine <I>Strafe </I>nach sich zu ziehen pflegen, oder auch, wie geschrieben steht, "der Tod der S&uuml;nde Sold ist". Es versteht sich nun, nach dem, was wir bereits &uuml;ber das Verbrechen vernommen haben, da&szlig; die Strafe die Selbstverteidigung und Abwehr <I>des Heiligen </I>gegen die Entheiliger ist.</P>
<P>Note 1.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Die Strafe hat nur dann einen Sinn, wenn sie S&uuml;hne f&uuml;r Verletzung eines Heiligen sein soll." p. 316. In der Strafe "verfallen Wir in die Torheit, das Recht, den Spuk" (das Heilige) "befriedigen zu wollen. Das Heilige soll sich" hier "gegen den Menschen wehren." (Sankt Sancho verf&auml;llt hier in die Torheit", "<I>den </I>Menschen" f&uuml;r die Einzigen" "eignen Ichs" usw. zu versehen.) p. 318.</P>
</FONT><B><P><A NAME="S322">&lt;322&gt;</A></B> Note 2.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Der Kriminalkodex hat nur durch das Heilige Bestand und verkommt von selbst, wenn man die <I>Strafe </I>aufgibt." p. 318.</P>
</FONT><P>Sankt Sancho will eigentlich sagen: die Strafe verkommt von selbst, wenn man den Kriminalkodex aufgibt, d.h., die Strafe besteht nur durch den Kriminalkodex. "Ist aber nicht ein" nur durch die Strafe existierender Kriminalkodex "ein Unsinn, und ist eine" nur durch den Kriminalkodex existierende Strafe "nicht auch ein Unsinn?" (Sancho contra He&szlig;, Wig[and,] p. 186.) Sancho versieht hier den Kriminalkodex f&uuml;r ein Lehrbuch der theologischen Moral.</P>
<P>Note 3.</P>
<P>Als Beispiel, wie aus der fixen Idee das Verbrechen entsteht, Folgendes:</P>
<P>"Die <I>Heiligkeit </I>der Ehe ist eine <I>fixe Idee</I>. Aus der <I>Heiligkeit </I>folgt, da&szlig; die Untreue ein <I>Verbrechen </I>ist, und es setzt daher <I>ein gewisses Ehegesetz</I>" (zum gro&szlig;en &Auml;rger der "d....... &lt;deutschen&gt; Kammern" und des "Kaisers aller R...... &lt;Reu&szlig;en&gt;", nicht minder des "Kaisers von Japan" und des "Kaisers von China" und speziell des "Sultans") "eine k&uuml;rzere oder l&auml;ngere Strafe darauf." p. 269.</P>
<P>Friedrich Wilhelm IV., der da glaubt, nach dem Ma&szlig;stabe des Heiligen Gesetze geben zu k&ouml;nnen, und sich deswegen stets mit aller Welt brouilliert, kann sich damit tr&ouml;sten, da&szlig; er an unsrem Sancho wenigstens Einen Staatsgl&auml;ubigen gefunden hat. Sankt Sancho vergleiche das preu&szlig;ische Ehegesetz, das blo&szlig; im Kopfe seines Autors existiert, einmal mit den praktisch geltenden Bestimmungen des Code civil, wo er den Unterschied zwischen heiligen und weltlichen Ehegesetzen finden kann. In der preu&szlig;ischen Phantasmagorie soll die Heiligkeit der Ehe von Staats wegen sowohl gegen den Mann wie gegen die Frau geltend gemacht werden; in der franz&ouml;sischen Praxis, wo die Frau als Privateigentum des Mannes angesehen wird, kann nur die Frau, und auch sie nur auf Verlangen des Mannes, der sein Eigentumsrecht geltend macht, wegen Ehebruch bestraft werden.</P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="I_III_1_5_A_III_B"><SMALL><FONT SIZE=2>B) Aneignung von Verbrechen und Strafe durch Antithese</SMALL></P></FONT>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%>
<TR><TD WIDTH="44%" VALIGN="MIDDLE" COLSPAN=2>
<P ALIGN="RIGHT"></A>Verbrechen im Sinne der Menschen</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=7><P>}</FONT></TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">=</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=7><P>{</FONT></TD>
<TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<P>Brechen des Gesetzes des Menschen (der Willenserkl&auml;rung des Staats, der Staatsgewalt) p. 259 ff.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="22%" VALIGN="TOP">
<B><P><A NAME="S323">&lt;323&gt;</A></B></TD>
<TD WIDTH="22%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="RIGHT">Verbrechen im Sinn Meiner</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">=</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<P>Brechen des Gesetzes Meiner (Meiner Willenserkl&auml;rung, Meiner Gewalt) p. 256 und passim.</TD>
</TR>
</TABLE>
<P>Diese beiden Gleichungen stehen einander antithetisch gegen&uuml;ber und gehen blo&szlig; aus dem Gegensatz von "der Mensch" und "Ich" hervor. Sie sind nur Zusammenfassung des bereits Dagewesenen. Das Heilige straft den "Ich" -"Ich strafe den 'Ich'."</P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP">
<P><I>Verbrechen</I> = </TD>
<TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Feindschaft gegen das Gesetz des Menschen (das Heilige).</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=7><P>}</FONT></TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">=</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=7><P>{</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<I><P>Feindschaft</I> =</TD>
<TD WIDTH="22%" VALIGN="TOP">
<P>Verbrechen gegen das Gesetz Meiner.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP">
<I><P>Verbrecher</I> =</TD>
<TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">der Feind oder Gegner gegen den Heiligen (das heilige als moralische Person).</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=7><P>}</FONT></TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">=</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=7><P>{</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<I><P>Feind </I>oder<I> Gegner</I> =</TD>
<TD WIDTH="22%" VALIGN="TOP">
<P>der Verbrecher gegen das "Ich", den Leiblichen.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP">
<I><P>Strafen</I> =</TD>
<TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Sich wehren des Heiligen gegen das "Ich".</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=7><P>}</FONT></TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">=</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=7><P>{</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<I><P>Mich Wehren</I> =</TD>
<TD WIDTH="22%" VALIGN="TOP">
<P>Strafe Meiner gegen "Ich".</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP">
<I><P>Strafe</I> =</TD>
<TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Genugtuung (Rache) <I>des</I> Menschen gegen "Ich".</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=7><P>}</FONT></TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">=</TD>
<TD WIDTH="5%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=7><P>{</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<I><P>Genugtuung</I> (<I>Rache</I>) =</TD>
<TD WIDTH="22%" VALIGN="TOP">
<P>Strafe Meiner gegen "Ich".</TD>
</TR>
</TABLE>
<P>In der letzten Antithese kann die Genugtuung auch Selbstgenugtuung genannt werden, da es die Genugtuung <I>Meiner </I>im Gegensatz zur Genugtuung <I>des Menschen </I>ist.</P>
<P>H&auml;lt man nun in den obigen antithetischen Gleichungen immer nur das erste Glied im Auge, so ergibt sich folgende Reihe einfacher Antithesen, wo in der These immer der heilige, allgemeine, fremde <I>Namen, </I>in der Antithese immer der profane, pers&ouml;nliche, angeeignete <I>Namen </I>steht.</P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH="100%">
<TR><TD WIDTH="31%" VALIGN="MIDDLE">
<P></TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Verbrechen</TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">-</TD>
<TD WIDTH="49%" VALIGN="MIDDLE" COLSPAN=2>
<P>Feindschaft.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="31%" VALIGN="MIDDLE">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Verbrecher</TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">-</TD>
<TD WIDTH="49%" VALIGN="MIDDLE" COLSPAN=2>
<P>Feind oder Gegner.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="31%" VALIGN="MIDDLE">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Strafen</TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">-</TD>
<TD WIDTH="49%" VALIGN="MIDDLE" COLSPAN=2>
<P>Mich Wehren.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="31%" VALIGN="MIDDLE">
<P>&nbsp;</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Strafe</TD>
<TD WIDTH="3%" VALIGN="MIDDLE">
<P ALIGN="CENTER">-</TD>
<TD WIDTH="6%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=6><P>{</FONT></TD>
<TD WIDTH="43%" VALIGN="MIDDLE">
<P>Genugtuung, Rache, Selbstgenugtuung</TD>
</TR>
</TABLE>
<P>Wir werden sogleich ein geringes W&ouml;rtchen &uuml;ber diese Gleichungen und Antithesen zu sagen haben, die so einfach sind, da&szlig; selbst "ein geborner Dummerjan" (p. 434) sich diese "einzige" Methode des Denkens in f&uuml;nf <A NAME="S324"><B>&lt;324&gt;</A></B> Minuten aneignen kann. Vorher noch einige andre Belegstellen als die schon dagewesenen.</P>
<P>Note 1.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Gegen Mich kannst du nie ein <I>Verbrecher </I>sein, sondern nur ein <I>Gegner</I>", p. 268 - und "Feind" in demselben Sinne p. 256. - Verbrechen als Feindschaft des Menschen - hierf&uuml;r werden p. 268 die "Feinde des Vaterlandes" als Beispiel angef&uuml;hrt. - "An die Stelle der <I>Strafe soll</I>" (moralisches Postulat) "die <I>Genugtuung </I>treten, die wiederum nicht darauf abzielen kann, dem Recht oder der Gerechtigkeit genungzutun, sondern <I>Uns </I>ein Gen&uuml;ge zu verschaffen." p. 318.</P>
</FONT><P>Note 2.</P>
<P>Indem Sankt Sancho gegen den Heiligenschein (die Klapperm&uuml;hle) der bestehenden Gewalt k&auml;mpft, lernt er nicht einmal diese Gewalt kennen und greift sie selbst noch viel weniger an; er stellt nur die moralische Forderung, da&szlig; man die Beziehung des Ich auf sie formell &auml;ndere. (Siehe Logik.)</P>
<FONT SIZE=2><P>"Ich mu&szlig; Mir's gefallen lassen" (aufgespreizte Beteuerung), "da&szlig; er" (sc. &lt;silicet = n&auml;mlich&gt; Mein Feind, der ein paar Millionen hinter sich stehen hat) "Mich als seinen Feind behandelt; allein niemals, da&szlig; er mit Mir als seiner Kreatur umspringt und da&szlig; er seine Vernunft oder Unvernunft zu Meiner Richtschnur macht." p. 256 (wo er dem P.P. Sancho eine sehr beschr&auml;nkte Freiheit l&auml;&szlig;t, n&auml;mlich die Wahl, sich als seine Kreatur behandeln zu lassen oder die 3300 ihm von Merlin auf die posaderas &lt;Sitzfleischh&auml;lften&gt; gebundenen Pr&uuml;gel zu ertragen. Diese Freiheit l&auml;&szlig;t ihm jeder Kriminalkodex, der ihn freilich nicht erst fragt, in welcher Weise er dem P.P. Sancho seine Feindschaft zu erkl&auml;ren hat). - "Aber wenn Ihr dem Gegner auch als Macht <I>imponiert</I>" (ihm eine "<I>imposante</I> Macht" seid), "eine geheiligte Autorit&auml;t seid Ihr darum doch nicht; er m&uuml;&szlig;te denn ein <I>Sch&auml;cher </I>sein. <I>Respekt </I>und <I>Achtung </I>ist er Euch nicht schuldig, wenn er sich auch vor Euch und Eurer Gewalt <I>in Acht nimmt</I>." p. 258.</P>
</FONT><P>Sankt Sancho tritt hier selbst als "Sch&auml;cher"' auf, indem er um den Unterschied von "Imponieren" und "Respektiert werden", "in Acht nehmen" und "Achtung haben", einen Unterschied von h&ouml;chstens einem Sechzehntel, mit vielem Ernste <I>schachert</I>. Wenn Sankt Sancho sich vor Jemand "in Acht nimmt", so "lebt er in der <I>Reflexion </I>und hat er einen Gegenstand, auf den er <I>reflektiert</I>, den er <I>respektiert </I>und vor dem er Ehrfurcht und Furcht empfindet". p. 115. - In den obigen Gleichungen ist die Strafe, Rache, Genugtuung pp. blo&szlig; als von Mir ausgehend dargestellt; insofern Sankt Sancho der Gegenstand der Genugtuung ist, k&ouml;nnen die Antithesen umgedreht werden: Hiermit verwandelt sich die Selbstgenugtuung in das Einem-Andern-an-Mir-genug-getan-Werden oder Meinem-Gen&uuml;ge-Abbruch-getan-Werden.</P>
<B><P><A NAME="S325">&lt;325&gt;</A></B> Note 3.</P>
<P>Dieselben Ideologen, die sich einbilden konnten, da&szlig; das Recht, Gesetz, der Staat pp. aus einem allgemeinen Begriff, etwa in letzter Instanz dem Begriff des Menschen, hervorgegangen und um dieses Begriffes willen ausgef&uuml;hrt worden seien, dieselben Ideologen k&ouml;nnen sich nat&uuml;rlich auch einbilden, Verbrechen w&uuml;rden aus reinem &Uuml;bermut gegen einen Begriff begangen, Verbrechen seien &uuml;berhaupt weiter Nichts als Verspottung von Begriffen und w&uuml;rden nur bestraft, um den verletzten Begriffen Gen&uuml;ge zu leisten. Hier&uuml;ber haben wir oben beim Recht und schon fr&uuml;her bei der Hierarchie bereits das N&ouml;tige gesagt, worauf wir hiermit zur&uuml;ckverweisen. - In den obigen Antithesen wird den kanonisierten Bestimmungen Verbrechen, Strafe pp. der Name einer andern Bestimmung gegen&uuml;bergestellt, die Sankt Sancho sich aus diesen <I>ersten </I>Bestimmungen nach seiner beliebten Manier herausnimmt und <I>aneignet. </I>Diese neue Bestimmung, die, wie gesagt, als blo&szlig;er Namen hier auftritt, soll als profan die unmittelbar <I>individuelle </I>Beziehung enthalten und das <I>tats&auml;chliche </I>Verh&auml;ltnis ausdr&uuml;cken. (Siehe Logik.) In der Rechtsgeschichte findet sich nun, da&szlig; in den fr&uuml;hesten und rohesten Epochen diese individuellen, tats&auml;chlichen Verh&auml;ltnisse in ihrer krassesten Gestalt ohne Weiteres das Recht konstituierten. Mit der Entwickelung der b&uuml;rgerlichen Gesellschaft, also mit der Entwickelung der pers&ouml;nlichen Interessen zu Klasseninteressen ver&auml;nderten sich die Rechtsverh&auml;ltnisse und zivilisierten ihren Ausdruck. Sie wurden nicht mehr als individuelle, sondern als <I>allgemeine </I>aufgefa&szlig;t. Gleichzeitig &uuml;bertrug die Teilung der Arbeit die Wahrung der kollidierenden Interessen der einzelnen Individuen an Wenige, womit auch die barbarische Geltendmachung des Rechts verschwand. Die ganze Kritik Sankt Sanchos &uuml;ber das Recht beschr&auml;nkt sich in den obigen Antithesen darauf, den <I>zivilisierten </I>Ausdruck der Rechtsverh&auml;ltnisse und die zivilisierte Teilung der Arbeit f&uuml;r eine Frucht der "fixen Idee", des Heiligen, zu erkl&auml;ren und dagegen den barbarischen Ausdruck und die barbarische Art, sie zu schlichten, sich zu vindizieren. Es handelt sich f&uuml;r ihn <I>nur </I>um die <I>Namen, </I>die Sache selbst ber&uuml;hrt er nicht, da er die wirklichen Verh&auml;ltnisse nicht kennt, auf denen diese verschiedenen Formen des Rechts beruhen, und in dem juristischen Ausdruck der Klassenverh&auml;ltnisse nur die idealisierten Namen jener barbarischen Verh&auml;ltnisse erblickt. So finden wir in der Stirnerischen Willenserkl&auml;rung das Befehden, in der Feindschaft, Sichwehren etc. den Abklatsch des Faustrechts und die Praxis des &auml;lteren Feudalwesens, in der Genugtuung, Rache pp. das jus talionis, die altgermanische Gewere, die compensatio, satisfactio, kurz die Hauptsachen aus den leges barbarorum und den consuetudines feudorum wieder - die Sancho nicht aus Bibliotheken, <A NAME="S326"><B>&lt;326&gt;</A></B> sondern aus den Erz&auml;hlungen seines ehmaligen Herrn von Amadis von Gallien sich angeeignet und liebgewonnen hat. Sankt Sancho kommt also in letzter Instanz wieder nur zu einem ohnm&auml;chtigen Moralgebot, da&szlig; Jeder sich selbst Genugtuung verschaffen und Strafen vollziehen soll. Er glaubt dem Don Quijote, er k&ouml;nne die aus der Teilung der Arbeit entstehenden sachlichen M&auml;chte ohne weiteres durch ein blo&szlig;es Moralgebot in pers&ouml;nliche M&auml;chte verwandeln. Wie sehr die juristischen Verh&auml;ltnisse mit der aus der Teilung der Arbeit hervorgegangenen Entwickelung dieser sachlichen M&auml;chte zusammenh&auml;ngen, kann man schon ersehn aus der historischen Entwickelung der Macht der Gerichte und aus dem Jammer der Feudalen &uuml;ber die Rechtsentwicklung. (Siehe z.B Monteil l. c. XIV<SUP>e</SUP>, XV<SUP>e</SUP> si&egrave;cle.) Grade in der Epoche zwischen der Herrschaft der Aristokratie und der der Bourgeoisie, als die Interessen zweier Klassen kollidierten, als der Handelsverkehr unter den europ&auml;ischen Nationen bedeutend zu werden begann und das internationale Verh&auml;ltnis daher selbst einen <I>b&uuml;rgerlichen </I>Charakter annahm, fing die Macht der Gerichte an, bedeutend zu werden, und unter der Bourgeoisherrschaft, wo diese ausgebildete Teilung der Arbeit unumg&auml;nglich n&ouml;tig ist, erreicht sie ihre h&ouml;chste Spitze. Was sich die Knechte der Teilung der Arbeit, die Richter, und nun gar die professores juris &lt;Professoren der Rechtswissenschaft&gt; dabei einbilden, ist h&ouml;chst gleichg&uuml;ltig.</P>
<FONT SIZE=2><P ALIGN="CENTER"><A NAME="I_III_1_5_A_III_C">C) Das Verbrechen im gew&ouml;hnlichen und au&szlig;ergew&ouml;hnlichen Verstande</A></P>
</FONT><P>Vorhin wurde das Verbrechen im gew&ouml;hnlichen Verstande dem Egoisten im au&szlig;ergew&ouml;hnlichen Verstande kreditiert, indem es verf&auml;lscht wurde; jetzt kommt diese Verf&auml;lschung an den Tag. Der au&szlig;ergew&ouml;hnliche Egoist findet nun, da&szlig; er nur au&szlig;ergew&ouml;hnliche Verbrechen begeht, die gegen das gew&ouml;hnliche Verbrechen geltend gemacht werden m&uuml;ssen. Wir belasten also dem P.P. Egoisten die gew&ouml;hnlichen Verbrechen wieder, wie pr. contra &lt;w&ouml;rtlich: [Wie] vorher gegen&uuml;berliegend; hier: wie wir sie vorher auf der Habenseite verbuchten&gt;.</P>
<P>Den Kampf der gew&ouml;hnlichen Verbrecher gegen das fremde Eigentum kann man auch so ausdr&uuml;cken (obgleich das von jedem Konkurrenten gilt),</P>
<P>da&szlig; sie - "<I>fremdes </I>Gut suchen" (p. 265),<BR>
heiliges Gut suchen,<BR>
<I>das Heilige </I>suchen, womit der gew&ouml;hnliche Verbrecher in einen "Gl&auml;ubigen" (p. 265) verwandelt ist.</P>
<B><P><A NAME="S327">&lt;327&gt;</A></B> Dieser Vorwurf des Egoisten im au&szlig;ergew&ouml;hnlichen Verstande gegen den Verbrecher im gew&ouml;hnlichen Verstande ist indes nur scheinbar - er ist es ja selbst, der nach dem Heiligenschein der ganzen Welt trachtet. Was er dem Verbrecher eigentlich vorwirft, ist nicht, da&szlig; er "das <I>Heilige"</I>, sondern da&szlig; er das <I>"Gut" </I>sucht.</P>
<P>Nachdem Sankt Sancho sich eine "eigne Welt, einen Himmel", n&auml;mlich diesmal eine Welt der Fehden und fahrenden Ritter f&uuml;r seinen eignen Kopf in der modernen Welt erbaut, nachdem er zugleich seinen Unterschied als ritterlicher Verbrecher von den gemeinen Verbrechern dokumentiert hat, unternimmt er abermals einen Kreuzzug gegen die "Drachen und Strau&szlig;en, Feldteufel", "Gespenster, Spuke und fixen Ideen". Sein getreuer Knecht Szeliga reitet and&auml;chtig hinter ihm her. Da sie aber ihres Weges ziehen, so begibt sich das erstaunliche Abenteuer von den Ungl&uuml;cklichen, so dahin geschleppt wurden, wohin sie nicht gehen wollten, wie geschrieben steht Cervantes am zweiundzwanzigsten. Derweil n&auml;mlich unser fahrender Ritter und sein Knecht Don Quijote f&uuml;rba&szlig; trabten, schlug Sancho die Augen auf und sah an die zw&ouml;lf M&auml;nner ihnen entgegenkommen, geschlossen mit Handschellen und einer langen Kette und begleitet von einem Kommiss&auml;r und vier Gensdarmen, so da angeh&ouml;rten der heiligen Hermandad [127], der Hermandad der Heiligen, dem Heiligen. Da sie aber nahe herzugekommen waren, bat Sankt Sancho ihre W&auml;chter gar h&ouml;flich, sie m&ouml;chten ihm doch, wenn's gef&auml;llig, sagen, warum diese Leute so zusammengeschlossen gef&uuml;hrt w&uuml;rden. - Baugefangene Sr. Majest&auml;t, nach Spandau kommandiert, mehr braucht Ihr nicht zu wissen. - Wie, rief Sankt Sancho, gezwungene Leute? Ist's m&ouml;glich, da&szlig; der K&ouml;nig einem "eigenen Ich" Gewalt antun kann? So berufe Ich Mich zu dem Berufe, dieser Gewalt zu steuern. "Des Staats Betragen ist Gewaltt&auml;tigkeit, und dies nennt er Recht. Die Gewaltt&auml;tigkeit aber des Einzelnen nennt er Verbrechen." Hierauf hub Sankt Sancho zuerst an, die Str&auml;flinge zu vermahnen, und sagte, sie sollten sich nicht gr&auml;men, sie seien zwar "nicht frei", aber doch "eigen", und ihre "Knochen" w&uuml;rden vielleicht unter einigen Gei&szlig;elhieben zu "&auml;chzen" haben, auch werde man ihnen vielleicht ein "Bein ausrei&szlig;en" - aber, sprach er, in dem Allen &uuml;berwindet Ihr weit - denn "Euren Willen kann Niemand binden!" "Und Ich wei&szlig; gewi&szlig;, da&szlig; es keine Hexerei auf der Welt gibt, so den Willen bewegen und zwingen k&ouml;nne, wie einige Einfaltspinsel sich einbilden; denn er ist Unsre freie Willk&uuml;r, und es gibt kein Kraut noch Zauberspruch, der ihn bezwinge." Ja, "Euren Willen kann Niemand binden, und Euer Widerwille bleibt frei!"</P>
<P>Da sich aber die Baugefangenen bei diesem Sermon nicht beruhigen wollten, sondern nach der Reihe erz&auml;hlten, wie ungerecht man sie verurteilt <A NAME="S328"><B>&lt;328&gt;</A></B> habe, sprach Sancho: "Lieben Br&uuml;der, aus Allem, so Ihr Mir erz&auml;hlt habt, habe Ich ins Klare gebracht, da&szlig;, obgleich man Euch f&uuml;r Eure Verbrechen gestraft hat, Euch die Strafe, die Ihr leiden sollt, wenig Vergn&uuml;gen macht, also da&szlig; ihr derselbigen widerwillig und gar ohne Lust entgegengehet. Und es kann sehr wohl sein, da&szlig; der Kleinmut des Einen auf der Pr&uuml;gelmaschine, die Armut des Andern, der Mangel an Gunst f&uuml;r den Dritten und endlich das parteiische <I>Gericht des Richters </I>die Ursache von Eurem Verderben sind und da&szlig; man Euch nicht das <I>Recht zugute kommen lie&szlig;</I>, das <I>Euch geh&ouml;rte</I>, 'das Recht Eurer'. Alles dies zwingt Mich, Euch zu zeigen, warum der Himmel Mich in die Welt gesetzt hat. Da es aber die Klugheit des mit sich einigen Egoisten erfordert, Nichts durch Gewalt zu tun, was man durch Verst&auml;ndigung erlangen kann, so bitt' ich hiermit den Herrn Commissarius und die Herren Gensdarmen, Euch loszuschlie&szlig;en und Eures Weges wandern zu lassen. &Uuml;berdies, meine Herren Gensdarmen, haben <I>Euch </I>alle diese Armen nichts zuleide getan. Es geziemt mit sich einigen Egoisten nicht, Henker andrer Einzigen zu werden, die ihnen nichts getan haben. Bei Euch scheint 'die Kategorie des Bestohlenen in den Vordergrund zu treten'. Warum 'eifert' Ihr 'gegen das Verbrechen?' 'Wahrlich, wahrlich, ich sage Euch, Ihr seid f&uuml;r die Sittlichkeit begeistert, von der Idee der Sittlichkeit erf&uuml;llt', 'was ihr feindlich ist, das verfolgt Ihr' - Ihr 'bringt' diese armen Baugefangenen 'durch Amtseid ins Loch', Ihr seid das Heilige! Also la&szlig;t diese Leute gutwillig los. Wo nicht, so bekommt Ihrs mit Mir zu tun, der 'mit einem Hauche des lebendigen Ich V&ouml;lker umbl&auml;st', 'die ma&szlig;loseste Entweihung begeht' und 'sich selbst vor dem Monde nicht f&uuml;rchtet'."</P>
<P>"Na seht mir doch die sch&ouml;ne Flegelei!" rief der Kommiss&auml;r. "R&uuml;ck Er sich lieber das Bartbecken gerade auf dem Kopf und scher Er sich seines Weges!"</P>
<P>Sankt Sancho aber legte erbost &uuml;ber diese preu&szlig;ische Grobheit seinen Spie&szlig; ein und rannte so hastig auf ihn los, als die Apposition nur laufen wollte, so da&szlig; er ihn alsbald zu Boden warf. Jetzt entspann sich ein allgemeiner Kampf, in welchem die Baugefangenen sich befreiten, Szeliga-Don Quijote von einem Gensdarmen in den Landwehr- oder Schafgraben geworfen wurde und Sankt Sancho die gr&ouml;&szlig;ten Heldentaten gegen das Heilige verrichtete. Nach wenig Minuten waren die Gensdarmen zerstreut, Szeliga aus dem Graben gekrochen und das Heilige vorl&auml;ufig beseitigt.</P>
<P>Sankt Sancho versammelte nun die befreiten Baugefangenen um sich und hielt folgende Rede an sie (p. 265, 266 "des Buchs").</P>
<FONT SIZE=2><P>"Was ist der <I>gew&ouml;hnliche </I>Verbrecher" (der Verbrecher im gew&ouml;hnlichen Verstande) "anders als Einer, der das <I>verh&auml;ngnisvolle Versehen </I>begangen hat" (verh&auml;ngnisvoller <A NAME="S329"><B>&lt;329&gt;</A></B> Belletrist f&uuml;r B&uuml;rger und Landmann!), "nach dem zu streben, was des Volkes ist, statt nach dem <I>Seinen </I>zu suchen? Er hat das <I>ver&auml;chtliche</I>" (allgemeines Murren der Baugefangenen &uuml;ber dies moralische Urteil) "<I>fremde </I>Gut gesucht, hat getan, was die <I>Gl&auml;ubigen </I>tun, die nach dem trachten, was Gottes ist" (der Verbrecher als sch&ouml;ne Seele). "Was tut der Priester, der den Verbrecher vermahnt? Er stellt ihm das gro&szlig;e Unrecht vor, das vom Staat Geheiligte, das Eigentum desselben, wozu ja auch das Leben der Staatsangeh&ouml;rigen gerechnet werden mu&szlig;, durch seine Tat entweiht zu haben. Daf&uuml;r k&ouml;nnte er ihm <I>lieber </I>vorhalten, da&szlig; er sich besudelt habe" (Kichern der Baugefangenen &uuml;ber diese egoistische Aneignung der banalen Pfaffenredensarten), "indem er das <I>Fremde </I>nicht <I>verachtet</I>, sondern des <I>Raubes </I>wert hielt" (Grunzen der Baugefangenen): "er k&ouml;nnte es, wenn er nicht ein Pfaffe" (ein Baugefangener: "Im gew&ouml;hnlichen Verstande!") "w&auml;re." Ich aber "rede mit dem Verbrecher als mit einem <I>Egoisten, </I>und er wird sich <I>sch&auml;men</I>" (schamloses, lautes Hurrah der Verbrecher, die sich nicht zur Scham berufen lassen wollen), "nicht da&szlig; er gegen Eure Gesetze und G&uuml;ter sich verging, sondern da&szlig; er Eure Gesetze des Umgehens" (hier ist nur vom "Umgehen" "im gew&ouml;hnlichen Verstande" die Rede, sonst aber "umgehe Ich einen Felsen, bis Ich ihn sprengen kann", und "umgehe" z.B. <I>selbst </I>"die Zensur"), "Eure G&uuml;ter des Verlangens wert hielt" (abermaliges Hurrah), "wird sich <I>sch&auml;men</I> -"</P>
</FONT><P>Gines von Passamonte, der Erzdieb, der &uuml;berhaupt nicht viel ertragen konnte, schrie: "Sollen wir denn nichts tun als uns der <I>Scham </I>ergeben, Ergebung zeigen, sobald der Pfaff im au&szlig;ergew&ouml;hnlichen Verstande uns 'vermahnt'?"</P>
<FONT SIZE=2><P>"Wird sich sch&auml;men", f&auml;hrt Sancho fort, "da&szlig; er Euch mitsamt den Eurigen nicht verachtete, da&szlig; er zu wenig Egoist war." (Sancho legt hier einen fremden Ma&szlig;stab an den Egoismus des Verbrechers. Daher entsteht ein allgemeines Gebr&uuml;lle unter den Baugefangenen; etwas verwirrt lenkt Sancho ein, sich mit einer rhetorischen Bewegung gegen die abwesenden "guten B&uuml;rger" wendend:) "Aber Ihr k&ouml;nnt nicht egoistisch mit ihm reden, denn Ihr seid nicht so gro&szlig; wie ein Verbrecher, Ihr - verbrecht Nichts."</P>
</FONT><P>Gines f&auml;llt wieder ein: "Welche Leichtgl&auml;ubigkeit, guter Mann! Unsre Zuchtmeister im Gef&auml;ngnis verbrechen allerdings, machen Kassendefekte und Unterschleife und begehen Sch&auml;ndung [...] &lt;Hier fehlen im Manuskript 12 Seiten&gt;</P>
<P>[...] zeigt er nur wieder seine Leichtgl&auml;ubigkeit. Schon die Reaktion&auml;re wu&szlig;ten, da&szlig; die Bourgeois in der Konstitution den naturw&uuml;chsigen Staat aufheben und einen eignen Staat errichten und <I>machen</I>; da&szlig; "le pouvoir constituant, qui &eacute;tait dans le temps (naturw&uuml;chsig), passa dans la volont&eacute; humaine" &lt;"die konstituierende Macht, die in der Zeit lag, in den Menschlichen Willen &uuml;berging"&gt;, da&szlig; "dieser <I>gemachte </I>Staat wie ein gemachter, gemalter Baum ist" usw. Siehe <A NAME="S330"><B>&lt;330&gt;</A></B> Fi&eacute;v&eacute;e, "Correspondance politique et administrative", Paris 1815 - "Appel &agrave; la France contre la division des opinions" - "Le drapeau blanc" von Sarrans a&icirc;n&eacute; &lt;Sarran der &Auml;ltere&gt; und "Gazette de France" aus der Restaurationszeit und die fr&uuml;heren Schriften von Bonald, de Maistre pp. Die liberalen Bourgeois werfen wiederum den alten Republikanern vor, von denen sie nat&uuml;rlich ebensowenig wu&szlig;ten als Sankt Max vom Bourgeoisstaat, da&szlig; ihr Patriotismus nichts sei als "une passion, factice envers und &ecirc;tre abstrait, une id&eacute;e g&eacute;n&eacute;rale" &lt;"eine k&uuml;nstliche, auf ein abstraktes Wesen, eine allgemeine Idee gerichtete Leidenschaft"&gt; (Benj. Constant, "De l'esprit des conqu&ecirc;tes", Paris 1814, p. 93), w&auml;hrend die Reaktion&auml;re den Bourgeois vorwarfen, da&szlig; ihre politische Ideologie nichts sei als "une mystification que la classe ais&eacute;e fait subir &agrave; celles qui ne le sont pas"&lt;"eine T&auml;uschung, mit der die wohlhabende Klasse jene Klassen foppt, die es nicht sind"&gt; ("Gazette de France", 1831, F&eacute;vrier). - p. 295 erkl&auml;rt Sankt Sancho den Staat f&uuml;r "eine Anstalt, das Volk zu christianisieren", und wei&szlig; von der Grundlage des Staats soviel zu sagen, da&szlig; dieser durch "den Kitt" der "Achtung vor dem Gesetz" oder das Heilige durch die Achtung (das Heilige als Kopula) vor dem Heiligen "zusammengehalten wird" (p. 314).</P>
<P>Note 4.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Ist der Staat heilig, so mu&szlig; Zensur sein", p. 316. - "Die franz&ouml;sische Regierung bestreitet die Pre&szlig;freiheit nicht als Menschenrecht, sie fordert aber vom Einzelnen eine Kaution daf&uuml;r, da&szlig; er <I>wirklich Mensch sei</I>." (Quel bonhomme! &lt;Welcher Biedermann!&gt; Jacques le bonhomme wird zum Studium der Septembergesetze "berufen".) p. 380.</P>
</FONT><I><P>Note </I>5, in der wir die tiefsten Aufschl&uuml;sse erhalten &uuml;ber die verschiedenen Staatsformen, die Jacques le bonhomme verselbst&auml;ndigt und in denen er nur verschiedene Versuche sieht, den wahren Staat zu realisieren.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Die Republik ist <I>gar nichts anderes </I>als die absolute Monarchie: denn es verschl&auml;gt nichts, ob der Monarch F&uuml;rst oder Volk hei&szlig;e, da Beide eine Majest&auml;t" (das Heilige) "sind ... Der Konstitutionalismus ist weiter als die Republik, weil er der in der <I>Aufl&ouml;sung </I>begriffene Staat ist." Diese Aufl&ouml;sung wird dahin erkl&auml;rt: "Im konstitutionellen Staate ... will die Regierung absolut sein, und das Volk will absolut sein. Diese beiden Absoluten" (sc. Heiligen) "werden sich aneinander aufreiben." p. 302. - 'Ich bin nicht der Staat, Ich bin das sch&ouml;pferische Nichts des Staats'; "damit versinken alle Fragen" (&uuml;ber Konstitution pp.) "in ihr wahres Nichts." p. 310. -</P>
</FONT><P>Er h&auml;tte hinzuf&uuml;gen sollen, da&szlig; auch die obigen S&auml;tze &uuml;ber die Staatsformen nur eine Umschreibung dieses "Nichts" sind, dessen einzige Sch&ouml;pfung der obige Satz ist: Ich bin nicht der Staat. Sankt Sancho spricht <A NAME="S331"><B>&lt;331&gt;</A></B> hier ganz in deutscher Schulmeistermanier von "<I>der</I>" Republik, die nat&uuml;rlich viel &auml;lter ist als die konstitutionelle Monarchie, z.B. die griechischen Republiken.</P>
<P>Da&szlig; in einem demokratischen Repr&auml;sentativstaat wie Nordamerika die Klassenkollisionen bereits eine Form erreicht haben, zu der die konstitutionellen Monarchien erst hingedr&auml;ngt werden, davon wei&szlig; er nat&uuml;rlich Nichts. Seine Phrasen &uuml;ber die konstitutionelle Monarchie beweisen, da&szlig; er seit dem 1842 des Berliner Kalenders Nichts gelernt und Nichts vergessen hat.</P>
<I><P>Note 6.</P>
</I><FONT SIZE=2><P>"Der Staat verdankt nur der Mi&szlig;achtung, welche Ich vor Mir habe, seine Existenz" und wird mit dem Verschwinden dieser Geringsch&auml;tzung ganz erl&ouml;schen" (wonach es nur von Sancho abh&auml;ngt, wie bald alle Staaten der Welt "erl&ouml;schen" sollen. Wiederholung von Note 3 in umgekehrter Gleichung - siehe Logik). "Er ist nur, wenn er <I>&uuml;ber Mir </I>ist, nur als <I>Macht </I>und <I>M&auml;chtiger. Oder</I>" (merkw&uuml;rdiges <I>Oder</I>, das das Gegenteil von dem beweist, was es beweisen soll) "k&ouml;nnt ihr Euch einen Staat denken, dessen "Einwohner sich <I>allesamt</I>" (Sprung aus dem "Ich" in das "Wir") "nichts aus ihm <I>machen</I>?" p. 377.</P>
</FONT><P>Auf die Synonymik von "Macht", "M&auml;chtig" und "machen" brauchen wir nicht mehr einzugehen.</P>
<P>Daraus, da&szlig; es Leute in jedem Staat gibt, die sich aus ihm etwas machen, d.h. die im Staat und durch den Staat aus <I>sich </I>etwas machen, schlie&szlig;t Sancho, da&szlig; der Staat eine Macht &uuml;ber diesen Leuten ist. Es handelt sich hier wieder nur darum, da&szlig; man sich die fixe Idee des Staats aus dem Kopfe zu schlagen hat. Jacques le bonhomme tr&auml;umt noch immer, da&szlig; der Staat eine blo&szlig;e Idee sei, und glaubt an die selbst&auml;ndige Macht dieser Staatsidee. Er ist der wahre "Staatsgl&auml;ubige, Staatsbesessene, Politiker" (p. 309). Hegel idealisierte die Vorstellung der politischen Ideologen vom Staat, die noch von den einzelnen Individuen, wenn auch blo&szlig; vom <I>Willen </I>dieser Individuen ausgingen; Hegel verwandelt den gemeinsamen Willen dieser Einzelnen in den absoluten Willen, und diese Idealisierung der Ideologie nimmt Jacques le bonhomme bona fide &lt;gutgl&auml;ubig&gt; f&uuml;r die richtige Ansicht vom Staate an und kritisiert sie in diesem Glauben dadurch, da&szlig; er das Absolute f&uuml;r das Absolute erkl&auml;rt.</P></BODY>
</HTML>