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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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Raw Blame History

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<TITLE>Rosa Luxemburg - Das Versagen der F&uuml;hrer</TITLE>
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<HR size="1">
<H2>Rosa Luxemburg</H2>
<H1> Das Versagen der F&uuml;hrer</H1>
<HR size="1">
<P><SMALL>&raquo;Die Rote Fahne&laquo;, 11. Januar 1919.</SMALL></P>
<P>Die Dinge in Berlin haben eine Wendung genommen, die die
sch&auml;rfste Kritik und die ernsteste &Uuml;berlegung der Arbeitermassen
herausfordern.
<P>
Wir haben im Laufe der letzten Tage mehrmals offen und
deutlich ausgesprochen, da&szlig; die F&uuml;hrung der Berliner Massenbewegung
sehr viel an Entschlossenheit, Tatkraft und revolution&auml;rem
Elan vermissen lie&szlig;. Wir haben klar herausgesagt, da&szlig;
die F&uuml;hrung hinter der Reife und der Kampfbereitschaft der
Massen weit zur&uuml;cksteht. Wir haben sowohl innerhalb dieser
f&uuml;hrenden K&ouml;rperschaften durch Initiative und &Uuml;berredung, wie
au&szlig;erhalb - in der &raquo;Roten Fahne&laquo; - durch Kritik alles getan, um
die Bewegung vorw&auml;rtszutreiben, um die revolution&auml;ren Obleute
der Gro&szlig;betriebe zum tatkr&auml;ftigen Auftreten anzuspornen.
<P>
Doch alle Anstrengungen und Versuche sind schlie&szlig;lich an dem
zaghaften und schwankenden Verhalten jener K&ouml;rperschaft gescheitert.
Nachdem man vier Tage lang die pr&auml;chtigste Stimmung
und Kampfenergie der Massen durch v&ouml;llige Direktionslosigkeit
hatte verzetteln und verpuffen lassen, nachdem man durch zweimalige
Ankn&uuml;pfung der Unterhandlungen mit der Regierung
Ebert-Scheidemann die Aussichten des revolution&auml;ren Kampfes
aufs schwerste ersch&uuml;ttert und die Position der Regierung aufs
wirksamste gest&auml;rkt hatte, entschlossen sich die revolution&auml;ren
Obleute endlich in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag
zum Abbruch der Unterhandlungen und zur Aufnahme des
Kampfes auf der ganzen Linie. Die Parole <B>Generalstreik</B> wurde
ausgegeben und der Ruf: <B>Zu den Waffen!</B>
<P>
Das war aber auch die einzige Leistung, zu der sich die revolution&auml;ren
Obleute aufgerafft haben.
<P>
Es versteht sich von selbst, da&szlig;, wenn man die Parole zum
Generalstreik und zur Bewaffnung in die Massen wirft, man
alles tun mu&szlig;, um die energischste Durchf&uuml;hrung der Parole zu
sichern. Nichts dergleichen ist von den Obleuten unternommen
worden! Sie beruhigten sich bei der nackten Parole und - beschlossen
gleich am Donnerstag abend, zum dritten Male in Unterhandlungen
mit Ebert-Scheidemann einzutreten!
<P>
Diesmal gab die Einigungsbewegung, die unter den Arbeitern
der Schwartzkopff-Leute und einiger anderer Gro&szlig;betriebe in Flu&szlig;
gekommen ist, den erw&uuml;nschten Vorwand, um den eben in aller
Form eingeleiteten Kampf wieder abzubrechen. Die Arbeiterschaft
der Schwartzkopff-Werke, der AEG, der Knorr-Bremse
geh&ouml;rt zu den Kerntruppen des Berliner revolution&auml;ren Proletariats,
und ihre besten Absichten unterliegen gar keinem Zweifel.
Die Arbeiterschaft ist aber in diesem Falle selbst das Objekt
einer Mache, deren Drahtzieher die Haase-Leute: Oskar Cohn,
Dittmann und andere sind. Indem diese Leute in demagogischster
Weise mit den beliebten Schlagworten &raquo;Einigkeit&laquo;, &raquo;kein Blutvergie&szlig;en&laquo; arbeiten, suchen sie die Kampfenergie der Massen zu
l&auml;hmen, Verwirrung zu s&auml;en und die entscheidende Revolutionskrise
in einem faulen Kompromi&szlig; mit der Gegenrevolution aufzul&ouml;sen.
<P>
Es ist f&uuml;r jeden, der nicht get&auml;uscht werden will, klar, da&szlig;
dieser Einigungsrummel, den die USP inszeniert hat, der denkbar
gr&ouml;&szlig;te Dienst ist, den man in der gegenw&auml;rtigen Situation
den Ebert-Scheidemann erweisen konnte. Selbst in der Luft h&auml;ngend,
vor der waghalsigen Kraftprobe mit der Arbeiterschaft
zitternd, von den schwankenden Truppen nur noch halb und
widerwillig gest&uuml;tzt, von der Bourgeoisie mi&szlig;trauisch angeknurrt,
erlebten die Verr&auml;ter des Sozialismus in den letzten
Tagen die schwersten Stunden ihrer kurzen Regierungsherrlichkeit.
Das wuchtige Auftreten der Massen auf der Stra&szlig;e, die
Wendung, die die eigene brutale Provokation der Regierung in
der Eichhorn-Sache genommen hat, war diesen Abenteurern
&uuml;ber den Kopf gewachsen. Schon gaben sie sich halb verloren:
das zeigte deutlich die ganze Unentschlossenheit, die tastende
Unsicherheit ihrer gegenrevolution&auml;ren Ma&szlig;nahmen in den letzten Tagen.
<P>
Da kamen ihnen als rettende Frist die Unterhandlungen und
schlie&szlig;lich die Einigungsbewegung. Die USP erwies sich hier
wieder als der rettende Engel der Gegenrevolution. Haase-Dittmann
sind von der Regierung Eberts zur&uuml;ckgetreten, aber sie
setzen auf der Stra&szlig;e dieselbe Politik des Feigenblatts der Scheidem&auml;nner fort.
<P>
Und die Linke der USP unterst&uuml;tzt und macht diese Politik
mit! Die Bedingungen f&uuml;r die neuerdings beschlossenen Unterhandlungen
mit der Regierung, die von den revolution&auml;ren Obleuten
angenommen wurden, sind von Ledebour formuliert. Man
verlangt von dieser Seite als Preis f&uuml;r die Kapitulation der Arbeiter
unter anderem den R&uuml;cktritt der Personen Eberts, Scheidemanns,
Noskes und Landsbergs von der Regierung. Als ob es sich
hier um Personen, nicht um eine bestimmte Politik handelte! Als
ob es nicht auf eine blo&szlig;e Verwirrung und Irref&uuml;hrung der Massen
hinausliefe, die typischen und berufenen Vertreter der infamen
Politik der Scheidem&auml;nner von der Vorderb&uuml;hne wegzuschieben
und durch irgendwelche farblose Statisten zu ersetzen,
die nur Strohm&auml;nner derselben Politik bleiben, w&auml;hrend die
Ebert-Scheidemann hinter den Kulissen als Drahtzieher wirken
und sich so dem Gericht der Massen entziehen!
<P>
So oder anders l&auml;uft die ganze von der USP eingeleitete, von
den revolution&auml;ren Obleuten mitgemachte Unterhandlungspolitik
auf eine Kapitulation der revolution&auml;ren Arbeiterschaft, auf
Vertuschung der inneren Gegens&auml;tze und Widerspr&uuml;che hinaus. Es
ist die Politik des 9. November, auf die die seit acht Wochen
gereifte Situation und politische Eintracht der Massen zur&uuml;ckgeschraubt
werden soll!
<P>
Die Kommunistische Partei macht diese besch&auml;mende Politik
selbstverst&auml;ndlich nicht mit und lehnt jede Verantwortung f&uuml;r
sie ab. Wir betrachten nach wie vor als unsere Pflicht, die Sache
der Revolution vorw&auml;rtszutreiben, uns allen Verwirrungsversuchen
mit eiserner Energie entgegenzustellen und durch r&uuml;cksichtslose
Kritik die Massen vor den Gefahren der Zauderpolitik
der revolution&auml;ren Obleute wie der Sumpfpolitik der USP zu warnen.
<P>
Die Krise der letzten Tage ruft den Massen Lehren von h&ouml;chster
Wichtigkeit und Dringlichkeit zu. Der bisherige Zustand der
mangelnden F&uuml;hrung, des fehlenden Organisationszentrums der
Berliner Arbeiterschaft ist unhaltbar geworden. Soll die Sache
der Revolution vorw&auml;rts gehen, soll der Sieg des Proletariats,
soll der Sozialismus mehr als ein Traum bleiben, dann mu&szlig; sich
die revolution&auml;re Arbeiterschaft f&uuml;hrende Organe schaffen, die
auf der H&ouml;he sind, die die Kampfenergie der Massen zu leiten
und zu nutzen verstehen. Vor allem aber mu&szlig; die n&auml;chste
Zeit der Liquidierung der USP, dieses verwesenden Leichnams
gewidmet werden, dessen Zersetzungsprodukte die Revolution
vergiften. Die Auseinandersetzung mit der Kapitalistenklasse
gestaltet sich in Deutschland in erster Linie als Abrechnung mit den
Scheidemann-Ebert, die die Schutzwand der Bourgeoisie sind.
Und die Abrechnung mit den Scheidem&auml;nnern setzt voraus die
Liquidierung der USP, die als Schutzwand der Ebert-Scheidemann fungiert.
<P>
Klarheit, sch&auml;rfster, r&uuml;cksichtsloser Kampf allen Vertuschungs-,
Vermittlungs-, Versumpfungsversuchen gegen&uuml;ber, Zusammenballung
der revolution&auml;ren Energie der Massen und Schaffung
entsprechender Organe zu ihrer F&uuml;hrung im Kampf: das sind
die brennendsten Aufgaben der n&auml;chsten Periode, das sind die
bedeutsamen Lehren aus den letzten f&uuml;nf Tagen wuchtigster Anl&auml;ufe
der Massen und kl&auml;glichsten Versagens der F&uuml;hrer.</P>
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<P><SMALL>Quelle: &raquo;die nicht mehr existierende Website "Unser Kampf" auf fr<66>her "http://felix2.2y.net/deutsch/index.html"&laquo;<BR>
Pfad: &raquo;../lu/&laquo;<BR>
Verkn&uuml;pfte Dateien: &raquo;<A href="http://www.mlwerke.de/css/format.css">../css/format.css</A>&laquo;</SMALL></P>
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