89 lines
5.3 KiB
HTML
89 lines
5.3 KiB
HTML
<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 3.2//EN">
|
|
|
|
<html>
|
|
<head>
|
|
<meta name="generator" content="HTML Tidy for Windows (vers 1st August 2002), see www.w3.org">
|
|
<meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=ISO-8859-1">
|
|
|
|
<title>"Neue Rheinische Zeitung" - Patows Abloesungsdenkschrift</title>
|
|
<link rel=stylesheet type="text/css" href="http://www.mlwerke.de/css/artikel.css">
|
|
</head>
|
|
|
|
<body>
|
|
<p align="center"><a href="me05_104.htm"><font size="2">Drohung der Gervinus-Zeitung</font></a>
|
|
<font size="2">|</font> <a href="../me_nrz48.htm"><font size="2">Inhalt</font></a> <font size=
|
|
"2">|</font> <a href="me05_108.htm"><font size="2">Demokratischer Charakter des
|
|
Aufstandes</font></a></p>
|
|
<small>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 5, S. 106-107<br>
|
|
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1971</small> <br>
|
|
<br>
|
|
|
|
|
|
<h1>Patows Ablösungsdenkschrift</font></p>
|
|
|
|
<p><font size="2">["Neue Rheinische Zeitung" Nr. 25 vom 25. Juni 1848]</font></p>
|
|
|
|
<p><b><a name="S106"><106></a></b> **<i>Köln</i>, 24. Juni. In der
|
|
Vereinbarungssitzung vom 20. d. [Mts.], jener verhängnisvollen Sitzung, in der die Sonne
|
|
Camphausen unterging und das ministerielle Chaos eintrat, legte Herr Patow eine Denkschrift
|
|
nieder über die Hauptgrundsätze, nach welchen er die Beseitigung der Feudalität
|
|
auf dem Lande zu regulieren gedenkt.</p>
|
|
|
|
<p>Wenn man diese Denkschrift liest, so begreift man nicht, warum in den altpreußischen
|
|
Provinzen nicht längst ein Bauernkrieg ausgebrochen ist. Welch ein Wust von Leistungen,
|
|
Abgaben, Lieferungen, welch ein Wirrwarr von mittelalterlichen Namen, einer noch toller als der
|
|
andre! Lehnsherrlichkeit, Sterbefall, Besthaupt, Kurmede, Blutzehnt, Schutzgeld, Walpurgiszins,
|
|
Bienenzins, Wachspacht, Auenrecht, Zehnten, Laudemien, Nachschußrenten, das alles hat bis
|
|
heute noch in dem "bestverwalteten Staate der Welt" bestanden und würde in alle Ewigkeit
|
|
bestanden haben, wenn die Franzosen keine Februarrevolution gemacht hätten!</p>
|
|
|
|
<p>Ja, die meisten dieser Lasten und gerade die <i>drückendsten</i> unter ihnen
|
|
würden in alle Ewigkeit fortbestehen, wenn es nach dem Wunsche des Herrn Patow ginge.
|
|
Herrn Patow ist ja gerade deshalb dies Departement überwiesen worden, damit er die
|
|
märkischen, pommerschen und schlesischen Krautjunker soviel wie möglich schonen, die
|
|
Bauern soviel wie möglich um die Früchte der Revolution prellen soll!</p>
|
|
|
|
<p>Die Berliner Revolution hatte alle diese Feudalverhältnisse für alle Zukunft
|
|
unmöglich gemacht. Die Bauern hatten sie, wie ganz natürlich, sofort in der Praxis
|
|
abgeschafft. Die Regierung hatte weiter nichts zu tun, als die <i>tatsächlich schon
|
|
bestehende Aufhebung aller Feudallasten durch den Volkswillen</i> in gesetzliche Form zu
|
|
bringen.</p>
|
|
|
|
<p>Aber ehe die Aristokratie sich zu einem vierten August entschließt, <a name=
|
|
"S107"><b><107></b></a> eher müssen ihre Schlösser in Flammen stehen. Die
|
|
Regierung, hier selbst durch einen Aristokraten vertreten, hat sich für die Aristokratie
|
|
erklärt; sie legt der Versammlung eine Denkschrift vor, in der die Vereinbarer
|
|
aufgefordert werden, jetzt ebenfalls die Bauernrevolution, die in ganz Deutschland im März
|
|
ausbrach, an die Aristokratie zu verraten. Die Regierung ist verantwortlich für die
|
|
Folgen, die die Anwendung der Patowschen Grundsätze auf dem Lande haben wird.</p>
|
|
|
|
<p>Herr Patow will nämlich, daß die Bauern Entschädigung zahlen sollen für
|
|
die Aufhebung aller Feudallasten, selbst der Laudemien. Ohne Entschädigung sollen
|
|
aufgehoben werden nur die Lasten, die aus der Erbuntertänigkeit, der alten
|
|
Steuerverfassung und der Patrimonialgerichtsbarkeit herfließen oder die, die für den
|
|
Feudalherrn wertlos sind (wie gnädig!), d.h. überhaupt <i>die</i> Lasten, die den
|
|
allergeringsten Teil der ganzen Feudalbelastung ausmachen.</p>
|
|
|
|
<p>Dagegen sind alle bereits durch Verträge oder Richterspruch geordneten
|
|
Feudalablösungen definitiv. Das heißt: Die Bauern, welche unter den seit 1816 und
|
|
namentlich seit 1840 erlassenen reaktionären, adelsfreundlichen Gesetzen ihre Lasten
|
|
abgelöst haben und dabei zuerst durch das Gesetz und dann durch bestochene Beamte um ihr
|
|
Eigentum zugunsten der Feudalherrn geprellt worden sind, die erhalten keine
|
|
Entschädigung.</p>
|
|
|
|
<p>Dafür sollen denn Rentenbanken errichtet werden, um den Bauern Sand in die Augen zu
|
|
streuen.</p>
|
|
|
|
<p>Wenn es nach dem Wunsche des Herrn Patow ginge, so würden die Feudallasten unter seinen
|
|
Gesetzen ebensowenig beseitigt werden, wie sie unter den alten Gesetzen von 1807 abgelöst
|
|
sind.</p>
|
|
|
|
<p>Der richtige Titel für den Aufsatz des Herrn Patow ist: Denkschrift wegen Erhaltung der
|
|
Feudallasten auf ewige Zeiten vermittelst der Ablösung.</p>
|
|
|
|
<p>Die <i>Regierung provoziert einen Bauernkrieg</i>. Vielleicht wird Preußen auch vor
|
|
einem "<i>momentanen Verlust</i>" <i>Schlesiens</i> sich "<i>nicht scheuen</i>" <Siehe <a
|
|
href="me05_104.htm">"Drohung der Gervinus-Zeitung"</a>>.</p>
|
|
</body>
|
|
</html>
|
|
|