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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<TITLE>August Bebel - Die Frau und der Sozialismus - 21. Kapitel</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="beaa_407.htm"><FONT SIZE=2>20. Kapitel</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="beaa_000.htm"><FONT SIZE=2>Inhalt</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="beaa_453.htm"><FONT SIZE=2>22. Kapitel</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2><P>August Bebel - "Die Frau und der Sozialismus" - 62. Auflage, Berlin/DDR, 1973, S. 414-452.</P>
<P>1. Korrektur.<BR>
Erstellt am 31.1.1999.</P>
</FONT><I><P ALIGN="CENTER">Einundzwanzigstes Kapitel</I> <BR>
<FONT SIZE=4>Grundgesetze der sozialistischen Gesellschaft</P>
</FONT><I><P ALIGN="CENTER">1. Heranziehung aller Arbeitsf&auml;higen zur Arbeit</P>
</I><B><P><A NAME="S414">|414|</A></B> Sobald die Gesellschaft im Besitz aller Arbeitsmittel sich befindet,<I> wird die Arbeitspflicht aller Arbeitsf&auml;higen, ohne Unterschied des Geschlechts, Grundgesetz der sozialisierten Gesellschaft</I>. Die Gesellschaft kann ohne Arbeit nicht existieren. Sie hat also das Recht zu fordern, da&szlig; jeder, der seine Bed&uuml;rfnisse befriedigen will, auch nach Ma&szlig;gabe seiner k&ouml;rperlichen und geistigen F&auml;higkeiten an der Herstellung der Gegenst&auml;nde zur Befriedigung der Bed&uuml;rfnisse aller t&auml;tig ist. Die alberne Behauptung, die Sozialisten wollten die Arbeit abschaffen, ist ein Widersinn sondergleichen. Nichtarbeiter, Faulenzer gibt es<I> nur</I> in der b&uuml;rgerlichen Welt. </P>
<P>Der Sozialismus stimmt mit der Bibel darin &uuml;berein, wenn diese sagt: Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. Aber die Arbeit soll auch n&uuml;tzliche, produktive T&auml;tigkeit sein. Die neue Gesellschaft wird also verlangen, da&szlig; jeder eine bestimmte industrielle, gewerbliche, ackerbauliche oder sonstige n&uuml;tzliche T&auml;tigkeit ergreift, durch die er eine bestimmte Arbeitsleistung f&uuml;r die Befriedigung vorhandener Bed&uuml;rfnisse vollzieht.<I> Ohne Arbeit kein Genu&szlig;, keine Arbeit ohne Genu&szlig;.</I> </P>
<P>Indem alle verpflichtet sind zu arbeiten, haben alle das gleiche Interesse, drei Bedingungen bei der Arbeit erf&uuml;llt zu sehen. Erstens, da&szlig; die Arbeit im Zeitma&szlig; m&auml;&szlig;ig sei und keinen &uuml;beranstrengt; zweitens, da&szlig; sie m&ouml;glichst angenehm ist und Abwechslung bietet; drittens, da&szlig; sie m&ouml;glichst ergiebig ist, weil davon das Ma&szlig; der Arbeitszeit und das Ma&szlig; der Gen&uuml;sse abh&auml;ngt. Diese drei Bedingungen h&auml;ngen aber wieder von der Art und Menge der zur Verf&uuml;gung stehenden Arbeitsmittel und Arbeitskr&auml;fte ab und von den Anspr&uuml;chen, welche die Gesellschaft an ihre Lebenshaltung stellt. Die sozialistische Gesellschaft bildet sich nicht, um proletarisch zu leben,<I> sondern um die proletarische</I> <A NAME="S415"><B>|415|</A></B> <I>Lebensweise der gro&szlig;en Mehrzahl der Menschen abzuschaffen</I>. Sie sucht jedem ein m&ouml;glichst hohes Ma&szlig; von Lebensannehmlichkeiten zu gew&auml;hren, und so entsteht die Frage: Wie hoch wird die Gesellschaft ihre Anspr&uuml;che stellen? </P>
<P>Um dieses feststellen zu k&ouml;nnen, ist eine Verwaltung erforderlich, die alle T&auml;tigkeitsgebiete der Gesellschaft umfa&szlig;t. Hierf&uuml;r bilden unsere Gemeinden eine zweckm&auml;&szlig;ige Grundlage; sind dieselben zu gro&szlig;, um leicht eine &Uuml;bersicht zu erlangen, so teilt man sie in Bezirke. Wie einst in der Urgesellschaft, so nehmen jetzt s&auml;mtliche m&uuml;ndigen Gemeindeangeh&ouml;rigen, <I>ohne Unterschied des Geschlechts</I>, an den vorkommenden Wahlen teil und bestimmen die Vertrauenspersonen, welche die Verwaltung zu leiten haben. An der Spitze s&auml;mtlicher Lokalverwaltungen steht die Zentralverwaltung - wohlgemerkt keine Regierung mit herrschender Gewalt, sondern ein ausf&uuml;hrendes Verwaltungskollegium. - Ob die Zentralverwaltung direkt durch die Gesamtheit oder durch die Gemeindeverwaltungen ernannt wird, ist gleichg&uuml;ltig. Diese Fragen haben k&uuml;nftig nicht mehr die Bedeutung, die sie heute haben, denn es handelt sich nicht um die Besetzung von Posten, die gr&ouml;&szlig;ere Gewalt und Einflu&szlig; und h&ouml;heres Einkommen gew&auml;hren, sondern um Vertrauensposten, zu welchen die Brauchbarsten, <I>ob Mann</I>, <I>ob Frau</I>, genommen werden, und die von ihren Posten abberufen oder wiedergew&auml;hlt werden, wie es das Bed&uuml;rfnis erfordert und es den W&auml;hlenden w&uuml;nschbar scheint. Alle Posten werden nur auf Zeit eingenommen. Eine besondere "Beamtenqualit&auml;t" haben also die Inhaber dieser Stellen nicht, es fehlt die Eigenschaft einer dauernden Funktion und eine hierarchische Ordnung f&uuml;r Avancements. Aus den er&ouml;rterten Gesichtspunkten ist auch eine Frage gleichg&uuml;ltig, ob zwischen der Zentralverwaltung und den Lokalverwaltungen Zwischenstufen, etwa Provinzialverwaltungen usw., stehen. H&auml;lt man sie f&uuml;r n&ouml;tig, richtet man sie ein, sind sie nicht n&ouml;tig, l&auml;&szlig;t man sie sein. &Uuml;ber alles das entscheidet das Bed&uuml;rfnis, wie es sich aus der Praxis ergibt. Haben Fortschritte in der Entwicklung der Gesellschaft alte Organisationen &uuml;berfl&uuml;ssig gemacht, so schafft man sie ohne Sang und Klang und ohne Streit ab, denn es hat niemand ein pers&ouml;nliches Interesse an ihrem Bestand, und richtet neue ein. <I>Diese auf breitester demokratischer Grundlage beruhende Verwaltung ist also von der heutigen von Grund aus verschieden.</I> Welcher Kampf in den Zeitungen, welches Zungengefecht in unseren Parlamenten, welche Aktenst&ouml;&szlig;e in unseren <A NAME="S416"><B>|416|</A></B> Kanzleien um eine geringf&uuml;gige &Auml;nderung in der Verwaltung oder Regierung! </P>
<P>Hauptaufgabe ist zun&auml;chst, die Zahl und Art der verf&uuml;gbaren Kr&auml;fte festzustellen. die Zahl und Art der Arbeitsmittel, der Fabriken, Werkst&auml;tten, Verkehrsmittel, des Grund und Bodens usw. und die bisherige Leistungsf&auml;higkeit. Weiter ist festzustellen, was f&uuml;r Vorr&auml;te vorhanden sind und welche Mengen von Artikeln und Gegenst&auml;nden gebraucht werden, um das Bed&uuml;rfnis in einem bestimmten Zeitraum zu decken. Wie gegenw&auml;rtig der Staat und die verschiedenen Gemeinwesen j&auml;hrlich ihre Budgets feststellen, so wird dies k&uuml;nftig f&uuml;r den ganzen gesellschaftlichen Bedarf geschehen, wobei Ver&auml;nderungen, die erweiterte oder neue Bed&uuml;rfnisse erfordern, volle Ber&uuml;cksichtigung finden k&ouml;nnen. Die Statistik spielt hier die Hauptrolle; sie ist die wichtigste Hilfswissenschaft in der neuen Gesellschaft, sie liefert das Ma&szlig; f&uuml;r alle gesellschaftliche T&auml;tigkeit. </P>
<P>Die Statistik wird bereits heute f&uuml;r &auml;hnliche Zwecke umfassend angewandt. Die Reichs-, Staats-, Kommunalbudgets basieren auf einer gro&szlig;en Zahl statistischer Erhebungen, die in den einzelnen Verwaltungszweigen allj&auml;hrlich aufgenommen werden. L&auml;ngere Erfahrungen und eine gewisse Stabilit&auml;t in den laufenden Bed&uuml;rfnissen erleichtern sie. Auch jeder Unternehmer einer gr&ouml;&szlig;eren Fabrik, jeder Kaufmann ist, unter<I> normalen</I> Verh&auml;ltnissen, imstande, genau bestimmen zu k&ouml;nnen, was er f&uuml;r das kommende Vierteljahr f&uuml;r Bed&uuml;rfnisse hat und in welcher Art er seine Produktion und seine Eink&auml;ufe einrichten mu&szlig;. Treten nicht &Auml;nderungen exzessiver Art ein, so kann er denselben leicht und ohne M&uuml;he gerecht werden. </P>
<P>Die Erfahrung, da&szlig; die Krisen hervorgerufen werden durch die blinde anarchische Produktion, das hei&szlig;t, weil produziert wird ohne Kenntnis der Vorr&auml;te, des Absatzes und Bedarfes in den verschiedenen Artikeln auf dem Weltmarkt, hat, wie schon hervorgehoben wurde, seit Jahren die Gro&szlig;industriellen der verschiedensten Industriezweige veranla&szlig;t, sich in Kartellen und Trusts zu vereinigen, einesteils um die Preise festzustellen, anderenteils um auf Grund der gemachten Erfahrungen und eingegangenen Bestellungen die Produktion zu regeln. Nach Ma&szlig;gabe der Produktionsf&auml;higkeit jedes einzelnen Betriebs und des wahrscheinlichen Absatzes wird festgelegt, wieviel jede einzelne Unternehmung f&uuml;r die n&auml;chsten Monate erzeugen lassen darf. &Uuml;bertretungen werden mit hoher Konventionalstrafe und mit &Auml;chtung be- <A NAME="S417"><B>|417|</A></B> legt. Die Unternehmer schlie&szlig;en diese Vertr&auml;ge nicht zum Nutzen, sondern zum Schaden des Publikums und zu ihrem eigenen Vorteil. Ihr Zweck ist, die Macht der Koalition zu benutzen, um sich die gr&ouml;&szlig;ten Vorteile zu beschaffen. Man will durch die Regulierung der Produktion vom Publikum Preise fordern, die man niemals im Konkurrenzkampf der einzelnen Unternehmer erzielen w&uuml;rde. Man bereichert sich also auf Kosten der Konsumenten, die den geforderten Preis f&uuml;r ein Produkt zahlen m&uuml;ssen, das sie n&ouml;tig haben. Und wie der Konsument durch die Kartelle, Trusts usw. gesch&auml;digt wird, so der Arbeiter. Die Regulierung der Produktion durch die Unternehmer setzt einen Teil der Beamten und Arbeiter frei, der, um leben zu k&ouml;nnen, die arbeitenden Genossen im Lohne unterbietet. Au&szlig;erdem ist die soziale Macht des Kartells so gro&szlig;, da&szlig; auch die Arbeiterorganisationen selten dagegen aufkommen k&ouml;nnen. Die Unternehmer haben also einen doppelten Vorteil, sie empfangen h&ouml;here Preise und zahlen geringere L&ouml;hne. Diese Regulierung der Produktion durch die Unternehmerverb&auml;nde<I> ist das Gegenteil von jener, die in der sozialistischen Gesellschaft Platz greifen soll</I>. Heute ist das Interesse der Unternehmer ma&szlig;gebend, k&uuml;nftig soll es das Interesse der Allgemeinheit sein. In der b&uuml;rgerlichen Gesellschaft kann aber auch das bestorganisierte Kartell nicht alle Faktoren &uuml;bersehen und berechnen; die Konkurrenz und Spekulation auf dem Weltmarkt w&uuml;ten weiter trotz des Kartells, und so stellt sich pl&ouml;tzlich heraus, da&szlig; die Berechnung ein Loch hat, und der k&uuml;nstliche Bau st&uuml;rzt zusammen. </P>
<P>Wie die gro&szlig;e Industrie so besitzt der Handel umfassende Statistiken. Allw&ouml;chentlich liefern die gr&ouml;&szlig;eren Handels- und Hafenpl&auml;tze &Uuml;bersichten &uuml;ber die Vorr&auml;te an Petroleum, Kaffee, Baumwolle, Zucker, Getreide usw., Statistiken, die h&auml;ufig allerdings ungenau sind, weil die Warenbesitzer nicht selten ein pers&ouml;nliches Interesse haben, die Wahrheit nicht bekannt werden zu lassen. Aber im ganzen sind diese Statistiken ziemlich sicher und geben dem Interessenten einen &Uuml;berblick, wie sich der Markt in der n&auml;chsten Zeit gestalten wird. Aber auch hier kommt die Spekulation in Betracht, die alle Berechnungen t&auml;uscht und &uuml;ber den Haufen wirft und oft jedes reelle Gesch&auml;ft unm&ouml;glich macht. Wie aber die allgemeine Regulierung der Produktion in der b&uuml;rgerlichen Gesellschaft, gegen&uuml;ber den vielen Tausenden von Privatproduzenten mit ihren widerstreitenden Interessen, unm&ouml;glich ist, ebenso unm&ouml;glich ist die Regulierung der Distri- <A NAME="S418"><B>|418|</A></B> bution (Verteilung der Produkte) bei der spekulativen Natur des Handels, der gro&szlig;en Zahl der Handeltreibenden und dem Widerstreit ihrer Interessen. Was bisher schon geleistet wird, zeigt nur, was erst geleistet werden kann, sobald das Privatinteresse verschwindet und das Allgemeininteresse alles beherrscht. Ein Beweis hierf&uuml;r sind zum Beispiel die von Staats wegen veranstalteten Erntestatistiken, die allj&auml;hrlich in den verschiedenen Kulturstaaten aufgenommen werden und Schl&uuml;sse auf die H&ouml;he der Ernteertr&auml;gnisse, die Deckungsh&ouml;he des eigenen Bedarfs und die Wahrscheinlichkeit der Preise zulassen. </P>
<P>In einer sozialisierten Gesellschaft sind aber die Verh&auml;ltnisse vollkommen geordnete, die ganze Gesellschaft ist solidarisch verbunden. Alles vollzieht sich nach Plan und Ordnung, und so ist die Feststellung des Ma&szlig;es f&uuml;r die verschiedenen Bed&uuml;rfnisse leicht. Liegt erst einige Erfahrung vor, so vollzieht sich das Ganze spielend. Ist zum Beispiel statistisch festgestellt, was sich durchschnittlich f&uuml;r ein Bedarf an B&auml;ckerei-, Fleischerei-, Schuhmachereiprodukten, W&auml;scheartikeln usw. ergibt, und kennt man andererseits genau die Leistungsf&auml;higkeit der in Betracht kommenden Produktionsanstalten,<I> so ergibt sich daraus das Durchschnittsma&szlig; f&uuml;r die t&auml;gliche, gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit. Es ergibt sich daraus ferner die Kenntnis, ob weiter Produktionsanstalten f&uuml;r bestimmte Artikel notwendig sind oder ob solche als &uuml;berfl&uuml;ssig eingezogen oder f&uuml;r andere Zurecke eingerichtet werden k&ouml;nnen.</I> </P>
<P>Jeder einzelne entscheidet &uuml;ber den Arbeitszweig, in dem er besch&auml;ftigt sein m&ouml;chte. Die gro&szlig;e Zahl der verschiedensten Arbeitsgebiete erm&ouml;glicht, den verschiedensten W&uuml;nschen Rechnung zu tragen. Stellt sich auf dem einen Gebiet ein &Uuml;berschu&szlig;, auf dem anderen ein Mangel an Kr&auml;ften heraus, so hat die Verwaltung die Arrangements zu treffen und einen Ausgleich herbeizuf&uuml;hren. Die Produktion zu organisieren und den verschiedenen Kr&auml;ften die M&ouml;glichkeit zu bieten, an dem richtigen Platze verwendet zu werden, wird die Hauptaufgabe der gew&auml;hlten Funktion&auml;re sein. In dem Ma&szlig;e, wie gegenseitig sich alle Kr&auml;fte einarbeiten, geht das R&auml;derwerk glatter. Die einzelnen Arbeitszweige und Abteilungen w&auml;hlen ihre Ordner, welche die Leitung zu &uuml;bernehmen haben. Das sind keine Zuchtmeister, wie die heutigen Arbeitsinspektoren und Werkf&uuml;hrer, sondern Genossen, welche die ihnen &uuml;bertragene verwaltende Funktion an Stelle einer produzierenden aus&uuml;ben. Es ist nicht ausgeschlossen, da&szlig; bei vor- <A NAME="S419"><B>|419|</A></B> geschrittener Organisation und bei h&ouml;herer Durchbildung aller Glieder diese Funktionen alternierende werden, die nach einem bestimmten Turnus alle Beteiligten<I> ohne Unterschied des Geschlechts</I> &uuml;bernehmen.<I> </P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_21_2">2. Harmonie der Interessen</A></P>
</I><P>Die auf voller Freiheit und demokratischer Gleichheit organisierte Arbeit, bei der einer f&uuml;r alle und alle f&uuml;r einen stehen, also die volle Solidarit&auml;t herrscht, wird eine Schaffenslust und einen Wetteifer erzeugen, wie sie in dem heutigen Wirtschaftssystem nirgends zu finden sind. Dieser schaffensfreudige Geist wirkt aber auch auf die Produktivit&auml;t der Arbeit ein. </P>
<P>Ferner haben alle das Interesse,<I> da sie gegenseitig f&uuml;reinander arbeiten</I>, da&szlig; alle Gegenst&auml;nde m&ouml;glichst gut und vollkommen und mit m&ouml;glichst geringem Aufwand an Kraft und Arbeitszeit hergestellt werden, sei es, um Arbeitszeit zu sparen oder um Zeit f&uuml;r Erzeugung neuer Produkte zur Befriedigung h&ouml;herer Anspr&uuml;che zu gewinnen.<I> Dieses gemeinsame Interesse veranla&szlig;t alle, auf Verbesserung, Vereinfachung und Beschleunigung des Arbeitsprozesses zu sinnen. Der Ehrgeiz, zu erfinden und zu entdecken, wird im h&ouml;chsten Grade angeregt, einer wird an Vorschl&auml;gen und Ideen den anderen zu &uuml;berbieten suchen.<A NAME="ZF1"></I><A HREF="beaa_414.htm#F1">(1)</A></A> Es wird also genau das Gegenteil von dem eintreten, was die Gegner des Sozialismus behaupten. Wie viele Erfinder und Entdecker gehen in der b&uuml;rgerlichen Welt zugrunde! Wie viele werden ausgenutzt und beiseite geschoben! Sollten Geist und Talent statt des Be- <A NAME="S420"><B>|420|</A></B> sitzes an der Spitze der b&uuml;rgerlichen Gesellschaft stehen,<I> der gr&ouml;&szlig;te Teil der Unternehmer m&uuml;&szlig;te seinen Arbeitern, Werkmeistern, Technikern, Ingenieuren, Chemikern usw. Platz machen</I>. Dieses sind die M&auml;nner, die in neunundneunzig F&auml;llen von hundert die Erfindungen, Entdeckungen und Verbesserungen machten, die dann der Mann mit dem gro&szlig;en Geldbeutel ausnutzt. Wie viele Tausende von Entdeckern und Erfindern zugrunde gegangen sind, weil sie den Mann nicht fanden, der die Mittel zur Ausf&uuml;hrung ihrer Entdeckungen und Erfindungen hergab, wie viele verdiente Entdecker und Erfinder unter der sozialen Misere des Alltagslebens unterdr&uuml;ckt werden, entzieht sich jeder Berechnung. Nicht die Leute mit hellem Kopf und scharfem Verstand, sondern die mit den gro&szlig;en Mitteln sind die Herren der Welt, womit nicht gesagt sein soll, da&szlig; nicht auch ein heller Kopf und der Besitz eines gef&uuml;llten Beutels in einer Person vereinigt sind. </P>
<P>Jeder, der im praktischen Leben steht, wei&szlig;, wie mi&szlig;trauisch heute der Arbeiter jede Verbesserung, jede neue Erfindung, die eingef&uuml;hrt wird, aufnimmt. Mit Recht. In der Regel hat nicht er den Vorteil davon, sondern sein Anwender; er mu&szlig; f&uuml;rchten, da&szlig; die neue Maschine, die Verbesserung, die eingef&uuml;hrt wird, ihn als &uuml;berz&auml;hlig aufs Pflaster wirft. Statt freudiger Zustimmung zu einer Erfindung, die der Menschheit Ehre macht und Vorteil schaffen soll, hat er eine Verw&uuml;nschung und einen Fluch auf den Lippen. Und wie manche Verbesserung f&uuml;r den Produktionsproze&szlig;, die ein Arbeiter entdeckte, wird nicht eingef&uuml;hrt. Der Arbeiter verschweigt sie, weil er f&uuml;rchtet, nicht Vorteil, sondern Schaden davon zu haben. Das sind die nat&uuml;rlichen Folgen des Gegensatzes der Interessen.<A NAME="ZF2"><A HREF="beaa_414.htm#F2">(2)</A></A> </P>
<B><P><A NAME="S421">|421|</A></B> In der sozialistischen Gesellschaft ist der Gegensatz der Interessen<I> beseitigt</I>. Jeder entwickelt seine F&auml;higkeiten, um sich zu n&uuml;tzen, und damit n&uuml;tzt er zugleich dem Gemeinwesen. Heute sind Befriedigung des pers&ouml;nlichen Egoismus und Gemeinwohls meist<I> Gegens&auml;tze,</I> die sich ausschlie&szlig;en; in der neuen Gesellschaft sind diese Gegens&auml;tze aufgehoben,<I> Befriedigung des pers&ouml;nlichen Egoismus und F&ouml;rderung des Gemeinwohls stehen miteinander in Harmonie, sie decken sich.<A NAME="ZF3"></I><A HREF="beaa_414.htm#F3">(3)</A></A></P>
<P>Die gro&szlig;artige Wirkung eines solchen Moralzustandes liegt nahe. Die Produktivit&auml;t der Arbeit wird m&auml;chtig wachsen. Insbesondere wird die Produktivit&auml;t der Arbeit auch dadurch gewaltig wachsen, da&szlig; die enorme<I> Zersplitterung der Arbeitskr&auml;fte</I> in Hunderttausende und Millionen von Zwergbetrieben, die mit den unvollkommensten Werkzeugen und Arbeitsmitteln produzieren, aufh&ouml;rt. In welche Unzahl von Zwerg-, Mittel- und Gro&szlig;betrieben das deutsche Gewerbeleben zersplittert ist, wurde oben nachgewiesen. Durch die Zusammenziehung der kleinen und mittleren Betriebe in Gro&szlig;betriebe, die mit allen Vorteilen modernster Technik ausgestattet sind, wird eine enorme Verschwendung von Kraft, Zeit, Material aller Art (Licht, Heizung usw.) und Raum, die jetzt stattfindet, beseitigt und wird die Produktivit&auml;t der Arbeit ums Mehrfache gesteigert. Welcher Unterschied in der Produktivit&auml;t zwischen kleinen, mittleren und gro&szlig;en Betrieben vorhanden ist, mag ein Beispiel aus dem Industriezensus des Staates Massachusetts aus dem Jahre 1890 zeigen. Man teilte dort die Betriebe von zehn Hauptindustriebranchen in drei Kategorien ein. <A NAME="S422"><B>|422|</A></B> Diejenigen, die weniger als 40.000 Dollar Produktenwert erzeugten, z&auml;hlten zur niederen Klasse, die zwischen 40.000 und 150.000 Dollar Warenwert erzeugten zur mittleren Klasse und die mit &uuml;ber 150.000 Dollar Warenwert zur oberen. Klasse. Das Ergebnis war folgendes: </P>
<P ALIGN="CENTER"><CENTER><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=529>
<TR><TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP">
<P></TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">Zahl der Etabissements</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">Prozentsatz von den gesamten Etablissements</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">Gesamtproduk-<BR>
tionswert der einzelnen Klassen<BR>
Dollar</FONT></TD>
<TD WIDTH="20%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">Prozentsatz vom Gesamtprodukt-<BR>
wert</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
<TD WIDTH="20%" VALIGN="TOP" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Niedere Klasse</FONT></TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">2.042</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">55,2</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">51.660.617</FONT></TD>
<TD WIDTH="20%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">9,4</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Mittlere Klasse</FONT></TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">968</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">26,2</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">106.868.635</FONT></TD>
<TD WIDTH="20%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">19,5</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Obere Klasse</FONT></TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">686</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">18,6</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">390.817.300</FONT></TD>
<TD WIDTH="20%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">71,1</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
<TD WIDTH="20%" VALIGN="TOP" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP"></TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">3.696</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">100</FONT></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">549.346.552</FONT></TD>
<TD WIDTH="20%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">100</FONT></TD>
</TR>
</TABLE>
</CENTER></P>
<P>Die mehr als doppelt so gro&szlig;e Zahl der kleinen Betriebe im Vergleich zu den mittleren und gro&szlig;en Betrieben erzeugte also nur 9,4 Prozent des Gesamtproduktes, und die nur 25 Prozent betragende Anzahl der Gro&szlig;betriebe produzierte fast das zweiundeinhalbfache Quantum des Produktes aller &uuml;brigen Betriebe. Aber auch die Gro&szlig;betriebe k&ouml;nnten noch weit rationeller eingerichtet werden, so da&szlig; bei einer Gesamtproduktion, auf der h&ouml;chsten technischen Produktionsform, ein noch weit<I> gr&ouml;&szlig;eres</I> Arbeitsquantum hergestellt werden w&uuml;rde. </P>
<P>Was bei einer Produktion, die auf rationellste Basis gestellt ist, an Zeit gewonnen werden kann, dar&uuml;ber hat 1886 Th. Hertzka in seinem Buche "Die Gesetze der sozialen Entwicklung" eine interessante Berechnung angestellt. Er untersuchte, was f&uuml;r ein Aufwand an Arbeitskr&auml;ften und Zeit notwendig sei, um die Bed&uuml;rfnisse der damals 22 Millionen K&ouml;pfe z&auml;hlenden Bev&ouml;lkerung &Ouml;sterreichs auf dem Wege der Gro&szlig;produktion herzustellen. Zu diesem Zwecke zog Hertzka Erkundigungen ein &uuml;ber die Leistungsf&auml;higkeit der Gro&szlig;betriebe auf den verschiedenen Gebieten und stellte danach seine Berechnungen auf. Hierbei ist einbegriffen die Bewirtschaftung von 10<FONT SIZE="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">2</FONT> Millionen Hektar Ackerboden und von 5 Millionen Hektar Wiesen, die f&uuml;r die erw&auml;hnte Bev&ouml;lkerungszahl gen&uuml;gen sollen, um ihren Bedarf an Ackerbauprodukten und Fleisch zu decken. Weiter schlo&szlig; Hertzka in seine Berechnung die Herstellung von Wohnungen ein, dergestalt, da&szlig; jede Familie ein eigenes H&auml;uschen von 150 Quadratmetern mit f&uuml;nf Wohnr&auml;umen erh&auml;lt, das auf eine Dauer von 50 Jahren berechnet ist. Es ergab sich, da&szlig; f&uuml;r die Landwirtschaft, die Baut&auml;tigkeit, die <A NAME="S423"><B>|423|</A></B> Mehl- und Zuckerproduktion, die Kohlen-, Eisen- und Maschinenindustrie, die Bekleidungsindustrie und die chemischen Industrien 615.000 Arbeitskr&auml;fte notwendig seien, die in dem jetzt gewohnten t&auml;glichen Durchschnittszeitenma&szlig; das Jahr &uuml;ber t&auml;tig sein m&uuml;&szlig;ten. Diese 615.000 K&ouml;pfe bildeten aber<I> nur 12,3 Prozent der arbeitsf&auml;higen Bev&ouml;lkerung Osterreichs, wenn alle Frauen sowie die m&auml;nnliche Bev&ouml;lkerung unter 16 und &uuml;ber 50 Jahren der Produktion fernblieben</I>. W&uuml;rden die zur Zeit der Berechnung vorhandenen 5 Millionen M&auml;nner, gleich den 615.000, besch&auml;ftigt,<I> so brauchte jeder derselben nur 36,9 Tage, rund 6 Wochen, zu arbeiten</I>, womit die notwendigsten Lebensbed&uuml;rfnisse f&uuml;r 22 Millionen Menschen hergestellt w&uuml;rden. Nehmen wir aber 300 Arbeitstage im Jahre anstatt 37, so w&uuml;rden, den Arbeitstag mit 11 Stunden in Ansatz gebracht, bei der neuen Organisation der Arbeit t&auml;glich<I> nur 1<FONT SIZE="-1"><SUP>3</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">8</FONT> Stunden n&ouml;tig sein, um die notwendigsten Bed&uuml;rfnisse zu decken</I>. </P>
<P>Hertzka bringt auch die Luxusbed&uuml;rfnisse der Bessersituierten in Rechnung und findet, da&szlig; die Herstellung derselben, f&uuml;r einen Bedarf von 22 Millionen Menschen, weitere 315.000 Arbeiter erfordere. Im ganzen w&auml;ren alsdann, nach Hertzka, unter Ber&uuml;cksichtigung einiger in &Ouml;sterreich ungen&uuml;gend vertretener Industrien, rund eine Million, gleich 20 Prozent der arbeitsf&auml;higen m&auml;nnlichen Bev&ouml;lkerung, mit Ausschlu&szlig; derjenigen unter 16 und &uuml;ber 50 Jahren, n&ouml;tig,.<I> um die gesamten Bed&uuml;rfnisse der Bev&ouml;lkerung</I> in 60 Tagen zu decken. Bringen wir wieder die gesamte arbeitsf&auml;hige m&auml;nnliche Bev&ouml;lkerung in Rechnung, so h&auml;tte diese t&auml;glich<I> nur zweieinhalb Stunden durchschnittliche Arbeitszeit zu leisten</I>.<A NAME="ZF4"><A HREF="beaa_414.htm#F4">(4)</A></A> </P>
<P>Diese Rechnung wird niemand &uuml;berraschen, der die Verh&auml;ltnisse &uuml;bersieht. Nehmen wir nun an, da&szlig; bei einem solchen m&auml;&szlig;igen Zeitma&szlig;, mit Ausnahme von Kranken und Invaliden, auch die &uuml;ber 50 Jahre alten M&auml;nner noch zu arbeiten verm&ouml;gen, da&szlig; ferner die Jugend unter 16 Jahren t&auml;tig sein k&ouml;nnte, ebenso ein gro&szlig;er Teil der Frauen, soweit <A NAME="S424"><B>|424|</A></B> diese nicht f&uuml;r Kindererziehung, Nahrungszubereitungen usw. in Anspruch genommen sind, so k&ouml;nnte die Arbeitszeit noch weiter erm&auml;&szlig;igt oder es k&ouml;nnten die Bed&uuml;rfnisse erheblich gesteigert werden. Auch wird niemand bestreiten wollen, da&szlig; nicht noch sehr bedeutende, gar nicht abzusehende Fortschritte in der Vervollkommnung des Arbeitsprozesses gemacht werden, die weitere Vorteile schaffen. Andererseits handelte es sich darum, f&uuml;r alle eine Menge Bed&uuml;rfnisse zu befriedigen, die heute nur eine Minorit&auml;t befriedigen kann, und bei h&ouml;herer Kulturentwicklung entstehen immer neue Bed&uuml;rfnisse, die ebenfalls befriedigt werden sollen.<I> Es mu&szlig; immer wiederholt werden, die neue Gesellschaft will nicht proletarisch leben, sie verlangt als ein hochentwickeltes Kulturvolk zu leben, und zwar in allen ihren Gliedern, vom ersten bis zum letzten.</I> Sie soll aber nicht blo&szlig; allen ihre materiellen Bed&uuml;rfnisse befriedigen, sie soll auch allen ausreichende Zeit f&uuml;r die Ausbildung in K&uuml;nsten und Wissenschaften aller Art und zur Erholung erm&ouml;glichen.<I> </P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_21_3">3. Organisation der Arbeit</A></P>
</I><P>Noch in anderen, sehr wesentlichen Punkten wird sich die sozialistische Gemeinwirtschaft von der b&uuml;rgerlichen Individualwirtschaft unterscheiden. Der Grundsatz des "billig und schlecht", der f&uuml;r einen gro&szlig;en Teil der b&uuml;rgerlichen Produktion ma&szlig;gebend ist und ma&szlig;gebend sein mu&szlig;, weil der gr&ouml;&szlig;te Teil der Kundschaft nur billige Waren kaufen kann, die raschem Verschlei&szlig; unterworfen sind, f&auml;llt fort. Man wird nur das Beste erzeugen, das um so l&auml;nger h&auml;lt und seltener ersetzt zu werden braucht. Die Modetorheiten und Modetollheiten, durch die nur Verschwendung und oft auch Geschmacklosigkeit beg&uuml;nstigt werden, h&ouml;ren auf. Man wird sich zweifellos zweckm&auml;&szlig;iger und gef&auml;lliger kleiden als heute - beil&auml;ufig bemerkt zeichnen sich die Moden der letzten hundert Jahre, namentlich die der M&auml;nnerwelt, durch m&ouml;glichste Geschmacklosigkeit aus -, aber man wird nicht mehr alle Vierteljahre eine neue Mode einf&uuml;hren, eine Narrheit, die einerseits mit dem Konkurrenzkampf der Frauen unter sich, andererseits mit der Prahlsucht und Eitelkeit und dem Bed&uuml;rfnis, seinen Reichtum zur Schau zu tragen, aufs engste zusammenh&auml;ngt. Auch lebt gegenw&auml;rtig eine Menge Existenzen von diesen Modetorheiten, und sie ist im eigenen Interesse gezwungen, sie zu stimulieren <A NAME="S425"><B>|425|</A></B> und zu forcieren. Mit den Modetorheiten in der Kleidung f&auml;llt die Modenarrheit im Stile der Wohnungen. Hier treibt die Exzentrizit&auml;t ihre schlimmsten Bl&uuml;ten. Stile, die zu ihrer Entwicklung Jahrhunderte erforderten und bei den verschiedensten V&ouml;lkern entstanden sind - man begn&uuml;gt sich nicht mehr mit den Stilen der Europ&auml;er, man geht &uuml;ber zu den Stilen der Japaner, Inder, Chinesen usw. -, werden in wenig Jahren verbraucht und beiseite gesetzt. Unsere Kunstgewerbetreibenden wissen kaum noch, woher und wohin sie mit all den Mustern und Modellen sollen. Kaum haben sie sich in einem "Stil" assortiert und glauben die aufgewendeten Kosten herausschlagen zu k&ouml;nnen, so ist schon ein neuer "Stil" da, der von neuem gro&szlig;e Opfer an Zeit und Geld, an geistigen und physischen Kr&auml;ften beansprucht. In diesem Hetzen und Jagen von einer Mode zur anderen und von einem Stil zum anderen spiegelt sich die Nervosit&auml;t des Zeitalters am pr&auml;gnantesten wider. Niemand wird behaupten wollen. da&szlig; in diesem Hasten und St&uuml;rmen Sinn und Verstand liegt und es als ein Zeichen der Gesundheit der Gesellschaft anzusehen sei.<I> </P>
<P>Der Sozialismus wird erst wieder eine gr&ouml;&szlig;ere Stabilit&auml;t in die Lebensgewohnheiten der Gesellschaft bringen</I>; er wird Ruhe und Genu&szlig; erm&ouml;glichen und ein Befreier von der gegenw&auml;rtig herrschenden Hast und Aufregung sein. Alsdann wird die Nervosit&auml;t, diese Gei&szlig;el unseres Zeitalters, verschwinden. </P>
<P>Die Arbeit soll aber auch m&ouml;glichst angenehm werden. Dazu geh&ouml;ren geschmackvoll und praktisch eingerichtete Produktionsst&auml;tten, m&ouml;glichste Verh&uuml;tung jeder Gefahr, Beseitigung unangenehmer Ger&uuml;che, D&uuml;nste, Rauch usw., kurz aller gesundheitssch&auml;dlichen und l&auml;stigen Einfl&uuml;sse. Anfangs produziert die neue Gesellschaft mit den von der alten &uuml;bernommenen Hilfs- und Arbeitsmitteln. Diese sind aber unzureichend. Zahlreiche zersplitterte, nach jeder Richtung h&ouml;chst unzul&auml;ngliche Arbeitsr&auml;ume, mangelhafte Werkzeuge und Maschinen, die alle Stufen der Brauchbarkeit durchlaufen, gen&uuml;gen weder der Zahl der Besch&auml;ftigten noch ihren Anspr&uuml;chen auf Bequemlichkeit und Annehmlichkeit. Die Beschaffung einer Menge gro&szlig;er, heller, luftiger, auf das vollkommenste ausgestatteter und ausgeschm&uuml;ckter Arbeitsr&auml;ume ist also das dringendste Bed&uuml;rfnis. Kunst und Technik, Kopf- und Handgeschicklichkeit finden sofort ein umfassendes Feld der T&auml;tigkeit. Alle Gebiete des Maschinenbaus, der Werkzeugfabrikation, des Bauwesens und der mit der inneren Ein- <A NAME="S426"><B>|426|</A></B> richtung der R&auml;ume besch&auml;ftigten Arbeitszweige haben die reichlichste Gelegenheit zur Bet&auml;tigung. Was menschlicher Erfindungsgeist an bequemen und angenehmen Baulichkeiten, an zweckentsprechender Ventilation, Beleuchtung und Heizung, an maschinellen und technischen Einrichtungen und Reinlichkeitsanlagen zu schaffen vermag, wird in Anwendung gebracht. Die Ersparnis an motorischen Kr&auml;ften, an Heizung, Beleuchtung, Zeit sowie die Arbeits- und Lebensannehmlichkeiten aller gebieten die zweckm&auml;&szlig;igste<I> Konzentration</I> der Arbeitsst&auml;tten auf bestimmte Punkte. Die Wohnungen werden von den Arbeitsr&auml;umen getrennt und von den Unannehmlichkeiten industrieller und gewerblicher T&auml;tigkeit befreit. Und diese Unannehmlichkeiten werden wieder, durch zweckm&auml;&szlig;ige Einrichtungen und Vorkehrungen aller Art, auf das geringste Ma&szlig; beschr&auml;nkt und schlie&szlig;lich beseitigt. Der gegenw&auml;rtige Stand der Technik hat bereits Mittel genug, um die gef&auml;hrlichsten Berufsarten, wie den Bergbau, die chemischen Betriebe usw., von ihren Gefahren<I> g&auml;nzlich</I> zu befreien. Sie kommen in der b&uuml;rgerlichen Gesellschaft nicht zur Anwendung, weil sie gro&szlig;e Kosten verursachen und keine Verpflichtung besteht, f&uuml;r den Schutz der Arbeiter mehr als das Notwendigste zu tun. Die Unannehmlichkeiten, die zum Beispiel der Arbeit im Bergbau anhaften, k&ouml;nnen durch eine andere Art des Abbaus, durch umfassende Ventilation, durch Einf&uuml;hrung elektrischer Beleuchtung, erhebliche Verk&uuml;rzung der Arbeitszeit und h&auml;ufigen Wechsel der Arbeitskr&auml;fte beseitigt werden. Auch bedarf es keines besonderen Scharfsinns, um Schutzmittel zu finden, die zum Beispiel bei Bauten Unf&auml;lle fast unm&ouml;glich machen und die Arbeit an denselben zu einer der angenehmsten gestalten. So lassen sich ausreichende Schutzvorrichtungen gegen Sonnenhitze und Regen bei den gr&ouml;&szlig;ten Bauten und bei allen Arbeiten im Freien im ausreichendsten Ma&szlig;e herstellen. </P>
<P>Auch wird sich in einer Gesellschaft wie der sozialistischen, die &uuml;ber ausreichende Arbeitskr&auml;fte verf&uuml;gt, mit Leichtigkeit &ouml;fterer Wechsel der Arbeitskr&auml;fte und die Konzentration gewisser Arbeiten auf bestimmte Jahres- und Tageszeiten durchf&uuml;hren lassen. </P>
<P>Die Frage nach der Beseitigung von Staub, Rauch, Ru&szlig;, schlechten Ger&uuml;chen kann auch heute schon vollst&auml;ndig durch Chemie und Technik gel&ouml;st werden, es geschieht nicht oder nur teilweise, weil dazu die Privatunternehmer die n&ouml;tigen Mittel nicht opfern wollen. Die Produktionsst&auml;tten der Zukunft werden also, wo immer sie sich befinden, <A NAME="S427"><B>|427|</A></B> ob unter oder &uuml;ber der Erde, von den gegenw&auml;rtigen sich in der vorteilhaftesten Weise unterscheiden. Verbesserte Einrichtungen sind f&uuml;r die Privatwirtschaft in erster Linie eine Geldfrage, es hei&szlig;t: Kann das Gesch&auml;ft sie tragen, rentieren sie sich? Rentieren sie sich nicht, dann mag der Arbeiter zugrunde gehen. Das Kapital tut nicht mit, wo kein Profit herausspringt. Die Menschlichkeit hat keinen Kurs an der B&ouml;rse.<A NAME="ZF5"><A HREF="beaa_414.htm#F5">(5)</A></A> </P>
<P>In der sozialistischen Gesellschaft hat die Frage nach Profit ihre Rolle ausgespielt, f&uuml;r sie gibt es keine andere R&uuml;cksicht<I> als das Wohl ihrer Glieder</I>. Was diesen n&uuml;tzt und sie sch&uuml;tzt, mu&szlig; eingef&uuml;hrt werden, was sie sch&auml;digt, unterbleibt. Niemand wird gezwungen, bei einem gef&auml;hrlichen Spiel mitzutun. Werden Unternehmungen ins Werk gesetzt, bei denen Gefahren in Aussicht stehen, so darf man sicher sein, da&szlig; es Freiwillige in Menge gibt, und, zwar um so mehr, da es sich nie um Kultur zerst&ouml;rende, sondern stets nur um Kultur f&ouml;rdernde Unternehmungen handeln kann.<I> </P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_21_4">4. Das Wachstum der Produktivit&auml;t der Arbeit</A></P>
</I><P>Umfassende Anwendung der motorischen Kr&auml;fte und der vollkommensten Maschinen und Werkzeuge, weitgehende Arbeitsteilung und geschickte Kombination der Arbeitskr&auml;fte werden also die Produktion auf eine H&ouml;he bringen, da&szlig; zur Erzeugung des n&ouml;tigen Quantums von Lebensbed&uuml;rfnissen<I> die Arbeitszeit sehr erheblich reduziert werden kann</I>. Erh&ouml;hte Produktion gereicht allen zum Vorteil;<I> der Anteil des einzelnen am Produkt steigt mit der Produktivit&auml;t der Arbeit, und die steigende Produktivit&auml;t erm&ouml;glicht wieder, die als gesellschaftlich notwendig bestimmte Arbeitszeit herabzusetzen.</I> </P>
<B><P><A NAME="S428">|428|</A></B> Unter den in Anwendung kommenden motorischen Kr&auml;ften d&uuml;rfte die Elektrizit&auml;t die entscheidende Stelle einnehmen. Schon ist die b&uuml;rgerliche Gesellschaft bem&uuml;ht, sie sich &uuml;berall dienstbar zu machen. In je umfangreicherem und vollkommenerem Ma&szlig;e dies geschieht, um so besser f&uuml;r den allgemeinen Fortschritt. Die revolutionierende Wirkung dieser gewaltigsten aller Naturkr&auml;fte wird die Bande der b&uuml;rgerlichen Welt nur<I> um so rascher</I> sprengen und dem Sozialismus die T&uuml;re &ouml;ffnen. Die vollste Ausnutzung und umfassendste Anwendung aber wird diese Kraft erst in der sozialisierten Gesellschaft erlangen. Sie wird sowohl als motorische Kraft wie als Licht- und Heizquelle in ungemeinem Ma&szlig;e zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Gesellschaft beitragen. Die Elektrizit&auml;t zeichnet sich vor jeder anderen Kraft dadurch aus, da&szlig; sie in der Natur im &Uuml;berflu&szlig; vorhanden ist. Unsere Wasserl&auml;ufe, Ebbe und Flut des Meeres, der Wind, das Sonnenlicht liefern ungez&auml;hlte Pferdekr&auml;fte, sobald wir erst ihre volle und zweckm&auml;&szlig;ige Ausn&uuml;tzung verstehen. </P>
<P>"Einen Reichtum an Energie, der allen Bedarf weit &uuml;bersteigt, bieten die Teile der Erdoberfl&auml;che dar, denen die Sonnenw&auml;rme, und zwar gerade dort gr&ouml;&szlig;tenteils ungenutzt oder sogar l&auml;stig, so regelm&auml;&szlig;ig zuflie&szlig;t, da&szlig; mit ihr auch ein regelm&auml;&szlig;iger technischer Betrieb durchgef&uuml;hrt werden kann. Vielleicht w&uuml;rde es keine &uuml;bertriebene Vorsicht sein, wenn eine Nation sich schon jetzt einen Anteil an solchen Gegenden sicherte. Sehr gro&szlig;e Fl&auml;chen sind nicht einmal n&ouml;tig;<I> einige Quadratmeilen in Nordafrika w&uuml;rden f&uuml;r den Bedarf eines Landes wie das Deutsche Reich gen&uuml;gen</I>. Durch Konzentration der Sonnenw&auml;rme l&auml;&szlig;t sich eine hohe Temperatur erzeugen und hiermit dann alles &uuml;brige, transportable mechanische Arbeit, Akkumulatorenladung, Licht und W&auml;rme, oder durch Elektrolyse auch direkt Brennmaterial."<A NAME="ZF6"><A HREF="beaa_414.htm#F6">(6)</A></A> Der Mann, der diese Perspektive er&ouml;ffnet, ist kein Schw&auml;rmer, sondern wohlbestallter Professor der Berliner Universit&auml;t und Pr&auml;sident a.D. der physikalisch-technischen Reichsanstalt, ein Mann, der in der Wissenschaft einen ersten Rang einnimmt. Und auf dem 79. Kongre&szlig; der British Association in Winnipeg (Kanada) sagte in seiner Er&ouml;ffnungsrede (August 1909) der ber&uuml;hmte englische Physiker Sir S. Thomson: "Nicht allzufern ist der Tag, da die Ausnutzung der <A NAME="S429"><B>|429|</A></B> Sonnenstrahlen unser Leben revolutionieren wird, von der Abh&auml;ngigkeit von Kohle und Wasserkraft befreit sich der Mensch, und alle gro&szlig;en St&auml;dte werden umringt sein von gewaltigen Apparaten, regelrechten Sonnenstrahlenfallen, in denen die Sonnenw&auml;rme aufgefangen und die gewonnene Energie in m&auml;chtigen Reservoirs aufgestaut wird ... Es ist die Kraft der Sonne, die, in der Kohle, in den Wasserf&auml;llen, in der Nahrung aufgestapelt, alle Arbeit in der Welt verrichtet. Wie gewaltig diese Kraftabgabe ist, die die Sonne &uuml;ber uns aussch&uuml;ttet, wird klar, wenn wir erw&auml;gen, da&szlig; die W&auml;rme, die die Erde bei hoher Sonne und klarem Himmel empf&auml;ngt, nach den Forschungen von Langley einer Energie von 7.000 Pferdekr&auml;ften f&uuml;r den Acre gleichkommt. Wenngleich unsere Ingenieure einstweilen noch nicht den Weg gefunden haben, diese riesenhafte Kraftquelle auszunutzen, so zweifle ich doch nicht, da&szlig; ihnen dies schlie&szlig;lich gelingen wird. Wenn einst die Kohlenvorr&auml;te der Erde ersch&ouml;pft sind, wenn die Wasserkr&auml;fte unserem Bed&uuml;rfnis nicht mehr gen&uuml;gen, dann werden wir aus jener Quelle alle Energie sch&ouml;pfen, die notwendig ist, um die Arbeit der Welt zu vollenden. Dann werden die Zentren der Industrie in die gl&uuml;henden W&uuml;sten der Sahara verlegt werden, und der Wert des Landes wird danach gemessen werden, inwieweit es geeignet ist f&uuml;r die Aufstellung der gro&szlig;en 'Sonnenstralilenfallen'.<A NAME="ZF7"><A HREF="beaa_414.htm#F7">(7)</A></A> Hiernach w&auml;re die Sorge, da&szlig; es uns jemals an Heizstoffen fehlen k&ouml;nnte, beseitigt. Und da durch die Erfindung des Akkumulatoren es m&ouml;glich ist, gro&szlig;e Kraftmengen zu binden und sie f&uuml;r einen beliebigen Ort und eine beliebige Zeit aufzusparen, so da&szlig; neben der Kraft, die Sonne, Ebbe und Flut uns liefert, die Kraft des Windes und der Bergb&auml;che, die nur periodisch zu gewinnen sind, erhalten und ausgenutzt werden k&ouml;nnen, so gibt es schlie&szlig;lich keine menschliche T&auml;tigkeit, f&uuml;r die, wenn notwendig, motorische Kraft nicht vorhanden ist. Erst mit Hilfe der Elektrizit&auml;t ist der Ausbau von Wasserkr&auml;ften im gro&szlig;en Stil m&ouml;glich geworden. Nach T. Koehn gibt es in acht europ&auml;ischen Staaten<I> verf&uuml;gbare Wasserkr&auml;fte</I>: </P>
<P ALIGN="CENTER"><CENTER><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=280>
<TR><TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<P><A NAME="S430"><B><FONT SIZE=2>|430|</A></B></FONT></TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="MIDDLE">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">Pferdest&auml;rke</FONT></TD>
<TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">Pro 1.000 Einwohner</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="TOP" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
<TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Gro&szlig;britannien</FONT></TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">963.000</FONT></TD>
<TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">23,1</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Deutschland</FONT></TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">1.425.900</FONT></TD>
<TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">24,5</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Schweiz</FONT></TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">1.500.000</FONT></TD>
<TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">138&nbsp;&nbsp;&nbsp;</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Italien</FONT></TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">5.500.000</FONT></TD>
<TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">150&nbsp;&nbsp;&nbsp;</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Frankreich</FONT></TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">5.857.000</FONT></TD>
<TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">169&nbsp;&nbsp;&nbsp;</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>&Ouml;sterreich-Ungarn</FONT></TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">6.460.000</FONT></TD>
<TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">454,5</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Schweden</FONT></TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">6.750.000</FONT></TD>
<TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">1.290&nbsp;&nbsp;&nbsp;</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Norwegen</FONT></TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">7.500.000</FONT></TD>
<TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">3.409&nbsp;&nbsp;&nbsp;</FONT></TD>
</TR>
</TABLE>
</CENTER></P>
<P>Von den deutschen Bundesstaaten verf&uuml;gen Baden und Bayern &uuml;ber die gr&ouml;&szlig;ten Wasserkr&auml;fte. Baden kann allein am Oberrhein rund 200.000 Pferdest&auml;rken gewinnen, Bayern verf&uuml;gt &uuml;ber 500.000 ungen&uuml;tzte (neben 100.000 gen&uuml;tzten) Pferdest&auml;rken. Professor Rehbock in Karlsruhe sch&auml;tzt die theoretische Rohenergie des auf der ganzen Erdoberfl&auml;che abflie&szlig;enden Wassers auf 8 Milliarden Pferdest&auml;rken. Wenn hiervon auch nur der sechzehnte Teil lohnend ausgen&uuml;tzt werden k&ouml;nnte, so w&uuml;rden noch immer 500 Millionen dauernd wirkender Pferdest&auml;rken gewonnen werden, ein Energiebetrag, welcher den aus der Kohlenf&ouml;rderung des Jahres 1907 (1.000 Millionen Tonnen) ann&auml;herungsweise berechneten um weit mehr als das Zehnfache &uuml;bertreffen w&uuml;rde. Sind solche Berechnungen zun&auml;chst auch Theorie, so zeigen sie doch, welcher Leistungen wir uns bei der "wei&szlig;en Kohle" f&uuml;r die weitere Zukunft noch vorsehen d&uuml;rfen. Allein an den F&auml;llen des Niagaraflusses, welcher aus einem Seengebiet mit einer Oberfl&auml;che von 231.880 Quadratkilometer - das sind ungef&auml;hr 45 Prozent der Oberfl&auml;che ganz Deutschlands mit 540.000 Quadratkilometern - kommt, lassen sich mehr Wasserkr&auml;fte gewinnen, als in England, Deutschland und der Schweiz zusammengenommen vorhanden sind.<A NAME="ZF8"><A HREF="beaa_414.htm#F8">(8)</A></A> Nach einer anderen Berechnung, die in einem offiziellen Bericht zitiert wird, gibt es in den Vereinigten Staaten von Amerika verf&uuml;gbare Wasserkr&auml;fte von nicht weniger als 20 Millionen Pferdest&auml;rken, die ein &Auml;quivalent von 300 Millionen Tonnen Kohle j&auml;hrlich bilden.<A NAME="ZF9"><A HREF="beaa_414.htm#F9">(9)</A></A> Die Fabriken, die mit dieser "wei&szlig;en" oder "gr&uuml;nen" Kohle mit der Gewalt der rauschenden Gie&szlig;b&auml;che und Wasserf&auml;lle getrieben werden, werden auch keine Schornsteine, keine Feuer haben. </P>
<B><P><A NAME="S431">|431|</A></B> Die Elektrizit&auml;t wird es auch erm&ouml;glichen, die Geschwindigkeit unserer Bahnen mehr als zu verdoppeln. Wenn anfangs der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts Herr Meems in Baltimore es f&uuml;r m&ouml;glich hielt, einen elektrischen Wagen zu bauen, der 300 Kilometer in der Stunde zur&uuml;cklegt, und Prof. Elihu Thomson in Lynn (Massachusetts) an die Herstellung von Elektromotoren glaubte, die bei geeigneter Verst&auml;rkung des Oberbaues der Bahnen und entsprechender Verbesserung des Signalwesens bis 260 Kilometer in der Stunde zur&uuml;cklegten, so haben sich diese Erwartungen nahezu erf&uuml;llt. Die Probefahrten, die 1901 und 1902 auf der Milit&auml;rbahn Berlin-Zossen vorgenommen wurden, ergaben schon die M&ouml;glichkeit einer Fahrgeschwindigkeit bis 150 Kilometer in der Stunde. Und bei den im Jahre 1905 aufgenommenen Versuchen hat der Siemenswagen eine Geschwindigkeit von 201, der der Allgemeinen Elektrizit&auml;tsgesellschaft von 208 Kilometer erreicht. In den folgenden Jahren sind auch bei Schnellbahnversuchen mit Dampflokomotiven Geschwindigkeiten von 150 Kilometer in der Stunde und mehr erzielt worden. </P>
<P>Jetzt hei&szlig;t die Losung 200 Kilometer in der Stunde. Und auf der Arena erscheint schon August Scherl mit seinem neuen Schnellbahnprojekt, das die vorhandenen Bahnlinien dem G&uuml;terverkehr zuweist und die gr&ouml;&szlig;eren St&auml;dte durch eingleisig verkehrende Z&uuml;ge mit 200 Kilometer Geschwindigkeit verbindet.<A NAME="ZF10"><A HREF="beaa_414.htm#F10">(10)</A></A> </P>
<P>Die Frage der Elektrifizierung des Eisenbahnwesens steht auf der Tagesordnung in England, &Ouml;sterreich, Italien und Amerika. Zwischen Philadelphia und New York ist eine elektrische Schnellbahn mit einer Geschwindigkeit von 200 Kilometer in der Stunde projektiert. Ebenso wird die Geschwindigkeit der Seedampfer wachsen. </P>
<P>Die ausschlaggebende Rolle dabei spielt die Dampfturbine.<A NAME="ZF11"><A HREF="beaa_414.htm#F11">(11)</A></A> "Sie steht heute im Vordergrund des technischen Interesses. Sie scheint berufen, <A NAME="S432"><B>|432|</A></B> auf ausgedehnten Anwendungsgebieten die Kolbendampfmaschine zu verdr&auml;ngen. W&auml;hrend die meisten Ingenieure die Dampfturbine noch als eine Aufgabe der Zukunft ansahen, war sie zu einer Frage der Gegenwart geworden, die die Aufmerksamkeit der ganzen technischen Welt durch ihre Erfolge auf sich zog ... Erst die Elektrotechnik mit ihren rasch laufenden Maschinen hat ein riesig ausgedehntes Anwendungsgebiet f&uuml;r die neue Kraftmaschine geschaffen. Die bei weitem gr&ouml;&szlig;te Zahl aller heute laufenden Dampfturbinen dient zum Antrieb von Dynamomaschinen."<A NAME="ZF12"><A HREF="beaa_414.htm#F12">(12)</A></A> Insbesondere hat die Dampfturbine ihre &Uuml;berlegenheit &uuml;ber die &auml;ltere Kolbendampfmaschine bei den Ozeanfahrten gezeigt. So hat der englische Ozeandampfer "Lusitania", der mit Dampfturbinen ausger&uuml;stet ist, im August 1909 die Reise von Irland bis New York in 4 Tagen 11 Stunden und 42 Minuten mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 25,85 Knoten (zirka 48 Kilometer) in der Stunde zur&uuml;ckgelegt. Die 1863 erbaute "Amerika", damals das schnellste Schiff, fuhr 12,5 Knoten (23,16 Kilometer).<A NAME="ZF13"><A HREF="beaa_414.htm#F13">(13)</A></A> Und der Tag ist nicht weit, wenn der elektrische Propellerantrieb f&uuml;r gro&szlig;e Schiffe eine befriedigende L&ouml;sung finden wird. F&uuml;r kleine Schiffe kommt er schon zur Anwendung. Einfache Wartung und hohe Betriebssicherheit, gute Selbstregulierung und ersch&uuml;tterungsfreier Lauf machen die Dampfturbine zur idealen Antriebskraft f&uuml;r die Erzeugung elektrischer Energie an Bord. Und Hand in Hand mit der Elektrifizierung des ganzen Eisenbahnwesens wird auch die Elektrifizierung des gesamten Schiffbaues gehen. </P>
<P>Durch die Elektrizit&auml;t wird auch die Technik der Lastenf&ouml;rderung revolutioniert. "Hatte die Dampfkraft &uuml;berhaupt die M&ouml;glichkeit er&ouml;ffnet, Hebemaschinen mit Naturkraft zu bauen, so f&uuml;hrte die elektrische Kraft&uuml;bertragung einen vollst&auml;ndigen Umschwung im Hebemaschinenbau herbei, insofern, als sie erst diesen Maschinen freie Beweglichkeit und stete Betriebsbereitschaft gew&auml;hrte." Der elektrische Betrieb hat unter anderem den weitestgehenden Wandel in dem Auf- <A NAME="S433"><B>|433|</A></B> bau der Krane herbeigef&uuml;hrt. "Mit seinem massigen, gebogenen Schnabel aus Walzeisen, auf einem schweren Quaderfundament lastend, mit langsamen Bewegungen und mit fauchendem Ger&auml;usch des auspuffenden Dampfes erweckt der Dampfkran den Eindruck eines Untiers aus der Urzeit. Wenn er erst zugefa&szlig;t hat, entwickelt er eine gewaltige Hebkraft, aber er braucht Menschen als Handlanger, die mit Schlingketten die Last an seinem Haken befestigen. Wegen seiner Unbehilflichkeit im Zufassen, wegen seiner Langsamkeit und Schwerf&auml;lligkeit ist er nur f&uuml;r Schwerlasten geeignet, nicht aber f&uuml;r schnelle Massenbewegung verwendbar ... Ein ganz anderes Bild gew&auml;hrt schon rein &auml;u&szlig;erlich der moderne elektrisch betriebene Stahlwerkskran: Wir erblicken einen zierlichen, frei &uuml;ber die Halle gespannten st&auml;hlernen Gittertr&auml;ger und von ihm hervorragend einen schlanken, nach allen Richtungen beweglichen Zangenarm; das Ganze wird von einem einzigen Mann beherrscht, der mit sanftem Druck auf den Steuerhebel die elektrischen Str&ouml;me steuert und mit ihrer Hilfe die schlanken Stahlglieder des Kranes zu raschen Bewegungen zwingt, so da&szlig; sie ohne Zutun eines Handlangers den gl&uuml;henden Stahlblock greifen und durch die Luft schwingen; dabei ist kein anderes Ger&auml;usch zu h&ouml;ren, als das leise Surren der Elektromotoren."<A NAME="ZF14"><A HREF="beaa_414.htm#F14">(14)</A></A> Ohne die Hilfe dieser Maschinen w&auml;re der stetig anwachsende Massentransport nicht zu bew&auml;ltigen. Die von Mitte bis Ende des neunzehnten Jahrhunderts vollzogene Entwicklung hinsichtlich der Vergr&ouml;&szlig;erung der Tragkraft ergibt ein Vergleich dieser Gr&ouml;&szlig;en zwischen dem Werftkran zu Pola und dem zu Kiel. Die Tragkraft des ersteren betrug 60 Tonnen, des zweiten 200 Tonnen. Der Betrieb eines Bessemerstahlwerks ist &uuml;berhaupt nur m&ouml;glich, wenn rasch arbeitende Hebemaschinen zur Verf&uuml;gung stehen, weil andernfalls die gewaltigen Mengen fl&uuml;ssigen Stahls, die in kurzer Zeit erzeugt werden, nicht in den Gie&szlig;formen transportiert werden k&ouml;nnten. Im Kruppwerk zu Essen arbeiten allein 608 Kr&auml;ne mit einer Gesamttragkraft von 6.513 Tonnen, gleich einem G&uuml;terzug von 650 Wagen. Die geringen Kosten der Seefracht, die die Lebensbedingung f&uuml;r den heutigen Weltverkehr bilden, w&uuml;rden nicht m&ouml;glich sein, wenn nicht durch rasche Entladung das in den Schiffen angelegte Kapital so intensiv ausgenutzt werden k&ouml;nnte. Die Ausr&uuml;stung eines Schiffes mit elektrischen Schiffsdeckkranen f&uuml;hrte <A NAME="S434"><B>|434|</A></B> zu einer Verminderung der j&auml;hrlichen Gesamtbetriebskosten von 23.000 auf 13.000 Mark, also auf nahezu die H&auml;lfte. Dabei umfa&szlig;t dieser Vergleich den Fortschritt von nur etwa einem Jahrzehnt. </P>
<P>Auf allen Gebieten der Verkehrstechnik bringt auch jeder Tag bahnbrechende Erfolge. Das Flugproblem, das noch vor zwei Jahrzehnten unl&ouml;sbar schien, ist schon jetzt gel&ouml;st. Und wenn die lenkbaren Luftschiffe und verschiedenen Flugapparate nicht dem leichteren und billigeren Transport von Massen dienen, sondern dem Sport und Militarismus, so werden sie sp&auml;ter auch die Produktivkr&auml;fte der Gesellschaft vermehren. Gro&szlig;e Fortschritte macht auch das drahtlose System der Telegraphie und Telephonie; seine industrielle Verwertung w&auml;chst mit jedem Tage. In wenigen Jahren wird somit der ganze Verkehr auf neue Grundlagen gestellt. </P>
<P>Der gesamte Bergbaubetrieb mit Ausnahme des Abbaus befindet sich heute in einer Umw&auml;lzung, die vor zehn Jahren noch au&szlig;erhalb der Vorstellungsm&ouml;glichkeit lag. Diese Umw&auml;lzung besteht in der Einf&uuml;hrung des elektrischen Betriebs zur Wasserhaltung, Wetterf&uuml;hrung, Streckenf&ouml;rderung und Schachtf&ouml;rderung. Der elektromotorische Betrieb revolutionierte die Arbeitsmaschinen, die Pumpen, Haspeln, F&ouml;rdermaschinen. </P>
<P>M&auml;rchenhafte Aussichten sind es auch, die der fr&uuml;here franz&ouml;sische Kultusminister Professor Berthelot (gestorben 18. M&auml;rz 1907) im Fr&uuml;hjahr 1894 auf einem Bankett des Syndikats der Chemikalienfabrikanten in einer Rede &uuml;ber die Bedeutung der Chemie in der Zukunft er&ouml;ffnete. Herr Berthelot schilderte in seiner Rede, wie es etwa ums Jahr 2000 mit der Chemie stehen m&ouml;chte, und wenn seine Schilderung auch manche humoristische &Uuml;bertreibung enth&auml;lt, so doch auch so viel Richtiges, da&szlig; wir sie auszugsweise folgen lassen. Herr Berthelot legte dar, was die Chemie in wenigen Jahrzehnten geleistet habe und bezeichnete als ihre Leistungen unter anderem: "Die Fabrikation der Schwefels&auml;ure, der Soda, das Bleichen und F&auml;rben, den R&uuml;benzucker, die therapeutischen Alkaloide, das Gas, die Vergoldung und Versilberung usw.; dann kam die Elektrochemie, welche die Metallurgie von Grund aus umgestaltete, die Thermochemie und die Chemie der Explosivstoffe, welche die Minenindustrie wie die Kriegf&uuml;hrung mit neuen Energien versieht, die Wunder der organischen Chemie in der Erzeugung von Farben, Wohlger&uuml;chen, therapeutischen und antiseptischen Mitteln usw." Das sei aber nur ein <I>Anfang</I>, bald w&uuml;rden <A NAME="S435"><B>|435|</A></B> viel bedeutendere Probleme gel&ouml;st werden. Ums Jahr 2000 werde es keine Landwirtschaft und keine Bauern mehr geben, denn die Chemie werde die bisherige Bodenkulturexistenz aufgehoben haben. Es werde keine Kohlensch&auml;chte und also auch keine Bergarbeiterstreiks mehr geben. Die<I> Brennstoffe</I> seien ersetzt durch chemische und physikalische Prozesse. Z&ouml;lle und Kriege seien abgeschafft; die<I> Luftschiffahrt</I>, die sich der chemischen Stoffe als Bewegungsmittel bediene, habe diesen veralteten Einrichtungen das Todesurteil gesprochen. Das Problem der Industrie bestehe darin, Kraftquellen zu finden, die unersch&ouml;pflich sind und mit m&ouml;glichst wenig Arbeit sich erneuern. Bisher haben wir Dampf erzeugt durch die chemische Energie verbrannter Steinkohlen; aber die Steinkohle sei beschwerlich zu gewinnen und ihr Vorrat nehme von Tag zu Tag ab. Man m&uuml;sse daran denken, die<I> Sonnenw&auml;rme</I> und die<I> Hitze des Erdinnern</I> zu ben&uuml;tzen. Es sei begr&uuml;ndete Hoffnung vorhanden, beide Quellen in unbegrenzte Verwendung zu nehmen. Einen Schacht von 5.000 bis 4.000 Meter zu bohren, &uuml;bersteige nicht das K&ouml;nnen der heutigen, noch weniger der k&uuml;nftigen Ingenieure. Damit w&auml;re die Quelle aller W&auml;rme und aller Industrie erschlossen; nehme man noch das<I> Wasser</I> dazu, so k&ouml;nne man auf der Erde alle erdenklichen Maschinen laufen lassen, diese Kraftquelle w&uuml;rde in Hunderten von Jahren kaum eine merkliche Abnahme erfahren. </P>
<P>Mit der Erdw&auml;rme w&uuml;rden sich zahlreiche chemische Probleme l&ouml;sen lassen, darunter das h&ouml;chste Problem der Chemie, die Herstellung der<I> Nahrungsmittel</I> auf chemischem Wege. Im Prinzip sei es bereits gel&ouml;st; die Synthese der Fette und &Ouml;le sei l&auml;ngst bekannt, Zucker und Kohlenhydrate kenne man auch schon, und bald werde man die Zusammensetzung der Stickstoffelemente kennen. Das Lebensmittelproblem sei ein rein chemisches; an dem Tage, wo man die entsprechende billige Kraft bekomme, werde man, mit Kohlenstoff aus der Kohlens&auml;ure, mit Wasserstoff und Sauerstoff aus dem Wasser und mit Stickstoff aus der Atmosph&auml;re, Lebensmittel aller Art erzeugen. Was die<I> Pflanzen</I> bisher taten, werde die<I> Industrie</I> tun, und<I> vollkommener</I> als die Natur. Es werde die Zeit kommen, wo jedermann eine Dose mit Chemikalien in der Tasche trage, aus der er sein Nahrungsbed&uuml;rfnis an Eiwei&szlig;, Fett und Kohlenhydraten befriedige, unbek&uuml;mmert um Tages- und Jahreszeit, um Regen und Trockenheit, um Fr&ouml;ste, Hagel und verheerende Insekten. Dann werde eine Umw&auml;lzung eintreten, <A NAME="S436"><B>|436|</A></B> von der man sich jetzt noch keinen Begriff machen k&ouml;nne. Fruchtfelder, Weinberge und Viehweiden w&uuml;rden verschwinden; der Mensch w&uuml;rde an Milde und Moral gewinnen, weil er nicht mehr vom Mord und von der Zerst&ouml;rung lebender Wesen lebe. Dann werde auch der Unterschied zwischen fruchtbaren und unfruchtbaren Gegenden fallen, und vielleicht w&uuml;rden die<I> W&uuml;sten der Lieblingsaufenthalt</I> der Menschen, weil es dort ges&uuml;nder sei als auf dem durchseuchten Schwemmboden und den sumpfigen angefaulten Ebenen, wo jetzt der Ackerbau betrieben werde. Dann werde auch die<I> Kunst</I> samt allen Sch&ouml;nheiten des menschlichen Lebens zu voller Entfaltung gelangen. Die Erde werde nicht mehr, sozusagen, entstellt durch die geometrischen Figuren, die jetzt der Ackerbau ziehe, sondern sie werde ein<I> Garten</I>, in dem man nach Belieben Gras und Blumen, Busch und Wald wachsen lassen k&ouml;nne, und in dem das Menschengeschlecht im &Uuml;berflu&szlig;, im goldenen Zeitalter leben werde. Der Mensch werde darum nicht der Tr&auml;gheit und der Korruption verfallen. Zum Gl&uuml;ck geh&ouml;re die Arbeit, und der Mensch werde arbeiten, soviel wie jemals, weil er nur f&uuml;r<I> sich</I> arbeite, um seine geistige, moralische und &auml;sthetische Entwicklung auf die h&ouml;chste Stufe zu bringen. </P>
<P>Der Leser mag aus dem Vortrag Berthelots f&uuml;r richtig halten, was ihm beliebt, gewi&szlig; ist, da&szlig; in Zukunft durch die verschiedensten Fortschritte G&uuml;te, Massenhaftigkeit und Vielseitigkeit der Produkte in gewaltigem Ma&szlig;stab wachsen und die Lebensannehmlichkeiten k&uuml;nftiger Generationen sich in kaum geahnter Weise verbessern werden. </P>
<P>Professor Elihu Thomson stimmt mit Werner Siemens &uuml;berein, der bereits im Jahre 1887 auf der Berliner Naturforscherversammlung die Ansicht aussprach, es werde auf elektrischem Wege m&ouml;glich sein,<I> die Grundstoffe direkt in Nahrungsmittel zu verwandeln</I>. W&auml;hrend Werner Siemens meinte, es k&ouml;nne einmal, wenn auch erst in ferner Zeit, ein Kohlenhydrat, wie etwa der Traubenzucker und sp&auml;ter die ihm so nahe verwandte St&auml;rke, k&uuml;nstlich zusammengesetzt werden, womit die M&ouml;glichkeit gegeben w&auml;re, "Brot aus Steinen zu machen", behauptet der Chemiker Dr. V. Meyer, es werde m&ouml;glich sein, die Holzfaser zu einer Quelle menschlicher Nahrung zu machen. Inzwischen (1890) hat Emil Fischer den Traubenzucker und den Fruchtzucker tats&auml;chlich k&uuml;nstlich hergestellt und damit eine Entdeckung gemacht, die Werner Siemens erst als "in ferner Zeit" wahrscheinlich erachtete. Seit dem <A NAME="S437"><B>|437|</A></B> hat die Chemie noch weitere Fortschritte gemacht. Indigo, Vanillia, Kampfer sind jetzt k&uuml;nstlich hergestellt. Im Jahre 1906 ist es W. L&ouml;b gelungen, die Assimilation der Kohlens&auml;ure au&szlig;erhalb der Pflanze bis zum Zucker durch Einwirkung hoher elektrischer Spannungen durchzuf&uuml;hren. 1907 gewann Emil Fischer einen der kompliziertesten synthetischen K&ouml;rper, der dem nat&uuml;rlichen Protein (ein Eiwei&szlig;stoff) sehr nahe ist. Und im Jahre 1908 stellten R. Willst&auml;tter und Benz Chlorophyll (Pflanzengr&uuml;n) in reinem Zustande her und wiesen nach, da&szlig; es eine Magnesiumverbindung darstellt. Au&szlig;erdem ist eine Reihe der wichtigsten K&ouml;rper, die bei der Fortpflanzung und Vererbung eine Rolle spielen, k&uuml;nstlich hergestellt. Somit ist die L&ouml;sung des Hauptproblems der organischen Chemie - Gewinnung des Eiwei&szlig;es - in den Bereich der nicht allzufernen Zukunft ger&uuml;ckt.<I> </P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_21_5">5. Aufhebung des Gegensatzes zwischen Kopfarbeit und Handarbeit</A></P>
</I><P>Ein in der Menschennatur tief begr&uuml;ndetes Bed&uuml;rfnis ist das nach Freiheit der Wahl und die M&ouml;glichkeit der Abwechslung der Besch&auml;ftigung. Wie best&auml;ndige Wiederholung schlie&szlig;lich die beste Speise widerlich macht, so ist es mit einer sich t&auml;glich tretm&uuml;hlenartig wiederholenden T&auml;tigkeit; sie stumpft ab und erschlafft. Der Mensch arbeitet nur mechanisch, was er mu&szlig;, aber ohne h&ouml;heren Schwung und Genu&szlig;. Es liegen in<I> jedem</I> Menschen eine Reihe von F&auml;higkeiten und Trieben, die nur geweckt und entwickelt zu werden brauchen, um, in Bet&auml;tigung gesetzt, die sch&ouml;nsten Wirkungen zu erzeugen. Der Mensch wird jetzt erst ein vollkommener Mensch. Diesem Abwechslungsbed&uuml;rfnis zu gen&uuml;gen, dazu wird die sozialistische Gesellschaft die vollste Gelegenheit bieten. Die gewaltige Steigerung der Produktivkr&auml;fte, verbunden mit immer gr&ouml;&szlig;erer Vereinfachung des Arbeitsprozesses, erm&ouml;glicht nicht nur bedeutende Einschr&auml;nkung der Arbeitszeit, sondern<I> erleichtert auch die Erlernung der verschiedensten Fertigkeiten</I>. Das alte Lehrsystem hat sich bereits &uuml;berlebt, es existiert nur noch und ist nur noch m&ouml;glich in<I> r&uuml;ckst&auml;ndigen, veralteten</I> Produktionsformen, wie sie das Kleinhandwerk repr&auml;sentiert. Da aber dieses in der neuen Gesellschaft verschwindet, verschwinden damit auch alle <A NAME="S438"><B>|438|</A></B> ihm eigent&uuml;mlichen Einrichtungen und Formen. Neue treten an ihre Stelle. Schon gegenw&auml;rtig zeigt jede Fabrik, wie wenig Arbeiter sie besitzt, die noch den handwerksm&auml;&szlig;ig erlernten Beruf verfolgen. Die Arbeiter geh&ouml;ren den verschiedensten Berufen an, meist gen&uuml;gt kurze Zeit, um sie f&uuml;r eine Teilarbeit einzu&uuml;ben, in der sie dann, entsprechend dem herrschenden Ausbeutungssystem, bei langer Arbeitszeit, ohne Abwechslung und ohne R&uuml;cksicht auf ihre Neigung, angespannt sind und an der Maschine selbst zur Maschine werden.<A NAME="ZF15"><A HREF="beaa_414.htm#F15">(15)</A></A> Auch dieser Zustand wird bei ver&auml;nderter Organisation der Gesellschaft aufgehoben. F&uuml;r Handfertigkeiten und kunstgewerbliche &Uuml;bungen ist Zeit in Menge vorhanden. Gro&szlig;e, mit allem Komfort, technisch aufs vollendetste eingerichtete Lehrwerkst&auml;tten erleichtern Jungen und Alten die Erlernung einer T&auml;tigkeit. Chemische und physikalische Laboratorien, entsprechend allen Anforderungen an den Stand dieser Wissenschaften, werden vorhanden sein und nicht minder ausreichende Lehrkr&auml;fte. Jetzt erst wird man kennenlernen, welch eine Welt von Trieben und F&auml;higkeiten das kapitalistische Produktionssystem unterdr&uuml;ckte oder in falscher Weise zur Entwicklung kommen lie&szlig;.<A NAME="ZF16"><A HREF="beaa_414.htm#F16">(16)</A></A> </P>
<P>Es besteht aber nicht nur die M&ouml;glichkeit, dem Abwechslungsbed&uuml;rfnis Rechnung zu tragen, es mu&szlig;<I> der Zweck der Gesellschaft</I> sein, seine Befriedigung zu verwirklichen, weil mit darauf<I> die harmonische Ausbildung des Menschen beruht</I>. Die Berufsphysiognomien, die heute unsere Gesellschaft aufweist - bestehe dieser Beruf in bestimmten einseitigen Leistungen irgendeiner Art oder in der Faulenzerei -, werden allm&auml;hlich verschwinden. Es gibt gegenw&auml;rtig au&szlig;er- <A NAME="S439"><B>|439|</A></B> ordentlich wenig Menschen, die eine Abwechslungsm&ouml;glichkeit in ihrer T&auml;tigkeit besitzen. Manchmal finden sich durch besondere Verh&auml;ltnisse Beg&uuml;nstigte, die sich dem Einerlei des Tagesberufs entziehen und, nachdem sie der physischen Arbeit ihren Tribut gezollt, sich bei geistiger erholen. Umgekehrt finden wir ab und zu geistig Arbeitende, die sich mit irgendeiner Handwerkst&auml;tigkeit, mit Gartenbau usw. besch&auml;ftigen. Die wohltuende Wirkung einer T&auml;tigkeit, die auf der Abwechslung von geistiger und k&ouml;rperlicher Arbeit beruht, wird jeder Hygieniker best&auml;tigen, sie allein ist<I> naturgem&auml;&szlig;</I>. Voraussetzung ist, da&szlig; jede T&auml;tigkeit<I> mit Ma&szlig; ge&uuml;bt wird</I> und den individuellen Kr&auml;ften entspricht. </P>
<P>In seiner Schrift "Die Bedeutung der Wissenschaft und der Kunst" gei&szlig;elt Graf Leo Tolstoi den hypertrophischen und unnat&uuml;rlichen Charakter, den bei der Unnatur unserer Gesellschaft Kunst und Wissenschaft angenommen haben. Er verurteilt aufs sch&auml;rfste die Verachtung der physischen Arbeit, die in der heutigen Gesellschaft Platz gegriffen hat, und empfiehlt die R&uuml;ckkehr zu nat&uuml;rlichen Verh&auml;ltnissen. Es gelte f&uuml;r jeden Menschen, der naturgem&auml;&szlig; und mit Genu&szlig; leben wolle, den Tag zu verbringen erstens mit k&ouml;rperlicher Arbeit im Ackerbau, zweitens mit handwerksm&auml;&szlig;iger Arbeit, drittens mit geistiger Arbeit, viertens mit gebildetem geselligen Verkehr. Mehr als acht Stunden physische Arbeit sollte der Mensch nicht leisten. Tolstoi, der diese Lebensweise praktisch &uuml;bt und, seitdem er sie &uuml;bt, wie er sagt, sich erst als Mensch f&uuml;hlt, &uuml;bersieht nur, da&szlig;, was f&uuml;r ihn, den unabh&auml;ngigen Mann, m&ouml;glich ist, f&uuml;r die gro&szlig;e Masse der Menschen unter den heutigen Verh&auml;ltnissen unm&ouml;glich ist. Ein Mensch, der t&auml;glich zehn bis zw&ouml;lf und manchmal mehr Stunden schwer arbeiten mu&szlig;, um die k&uuml;mmerlichste Existenz sich zu sichern und in Unwissenheit erzogen wurde, kann sich die Tolstoische Lebensweise nicht verschaffen. Das k&ouml;nnen auch alle diejenigen nicht, die im Kampfe um die Existenz stehen und deren Anforderungen sich f&uuml;gen m&uuml;ssen, und die wenigen, die es gleich Tolstoi k&ouml;nnten, haben in ihrer Mehrzahl kein Bed&uuml;rfnis dazu. Es ist eine jener Illusionen, der Tolstoi sich hingibt, zu glauben, durch Predigt und Beispiel Gesellschaften um&auml;ndern zu k&ouml;nnen. Die Erfahrungen, die Tolstoi mit seiner Lebensweise macht, beweisen, wie rationell sie ist, aber um diese Lebensweise als allgemeine Sitte einf&uuml;hren zu k&ouml;nnen, bedarf es anderer gesellschaftlicher Verh&auml;ltnisse, einer neuen Gesellschaft. </P>
<B><P><A NAME="S440">|440|</A></B> <I>Die k&uuml;nftige Gesellschaft wird diese Verh&auml;ltnisse haben, sie wird Gelehrte und K&uuml;nstler jeder Art in ungez&auml;hlter Menge besitzen, aber jeder derselben wird einen Teil des Tages physisch arbeiten und in der &uuml;brigen Zeit nach Geschmack seinen Studien und K&uuml;nsten und geselligem Umgang obliegen.<A NAME="ZF17"></I><A HREF="beaa_414.htm#F17">(17)</A></A> </P>
<P>Der bestehende Gegensatz zwischen Kopfarbeit und Handarbeit, ein Gegensatz, den die herrschenden Klassen nach M&ouml;glichkeit versch&auml;rfen, um sich auch die geistigen Mittel zur Herrschaft zu sichern, wird also aufgehoben werden m&uuml;ssen. </P>
<I><P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_21_6">6. Steigerung der Konsumtionsf&auml;higkeit</A></P>
</I><P>Aus dem bisher Gesagten geht ferner hervor, da&szlig; Zeiten der Krise und der Arbeitslosigkeit in der k&uuml;nftigen Gesellschaft unm&ouml;glich sind. Die Krisen entspringen dem Umstand, da&szlig; die kapitalistische Produktion, gereizt durch den Profit und ohne jedes zuverl&auml;ssige Ma&szlig; f&uuml;r den wirklichen Bedarf, die &Uuml;berf&uuml;llung des Warenmarktes, die &Uuml;berproduktion, erzeugt. Der Charakter der Produkte unter der kapitalistischen Wirtschaftsordnung als Waren, die ihre Besitzer auszutauschen bestrebt sind, macht den Verbrauch der Waren von der <I>Kauff&auml;higkeit </I>der Konsumenten abh&auml;ngig. Die Kauff&auml;higkeit ist aber bei der ungeheuren Mehrheit der Bev&ouml;lkerung, die f&uuml;r ihre Arbeitsleistung unterwertig bezahlt wird und f&uuml;r dieselbe keine Verwendung findet, wenn ihr Anwender nicht Mehrwert aus derselben pressen kann, beschr&auml;nkt. <I>Kauff&auml;higkeit und Konsumtionsf&auml;higkeit sind in der b&uuml;rgerlichen Welt zwei verschiedene Dinge.</I> Viele Millionen haben Bed&uuml;rfnisse <A NAME="S441"><B>|441|</A></B> nach neuen Kleidern, Schuhen, M&ouml;beln, W&auml;sche, nach E&szlig;- und Trinkwaren, aber sie besitzen kein Geld, und so bleiben ihre Bed&uuml;rfnisse, das hei&szlig;t, es bleibt ihre<I> Konsumtionsf&auml;higkeit</I> unbefriedigt. Der Warenmarkt ist &uuml;berf&uuml;llt, aber die Masse hungert; sie will arbeiten, aber sie findet niemand, der ihre Arbeit kauft, weil der Unternehmer nichts dabei verdienen kann. Stirb, verdirb, werde Vagabund, Verbrecher; ich, der Kapitalist, kann es nicht &auml;ndern, ich kann keine Waren gebrauchen, f&uuml;r die ich mit entsprechendem Profit keinen Abnehmer habe. Und der Mann hat in seiner Art vollkommen recht. </P>
<P>In der neuen Gesellschaft wird dieser Widerspruch beseitigt sein. Diese produziert nicht "Waren", um zu "kaufen" und zu "verkaufen",<I> sondern sie produziert Lebensbed&uuml;rfnisse, die verbraucht, konsumiert werden, sonst haben sie keinen Zweck</I>. Bei ihr findet die Konsumtionsf&auml;higkeit nicht, wie in der b&uuml;rgerlichen Welt, an der Kauff&auml;higkeit des einzelnen ihre Grenze,<I> sondern an der Produktionsf&auml;higkeit der Gesamtheit</I>. Sind Arbeitsmittel und Arbeitskr&auml;fte vorhanden, so kann<I> jedes</I> Bed&uuml;rfnis befriedigt werden. Die gesellschaftliche Konsumtionsf&auml;higkeit findet ihre Schranke nur in der -<I> Ges&auml;ttigtheit der Konsumenten</I>. </P>
<P>Gibt es aber in der neuen Gesellschaft keine "Waren", so gibt es schlie&szlig;lich auch kein Geld. Geld ist scheinbar der Gegensatz von Ware, aber es ist selbst Ware! Aber Geld, obgleich selbst Ware, ist zugleich die gesellschaftliche &Auml;quivalentform, der Wertmesser f&uuml;r alle anderen Waren. Die neue Gesellschaft produziert aber nicht Waren, sondern Bed&uuml;rfnisgegenst&auml;nde, Gebrauchswerte, deren Herstellung ein gewisses Ma&szlig; gesellschaftlicher Arbeitszeit erfordert. Die Arbeitszeit, die durchschnittlich n&ouml;tig ist, um einen Gegenstand herzustellen, ist allein das Ma&szlig;, an dem er f&uuml;r den gesellschaftlichen Gebrauch gemessen wird. Zehn Minuten gesellschaftlicher Arbeitszeit in einem Gegenstand sind gleich zehn Minuten gesellschaftlicher Arbeitszeit in einem anderen, nicht mehr und nicht weniger. Die Gesellschaft will nicht "verdienen", sie will nur den Austausch von Gegenst&auml;nden gleicher Qualit&auml;t, gleichen Gebrauchswerts unter ihren Gliedern bewerkstelligen, und schlie&szlig;lich hat sie nicht einmal n&ouml;tig, einen Gebrauchswert festzusetzen, sie produziert, was sie bedarf. Findet zum Beispiel die Gesellschaft, da&szlig; zur Herstellung aller ben&ouml;tigten Produkte eine t&auml;gliche dreist&uuml;ndige Arbeitszeit n&ouml;tig ist, so setzt sie eine dreist&uuml;ndige <A NAME="S442"><B>|442|</A></B> fest.<A NAME="ZF18"><A HREF="beaa_414.htm#F18">(18)</A></A> Verbessern sich die Produktionsmethoden so, da&szlig; der Bedarf schon in zwei Stunden hergestellt werden kann, setzt sie zwei Stunden Arbeitszeit fest. Verlangt dagegen die Gesamtheit die Befriedigung h&ouml;herer Bed&uuml;rfnisse, als trotz Zunahme der Zahl der Arbeitskr&auml;fte und erh&ouml;hter Produktivit&auml;t des Arbeitsprozesses in zwei oder drei Stunden hergestellt werden k&ouml;nnen, so setzt sie mehr Stunden fest. Ihr Wille ist ihr Himmelreich. </P>
<P>Wieviel jedes einzelne Produkt an gesellschaftlicher Arbeitszeit zur Herstellung bedarf, ist leicht zu berechnen.<A NAME="ZF19"><A HREF="beaa_414.htm#F19">(19)</A></A> Danach bemi&szlig;t sich das Verh&auml;ltnis dieses Arbeitszeitteils zur ganzen Arbeitszeit. Irgendein Zertifikat, ein bedrucktes St&uuml;ck Papier, Gold oder Blech, bescheinigt die geleistete Arbeitszeit und setzt den Inhaber in die Lage, diese Zeiten gegen Bed&uuml;rfnisgegenst&auml;nde der verschiedensten Arten auszutauschen.<A NAME="ZF20"><A HREF="beaa_414.htm#F20">(20)</A></A> Findet er, da&szlig; seine Bed&uuml;rfnisse geringer sind, als was er f&uuml;r <A NAME="S443"><B>|443|</A></B> seine Leistung erh&auml;lt, so arbeitet er entsprechend k&uuml;rzere Zeit. Will er das Nichtverbrauchte verschenken, niemand hindert ihn daran; will er<I> freiwillig</I> f&uuml;r einen anderen arbeiten, damit dieser dem Dolce far niente obliegen kann, oder will er seine Anspr&uuml;che an die Gesellschaftsprodukte mit ihm teilen, niemand wehrt es ihm. Aber zwingen kann ihn niemand, zum Vorteil eines anderen zu arbeiten, niemand kann ihm einen Teil der Anspr&uuml;che f&uuml;r seine Arbeitsleistung vorenthalten. Jeder kann allen erf&uuml;llbaren W&uuml;nschen und Anspr&uuml;chen Rechnung tragen, aber nicht auf Kosten anderer. Er bekommt, was er der Gesellschaft leistet, nicht mehr, nicht weniger, und bleibt jeder Ausbeutung durch einen Dritten entzogen.<I> </P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_21_7">7. Gleichheit der Arbeitspflicht f&uuml;r alle</A></P>
</I><P>"Aber wo bleibt der Unterschied zwischen Faulen und Flei&szlig;igen, zwischen Intelligenten und Dummen?" Das ist eine der Hauptfragen unserer Gegner, und die gegebene Antwort macht ihnen den gr&ouml;&szlig;ten Kopfschmerz. Da&szlig; zum Beispiel in unserer Beamtenhierarchie dieser Unterschied zwischen "Faulen" und "Flei&szlig;igen", "Intelligenten" und "Dummen" nicht gemacht wird, sondern das<I> Dienstalter</I> &uuml;ber die H&ouml;he des Gehaltes und meist auch &uuml;ber das Avancement entscheidet, es sei denn, es wird eine besondere Vorbildung f&uuml;r einen h&ouml;heren Posten erfordert, daran denkt keiner dieser Pfiffikusse und Neunmal- <A NAME="S444"><B>|444|</A></B> weisen. Der Lehrer, der Professor - und es sind besonders die letzteren die naivsten Frager - r&uuml;cken auf das Gehalt ein, das die Stelle bringt, nicht infolge ihrer Qualit&auml;t. Wie in vielen F&auml;llen die Avancemente in unserer Milit&auml;r-, Beamten- und Gelehrtenhierarchie nicht dem T&uuml;chtigsten, sondern dem durch Geburt, Verwandtschaft, Freundschaft, Frauengunst Begl&uuml;ckten zufallen, pfeifen die Spatzen von den D&auml;chern. Da&szlig; aber auch der Reichtum sich nicht nach Flei&szlig; und Intelligenz bemi&szlig;t, beweisen schlagend die in der ersten Klasse des preu&szlig;ischen Dreiklassenwahlsystems w&auml;hlenden Berliner Wirte, B&auml;cker, Fleischer, die manchmal nicht den Dativ vom Akkusativ unterscheiden k&ouml;nnen, wohingegen die Berliner Intelligenz, die M&auml;nner der Wissenschaft, die h&ouml;chsten Beamten des Reiches und des Staates in der zweiten oder dritten Klasse w&auml;hlen. Einen Unterschied zwischen Faulen und Flei&szlig;igen, Intelligenten und Dummen gibt's nicht, weil, was wir darunter verstehen, verschwunden ist. "Faulenzer" nennt zum Beispiel die Gesellschaft den, welcher aus der Arbeit geworfen, zum Vagabundieren gezwungen ist und schlie&szlig;lich wirklich Vagabund wird, oder den, der, unter schlechter Erziehung aufgewachsen, verwahrloste. Wer aber den, der im Gelde sitzt und mit Nichtstun und Schlemmen die Zeit totschl&auml;gt, einen Faulenzer nennt, begeht eine Beleidigung, denn dieser ist ein "ehrenwerter" Mann. </P>
<P>Wie liegen nun in der neuen Gesellschaft die Dinge? Alle entwickeln sich unter gleichen Lebensbedingungen, und jeder ist<I> dort</I> t&auml;tig, wohin Neigung und Geschicklichkeit ihn hinweisen, daher werden die Unterschiede in der Leistung nur geringere sein.<A NAME="ZF21"><A HREF="beaa_414.htm#F21">(21)</A></A> Die Atmosph&auml;re der Gesellschaft, die jeden anregt, es dem anderen zuvorzutun, hilft ebenfalls die Unterschiede auszugleichen. Findet einer, da&szlig; er auf einem Gebiet nicht zu leisten vermag, was andere leisten, so w&auml;hlt er sich ein anderes, das seinen Kr&auml;ften und F&auml;higkeiten entspricht. Wer mit einer gr&ouml;&szlig;eren Zahl Menschen in einem Betrieb zusammenarbeitete, wei&szlig;, da&szlig;, wer in einer gewissen T&auml;tigkeit als unf&auml;hig und <A NAME="S445"><B>|445|</A></B> unbrauchbar sich erwies, an einen anderen Posten gestellt, denselben aufs beste ausf&uuml;llte. Es gibt keinen normal angelegten Menschen, der nicht in der einen oder anderen T&auml;tigkeit, sobald er an den richtigen Platz gestellt wird, selbst den h&ouml;chsten Anspr&uuml;chen gerecht wird. Mit welchem Rechte verlangt einer einen Vorzug vor dem anderen? Ist jemand von der Natur so stiefm&uuml;tterlich bedacht, da&szlig; er beim besten Willen nicht zu leisten vermag, was andere leisten,<I> so kann ihn die Gesellschaft f&uuml;r die Fehler der Natur nicht strafen</I>. Hat umgekehrt jemand durch die Natur F&auml;higkeiten erhalten, die ihn &uuml;ber die anderen erheben,<I> so ist die Gesellschaft nicht verpflichtet zu belohnen, was nicht sein pers&ouml;nliches Verdienst ist</I>. F&uuml;r die sozialistische Gesellschaft kommt weiter in Betracht, da&szlig; alle die gleichen Lebens- und Erziehungsbedingungen haben, da&szlig; jedem die M&ouml;glichkeit geboten ist, sein Wissen und K&ouml;nnen entsprechend seinen Anlagen und Neigungen auszubilden, und so ist auch hierdurch die Gew&auml;hr gegeben, da&szlig; in der sozialistischen Gesellschaft nicht nur das Wissen und K&ouml;nnen viel h&ouml;her ist als in der b&uuml;rgerlichen, sondern da&szlig; es auch<I> gleichm&auml;&szlig;iger</I> verteilt und dennoch<I> vielgestaltiger</I> ist. </P>
<P>Als Goethe auf einer Rheinreise den K&ouml;lner Dom studierte, machte er in den Bauakten die Entdeckung, da&szlig; die alten Baumeister ihre Arbeiter gleich hoch nach der Zeit bezahlten; sie taten es, weil sie gute und gewissenhaft ausgef&uuml;hrte Arbeit haben wollten. Das erscheint der b&uuml;rgerlichen Gesellschaft vielfach als eine Anomalie. Sie f&uuml;hrte das St&uuml;cklohnsystem ein, durch das sich die Arbeiter gegenseitig zum &Uuml;berarbeiten zwingen, damit der Unternehmer um so leichter die Unterbezahlung, die Herabsetzung der L&ouml;hne vornehmen kann. Wie mit der materiellen Arbeitsleistung ist es mit der geistigen bestellt. Der Mensch ist das Produkt von Zeit und Umst&auml;nden, in denen er lebt. Ein Goethe, unter gleich g&uuml;nstigen Entwicklungsbedingungen im vierten statt im achtzehnten Jahrhundert geboren, w&auml;re wahrscheinlich statt ein ber&uuml;hmter Dichter und Naturforscher<I> ein gro&szlig;er Kirchenvater</I> geworden, der vielleicht St. Augustin in den Schatten stellte. W&auml;re dagegen Goethe statt als Sohn eines reichen Frankfurter Patriziers als Sohn eines armen Schusters in Frankfurt zur Welt gekommen, er w&auml;re kaum gro&szlig;herzoglich weimarischer Minister geworden, sondern w&auml;re h&ouml;chstwahrscheinlich ein Schuster geblieben und als ehrsamer Schustermeister gestorben. Goethe selbst anerkannte den Vorteil, den es f&uuml;r ihn hatte, da&szlig; er in materiell und gesellschaftlich <A NAME="S446"><B>|446|</A></B> g&uuml;nstiger Stellung geboren worden war und dadurch zu seiner Entwicklung gelangte; so in seinem "Wilhelm Meister". W&auml;re Napoleon I. zehn Jahre sp&auml;ter geboren worden, er konnte nie Kaiser von Frankreich werden. Auch w&auml;re ohne den Krieg von 1870/71 Gambetta nie geworden, was er geworden ist. Setzt das gut veranlagte Kind intelligenter Eltern unter Wilde, und es wird ein Wilder.<I> Was also einer ist, das hat die Gesellschaft aus ihm gemacht.</I> Die Ideen sind nicht ein Produkt, das durch h&ouml;here Inspiration von oben in dem Kopfe eines einzelnen entspringt, sondern ein Produkt, das durch das gesellschaftliche Leben und Weben, in dem er sich bewegt,<I> "den Zeitgeist"</I>, im Kopfe des einzelnen erzeugt wird. Ein Aristoteles konnte nicht die Ideen eines Darwin haben, und ein Darwin mu&szlig;te anders denken als ein Aristoteles. Jeder denkt, wie der Geist der Zeit, das hei&szlig;t seine Umgehung und ihre Erscheinungen, ihn zu denken zwingen. Daher die Wahrnehmung, da&szlig; oft verschiedene Menschen<I> gleichzeitig</I> ein und dasselbe denken, da&szlig; gleichzeitig ein und dieselben Erfindungen oder Entdeckungen auf weit voneinander liegenden Punkten gemacht werden. Daher auch die Tatsache, da&szlig; eine Idee, die f&uuml;nfzig Jahre fr&uuml;her ausgesprochen, die Welt kalt lie&szlig;, aber f&uuml;nfzig Jahre sp&auml;ter wiederholt, die ganze Welt in Bewegung setzt. Kaiser Sigismund konnte 1415 wagen, Hus sein Wort zu brechen und in Konstanz ihn verbrennen zu lassen; Karl V., obgleich ein weit gr&ouml;&szlig;erer Fanatiker, mu&szlig;te 1521 Luther vom Reichstag zu Worms seines Weges ziehen lassen. Die Ideen sind das Produkt gesellschaftlichen Zusammenwirkens, gesellschaftlichen Lebens. Und was von der Gesellschaft im allgemeinen gilt, gilt im besonderen von den verschiedensten Klassen, aus welchen eine Gesellschaft in einer bestimmten geschichtlichen Epoche zusammengesetzt ist. Weil jede Klasse ihre besonderen Interessen hat, besitzt sie auch ihre besonderen Ideen und Anschauungen, die zu jenen Klassenk&auml;mpfen f&uuml;hren, von welchen die geschichtlich bekannten Zeitalter der Menschen erf&uuml;llt sind und die in den Klassengegens&auml;tzen und Klassenk&auml;mpfen der Gegenwart ihren H&ouml;hepunkt erreichten. Es kommt also nicht allein darauf an, in welchem<I> Zeitalter</I> jemand lebt, sondern auch in welcher<I> Gesellschaftsschicht</I> eines bestimmten Zeitalters er lebt, wodurch sein F&uuml;hlen, Denken und Handeln bestimmt wird. </P>
<P>Ohne die moderne Gesellschaft existieren keine modernen Ideen. Das scheint uns klar und einleuchtend. F&uuml;r die neue Gesellschaft <A NAME="S447"><B>|447|</A></B> kommt hinzu, da&szlig; die Mittel, die jeder f&uuml;r seine Ausbildung in Anspruch nimmt,<I> das Eigentum der Gesellschaft sind</I>. Die Gesellschaft kann also nicht verpflichtet sein,<I> das</I> besonders zu honorieren, was sie erst m&ouml;glich gemacht hat und<I> was ihr eigenes Produkt</I> ist. </P>
<P>Soviel &uuml;ber die Qualifikation physischer und geistiger Arbeit. Hieraus ergibt sich weiter, da&szlig; auch kein Unterschied zwischen h&ouml;herer und niederer Arbeit bestehen kann, wie zum Beispiel nicht selten heute ein Mechaniker sich mehr d&uuml;nkt als ein Tagarbeiter, der Stra&szlig;enarbeiten und dergleichen verrichtet. Die Gesellschaft l&auml;&szlig;t nur gesellschaftlich n&uuml;tzliche Arbeiten verrichten, und so ist jede Arbeit f&uuml;r die Gesellschaft gleichwertig. K&ouml;nnen unangenehme, widerliche Arbeiten nicht auf mechanischem respektive chemischem Wege verrichtet und durch irgendwelchen Proze&szlig; in angenehme Arbeiten umgewandelt werden - was bei den Fortschritten, die wir auf technischem und chemischem Gebiet gemacht haben,<I> gar nicht zu bezweifeln ist</I> -, und sollten sich freiwillig die n&ouml;tigen Kr&auml;fte nicht finden, so tritt f&uuml;r jeden die Verpflichtung ein, sobald die Reihe an ihn kommt, sein Ma&szlig; Arbeit zu leisten. Da gibt's keine falsche Scham und keine widersinnige Verachtung n&uuml;tzlicher Arbeit. Diese besteht nur in unserem Drohnenstaat, in dem das Nichtstun als beneidenswertes Los angesehen wird und der Arbeiter um so verachteter ist, je h&auml;rter, m&uuml;hevoller und unangenehmer die Arbeiten sind, die er verrichtet, und je notwendiger sie f&uuml;r die Gesellschaft sich erweisen. Heute wird die Arbeit in demselben Ma&szlig;e schlechter bezahlt, als sie unangenehmer ist. Der Grund ist, da&szlig; wir eine Menge auf niederster Kulturstufe gehaltene Arbeitskr&auml;fte haben, die durch die best&auml;ndige Revolutionierung des Produktionsprozesses als Reservearmee auf dem Pflaster liegt, und diese Kr&auml;fte, um zu leben, sich f&uuml;r die niedrigsten Arbeiten zu Preisen hergeben, da&szlig; f&uuml;r solche Arbeiten sogar die Einf&uuml;hrung von Maschinen "unrentabel" ist. Zum Beispiel ist Steineklopfen sprichw&ouml;rtlich eine der schlechtestbezahlten und unangenehmsten Arbeiten. Es w&auml;re aber eine Kleinigkeit, das Steineklopfen wie in den Vereinigten Staaten durch Maschinen verrichten zu lassen, aber wir haben eine solche Menge billiger Arbeitskr&auml;fte, da&szlig; die Maschine sich nicht "rentiert".<A NAME="ZF22"><A HREF="beaa_414.htm#F22">(22)</A></A> <A NAME="S448"><B>|448|</A></B> Stra&szlig;enreinigen, Kloakenr&auml;umen, Schuttfahren, Tiefbauarbeiten usw. aller Art lie&szlig;en sich schon bei dem heutigen Stande unserer Entwicklung mit Hilfe von Maschinen und technischen Einrichtungen in einer Weise erledigen, da&szlig; sie keine Spur von den Unannehmlichkeiten mehr haben, die damit vielfach f&uuml;r die Arbeiter verkn&uuml;pft sind. Genau genommen ist aber ein Arbeiter, der Kloaken auspumpt, um die Menschen vor gesundheitsgef&auml;hrlichen Miasmen zu sch&uuml;tzen, ein sehr n&uuml;tzliches Glied der Gesellschaft, wohingegen ein Professor, der gef&auml;lschte Geschichte im Interesse der herrschenden Klassen lehrt, oder ein Theologe, der mit &uuml;bernat&uuml;rlichen transzendenten Lehren die Gehirne zu umnebeln sucht, &auml;u&szlig;erst sch&auml;dliche Individuen sind. </P>
<P>Unser heute in Amt und W&uuml;rden stehendes Gelehrtentum repr&auml;sentiert zu einem gro&szlig;en Teil eine Gilde, die dazu bestimmt und bezahlt ist, die Herrschaft der leitenden Klassen mit der Autorit&auml;t der Wissenschaft zu verteidigen und zu rechtfertigen, sie als gerecht und notwendig erscheinen zu lassen sowie die vorhandenen Vorurteile zu erhalten. In Wahrheit treibt diese Gilde zu einem erheblichen Teile Afterwissenschaft, Gehirnvergiftung, kulturfeindliche Arbeit, geistige Lohnarbeit im Interesse der Bourgeoisie und ihrer Klienten.<A NAME="ZF23"><A HREF="beaa_414.htm#F23">(23)</A></A> Ein Ge- <A NAME="S449"><B>|449|</A></B> sellschaftszustand, der k&uuml;nftig die Existenz solcher Elemente unm&ouml;glich macht, vollzieht eine menschheitsbefreiende Tat. </P>
<P>Andererseits ist echte Wissenschaft oft mit sehr unangenehmer, widerlicher Arbeit verbunden. Zum Beispiel, wenn ein Arzt eine im F&auml;ulnisproze&szlig; befindliche Leiche seziert oder eiternde K&ouml;rperteile operiert; oder wenn ein Chemiker Exkremente untersucht. Es sind dieses Arbeiten, die h&auml;ufig widerlicher sind als die widerlichsten Arbeiten, die Tagl&ouml;hner und ungelernte Arbeiter verrichten. Dieses anzuerkennen, daran denkt niemand. Der Unterschied besteht darin, da&szlig; die eine Arbeit, um getan zu werden, ein umfassendes Studium erfordert, die andere von jedem ohne gro&szlig;es Studium verrichtet werden kann. Daher die grundverschiedene Beurteilung. Aber in einer Gesellschaft, in der durch die allen gew&auml;hrte h&ouml;chste Bildungsm&ouml;glichkeit die heute bestehenden Unterscheidungen zwischen gebildet und ungebildet verschwinden, werden auch die Gegens&auml;tze zwischen gelernter und ungelernter Arbeit verschwinden, um so mehr, da die Entwicklung der Technik keine Grenzen kennt, wonach Handarbeit nicht von der Maschine oder durch technische Prozesse verrichtet werden k&ouml;nnte. Man sehe nur die Entwicklung unserer Kunsthandwerke, zum Beispiel der Kupferstecherei, der Xylographie usw., an. Wie die unangenehmsten Arbeiten oft die n&uuml;tzlichsten sind, so ist auch unser Begriff &uuml;ber angenehme und unangenehme Arbeit, wie so viele andere Begriffe in der b&uuml;rgerlichen Welt, ein oberfl&auml;chlicher, der nur an &Auml;u&szlig;erlichkeiten haftet.<I> </P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_21_8">8. Aufhebung des Handels. Umgestaltung des Verkehrs</A></P>
</I><P>Sobald die gesamte Produktion der neuen Gesellschaft auf eine &auml;hnliche Basis wie die skizzierte gestellt ist, produziert sie, wie schon bemerkt, nicht mehr Waren, sondern Gebrauchsgegenst&auml;nde f&uuml;r den Bedarf der Gesellschaft. Damit h&ouml;rt auch der Handel auf, soweit nicht der Verkehr mit anderen V&ouml;lkern, die noch auf b&uuml;rgerlicher Grundlage stehen, die alte Form des Handels notwendig macht, der nur in einer auf Warenproduktion beruhenden Gesellschaft Sinn und Existenzm&ouml;glichkeit hat. Dadurch wird eine gro&szlig;e Armee von Personen beider Geschlechter f&uuml;r die produktive T&auml;tigkeit mobil. Diese gro&szlig;e Armee wird frei f&uuml;r die Produktion; sie erzeugt nunmehr Bedarfs- <A NAME="S450"><B>|450|</A></B> artikel und erm&ouml;glicht einen gr&ouml;&szlig;eren Verbrauch von solchen, oder ihre Anwendung f&ouml;rdert die Einschr&auml;nkung der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit. Heute ern&auml;hren sich diese Personen mehr oder weniger als Parasiten von dem Arbeitsprodukt anderer und m&uuml;ssen, wie nicht bestritten werden soll, sich oft flei&szlig;ig m&uuml;hen und sorgen, ohne eine angemessene Existenz zu finden. In der neuen Gesellschaft sind sie als Handeltreibende, Wirte, Makler, Vermittler &uuml;berfl&uuml;ssig. An Stelle der Dutzende, Hunderte und Tausende von L&auml;den und Handelslokalit&auml;ten aller Art, die gegenw&auml;rtig jede Gemeinde im Verh&auml;ltnis zu ihrer Gr&ouml;&szlig;e besitzt, treten gro&szlig;e Gemeindevoratsh&auml;user, elegante Basare, ganze Ausstellungen, die ein verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ig geringes Verwaltungspersonal beanspruchen. Das ganze Getriebe des Handels wird in eine zentralisierte, rein verwaltende T&auml;tigkeit umgewandelt, die &auml;u&szlig;erst einfache Verrichtungen zu erf&uuml;llen hat und durch die Zentralisation aller gesellschaftlichen Einrichtungen immer mehr vereinfacht wird. Eine &auml;hnliche Umgestaltung erf&auml;hrt das gesamte Verkehrswesen. </P>
<P>Telegraphen, Telephonwesen, Eisenbahnen, Posten, Flu&szlig;- und Seeschiffe, Stra&szlig;enbahnen, Last- und Personenautomobile, Luftschiffe und Flugapparate und wie immer die Einrichtungen und Vehikel hei&szlig;en, die den Verkehr der Gesellschaft vermitteln, sind nunmehr<I> Gesellschafts</I>eigentum. Viele dieser Anstalten, wie die Post, die Telegraphen, das Telephonwesen, die meisten Eisenbahnen, sind in Deutschland schon Staatsinstitute, ihre Umwandlung in Gemeineigentum ist nur eine Formsache. Hier sind keine Privatinteressen mehr zu verletzen. Arbeitet der Staat in der jetzigen Richtung weiter, um so besser. Aber diese staatlich verwalteten Betriebe sind<I> keine</I> sozialistischen Betriebe, wie irrt&uuml;mlich angenommen wird. Es sind Betriebe, die vom Staate ebenso kapitalistisch ausgebeutet werden wie in H&auml;nden der Privatunternehmer. Weder die Beamten noch die Arbeiter haben einen besonderen Vorteil davon. Der Staat behandelt sie nicht anders als ein Privatunternehmer; wenn zum Beispiel in den Etablissements der Reichsmarine und der Eisenbahnverwaltung Verordnungen erlassen werden, &uuml;ber vierzig Jahre alte Arbeiter nicht in Arbeit zu nehmen, so ist des eine Ma&szlig;regel, die den Klassencharakter des Staates als Staat der Ausbeuter an der Stirne tr&auml;gt und die Arbeiter gegen den Staat emp&ouml;ren mu&szlig;. Solche und &auml;hnliche Ma&szlig;regeln vom Staate als Arbeitgeber ausgehend, sind aber weit schlimmer, als gingen sie <A NAME="S451"><B>|451|</A></B> vom Privatunternehmer aus. Letzterer ist gegen&uuml;ber dem Staate immer ein kleiner Unternehmer, und die Besch&auml;ftigung, die er versagt, gew&auml;hrt vielleicht ein anderer. Der Staat hingegen kann durch solche Maximen als monopolisierter Arbeitgeber mit einem Schlage Tausende ins Elend sto&szlig;en. Das ist also nicht sozialistisch, sondern kapitalistisch gehandelt, und die Sozialisten haben allen Grund, sich dagegen zu verwahren, da&szlig; der heutige Staatsbetrieb als sozialistischer Betrieb angesehen und als Verwirklichung sozialistischer Bestrebungen betrachtet wird. </P>
<P>Wie an Stelle der Millionen Privatunternehmer, H&auml;ndler und Mittelspersonen aller Art gro&szlig;e zentralisierte Anstalten treten, so nimmt auch das gesamte Transportwesen eine andere Gestalt an. Die Millionen kleiner Sendungen, die t&auml;glich an fast ebensoviele Eigent&uuml;mer gehen und eine gro&szlig;e Verschwendung an Arbeit, Zeit und Materialien aller Art bedeuten, wachsen jetzt zu gro&szlig;en Transporten an, die nach den Gemeindedepots und Zentralproduktionsst&auml;tten bef&ouml;rdert werden. Die Arbeit wird also auch hier sehr vereinfacht. Wie zum Beispiel der Transport von Rohmaterialien f&uuml;r einen Betrieb von tausend Arbeitern sich viel einfacher gestaltet als f&uuml;r Hunderte zerstreut liegender Kleinbetriebe, so werden die zentralisierten Produktions- und Distributionsst&auml;tten f&uuml;r ganze Gemeinden oder Teile derselben eine sehr bedeutende Ersparnis aller Art herbeif&uuml;hren. Das kommt der ganzen Gesellschaft, aber auch<I> jedem einzelnen</I> zustatten, denn das Gemeininteresse und das pers&ouml;nliche Interesse decken sich jetzt. Die Physiognomie unserer Produktionsst&auml;tten, des Verkehrsmittelwesens und insbesondere auch unserer Wohnorte wird dadurch g&auml;nzlich ver&auml;ndert, sie gewinnen ein viel erfreulicheres Aussehen. Das nervenzerst&ouml;rende Ger&auml;usch, Gedr&auml;nge und Gerenne unserer gro&szlig;en St&auml;dte mit ihren Tausenden von Vehikeln aller Art h&ouml;rt im wesentlichen auf. Der Stra&szlig;enbau, die Stra&szlig;enreinigung, die ganze Wohn- und Lebensweise, der Verkehr der Menschen untereinander, alles erf&auml;hrt eine gro&szlig;e Umgestaltung. Nunmehr k&ouml;nnen hygienische Ma&szlig;regeln mit Leichtigkeit durchgef&uuml;hrt werden, die heute gar nicht oder nur mit den gr&ouml;&szlig;ten Kosten und nur unvollkommen durchzuf&uuml;hren sind und oft genug nur f&uuml;r die vornehmeren Viertel durchgef&uuml;hrt werden. Das Kommunikationswesen mu&szlig; unter solchen Verh&auml;ltnissen seine h&ouml;chste Vervollkommnung erfahren; vielleicht ist dann die Luftschiffahrt das vornehmste Verkehrsmittel. Die Verkehrsmittel sind die <A NAME="S452"><B>|452|</A></B> Adern, welche den Produktenaustausch - die Blutzirkulation - durch die ganze Gesellschaft leiten, die pers&ouml;nlichen und geistigen Beziehungen der Menschen vermitteln, sie sind deshalb im h&ouml;chsten Grade geeignet, ein<I> gleiches Niveau</I> von Wohlbefinden und Bildung durch die ganze Gesellschaft zu verbreiten. Die Ausdehnung und Verzweigung der vollkommensten Verkehrsmittel bis in die entlegensten Orte der Provinzen ist also<I> eine Notwendigkeit und ein allgemeines gesellschaftliches Interesse</I>. Hier erstehen der neuen Gesellschaft Aufgaben, die jene weit &uuml;bertreffen, welche die gegenw&auml;rtige sich stellen kann. Auch wird dieses aufs h&ouml;chste vervollkommnete Kommunikationssystem die Dezentralisierung der gegenw&auml;rtig in den Gro&szlig;st&auml;dten und Industriezentren aufgeh&auml;uften Menschenmassen &uuml;ber das ganze Land beg&uuml;nstigen und so f&uuml;r die Gesundheit wie f&uuml;r die geistige und materielle Kulturf&ouml;rderung von der entscheidendsten Bedeutung werden. </P>
<P><HR></P>
<P>Fu&szlig;noten von August Bebel</P>
<P><A NAME="F1">(1)</A> "Die Macht des Wetteifers, der zu den gewaltigsten Anstrengungen anregt, um das Lob und die Bewunderung anderer zu erwecken, erweist sich erfahrungsgem&auml;&szlig; &uuml;berall n&uuml;tzlich, wo Menschen &ouml;ffentlich miteinander wetteifern, selbst wo es sich um frivole und solche Dinge handelt, von denen das Publikum keinen Nutzen hat. Ein Wettstreit, wer am meisten f&uuml;r das gemeine Beste tun k&ouml;nne, ist aber eine Art Konkurrenz, welche die Sozialisten nicht zur&uuml;ckweisen."<I> John Stuart Mill</I>, "Politische &Ouml;konomie". Jeder Verein, jede Vereinigung von Personen, die gleiche Ziele und Bestrebungen verfolgen, liefert ebenfalls zahlreiche Beispiele h&ouml;heren Strebens, denen kein materieller, sondern nur ein ideeller Erfolg zuteil wird. Die Wetteifernden werden allerdings vom Ehrgeiz getrieben, sich auszuzeichnen, von der Sucht, der gemeinsamen Sache zu n&uuml;tzen. Diese Art Ehrgeiz ist aber eine Tugend, er bet&auml;tigt sich zum Wohle aller, bei dem auch der einzelne seine Befriedigung findet, Ehrgeiz ist nur sch&auml;dlich und verwerflich, wo er zum Schaden des Ganzen oder auf Kosten anderer sich bet&auml;tigt. <A HREF="beaa_414.htm#ZF1">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F2">(2)</A> <I>v. Th&uuml;nen</I>, "Der isolierte Staat" (Rostock), sagt: "In dem entgegengesetzten Interesse liegt der Grund, warum Proletarier und Besitzende fortan sich feindlich gegen&uuml;berstehen und unvers&ouml;hnt bleiben werden,<I> solange der Zwiespalt der Interessen nicht gehoben ist</I>. Nicht blo&szlig; der Wohlstand seines Lohnherrn, sondern durch Entdeckungen im Fabrikwesen, durch Anlegung von Chausseen und Eisenbahnen, durch Ankn&uuml;pfung neuer Handelsverbindungen kann auch von Zeit zu Zeit das Nationaleinkommen sich sehr steigern. Aber bei unserer jetzigen gesellschaftlichen Ordnung wird der Arbeiter davon nicht ber&uuml;hrt, seine Lage bleibt, wie sie war, und<I> der ganze Zuwachs von Einkommen f&auml;llt den Unternehmern, Kapitalisten und Grundherren</I> zu." Dieser letzte Satz ist eine fast w&ouml;rtliche Antizipation des Ausspruchs Gladstones im englischen Parlament, in dem er 1864 erkl&auml;rte, "dieser berauschende Zuwachs von Einkommen und Macht (den in den letzten zwanzig Jahren England erfahren,) ist ausschlie&szlig;lich auf die besitzende Klasse beschr&auml;nkt geblieben". Und S. 207 seines Werkes sagt v. Th&uuml;nen:<I> "In der Trennung des Arbeiters von seinem Erzeugnis liegt das &Uuml;bel." Morelly</I> &auml;u&szlig;ert in seinen "Prinzipien der Gesetzgebung"'. "Das Eigentum trennt uns in zwei Klassen, in Reiche und Arme. Jene lieben ihr Verm&ouml;gen und m&ouml;gen nicht den Staat verteidigen; diese k&ouml;nnen das Vaterland unm&ouml;glich lieben, denn es beschenkt sie mit nichts anderem als Elend. Wohl aber liebt jeder sein Vaterland in der G&uuml;tergemeinschaft, denn jeder bekommt durch sie Leben und Gl&uuml;ck." <A HREF="beaa_414.htm#ZF2">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F3">(3)</A> Bei Abw&auml;gung der Vorteile und Nachteile des Kommunismus sagt Stuart Mill in seiner "Politischen &Ouml;konomie": "Kein Feld kann f&uuml;r die Entwicklung einer solchen Auffassung (da&szlig; das &ouml;ffentliche Interesse auch das pers&ouml;nliche sei) g&uuml;nstiger sein, als eine kommunistische Assoziation. Aller Ehrgeiz sowie alle k&ouml;rperliche und geistige T&auml;tigkeit, welche jetzt sich abm&uuml;hen mit der Verfolgung vereinzelter und selbsts&uuml;chtiger Interessen, w&uuml;rden einen anderen Wirkungskreis verlangen und denselben von selbst in dem Streben f&uuml;r die allgemeine Wohlfahrt den Gemeinwesens finden." <A HREF="beaa_414.htm#ZF3">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F4">(4)</A> In seinen "Irrlehren" spottet Herr Eugen Richter &uuml;ber die von uns in Aussicht gestellte enorme Arbeitszeitverk&uuml;rzung, die bei allgemeiner Arbeitspflicht und h&ouml;chster technischer Organisation des Arbeitsprozesses eintreten w&uuml;rde. Er sucht die Leistungsf&auml;higkeit der Gro&szlig;industrie m&ouml;glichst herabzusetzen, dagegen die Bedeutung des Kleingewerbes aufzubauschen, um behaupten zu k&ouml;nnen, die notwendige Mehrproduktion lie&szlig;e sich nicht bewerkstelligen. Damit der Sozialismus als unm&ouml;glich erscheint, m&uuml;ssen diese Verteidiger der bestehenden "Ordnung" die Vorz&uuml;ge ihrer eigenen Gesellschaftsordnung diskreditieren. <A HREF="beaa_414.htm#ZF4">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F5">(5)</A> "Kapital", sagt der "Quarterly Reviewer", "flieht Tumult und Streit und ist &auml;ngstlicher Natur. Das ist sehr wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital k&uuml;hn. Zehn Prozent sicher, und man kann es &uuml;berall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent positiv waghalsig;<I> f&uuml;r 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fu&szlig;; 300 Prozent, und es gibt kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens.</I> Wenn Tumult und Streit Profit einbringen, wird es sie beide encouragieren." Karl Marx, "Das Kapital", 1. Band. 2. Auflage. Note S. 250. <A HREF="beaa_414.htm#ZF5">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F6">(6)</A> Die Energie der Arbeit und die Anwendung des elektrischen Stromes, von Fr. Kohlrausch. Leipzig 1900, Duncker &amp; Humblot. <A HREF="beaa_414.htm#ZF6">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F7">(7)</A> Schon im Jahre 1864 machte Augustin Mouchot den Versuch, die Sonnenw&auml;rme industriellen Zwecken unmittelbar dienstbar zu machen und konstruierte eine Sonnenmaschine, die von Pifr&eacute; noch verbessert wurde. Die gr&ouml;&szlig;te Sonnenmaschine (Heliomotor) steht in Kalifornien und dient als Pumpapparat. Das Wasser aus dem Brunnen wird mit einer Schnelligkeit von 11.000 Litern in der Minute emporgepumpt. <A HREF="beaa_414.htm#ZF7">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F8">(8)</A> T. Koehn, &Uuml;ber einige gro&szlig;e europ&auml;ische Wasserkraftanlagen und ihre wirtschaftliche Bedeutung. Elektrotechnische Zeitschrift 1909, Heft 38. <A HREF="beaa_414.htm#ZF8">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F9">(9)</A> Supply and distribution of Cotton. S. 37, Washington 1908. <A HREF="beaa_414.htm#ZF9">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F10">(10)</A> Durch die neue Eisenbahnbau- und Betriebsordnung vom 4. November 1904 ist f&uuml;r Personenz&uuml;ge mit durchgehender Bremse die Geschwindigkeitsgrenze auf 100 Kilometer in der Stunde festgesetzt. Im Jahre 1908 hat das preu&szlig;ische Ministerium der &ouml;ffentlichen Arbeiten beschlossen, den Dampfbetrieb der Eisenbahnlinien Leipzig - Bitterfeld - Magdeburg und Leipzig - Halle in elektrischen Betrieb umzuwandeln. <A HREF="beaa_414.htm#ZF10">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F11">(11)</A> W&auml;hrend die alte Dampfmaschine nur auf einem Umwege (durch die Vermittlung des sich hin und her bewegenden Kolbens) die Schwung- und Triebr&auml;der herumdreht, erzeugt die Dampfturbine eine Drehbewegung unmittelbar, so wie der Wind die Windr&auml;der dreht. <A HREF="beaa_414.htm#ZF11">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F12">(12)</A> C. Matscho&szlig;, Die Entwicklung der Dampfmaschine. 2. Band, S. 606 bis 607. Berlin 1908. <A HREF="beaa_414.htm#ZF12">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F13">(13)</A> "Im Mittel rechnete man noch in den f&uuml;nfziger Jahren mit dem Segler sechs Wochen bis New York, der Dampfer kam in zwei Wochen hin&uuml;ber, in den neunziger Jahren wurde die Strecke in einer Woche, jetzt wird sie in 5<FONT SIZE="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">2</FONT> Tagen &uuml;berwunden. Die zwei Weltteile sind infolge dieser Fortschritte einander n&auml;her ger&uuml;ckt als Berlin und Wien vor hundert Jahren." E. Reyer, Kraft. S. 173. Leipzig 1908. <A HREF="beaa_414.htm#ZF13">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F14">(14)</A> O. Kammerer, Die Technik der Lastenf&ouml;rderung einst und jetzt. S. 260. Berlin 1907. <A HREF="beaa_414.htm#ZF14">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F15">(15)</A> "Die gro&szlig;e Masse der Arbeiter hat in England, wie in den meisten anderen L&auml;ndern, so wenig freie Wahl bei ihrer Besch&auml;ftigung oder ihrem Aufenthalt, sie ist, praktisch genommen, so abh&auml;ngig von festen Regeln und fremdem Willen, wie es nur bei irgendeinem System, mit Ausnahme wirklicher Sklaverei, sein kann." John Stuart Mill, Politische &Ouml;konomie. Hamburg 1864. <A HREF="beaa_414.htm#ZF15">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F16">(16)</A> Ein franz&ouml;sischer Arbeiter, aus San Franzisko heimkehrend, schreibt: "Ich h&auml;tte nie geglaubt, da&szlig; ich f&auml;hig w&auml;re, alle die Gewerbe auszu&uuml;ben, die ich in Kalifornien betrieben habe. Ich war fest &uuml;berzeugt, da&szlig; ich au&szlig;er der Buchdruckerei zu nichts gut sei ... Einmal in der Mitte dieser Welt von Abenteurern, welche ihr Handwerk leichter wechseln als ihr Hemd, meiner Treu! Ich tat wie die anderen. Da das Gesch&auml;ft der Minenarbeit sich nicht eintr&auml;glich genug erwies, verlie&szlig; ich es und zog in die Stadt, wo ich der Reihe nach Typograph, Dachdecker, Bleigie&szlig;er usw. wurde. Infolge dieser Erfahrung, zu allen Arbeiten tauglich zu sein, f&uuml;hle ich mich weniger als Molluske und mehr als Mensch." Karl Marx, Das Kapital, 1. Band. <A HREF="beaa_414.htm#ZF16">&lt;=</A> </P>
<P><A NAME="F17">(17)</A> Was aus Menschen unter g&uuml;nstigen Entwicklungsbedingungen werden kann, sehen wir beispielsweise an <I>Leonardo da Vinci</I>, der ein ausgezeichneter Maler, ber&uuml;hmter Bildhauer, gesuchter Architekt und Ingenieur, ein vortrefflicher Kriegsbaumeister, Musiker und Improvisator war. <I>Benvenuto Cellini </I>war ein ber&uuml;hmter Goldschmied, ausgezeichneter Modelleur, guter Bildhauer, anerkannter Kriegsbaumeister, vortrefflicher Soldat und t&uuml;chtiger Musiker. <I>Abraham Lincoln </I>war Holzf&auml;ller, Ackerbauer, Bootsmann, Ladengehilfe und Advokat, bis er den Pr&auml;sidentenstuhl der Vereinigten Staaten bestieg. Man kann ohne &Uuml;bertreibung sagen, die meisten Menschen haben einen Beruf, der ihren F&auml;higkeiten nicht entspricht, weil nicht freier Wille, sondern Zwang der Verh&auml;ltnisse ihnen die Bahn anwies. Mancher schlechte Professor w&uuml;rde als Schuhmacher sehr T&uuml;chtiges leisten und mancher t&uuml;chtige Schuhmacher auch ein t&uuml;chtiger Professor sein. <A HREF="beaa_414.htm#ZF17">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F18">(18)</A> Man beachte immer wieder, da&szlig; die ganze Produktion auf h&ouml;chster technischer Stufenleiter organisiert ist und<I> alle</I> t&auml;tig sind, so da&szlig; unter Umst&auml;nden eine dreist&uuml;ndige Arbeitszeit noch zu lang sein kann. Owen, der ein gro&szlig;er Fabrikant war, also als Sachverst&auml;ndiger gelten darf, hielt - erstes Viertel des neunzehnten Jahrhunderts - eine zweist&uuml;ndige Arbeitszeit f&uuml;r ausreichend. <A HREF="beaa_414.htm#ZF18">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F19">(19)</A> "Die in einem Produkt steckende Menge gesellschaftlicher Arbeit braucht ... nicht erst auf einem Umweg festgestellt zu werden; die t&auml;gliche Erfahrung zeigt direkt an, wieviel davon im Durchschnitt n&ouml;tig ist. Die Gesellschaft kann einfach berechnen, wieviel Arbeitsstunden in einer Dampfmaschine, einem Hektoliter Weizen der letzten Ernte, in hundert Quadratmeter Tuch von bestimmter Qualit&auml;t stecken. Es kann ihr also nicht einfallen, die in den Produkten niedergelegten Arbeitsquanta, die sie alsdann direkt und absolut kennt, noch fernerhin in einem nur relativen, schwankenden, unzul&auml;nglichen, fr&uuml;her als Notbehelf unvermeidlichem Ma&szlig;, in einem dritten Produkt auszudr&uuml;cken und nicht in ihrem nat&uuml;rlichen ad&auml;quaten, absoluten Ma&szlig;, der<I> Zeit</I> ... Sie wird den Produktionsplan einzurichten haben nach den Produktionsmitteln, wozu besonders auch die Arbeitskr&auml;fte geh&ouml;ren. Die Nutzeffekte der verschiednen Gebrauchsgegenst&auml;nde, abgewogen untereinander und gegen&uuml;ber den zu ihrer Herstellung n&ouml;tigen Arbeitsmengen, werden den Plan schlie&szlig;lich bestimmen. Die Leute machen alles sehr einfach ab ohne Dazwischenkunft des vielber&uuml;hmten 'Werts'." Fr. Engels, Herrn Eugen D&uuml;hrings Umw&auml;lzung der Wissenschaft. Stuttgart, J. H. W. Dietz. <A HREF="beaa_414.htm#ZF19">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F20">(20)</A> Herr Eugen Richter ist in seinen "Irrlehren" &uuml;ber den Wegfall des Geldes - abgeschafft wird es nicht, es kommt durch die Aufhebung des<I> Warencharakters</I> der Arbeitsprodukte, weil &uuml;berfl&uuml;ssig, von selbst in Wegfall - in der sozialistischen Gesellschaft so &uuml;berrascht, da&szlig; er diesem Vorgang ein besonderes Kapitel widmet. Namentlich will ihm nicht einleuchten, da&szlig; es gleichg&uuml;ltig sei, ob der Ausweis &uuml;ber die geleistete Arbeitszeit ein bedrucktes St&uuml;ck Papier, Gold oder Blech sei. Er sagt: Mit dem Golde k&auml;me aber der Teufel der jetzigen Weltordnung wieder in den sozialdemokratischen Staat hinein - da&szlig; es schlie&szlig;lich nur noch eine sozialistische Gesellschaft, keinen sozialdemokratischen "Staat" gibt, &uuml;bersieht Herr Richter hartn&auml;ckig, ein gut Teil seiner Polemik w&uuml;rde alsdann den Boden verlieren -, denn Gold hat einen selbst&auml;ndigen Metallwert, kann leicht aufbewahrt werden, und w&uuml;rde somit der Besitz von Goldst&uuml;cken die M&ouml;glichkeit gew&auml;hren zur Anh&auml;ufung von Werten, zum Loskaufen von der Arbeitspflicht und selbst zu Darlehen gegen Zins. Man mu&szlig; seine Leser f&uuml;r gro&szlig;e Dummk&ouml;pfe halten, um ihnen solches Blech &uuml;ber unser Gold vorzusetzen. Herr Richter, der den Kapitalbegriff nicht loswerden kann, kann selbstverst&auml;ndlich auch nicht begreifen, da&szlig;, wo kein Kapital, keine Ware ist, es auch kein "Geld" geben kann, und wo kein "Kapital" und kein "Geld" ist, auch kein Zins sein kann. Herr Richter ist in den Kapitalbegriff so verrannt, da&szlig; er sich eine Welt ohne "Kapital" nicht zu denken vermag. Wir m&ouml;chten wissen, wie das Mitglied einer sozialistischen Gesellschaft sein goldenes Arbeitszertifikat "sparen" oder gar an andere verleihen und "Zins" dabei herausschlagen kann, wo alle anderen ebenfalls besitzen, was der eine ausbietet und -<I> von dem er lebt</I>.<A HREF="beaa_414.htm#ZF20">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F21">(21)</A> "Alle gemeinhin wohlorganisierten Menschen werden mit<I> einem beinahe gleichen Verstand geboren, aber Erziehung, Gesetze und Umst&auml;nde machen sie untereinander verschieden</I>. Das richtig verstandene Einzelinteresse verschmilzt mit dem Gemeininteresse oder &ouml;ffentlichen Interesse." Helvetius, &Uuml;ber den Menschen und dessen Erziehung. In bezug auf die sehr<I> gro&szlig;e</I> Mehrheit der Menschen hat Helvetius recht; was verschieden ist, sind die Anlagen der einzelnen f&uuml;r die verschiedensten Berufe. <A HREF="beaa_414.htm#ZF21">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F22">(22)</A> "Wenn man w&auml;hlen m&uuml;&szlig;te zwischen dem Kommunismus und allen seinen Chancen und dem gegenw&auml;rtigen Gesellschaftszustand mit allen seinen Leiden und Ungerechtigkeiten; wenn die Institution des Privateigentums es als notwendige Folgen mit sich br&auml;chte, da&szlig; das Ergebnis der Arbeit so sich verteile, wie wir es jetzt sehen, fast im umgekehrten Verh&auml;ltnis zur Arbeit -<I> da&szlig; die gr&ouml;&szlig;ten Anteile denjenigen zufallen, welche &uuml;berhaupt nie gearbeitet haben; die n&auml;chstgr&ouml;&szlig;ten denen, deren Arbeit beinahe nur nominell ist, und so weiter hinunter, indem die Verg&uuml;tung in gleichem Verh&auml;ltnis zusammenschrumpft, wie die Arbeit schwerer und unangenehmer wird, bis endlich die erm&uuml;dendste und aufreibendste Arbeit nicht mit Gewi&szlig;heit darauf rechnen kann, selbst nur den notwendigsten Lebensbedarf zu erwerben; wenn, sagen wir, die Alternative w&auml;re: dies oder Kommunismus, so w&uuml;rden alle Bedenklichkeiten des Kommunismus, gro&szlig;e wie kleine, nur wie Spreu in der Waagschale sein."</I> John Stuart Mill, Politische &Ouml;konomie. Mill hat sich redlich M&uuml;he gegeben, die b&uuml;rgerliche Welt zu "reformieren" und zur "Vernunft" zu bringen. Nat&uuml;rlich vergebens. Und so ist er, wie jeder einsichtige Mann, der den Zustand der Dinge erkennt, schlie&szlig;lich Sozialist geworden. Er wagte aber nicht, das bei Lebzeiten zu bekennen, sondern veranla&szlig;te, da&szlig; nach seinem Tode seine Autobiographie ver&ouml;ffentlicht wurde, die sein sozialistisches Glaubensbekenntnis enth&auml;lt. Es ging ihm wie Darwin, der bei Lebzeiten nicht als Atheist erkannt sein wollte. Das ist das Kom&ouml;dienspiel, zu dem die b&uuml;rgerliche Gesellschaft Tausende zwingt. Die Bourgeoisie heuchelt Loyalit&auml;t, Religion und Autorit&auml;tsglauben, weil auf der Anerkennung dieser "Tugenden" durch die Menge ihre Herrschaft beruht, aber innerlich lacht sie &uuml;ber dieselben. <A HREF="beaa_414.htm#ZF22">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F23">(23)</A> "Die Gelehrsamkeit dient h&auml;ufig ebensosehr der Unwissenheit wie dem Fortschritt." Buckle, Geschichte der englischen Zivilisation. <A HREF="beaa_414.htm#ZF23">&lt;=</A></P></BODY>
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