emacs.d/clones/www.mlwerke.de/me/me04/me04_030.htm
2022-08-25 20:29:11 +02:00

61 lines
No EOL
18 KiB
HTML

<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 3.2//EN">
<HTML>
<HEAD>
<META HTTP-EQUIV="Content-Type" CONTENT="text/html; charset=ISO-8859-1">
<TITLE>Friedrich Engels - Die preußische Verfassung</TITLE>
</HEAD>
<BODY BGCOLOR="#fffffc">
<SMALL>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 4, S. 30 - 36<BR>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1972 </SMALL></P>
<H2>Friedrich Engels</H2>
<H1>Die preu&szlig;ische Verfassung</H1>
<FONT SIZE=2><P>Geschrieben Ende Februar 1847.<BR>
Aus dem Englischen.</FONT>
<HR>
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">["The Northern Star" Nr. 489 vom 6. M&auml;rz 1847]</P>
</FONT><B><P><A NAME="S30">&lt;30&gt;</A></B> Endlich ist das lang erwartete Kunstwerk da! Endlich ist Preu&szlig;en - wenn wir der "Times", dem "Globe", einigen franz&ouml;sischen und einigen deutschen Bl&auml;ttern Glauben schenken - in die Reihen der konstitutionellen L&auml;nder eingetreten. Der "Northern Star" hat jedoch bereits gen&uuml;gend bewiesen, da&szlig; diese sogenannte Verfassung nichts anderes ist als eine dem preu&szlig;ischen Volk gestellte Falle, um es um die Rechte zu betr&uuml;gen, die der verstorbene K&ouml;nig zu einer Zeit, als er die Hilfe des Volkes brauchte, versprochen hatte. Da&szlig; dem so ist, da&szlig; Friedrich Wilhelm mit dieser sogenannten Verfassung Geld zu bekommen versucht, ohne verpflichtet zu sein, der &ouml;ffentlichen Meinung Konzessionen zu machen, steht v&ouml;llig au&szlig;er Zweifel. Die demokratischen Zeitungen aller L&auml;nder - in Frankreich besonders der "National" und die "R&eacute;forme", ja sogar das ministerielle "Journal des D&eacute;bats" - stimmen darin &uuml;berein. Die gefesselte deutsche Presse stammelt Worte, die keinen anderen Schlu&szlig; zulassen, als da&szlig; die Bewegungspartei in Preu&szlig;en sich v&ouml;llig im klaren ist &uuml;ber die schlauen Absichten ihres "offenherzigen, edelm&uuml;tigen" K&ouml;nigs. Es ergibt sich also folgende Frage: Wird der K&ouml;nig mit seinen Pl&auml;nen Erfolg haben? Wird der Vereinigte Landtag entweder dumm oder feige genug sein, eine neue Anleihe zu bewilligen, ohne dem Volke umfassende Freiheiten zu sichern, und auf diese Weise dem K&ouml;nig die Mittel geben, das gegenw&auml;rtige System beliebig lange fortzusetzen?</P>
<P>Wir antworten: Nein, er wird es nicht, er kann es nicht.</P>
<P>Der bisher befolgte Regierungsplan in Preu&szlig;en war das Ergebnis der Wechselbeziehungen des Adels und der Bourgeoisie in Preu&szlig;en. Der Adel <A NAME="S31"><B>&lt;31&gt;</A></B> hat zuviel von seiner fr&uuml;heren Kraft, seinem Wohlstand und Einflu&szlig; verloren, um den K&ouml;nig so zu beherrschen, wie er das fr&uuml;her getan hatte. Die Bourgeoisie war noch nicht stark genug, das Bleigewicht des Adels, das ihren kommerziellen und industriellen Fortschritt einengte, abzuwerfen. So war der K&ouml;nig, der die Zentralmacht des Staates repr&auml;sentiert und unterst&uuml;tzt wird von der zahlenm&auml;&szlig;ig starken Klasse der Regierungsbeamten und Offiziere, abgesehen davon, da&szlig; ihm die Armee zur Verf&uuml;gung steht, in der L&auml;ge, die Bourgeoisie durch den Adel und den Adel durch die Bourgeoisie niederzuhalten, indem er einmal den Interessen der einen und ein andermal den Interessen der andern schmeichelte und soviel wie m&ouml;glich den Einflu&szlig; beider ins Gleichgewicht hielt. Durch dieses Stadium der absoluten Monarchie sind fast alle zivilisierten L&auml;nder Europas hindurchgegangen, und in den fortgeschrittensten L&auml;ndern hat es jetzt der Regierung der Bourgeoisie Platz gemacht.</P>
<P>Preu&szlig;en, das fortgeschrittenste deutsche Land, ermangelte bisher einer Bourgeoisie, wohlhabend, stark, vereinigt und energisch genug, die Herrschaft des Absolutismus abzusch&uuml;tteln und die &Uuml;berreste des Feudaladels zu vernichten. Die beiden einander bek&auml;mpfenden Elemente, Adel und Bourgeoisie, befinden sich jedoch in einer solchen Lage, da&szlig; durch den nat&uuml;rlichen Fortschritt der Industrie und der Zivilisation das eine (die Bourgeoisie) an Wohlstand und Einflu&szlig; zunehmen mu&szlig;, w&auml;hrend das andere (der Adel) abnehmen, verarmen und seinen Vorrang mehr und mehr verlieren mu&szlig;. W&auml;hrend sich daher der preu&szlig;ische Adel und die Gro&szlig;grundbesitzer jedes Jahr in einer schlechteren L&auml;ge befanden, einmal durch die verheerenden Kriege mit Frankreich zu Beginn dieses Jahrhunderts, dann durch die englischen Korngesetze, die sie vom Markte Englands ausschlossen, schlie&szlig;lich durch die Konkurrenz Australiens in einem ihrer Hauptproduktionszweige, der Wolle, und durch viele andere Umst&auml;nde - hat die Bourgeoisie Preu&szlig;ens an Wohlstand, Produktivkr&auml;ften und Einflu&szlig; &uuml;berhaupt gewaltig zugenommen. Die Kriege mit Frankreich, die Schlie&szlig;ung der kontinentalen M&auml;rkte f&uuml;r die englischen Manufakturwaren riefen in Preu&szlig;en eine Industrie ins Leben, und als der Frieden wiederhergestellt war, waren die emporgekommenen Fabrikanten stark genug, der Regierung Schutzz&ouml;lle abzuzwingen (1818). Bald danach wurde der Zollverein gegr&uuml;ndet, eine Union, die fast ausschlie&szlig;lich die Interessen der Bourgeoisie f&ouml;rderte. Vor allem aber zwang der heftige Konkurrenzkampf, der zwischen den verschiedenen handel- und gewerbetreibenden Nationen in den vergangenen drei&szlig;ig Friedensjahren entbrannt ist, der etwas indolenten preu&szlig;ischen Bourgeoisie die Entscheidung auf, entweder zuzulassen, da&szlig; sie durch die fremde Konkurrenz <A NAME="S32"><B>&lt;32&gt;</A></B> v&ouml;llig ruiniert wird, oder, ebenso wie ihre Nachbarn, allen Ernstes ans Werk zu gehen.</P>
<P>Der Fortschritt der Bourgeoisie war sehr wenig sichtbar, bis ihr im Jahre 1840 bei der Thronbesteigung des neuen K&ouml;nigs der geeignete Augenblick gekommen schien, zu zeigen, da&szlig; sich die Verh&auml;ltnisse in Preu&szlig;en seit 1815 in einem ziemlichen Ma&szlig;e ge&auml;ndert haben. Ich brauche nicht zu rekapitulieren, welche Fortschritte die Bewegung der Bourgeoisie seit jener Zeit gemacht hat, wie sie alle Teile des K&ouml;nigreichs erfa&szlig;te, bis schlie&szlig;lich die ganze Bourgeoisie, ein gro&szlig;er Teil der Bauernschaft und nicht wenige Adlige sich ihr anschlossen. Eine Repr&auml;sentativverfassung, Freiheit der Presse, &ouml;ffentliches Gerichtsverfahren, Unabsetzbarkeit der Richter, Geschworenengerichte - solcherart waren die Forderungen der Bourgeoisie. Die Bauernschaft oder die kleinen Grundbesitzer sahen sehr wohl - zum mindesten in den aufgekl&auml;rteren Teilen des K&ouml;nigreichs -, da&szlig; solche Ma&szlig;nahmen auch in ihrem Interesse lagen, weil sie nur durch diese hoffen konnten, sich von den &Uuml;berresten des Feudalismus zu befreien und jenen Einflu&szlig; auf die Gesetzgebung zu erlangen, der f&uuml;r sie w&uuml;nschenswert war. Der &auml;rmere Teil des Adels dachte, da&szlig; das konstitutionelle System ihm vielleicht eine seinen Interessen gem&auml;&szlig;e Stellung in der Gesetzgebung verleihen w&uuml;rde und da&szlig; dieses System jedenfalls f&uuml;r ihn nicht ruin&ouml;ser sein k&ouml;nnte als dasjenige, unter welchem er lebte. Haupts&auml;chlich der Adel des eigentlichen Preu&szlig;ens und Posens, durch Mangel an M&auml;rkten f&uuml;r seine Produkte schwer bedr&uuml;ckt, schlo&szlig; sich aus solchen Erw&auml;gungen der liberalen Bewegung an.</P>
<P>Die Bourgeoisie geriet mehr und mehr in eine schwierige L&auml;ge. Sie hatte ihre Manufaktur- und Bergbauunternehmungen ebenso wie ihre Schiffahrt in erheblichem Ma&szlig;e ausgedehnt; sie war der Hauptlieferant f&uuml;r den gesamten Markt des Zollvereins; ihr Wohlstand und ihre zahlenm&auml;&szlig;ige St&auml;rke hatten sich sehr vergr&ouml;&szlig;ert. Aber w&auml;hrend der letzten zehn bis f&uuml;nfzehn Jahre hat der enorme Fortschritt der englischen Manufaktur- und Bergbauunternehmungen sie mit einer gef&auml;hrlichen Konkurrenz bedroht. Jede &Uuml;berf&uuml;llung des englischen Marktes warf gro&szlig;e Mengen englischer Waren in das Gebiet des Zollvereins, wo sie zu Preisen verkauft wurden, die die Deutschen mehr ruinierten als die Engl&auml;nder, denn diese machten in Zeiten der Prosperit&auml;t gro&szlig;e Profite auf dem amerikanischen Markt und anderen M&auml;rkten, w&auml;hrend die Preu&szlig;en ihre Produkte nirgends verkaufen konnten au&szlig;er im Bereich ihrer eigenen Zollgrenze. Ihren Schiffen war fast v&ouml;llig der Zugang zu den H&auml;fen der anderen Staaten verwehrt, w&auml;hrend Schiffe aller Flaggen die preu&szlig;ischen H&auml;fen unter gleichen Bedingungen wie die preu&szlig;ischen Schiffe anliefen. So entstanden, obwohl es in Preu&szlig;en verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ig wenig Kapital <A NAME="S33"><B>&lt;33&gt;</A></B> gibt, Schwierigkeiten f&uuml;r profitable Kapitalanlagen. Das Gesch&auml;ft schien unter st&auml;ndigem Druck zu stehen; die Fabriken, die Maschinerie, der Warenbestand wurden langsam, aber stetig entwertet; und nur f&uuml;r kurze Zeit wurde diese allgemeine Flaute durch die Eisenbahnspekulationen unterbrochen, die in den vergangenen acht Jahren in Preu&szlig;en ihren Anfang nahmen. Da diese Spekulationen den Wert des fl&uuml;ssigen Geldes in die H&ouml;he trieben, steigerten sie die Entwertung des Warenvorrats, w&auml;hrend sie selbst im Durchschnitt, wegen der verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ig d&uuml;nnen Bev&ouml;lkerung und des schwach entwickelten Gewerbes im gr&ouml;&szlig;ten Teil des Landes nicht sehr gewinnbringend waren. Sie boten jedoch immer noch eine bessere Profitchance als andere industrielle Anlagen, so da&szlig; jeder, der &uuml;ber einiges Kapital verf&uuml;gte, sich an ihnen beteiligte. Wie gew&ouml;hnlich nahmen diese Spekulationen sehr bald fieberhaften Charakter an und endeten in einer Krise, die seit etwa zw&ouml;lf Monaten auf den preu&szlig;ischen Geldm&auml;rkten lastet. So befand sich die Bourgeoisie zu Anfang dieses Jahres in einer sehr unangenehmen Lage: die Geldm&auml;rkte standen unter dem Druck eines au&szlig;ergew&ouml;hnlichen Bargeldmangels; die Industriegebiete verlangen mehr denn je nach den Schutzz&ouml;llen, die ihnen die Regierung verweigert hat; die K&uuml;stenst&auml;dte fordern Navigationsgesetze, das einzige Mittel zur Erleichterung ihrer L&auml;ge; und dar&uuml;ber hinaus - eine Preissteigerung auf den Getreidem&auml;rkten, die das Land an den Rand einer Hungersnot brachte. Alle diese Ursachen der Unzufriedenheit wirkten gleichzeitig und daher um so st&auml;rker auf das Volk: die schlesischen Leineweber im gr&ouml;&szlig;ten Elend; die Baumwollbetriebe stillgelegt; in dem gro&szlig;en Industriegebiet am Rhein fast alle Arbeiter feiernd; die Kartoffelernte gr&ouml;&szlig;tenteils vernichtet und Brot zu Wucherpreisen. Der Augenblick war offensichtlich f&uuml;r die Bourgeoisie gekommen, die Regierungsgewalt einem schwachsinnigen K&ouml;nig, einem schwachen Adel und einer d&uuml;nkelhaften B&uuml;rokratie aus den H&auml;nden zu nehmen, um sie sich selbst zu sichern.</P>
<P>Es ist eine merkw&uuml;rdige Tatsache, die jedoch in jeder revolution&auml;ren Epoche wieder auftritt, da&szlig; in dem gleichen Augenblick, da die f&uuml;hrende Klasse einer Bewegung in der g&uuml;nstigsten L&auml;ge ist, jene Bewegung zu vollenden, die alte, &uuml;berlebte Regierung nichts anderes mehr tun kann, als eben diese f&uuml;hrende Klasse um Beistand zu ersuchen. So 1789 in Frankreich, als Hungersnot, schlechte Gesch&auml;fte und Spaltungen im Adel die Bourgeoisie sozusagen in eine Revolution hineintrieben - gerade zu diesem Zeitpunkt fand die Regierung ihre Geldquellen ersch&ouml;pft und war gen&ouml;tigt, durch die Einberufung der Generalst&auml;nde die Revolution einzuleiten. So 1847 in Preu&szlig;en. Zur gleichen Zeit, da die gleichg&uuml;ltigere preu&szlig;ische Bourgeoisie durch die Umst&auml;nde beinahe gezwungen ist, das Regierungssystem zu &auml;ndern, <A NAME="S34"><B>&lt;34&gt;</A></B> ist der K&ouml;nig durch Geldmangel gezwungen, diese System&auml;nderung zu beginnen und seinerseits die preu&szlig;ischen Generalst&auml;nde &lt;d.h. den preu&szlig;ischen Vereinigten Landtag&gt; einzuberufen. Es steht au&szlig;er Zweifel, da&szlig; die St&auml;nde ihm viel weniger Widerstand leisten w&uuml;rden, als es jetzt der Fall ist, wenn der Geldmarkt fl&uuml;ssig w&auml;re, die Fabriken vollauf zu tun h&auml;tten (was eintreten w&uuml;rde durch einen bl&uuml;henden Handel, schnellen Absatz und die sich daraus ergebenden hohen Preise f&uuml;r Manufakturwaren in England) und wenn Getreide zu einem einigerma&szlig;en niedrigen Preise zu haben w&auml;re. Aber so ist es: In Zeiten einer herannahenden Revolution haben die fortschrittlichen Klassen der Gesellschaft stets alle Chancen auf ihrer Seite.</P>
<P>Im Laufe der Jahre 1845 und 1846 habe ich den Lesern des "Star" mehr als einmal dargetan, da&szlig; der K&ouml;nig von Preu&szlig;en in einer argen finanziellen Klemme sa&szlig;; gleichzeitig habe ich ihre Aufmerksamkeit auf die verschiedenen klugen Pl&auml;ne gelenkt, mit denen seine Minister ihm herauszuhelfen suchten; ich habe vorausgesagt, da&szlig; die ganze Geschichte mit einer Einberufung der Generalst&auml;nde enden m&uuml;sse. Das Ereignis war also weder unerwartet noch, wie man es jetzt hinstellt, durch die gro&szlig;m&uuml;tige Huld seiner verschwenderischen Majest&auml;t verursacht; nichts als reine Notwendigkeit, Armut und Elend konnten ihn zu einem solchen Schritt bewegen, und jedes Kind in Preu&szlig;en wei&szlig; das. Die einzige Frage ist also: Wird die preu&szlig;ische Bourgeoisie durch die Auflegung einer neuen Anleihe mit ihrer Garantie dem K&ouml;nig gestatten, so weiterzumachen wie bisher und ihre Petitionen und Bed&uuml;rfnisse abermals f&uuml;r sieben Jahre zu ignorieren?</P>
<P>Wir haben diese Frage bereits beantwortet. Sie kann das nicht. Wir haben das an der Lage der jeweiligen Klasse nachgewiesen, und wir werden es jetzt nachweisen an der Zusammensetzung des Vereinigten Landtages:</P>
<P ALIGN="LEFT"><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=490>
<TR><TD WIDTH="70%" VALIGN="TOP">
<P>Vertreter des hohen und niederen Adels</TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">311</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="70%" VALIGN="TOP">
<P>Vertreter der St&auml;dte und der Bauernschaft</TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">306</TD>
</TR>
</TABLE>
</P>
<P>Da der K&ouml;nig seine Absicht bekanntgegeben hat, die Zahl der Vertreter des hohen Adels (insgesamt 80) durch Neuernennungen zu erh&ouml;hen, k&ouml;nnen wir die Zahl der Adligen um drei&szlig;ig erh&ouml;hen, wodurch die Gesamtzahl der Adligen, n&auml;mlich der Regierungspartei, auf 341 steigt. Man subtrahiere von dieser Zahl die liberalen Fraktionen des niederen Adels, n&auml;mlich den gesamten Adel des eigentlichen Preu&szlig;ens, zwei Drittel des posenschen Adels sowie einige Mitglieder des rheinischen, schlesischen, brandenburgischen und westf&auml;lischen Adels, sagen wir siebzig liberale Mitglieder, die mit den <A NAME="S35"><B>&lt;35&gt;</A></B> St&auml;dten und der Bauernschaft stimmen werden, und die Stellung der Parteien ist folgende:</P>
<P ALIGN="LEFT"><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=490>
<TR><TD WIDTH="70%" VALIGN="TOP">
<P>Adel oder Regierungspartei</TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">271</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="70%" VALIGN="TOP">
<P>St&auml;dte und Bauernschaft oder liberale Opposition</TD>
<TD WIDTH="30%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">376</TD>
</TR>
</TABLE>
</P>
<P>Somit wird, selbst wenn wir einr&auml;umen, da&szlig; drei&szlig;ig oder vierzig Vertreter der St&auml;dte oder der Bauernschaft entlegener Gebiete f&uuml;r die Regierung stimmen k&ouml;nnten, stets eine liberale Mehrheit von f&uuml;nfundzwanzig bis f&uuml;nfzig Stimmen &uuml;brigbleiben, und mit geringer Energie von seiten der Liberalen wird es leicht sein, auf jede Geldforderung mit einer anderen Forderung nach liberalen Institutionen zu antworten. Es besteht au&szlig;erdem kein Zweifel, da&szlig; das Volk unter den gegenw&auml;rtigen Umst&auml;nden die Bourgeoisie unterst&uuml;tzen und durch seinen Druck von au&szlig;en, der in der Tat sehr w&uuml;nschenswert w&auml;re, den Vertretern im Parlament die Courage st&auml;rken und ihre Energien wecken wird.</P>
<P>Somit ist die Verfassung Preu&szlig;ens, obgleich an sich unbedeutend, dennoch der Beginn einer neuen Epoche f&uuml;r dieses Land und f&uuml;r ganz Deutschland. Sie kennzeichnet den Sturz des Absolutismus und des Adels und den Aufstieg der Bourgeoisie; sie kennzeichnet den Beginn einer Bewegung, die sehr bald zu einer Repr&auml;sentativverfassung f&uuml;r die Bourgeoisie, einer freien Presse, unabh&auml;ngigen Richtern und Geschworenengerichten f&uuml;hren und die wer wei&szlig; wo enden wird. Sie kennzeichnet die Wiederholung des Jahres 1789 in Preu&szlig;en. Wenn nun die revolution&auml;re Bewegung, die jetzt beginnt, nur die Bourgeoisie direkt interessieren wird, so ist sie doch keineswegs ohne Belang f&uuml;r die Interessen des Volkes. Von dem Augenblick an, da die Macht der Bourgeoisie konstituiert ist, beginnt die besondere und ausgepr&auml;gte demokratische Bewegung. In dem Kampf gegen Despotismus und Aristokratie kann das Volk, die demokratische Partei, nur eine sekund&auml;re Rolle spielen; die erste Rolle geb&uuml;hrt der Bourgeoisie. Jedoch von dem Moment an, da die Bourgeoisie ihre eigene Regierung errichtet, sich identifiziert mit einem neuen Despotismus, einer neuen Aristokratie gegen das Volk, von diesem Moment an tritt die Demokratie als die einzige, ausschlie&szlig;liche Bewegungspartei auf; von diesem Augenblick an ist der Kampf vereinfacht, auf zwei Parteien reduziert und schl&auml;gt durch diesen Umstand um in einen "Krieg bis aufs Messer". Die Geschichte der franz&ouml;sischen und englischen demokratischen Parteien beweist das vollauf.</P>
<P>Ein anderer Umstand verdient vermerkt zu werden. Die Eroberung der politischen Macht durch die Bourgeoisie Preu&szlig;ens wird die politische Stellung aller europ&auml;ischen L&auml;nder &auml;ndern. Die nordische Allianz wird aufgel&ouml;st werden. &Ouml;sterreich und Ru&szlig;land, die bei der Beraubung Polens die Haupt- <A NAME="S36"><B>&lt;36&gt;</A></B> beteiligten waren, werden v&ouml;llig isoliert werden von dem &uuml;brigen Europa, denn Preu&szlig;en zieht die kleineren Staaten Deutschlands, die alle konstitutionelle Regierungen haben, mit sich. So wird das Gleichgewicht der Kr&auml;fte in Europa v&ouml;llig ver&auml;ndert werden durch die Folgen dieser unbedeutenden Verfassung, das Hin&uuml;berwechseln von drei Vierteln Deutschlands aus dem Lager des stagnierenden Osteuropas in das Lager des progressiven Westeuropas. - Im Februar 1846 brach der letzte polnische Aufstand aus. Im Februar 1847 beruft Friedrich Wilhelm seine Generalst&auml;nde ein. <I>Die Rache Polens ist im Anmarsch!</P></I>
<P ALIGN="RIGHT">E.</P>
</BODY>
</HTML>