1190 lines
74 KiB
HTML
1190 lines
74 KiB
HTML
<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 4.01 Transitional//EN">
|
|
|
|
<html>
|
|
<head>
|
|
<meta name="generator" content="HTML Tidy for Windows (vers 25 March 2009), see www.w3.org">
|
|
<meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=us-ascii">
|
|
|
|
<title>Friedrich Engels - Bedingungen und Aussichten eines Krieges der heiligen Allianz gegen rin
|
|
revolutionaeres Frankreich im Jahre 1852</title>
|
|
</head>
|
|
|
|
<body link="#0000FF" vlink="#800080" bgcolor="#FFFFAF">
|
|
<p><font size="2">Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz
|
|
Verlag, Berlin. Band 7, 5. Auflage 1973, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1960,
|
|
Berlin/DDR. S. 468-493.</font></p>
|
|
|
|
<h2>Friedrich Engels</h2>
|
|
|
|
<h1>[Bedingungen und Aussichten eines Krieges der Heiligen Allianz gegen ein revolutionäres
|
|
Frankreich im Jahre 1852]</h1>
|
|
|
|
<p><font size="2">Geschrieben April 1851.<br>
|
|
Nach dem Manuskript.</font></p>
|
|
|
|
<p align="center"><a name="S468" id="S468"></a></p>
|
|
<hr>
|
|
|
|
<p><b><468></b> Ich nehme als ausgemacht an, daß jede siegreiche Pariser Revolution
|
|
im J[ahre] 1852 sofort einen Krieg der Heil[igen] Allianz gegen Frankreich zur Folge hat.</p>
|
|
|
|
<p>Dieser Krieg wird ein ganz andrer sein als der von 1792-94, und die damaligen Ereignisse
|
|
können in keiner Weise zur Parallele dienen.</p>
|
|
|
|
<p align="center">I</p>
|
|
|
|
<p>Die Wunder des Konvents, in der milit[ärischen] Besiegung der Koalition, reduzieren sich
|
|
bei näherer Betrachtung bedeutend, und man begreift und findet sogar in vielen Punkten
|
|
gerechtfertigt die Verachtung Napoleons gegen die 14 Armeen des Konvents; N[apoleon] pflegte zu
|
|
sagen, daß die Böcke der Koalition das meiste getan hätten, was ganz richtig ist,
|
|
und er hielt Carnot noch auf St. Helena für einen mittelmäßigen Kopf.</p>
|
|
|
|
<p>Im August 1792 fielen 90.000 Preußen und Östreicher nach Frankreich ein. Der
|
|
König v[on] Preußen wollte direkt auf Paris marschieren, Braunschweig und die
|
|
östr[eichischen] Generale wollten nicht. Keine Einheit im Kommando; bald Zaudern, bald
|
|
rasches Vorgehn, stets wechselnde Pläne. Nach der Passage der Argonnen-Defileen stellt
|
|
Dumouriez sich ihnen bei Valmy und St. Menehould entgegen. Die Alliierten konnten ihn umgehn und
|
|
ihn ruhig stehnlassen, er mußte ihnen auf Paris folgen und war, bei einigermaßen
|
|
erträglichem Verfahren, ihnen nicht einmal im Rücken gefährlich. Sie konnten aber
|
|
auch sichrer gehn und ihn schlagen, was leicht war, da sie mehr und bessre Truppen hatten, was
|
|
die Franzosen selbst zugeben. Statt dessen liefern sie ihm die lächerliche Kanonade vom
|
|
Valmy, wo während der Schlacht, ja während der Kolonnenattacke selbst, von der
|
|
verwegneren zur zaghafteren Meinung mehr als einmal von den Generälen umgesprungen wird. Die
|
|
beiden <a name="S471" id="S471"><b><471></b></a> Attacken selbst waren lausig an Masse, an
|
|
Kraft, an spirit <Kampfgeist>, Schuld nicht der Soldaten, sondern der Schwankungen im
|
|
Kommando; es waren kaum Attacken, höchstens Demonstrationen. Ein resolutes Vorgehn auf der
|
|
ganzen Linie hätte die franz[ösischen] Volontärs und demoralisierten Regimenter
|
|
sicher geworfen. Nach der Schlacht blieben die Alliierten wieder ratlos stehn, bis die Soldaten
|
|
krank wurden.</p>
|
|
|
|
<p>In der Kampagne von Jemappes siegte Dumouriez dadurch, daß er zuerst halb instinktiv dem
|
|
östreichischen System der Kordons und unendlich langen Fronten (von Ostende bis an die Maas)
|
|
die Massenkonzentration entgegensetzte. Aber im nächsten Frühjahr verfiel er - infolge
|
|
seiner Marotte, Holland erobern zu wollen - in denselben Fehler; die Östr[eicher] dagegen
|
|
rückten konzentriert vor; Resultat, die Schlacht v[on] Neerwinden und der Verlust Belgiens.
|
|
Bei Neerwinden sowohl wie speziell in den kleineren Engagements d[ie]s[e]r Kampagne zeigte sich,
|
|
daß die franz[ösischen] Volontärs, die vielgepriesenen Helden, wenn sie nicht
|
|
fortwährend unter den Augen Dumouriez's waren, sich nicht besser schlugen als die 1849er
|
|
süddeutsche "Volkswehr". Nun ging noch Dumouriez über, die Vendée stand auf, die
|
|
Armee war zersplittert und decouragiert, und wenn die 130.000 Östreicher und
|
|
Engl[än]d[e]r resolut auf Paris marschierten, so war die Revolution bankerott, und Paris war
|
|
erobert - geradeso wie im vorigen Jahr, wenn nicht solche Dummheiten passierten. Statt dessen
|
|
legten sich die Herren vor die Festungen, warfen sich darauf, en détail <im
|
|
einzelnen> die kleinsten Vorteile mit dem größten Aufwand strategischer Pedanterie
|
|
einen nach dem andern zu erobern, und vertrödelten volle sechs Monate.</p>
|
|
|
|
<p>Die franz[ösische] Armee, die nach Lafayettes Abfall noch zusammenhielt, kann auf 120.000
|
|
M. angeschlagen werden. Die Volontärs von 1792 auf 60.000. Im März [17]93 wurden
|
|
300.000 Mann ausgehoben. Im August, wo die levée en masse <Massenaushebung>
|
|
dekretiert, muß also die fr[anzösische] Armee mindestens 300.000-350.000 M. stark
|
|
gewesen sein. Die levée en masse führte ihr ca. 700.000 zu. Alle Abzüge
|
|
gerechnet, führten die Franzosen Anfang [17]94 ca. 750.000 Mann ins Feld gegen die
|
|
Koalition, bedeutend mehr als die Koalition gegen Frankreich.</p>
|
|
|
|
<p>Vom April 1793 bis Oktb. wurden die Franzosen überall geklopft, nur daß die
|
|
Schläge kein entscheidendes Resultat hatten - dank dem Trödelsystem der Koalition. Von
|
|
Oktober an wechselten die Erfolge - im Winter wurde die Kampagne suspendiert, im Frühjahr
|
|
[17]94 traten die levées en masse mit voller Wirkung in die Schlachtlinie ein; Resultat,
|
|
Siege auf allen <a name="S472" id="S472"><b><472></b></a> Seiten im Mai, bis endl[ich] im
|
|
Juni der von Fleurus das Schicksal der Revolution entscheidet.</p>
|
|
|
|
<p>Der Konvent, und das Ministerium des 10. August vor ihm, hatte also Zeit genug zum
|
|
Rüsten. Vom 10, Aug. [1792] - März [17]93 geschah nichts - die Volontärs
|
|
zählen kaum. Im März [17]93 die 300.000 M[ann] ausgehoben - von März bis zum
|
|
nächsten März hatte der Konvent volle Zeit und Freiheit zum Rüsten, ein volles
|
|
Jahr, davon zehn Monate, wo die revolutionäre Partei durch den Sturz der Girondins von allen
|
|
Hindernissen befreit war. Und in einem Lande von 25 Millionen, das sein Normalkontingent
|
|
waffenfähiger Bevölkerung besaß, eine Million Soldaten, 750.000 aktive
|
|
Kombattanten gegen einen auswärtigen Feind zusammenzubringen (3% der Bevölkerung) ist,
|
|
so neu es damals war, keine Hexerei, wenn man ein Jahr Zeit hat.</p>
|
|
|
|
<p>Mit Ausnahme der Vendée rechne ich die inneren Aufstände, militärisch
|
|
gesprochen, für Null. Bis auf Lyon und Toulon waren sie in 6 Wochen ohne Schwertstreich
|
|
beruhigt; Lyon wurde durch levées en masse, Toulon durch einen schlagenden Einfall
|
|
Napoleons, durch einen resoluten Sturm und durch Fehler der Verteidiger genommen.</p>
|
|
|
|
<p>Die 750.000 M., die 1794 gegen die Koalition geführt wurden, hatten mindestens 100.000
|
|
alte Soldaten aus der Monarchie und 150.000 andre, teils aus den Volontärs, teils aus der
|
|
levée der 300.000 herstammende, unter fortwährenden Gefechten seit 18 resp. 12
|
|
Monaten an den Krieg gewöhnte Soldaten; dazu war von den 500.000 Neuen wenigstens die
|
|
Hälfte schon in den Gefechten vom Sept., Okt. und Nov. [17]93 beteiligt gewesen, und die
|
|
Jüngsten mußten wenigstens 3 Monate im Bataillon sein, als sie vor den Feind
|
|
geführt wurden. Napoleon, im span[ischen] Feldzug, rechnet 3-4 Wochen für die Zeit der
|
|
Einübung, der école de bataillon <Bataillonsschule>. Abgerechnet die
|
|
Subalternen und Stabsoffiziere, die bei den Koalierten damals im Durchschnitt gewiß besser
|
|
waren, war die fr[anzösische] Armee von [17]94, dank der ihr zur Organisation gelassenen
|
|
Zeit, dank dem ewig resultatlos fechtenden System der Alliierten - ein System, das eine erprobte,
|
|
bes[onders] aggressive Armee demoralisiert und die des Feindes, wenn sie jung ist und die
|
|
Defensive hält, diszipliniert und an den Krieg gewöhnt -, war also die
|
|
f[ran]z[ösische] Armee 1794 keine rohe, brüllende, begeischterte Freischar "für
|
|
Republik zu sterben", sondern a very fair army <eine sehr beachtliche Armee>, den Feinden
|
|
gewiß gleich. Die Generäle der Franzosen waren 1794 jedenfalls viel besser, obwohl sie
|
|
Schnitzer genug machten; aber die Guillotine sicherte die Einheit des Kommandos und die Harmonie
|
|
der Operationen da, wo nicht, was bloß ausnahms- <a name="S473" id=
|
|
"S473"><b><473></b></a> weise geschah, die Repräsentanten auf eigne Faust Dummheiten
|
|
machten. Le noble Saint-Just en fit plusieurs. <Der edle Saint-Just machte deren
|
|
mehrere></p>
|
|
|
|
<p>Randglosse über die Massentaktik: 1. Die erste rohe Idee davon entstand aus dem
|
|
glücklichen Manöver von Jemappes, das mehr instinktiv war als militärisch
|
|
kalkuliert. Sie entstand aus dem wüsten Zustand der franz[ösischen] Armee, die der
|
|
Überzahl bedurfte, um nur einiges milit[ärisches] Selbstvertrauen zu haben; die Masse
|
|
mußte die Disziplin ersetzen. Carnots Anteil in dieser Erfindung ist gar nicht klar. - 2.
|
|
Diese Massentaktik blieb im rohesten Zustand und wurde z.B. 1794 bei Tourcoing und Fleurus gar
|
|
nicht angewandt (die F[ran]z[osen] und Carnot selbst machten die gröbsten Schnitzer), bis
|
|
endlich Napoleon 1796 durch den sechstägigen piemontesisehen Feldzug und die wirkliche
|
|
Vernichtung einer überlegnen Macht en détail den Leuten zeigte, worauf sie
|
|
hinaussteuerten, ohne sich bisher darüber klargeworden zu sein. - 3. Was Carnot selbst
|
|
angeht, wird mir der Kerl immer verdächtiger. Ich kann natürlich nicht definitiv
|
|
urteilen, ich habe seine Depeschen an die Generäle nicht. Aber nach dem, was vorliegt,
|
|
scheint sein Hauptverdienst in der grenzenlosen Ignoranz und Unfähigkeit seiner
|
|
Vorgänger Pache und Bouchotte bestanden zu haben und in der totalen Unbekanntschaft des
|
|
ganzen übrigen comité de s[alut] p[ublic] <Wohlfahrtsausschusses> mit
|
|
militärischen Sachen. Dans le royaume des aveugles le borgne est roi. <Im Reich der
|
|
Blinden ist der Einäugige König.> Carnot, alter Ingenieuroffizier, selbst als
|
|
Repräs[entant] bei der Nordarmee gewesen, wußte, was eine Festung, eine Armee an
|
|
Material etc. braucht, und speziell, was den Franz[osen] fehlt. Er hatte ebenfalls
|
|
notwendigerweise eine gewisse Anschauung von der Manier, wie man die milit[ärischen]
|
|
Ressourcen eines Landes wie Frankreich in Bewegung setzt, und da es bei einer
|
|
revolut[ionären] levée en masse, wobei ohnehin viel waste <Verlust> gemacht
|
|
wird, auf etwas mehr oder weniger Verschwendung von Ressourcen nicht ankommt, sobald nur der
|
|
Hauptzweck, schnelle Mobilisierung dieser Ressourcen, erreicht wird, so braucht man Carnot gerade
|
|
kein großes Genie zuzuschreiben, um seine Resultate zu erklären Was mich an der ihm
|
|
zugeschriebnen Erfindung des Massenkriegs pour sa part <für seinen Teil> zweifeln
|
|
macht, ist besonders, daß seine weitaus gehendsten Pläne von 1793/94 grade auf der
|
|
entgegengesetzten Kriegsmanier beruhten; er <i>teilte</i> die f[ran]z[ösischen] Armeen,
|
|
statt sie zu konzentrieren, und operierte gegen die Flügel des Feindes so, daß dieser
|
|
dadurch <i>selbst konzentriert</i> wurde. Dann seine spätere Karriere, die Tugendritterei
|
|
unter d[em] Konsulat etc., seine brave Verteidigung Antwerpens - die Verteidigung <a name="S474"
|
|
id="S474"><b><474></b></a> einer Festung ist im Durchschnitt der beste Posten für
|
|
einen mittelmäßigen, methodischen, aber mit einiger Zähigkeit behafteten
|
|
Offizier, um sich auszuzeichnen, und dann dauerte die Belagerung v[on] Antw[erpen] 1814 keine 3
|
|
Monate -, endlich sein Versuch, dem Napoleon 1815, gegenüber den zentralisierten 1.200.000
|
|
Soldaten der Koalition und das bei gänzlich verändertem Kriegssystem, die Mittel von
|
|
[17]93 aufzudrängen, und seine Philisterei überhaupt, alles das spricht nicht sehr
|
|
für Carnots Genie. Und dann, wo ist es vorgekommen, daß ein ordentlicher Kerl sich,
|
|
wie er getan, durch Thermidor, Fruktidor, Brumaire usw. durchgepißt hätte.</p>
|
|
|
|
<p>Summa summarum. Der Konvent wurde gerettet einzig und allein, weil die Koalition <i>nicht
|
|
zentralisiert</i> war und er dadurch ein volles Jahr Zeit zum Rüsten bekam. Er wurde
|
|
gerettet, wie der alte Fritz im Siebenjährigen Krieg gerettet wurde, wie Wellington 1809 in
|
|
Spanien gerettet wurde, obwohl die Franzosen quantitativ und qualitativ mindestens dreimal
|
|
stärker waren als ihre sämtl[ichen] Gegner und nur dadurch ihre kolossale Macht
|
|
paralysierten, daß die Marschälle, als Napoleon fort war, einander allen
|
|
möglichen Schabernack antaten.</p>
|
|
|
|
<p align="center">II</p>
|
|
|
|
<p>Die Koalition ist heutzutage über die Dummheiten von [17]93 längst hinweg. Sie ist
|
|
famos zentralisiert. Sie war es schon 1813. Die russische Kampagne von 1812 machte Rußland
|
|
zum Schwerpunkt der ganzen Heiligen Allianz für den Kontinentalkrieg. Seine Truppen bildeten
|
|
die Hauptmasse, um die sich erst später Preußen, Östr[eich] pp. gruppierten, und
|
|
sie blieben die Hauptmasse bis nach Paris hinein. Alexander war faktisch Kommandeur en chef
|
|
<Oberkommandierender> aller Armeen (d.h. der russische Generalstab hinter Alex[ander]).
|
|
Seit 1848 aber ist die Heilige Allianz noch auf einer viel solideren Basis konstruiert. Die
|
|
Entwicklung der Kontrerevolution [18]49-51 hat den Kontinent, mit Ausnahme von Frankreich,
|
|
gegenüber Rußland in die Lage gebracht, in der sich der Rheinbund und Italien gegen
|
|
Napoleon befanden, reines Vasallentum. Nicolas, id est Paskewitsch, ist der unvermeidliche
|
|
Diktator der Heiligen Allianz en cas de guerre <im Kriegsfall>, wie Nesselrode es schon en
|
|
temps de paix <in Friedenszeiten> ist.</p>
|
|
|
|
<p>Was ferner die moderne Kriegskunst betrifft, so ist sie von Napoleon vollständig
|
|
ausgebildet worden. Bis zum Eintritt gewisser Verhältnisse, wovon weiter unten, bleibt
|
|
nichts übrig, als Napoleon nachzuahmen, soweit die Verhältnisse es erlauben. Diese
|
|
moderne Kriegskunst ist aber weltbekannt. In <a name="S475" id="S475"><b><475></b></a>
|
|
Preußen ist sie jedem Sekondeleutnant schon vor dem Portepeefähndrichsexamen
|
|
eingepaukt, soweit sie sich einpauken läßt. Was die Östreicher angeht, so haben
|
|
sie in der ungarischen Kampagne ihre schlechten, spezifisch östreichischen Generale
|
|
kennengelernt und beseitigt - die Windischgrätze, Welden, Götz u.a. alte Weiber.
|
|
Dagegen - da wir keine "N[eue] Rh[einische] Z[ei tung]" mehr schreiben, brauchen wir uns keine
|
|
Illusionen mehr zu machen - sind die beiden Kampagnen Radetzkys in Italien, die erste
|
|
vortrefflich, die zweite meisterhaft. Wer ihm dabei geholfen, ist einerlei, jedenfalls hat der
|
|
alte Kerl bon sens <gesunden Menschenverstand> genug, geniale Gedanken anderer zu erfassen.
|
|
Die Defensivstellung 1848 zwischen den 4 Festungen Peschiera, Mantua, Legnago, Verona, alle 4
|
|
Seiten des Vierecks gut gedeckt, und seine Verteidigung dieser Stellung, bis er Hülfe bekam,
|
|
mitten in einem insurgierten Lande, würde ein Meisterstück sein, wäre ihm nicht
|
|
das Aushalten durch die miserable Führung, die Uneinigkeit und das ewige Schwanken der
|
|
ital[ienischen] Generale und die Intrigen Karl Alberts und die Unterstützung der
|
|
reakt[ionären] Aristokr[aten] und Pfaffen im feindl[ichen] Lager enorm erleichtert worden.
|
|
Auch ist nicht zu vergessen, daß er im fruchtbarsten Land der Welt saß und für
|
|
den Unterhalt seiner Armee unbesorgt war. - Die Kampagne von [18]49 aber ist für
|
|
<i>Östreicher unerhört</i>. Die Piemontesen, statt mit konzentrierter Masse die
|
|
Straße nach Turin bei Novara und Mortara (Linie 3 Meilen lang) zu versperren, was am besten
|
|
war, oder von dort aus in 2-3 Kolonnen auf Mailand vorzürücken, stellen sich von Sesto
|
|
bis Piacenza auf - Linie von 20 Meilen, à 70.000 M., nur 3.500 M. per d[eut]sche Meile
|
|
<7.420 m> und 3-4 starke Tagmärsche von einem Flügel zum andern. Elende
|
|
konzentrische Operation gegen Mailand, wobei sie überall zu schwach waren. Radetzky, sehend,
|
|
daß die Ital[iener] das alte östr[eichische] System von [17]92 anwenden, operiert
|
|
gegen sie, genau wie Napoleon getan hätte. Die piemontes[ische] Linie war vom Po in 2
|
|
Stücke geschnitten, ein sackgrober Fehler. Er durchbricht die Linie dicht am Po, trennt die
|
|
2 südlichen von den 3 nördl[ichen] Divisionen, indem er einen Klumpen von 60.000 M.
|
|
dazwischenschiebt, greift die 3 nördl[ichen] Divis[ionen] (kaum 35.000 M. konzentriert)
|
|
rasch mit seiner ganzen Macht an, wirft sie in die Alpen und trennt beide Korps der
|
|
piemont[esischen] Armee voneinander und von Turin. Dies Manöver, das die Kampagne in 3 Tagen
|
|
beendete und das fast buchstäblich dem von Napoleon 1809 bei Abensberg und Eggmühl
|
|
gemachten, dem genialsten aller napoleonischen Manöver, nachkopiert ist, beweist jedenfalls,
|
|
daß die Östreicher weit entfernt davon sind, noch als die alten "immer langsam voran"
|
|
zu <a name="S476" id="S476"><b><476></b></a> paradieren; es war grade die Rapidität
|
|
hier, die alles entschied. Die Verrätereien der Aristokraten und Ramorinos haben die Sache
|
|
erleichtert, besonders durch genaue Nachrichten über Stellung und Pläne der Italiener,
|
|
auch die Gemeinheit der savoyischen Brigade bei Novara, die nicht focht, sondern plünderte.
|
|
Aber militärisch gesprochen, ist die elende Aufstellung der Piemontesen und das Manöver
|
|
Radetzkys vollständig hinreichend, den Erfolg zu erklären. Diese beiden Tatsachen
|
|
mußten unter allen Umständen dies Resultat haben. - Die Russen endlich sind durch die
|
|
Natur ihrer Armee selbst auf ein Kriegssystem angewiesen, das dem modernen sehr nahkommt. Ihre
|
|
Armee besteht der Hauptstärke nach aus massenhafter, halbbarbarischer, also
|
|
schwerfälliger Infanterie und zahlreicher halbbarbarischer, leichter,
|
|
unregelmäßiger Kavallerie (Kosaken). Die Russen haben in entscheidenden Gefechten, in
|
|
großen Schlachten, nie anders als mit Massen gewirkt; Suworow verstand das schon beim Sturm
|
|
von Ismail und v[on] Otschakow. Die Beweglichkeit, die ihnen fehlt, wird durch die
|
|
unregelmäßige Kavallerie, die nach allen Seiten hin sie umschwärrnt und jede
|
|
Bewegung der Armee maskiert, teilweise ersetzt. Gerade diese schwere Massenhaftigkeit der
|
|
russ[ischen] Armee macht sie aber vortrefflich geeignet, den Kern und Rückhalt, das Pivot,
|
|
einer Koalitionsarmee zu bilden, deren Operationen immer etwas langsamer sein müssen als die
|
|
einer nationalen Armee. Diese Rolle haben die Russen 1813 und [18]14 mit Auszeichnung gespielt,
|
|
und es kommt in diesen Jahren kaum ein Schlachtplan vor, wo nicht die massenhaften russischen
|
|
Kolonnen vor allen andern durch ihre Tiefe und Dichtigkeit sogleich auffallen.</p>
|
|
|
|
<p>Die Franzosen sind seit 1812 kaum noch als die vorzugsweisen Träger der napoleonischen
|
|
Tradition anzusehn. Diese Tradition ist mehr oder weniger auf sämtliche europäische
|
|
große Armeen übergegangen; in jeder hat sie, meist schon in den letzten Jahren des
|
|
Empire, eine Revolution hervorgerufen; von jeder ist das napoleonische System, soweit dies mit
|
|
dem Charakter der Armee harmoniert, in Strategik und Taktik adoptiert. Der nivellierende
|
|
Einfluß der Bourgeoisepoche ist hier auch fühlbar; die alten nationalen Besonderheiten
|
|
sind auch in den Armeen am Verschwinden, und die franz[ösische], östr[eichische] und
|
|
preuß[ische] Armee, großenteils sogar die englische, sind für napoleonische
|
|
Manöver so ziemlich gleich gut organisierte Maschinen. Das hindert nicht, daß sie
|
|
sonst, im Gefecht pp., sehr verschiedene Qualitäten haben. Aber von allen
|
|
europ[äischen] Armeen (großen) ist nur die russische, halbbarbarische, einer eignen
|
|
Taktik und Strategik fähig, weil sie allein für das vollständig entwickelte
|
|
moderne Kriegssystem noch nicht reif ist.</p>
|
|
|
|
<p>Was die Franzosen angeht, so haben sie durch den algerischen kleinen Krieg sogar den Faden der
|
|
napoleonischen Tradition des großen Kriegs <a name="S477" id="S477"><b><477></b></a>
|
|
unterbrochen. Es muß sich zeigen, ob dieser Räuberkrieg seine nachteiligen Folgen
|
|
für die Disziplin durch die Vorteile der Krieggewöhnung aufwiegt; ob er die Leute an
|
|
Strapazen gewöhnt oder sie durch Überanstrengung knickt; endlich, ob er nicht auch den
|
|
Generälen den coup d'œil <raschen Überblick> für den großen
|
|
Krieg verdirbt. Jedenfalls wird die franz[ösische] Kavallerie in Algier verdorben; sie
|
|
verlernt ihre force <Stärke>, den geschlossenen choc <Angriff>, und gewöhnt
|
|
sich an ein Schwärmsystem, in dem ihr die Kosaken, Ungarn und Polen immer überlegen
|
|
bleiben werden. Von den Generälen hat Oudinot sich vor Rom blamiert und nur Cavaignac sich
|
|
im Juni ausgezeichnet - alles das sind aber noch keine grandes épreuves <große
|
|
Bewährungsproben>.</p>
|
|
|
|
<p>Die Chancen der überlegenen Strategie und Taktik sind demnach im ganzen wenigstens
|
|
ebensosehr auf seiten der Koalition wie auf der der Revolution.</p>
|
|
|
|
<p align="center">III</p>
|
|
|
|
<p>Aber wird nicht eine neue Revolution, die eine ganz neue Klasse zur Herrschaft bringt, auch,
|
|
wie die erste, neue Kriegsmittel und eine neue Kriegführung hervorrufen, vor der die
|
|
jetzige, napoleonische, ebenso veraltet und ohnmächtig erscheint wie die des
|
|
Siebenjähr[igen] Kriegs vor der der ersten Revolution?</p>
|
|
|
|
<p>Die moderne Kriegführung ist das notwendige Produkt der Franz[ösischen] Revolution.
|
|
Ihre Voraussetzung ist die soziale und politische Emanzipation <i>der Bourgeoisie und der
|
|
Parzellenbauern</i>. Die Bourgeoisie schafft das Geld, die Parzellenbauern stellen die Soldaten.
|
|
Die Emanzipation beider Klassen von feudalen und Zunftfesseln ist nötig, um die jetzigen
|
|
kolossalen Armeen stellen zu können; und der mit dieser gesellsch[aftlichen]
|
|
Entwicklungsstufe verknüpfte Grad von Reichtum und Bildung ist ebenfalls nötig, um das
|
|
für moderne Armeen nötige Material an Waffen, Munition, Lebensmitteln pp. zu schaffen,
|
|
um die nötige Anzahl gebildeter Offiziere zu stellen und dem Soldaten selbst die nötige
|
|
Intelligenz zu geben.</p>
|
|
|
|
<p>Ich nehme das moderne Kriegssystem, wie Napoleon es vollständig ausbildete. Seine zwei
|
|
Pivots sind: Massenhaftigkeit der Angriffsmittel an Menschen, Pferden und Geschützen und
|
|
Beweglichkeit dieser Angriffsmittel. Die Beweglichkeit ist die notwendige Folge der
|
|
Massenhaftigkeit. Die modernen Armeen können nicht, wie die kleinen Heere des
|
|
Siebenjähr[igen] Kriegs, monatelang auf einem Gebiet von 20 Meilen hin und her marschieren.
|
|
<a name="S478" id="S478"><b><478></b></a> Sie können nicht ihren sämtlichen
|
|
Bedarf an Lebensmitteln in Magazinen nachführen. Sie müssen einen Bezirk wie ein
|
|
Heuschreckenschwarm überfallen, im Bereich ihrer Kavallerie rechts und links ausfouragieren
|
|
und müssen fort, wenn alles verzehrt ist. Die Magazine sind hinreichend, wenn sie nur
|
|
für unvorhergesehene Zufälle ausreichen; sie werden jeden Augenblick geleert und neu
|
|
gefüllt; sie müssen dem schnellen Marsch der Armee folgen und können daher selten
|
|
dahin kommen, den Bedarf der Armee nur auf einen Monat zu decken. Das moderne Kriegssystem ist
|
|
daher in einem armen, halbbarbarischen, dünnbevölkerten Land auf die Dauer
|
|
unmöglich. Die Franzosen gingen an dieser Unmöglichkeit in Spanien langsam, in
|
|
Rußland rasch zugrunde. Dafür aber gingen die Spanier auch an den Franzosen zugrunde,
|
|
ihr Land wurde enorm ausgesogen, und die Russen können ihr eignes, schwerfälliges
|
|
Massenkriegssystem selbst in Polen nicht auf die Dauer, im eigentl[ichen] Rußland, solange
|
|
sie keine Eisenbahnen haben, aber gar nicht anwenden. Die Defensive am Dnepr und an der Dwina
|
|
würde Rußland ruinieren.</p>
|
|
|
|
<p>Zu dieser Beweglichkeit gehört aber auch ein gewisser Bildungsgrad des Soldaten, der sich
|
|
in manchen Fällen selbst zu helfen wissen muß. Die bedeutende Ausdehnung des
|
|
Patrouillierens und Fouragierens, des Vorpostendiensts pp., die größere
|
|
Aktivität, die von jedem Soldaten gefordert wird, die häufigere Wiederholung von
|
|
Fällen, in denen der Soldat einzeln agiert und auf seine eignen intellektuellen Ressourcen
|
|
angewiesen ist, endlich die große Bedeutung des Tirailleurgefechts, dessen Erfolg von der
|
|
Intelligenz, dem coup d'œil und der Energie jedes einzelnen Soldaten abhängt, setzen
|
|
alle einen größeren Bildungsgrad beim Unteroffizier und Soldaten voraus, als dies beim
|
|
alten Fritz der Fall war. Eine barbarische oder halbbarbarische Nation hat aber keinen solchen
|
|
Bildungsgrad bei den Massen aufzuweisen, daß die ersten besten 500.000-600.000 Mann, die
|
|
man aushebt, einerseits diszipliniert, maschinenmäßig eingeübt werden und
|
|
zugleich diesen coup d'œil für den kleinen Krieg bekommen oder behalten könnten.
|
|
Die Barbaren haben diesen coup d'œil des Räubers von Natur, z.B. die Kosaken; aber sie
|
|
sind dafür zum regelmäßigen Kriegsdienst ebenso incapabel <unfähig>
|
|
wie umgekehrt die leibeignen russischen Infanteristen zum richtigen Tiraillieren.</p>
|
|
|
|
<p>Dieser allgemeine Durchschnittsbildungsgrad, den das moderne Kriegssystem bei jedem Soldaten
|
|
voraussetzt, findet sich nur in den entwickeltsten Ländern: in England, wo der Soldat, so
|
|
roher Bauer er war, die zivilisierende Schule der Städte durchmacht; in Frankreich, wo die
|
|
emanzipierten <a name="S479" id="S479"><b><479></b></a> Parzellenbauern und der geriebene
|
|
Mob der Städte (Remplaçants <Ersatzleute für die sich vom Militärdienst
|
|
Loskaufenden>) die Armee bilden; in Norddeutschland, wo der Feudalismus entweder ebenfalls
|
|
vernichtet ist oder plus ou moins <mehr oder weniger> bürgerliche Formen angenommen
|
|
hat und wo die Städte ein bedeutendes Kontingent zur Armee stellen; endlich scheint er, nach
|
|
den letzten Kriegen, wenigstens in einem Teil der östr[eichischen] Armee, die aus den am
|
|
wenigsten feudalen Gegenden rekrutiert ist, auch zu existieren. Abgesehn von England, bildet die
|
|
Parzellenkultur überall die Basis der Armee, und die Armee ist für das moderne
|
|
Kriegssystem um so geeigneter, je mehr die Stellung des Parzellenbauern sich der des freien
|
|
Eigentümers nähert.</p>
|
|
|
|
<p>Aber nicht nur die Beweglichkeit des einzelnen Soldaten, auch die der Massen selbst setzt den
|
|
Zivilisationsgrad der Bourgeoisepoche voraus. Die Schläfrigkeit der vorrevolutionären
|
|
Armeen hängt genau mit dem Feudalismus zusammen. Die Masse der Offiziersequipagen allein
|
|
verhinderte jede Bewegung. Die Armeen krochen ebenso langsam wie die ganze Bewegung. Die
|
|
aufkommende Bürokratie der absoluten Monarchien brachte etwas mehr Ordnung in die Verwaltung
|
|
des Materials, aber ihre Allianz mit der haute finance <Hochfinanz> organisierte
|
|
gleichzeitig den Unterschleif en gros, und wo die Bürokr[atie] den Armeen irgend etwas
|
|
nützte, schadete sie ihnen doppelt durch den Geist des Schematismus und der Pedanterie, den
|
|
sie ihnen beibrachte. Witness <Zeuge> der alte Fritz allerhöchstselbst. Rußland
|
|
laboriert noch jetzt an diesen sämtlichen Übelständen; die russ[ische] Armee,
|
|
überall geprellt und geschunden, ist ausgehungert, und auf dem Marsch fallen die Kerls wie
|
|
die Fliegen. Erst der Bourgeoisstaat ernährt seine Truppen erträglich und kann daher
|
|
auf die Beweglichkeit seiner Armee rechnen.</p>
|
|
|
|
<p>Was die Beweglichkeit angeht, so ist diese also in jeder Beziehung eine Eigenschaft der
|
|
Bourgeoisarmeen. Die Beweglichkeit aber ist nicht nur die notwendige Ergänzung der
|
|
Massenhaftigkeit, sie ersetzt sie oft auch (Napoleon in Piemont 1796).</p>
|
|
|
|
<p>Aber die Massenhaftigkeit ist ebensosehr Spezialeigenschaft der modernen zivilisierten Armeen
|
|
wie die Beweglichkeit.</p>
|
|
|
|
<p>Wie verschieden die Methode der Aushebung sein mag - Konskription, preuß[ische]
|
|
Landwehr, Schweiz[er] Miliz, levée en masse -,die Erfahrung der letzten 60 Jahre beweist,
|
|
daß unter dem Regime der Bourgeoisie und der freien Parzellenbauern in keinem Volkskrieg
|
|
mehr als 7% der Bevölkerung unter die Waffen gerufen, also etwa 5% aktiv verwendet werden
|
|
können. <a name="S480" id="S480"><b><480></b></a> Frankreich 1793 im Herbst, à
|
|
25 Mill[ionen] angenommen, hätte hiernach 1.750.000 Soldaten und 1.250.000 wirkliche
|
|
Kombattanten stellen können. Die 1.250.000 waren um diese Zeit an den Grenzen, vor Toulon,
|
|
in der Vendée - beide Seiten hier gerechnet - so ziemlich vorhanden. In Preußen -
|
|
jetzt 16 Mill. - würden 7 und 5% betragen 1.120.000 M. und 800.000 M. Die ganze
|
|
preuß[ische] Macht, Linie und Landwehr, beträgt aber kaum 600.000. Dies Beispiel
|
|
zeigt, wieviel schon 5% für eine Nation sind.</p>
|
|
|
|
<p>Eh bien <Nun gut> - wenn Frankreich und Preußen 5% ihrer Bevölkerung leicht
|
|
und im Notfall selbst 7% unter die Waffen rufen können, so ruft Östreich im
|
|
äußersten Fall höchstens 5 und Rußland kaum 3% zusammen. 5% für
|
|
Östreich wären 1.750.000 - zu 35 Mill. angenommen. 1849 hatte Östreich alle seine
|
|
Kräfte angestrengt. Es hatte ca. 550.000 Mann. Die Ungarn, deren Kräfte durch die
|
|
Kossuthnoten verdoppelt waren, hatten vielleicht 350.000. Ich rechne noch 50.000 Lombarden, die
|
|
sich der Konskription entzogen oder die im piemonte[sischen] Heer dienten - Summa 950.000 M.,
|
|
also noch nicht 2<font size="-1"><sup>2</sup></font>/<font size="-2">3</font>% der
|
|
Bevölkerung; wobei die kroat[ischen] Grenzer, die in exzept[ionellen] Verhältnissen
|
|
lebten, wenigstens 15% <i>ihrer</i> Bev[ölkerung] stellten. - Rußland hat, gering
|
|
gerechnet, 72 Mill. Einwohner; müßte also bei 5% 3.600.000 stellen können. Statt
|
|
dessen hat es nie über 1.500.000, reguläre und irregul[äre] zusammen, stellen und
|
|
davon in s[einem] eignen Land höchstens 1.000.000 gegen d[en] Feind führen können,
|
|
d.h. seine Gesamtmacht war nie über 2<font size="-1"><sup>1</sup></font>/<font size=
|
|
"-2">12</font>, seine aktive Macht nie über 1<font size="-1"><sup>7</sup></font>/<font size=
|
|
"-2">18</font> oder 1<font size="-1"><sup>39</sup></font>/<font size="-2">100</font>% Die
|
|
dünne Bevölkerung auf enormem Raum, der Mangel an Kommunikationen und die geringe
|
|
nationale Produktion erklären dies sehr einfach.</p>
|
|
|
|
<p>Wie die Beweglichkeit, ist die Masse der Angriffsmittel notwendiges Resultat der höheren
|
|
Zivilisationsstufe, und speziell ist die moderne Proportion der bewaffneten Masse zur
|
|
Gesamtbevölkerung unvereinbar mit jedem Gesellschaftszustande, der unter der emanzipierten
|
|
Bourgeoisie steht.</p>
|
|
|
|
<p>Die moderne Kriegführung setzt also die Emanzipation der Bourgeois und Bauern voraus, sie
|
|
ist der <i>militärische Ausdruck</i> dieser Emanzipation.</p>
|
|
|
|
<p>Die Emanzipation des Proletariats wird auch einen besondern militärischen Ausdruck haben,
|
|
wird eine aparte, neue Kriegsmethode erzeugen. Cela est clair. <Das ist klar> Es
|
|
läßt sich sogar schon bestimmen, welcher Art die materiellen Grundlagen dieser neuen
|
|
Kriegführung sein werden.</p>
|
|
|
|
<p>Aber ebensoweit, wie die bloße Eroberung der politischen Herrschaft durch das jetzige
|
|
konfuse, teilweise den Schwanz andrer Klassen bildende französische und deutsche Proletariat
|
|
entfernt ist von der wirklichen Emanzipation <a name="S481" id="S481"><b><481></b></a> des
|
|
Proletariats, die in der Aufhebung aller Klassengegensätze besteht, ebensoweit entfernt ist
|
|
die anfängliche Kriegführung der zu erwartenden Revolution von der Kriegführung
|
|
des wirklich emanzipierten Proletariats.</p>
|
|
|
|
<p>Die wirkliche Emanzipation des Proletariats, die vollständige Beseitigung aller
|
|
Klassenunterschiede und die vollständige Konzentrierung aller Produktionsmittel in
|
|
D[eu]tschl[and] und Frankreich setzt voraus die Mitwirkung Englands und mindestens die
|
|
Verdopplung der jetzt in D[eu]tschl[and] und F[ran]k[rei]ch vorhandenen Produktionsmittel. Gerade
|
|
das aber setzt eine neue Art der Kriegführung ebenfalls voraus.</p>
|
|
|
|
<p>Die großartigen Entdeckungen Napoleons in der Kriegswissenschaft können nicht durch
|
|
ein Wunder beseitigt werden. Die neue Kriegswissenschaft muß ein ebenso notwendiges Produkt
|
|
der neuen gesellschaftlichen Verhältnisse sein, wie die von der Revolution und Napoleon
|
|
geschaffene das notw[endige] Resultat der durch die Revolution gegebenen neuen Verhältnisse
|
|
war. Wie es sich aber in der proletarischen Revolution für die Industrie nicht darum
|
|
handelt, die Dampfmaschinen abzuschaffen, sondern sie zu vermehren, so für die
|
|
Kriegführung handelt es sich darum, die Massenhaftigkeit und Beweglichkeit nicht zu
|
|
vermindern, sondern zu potenzieren.</p>
|
|
|
|
<p>Die Voraussetzung der napol [eonischen] Kriegführung waren vermehrte
|
|
Produktivkräfte; die Voraussetzung jeder neuen Vervollkommnung in der Kriegführung
|
|
müssen ebenfalls neue Produktivkräfte sein. Die Eisenbahnen und elektr[ischen]
|
|
Telegraphen werden schon jetzt bei europ[äischen] Kriegen einem talentvollen General oder
|
|
Kriegsminister zu ganz neuen Kombinationen Anlaß geben. Die allmähliche Steigerung der
|
|
Produktivkräfte und damit der Bevölkerung hat ebenfalls Gelegenheit zu
|
|
größeren Massenanhäufungen gegeben. In Frankreich statt 25, 36 Millionen, gibt
|
|
für 5% nicht mehr 1.250.000, sondern 1.800.000 Mann. In beiden Fällen hat die Macht der
|
|
zivilisierten Länder gegen die der barbarischen sich verhältnismäßig
|
|
vermehrt. Sie allein haben große Eisenbahnnetze, und ihre Bevölkerung ist doppelt so
|
|
rasch gewachsen wie die von Rußland z.B. - Alle diese Berechnungen beweisen, nebenbei
|
|
gesagt, wie rein unmöglich eine <i>dauernde</i> Unterjochung Westeuropas unter Rußland
|
|
ist und wie unmöglicher sie mit jedem Tage wird.</p>
|
|
|
|
<p>Die Macht der neuen, durch die Abschaffung der Klassen zu erzeugenden Kriegführung kann
|
|
aber nicht darin bestehen, daß die disponiblen 5% mit dem Wachstum der Bevölkerung
|
|
immer bedeutendere Massen bilden. Sie muß darin bestehn, daß man instand gesetzt
|
|
wird, nicht mehr 5, resp. 7%, sondern 12-16% der Bevölkerung, id est die Hälfte bis
|
|
zwei Drittel der männlichen erwachsenen Bevölkerung - die gesunden Leute von 18-30 oder
|
|
resp. 40 Jahren -, unter die Waffen zu rufen. Wie aber Rußland seine disponible <a name=
|
|
"S482" id="S482"><b><482></b></a> Macht nicht von 2-3% auf 5% steigern kann, ohne eine
|
|
vollständige Revolution seiner ganzen innern soz[ialen] und polit[ischen] Organisation und
|
|
seiner Produktion vor allen Dingen, so kann D[eu]tschl[and] und F[ran]k[rei]ch nicht seine
|
|
disp[onible] Macht von 5 auf 12% bringen, ohne seine Produktion zu revolutionieren und mehr als
|
|
zu verdoppeln. Erst wenn die Durchschnittsarbeit jedes einzelnen durch Maschinen pp. doppelt
|
|
soviel wert ist wie jetzt, kann die doppelte Zahl von der Arbeit entbehrt werden - selbst nur
|
|
für kurze Zeit, denn die 5% sind von keinem Land je lange auf den Beinen erhalten
|
|
worden.</p>
|
|
|
|
<p>Sind die Bedingungen dazu erfüllt, ist die nationale Produktion hinreichend gesteigert
|
|
und zentralisiert, sind die Klassen abgeschafft, was durchaus notwendig ist - der
|
|
preuß[ische] Einjähr[ig] -Freiwillige, solange er nicht Unteroffizier oder
|
|
L[an]dwehroffizier ist, wird wegen seiner gesellschaftl[ichen], aristokr[atischen] Stellung nie
|
|
ein brauchbarer Soldat neben den Bauern und Knoten -, so ist nur die Limite der
|
|
waffenfähigen Bevölkerung die Schranke der wirklichen Aushebung, d.h., im
|
|
äußersten Notfall können momentan 15-20% der Bevölkerung bewaffnet und
|
|
12-15% wirklich gegen den Feind geführt werden. Diese enormen Massen setzen aber eine ganz
|
|
andre Beweglichkeit voraus als selbst die jetzigen Armeen. Ohne vollständiges Eisenbahnnetz
|
|
können sie sich weder konzentrieren noch ernähren, noch mit Munition versehn halten,
|
|
noch sich bewegen. Und ohne elektr[ische] Telegr[aphen] können sie gar nicht dirigiert
|
|
werden; da es aber nicht möglich ist, daß bei solchen Massen der Stratege und der
|
|
Taktiker (der auf dem Schlachtfeld kommandiert) einer und derselbe ist, so tritt hier die Teilung
|
|
der Arbeit ein. Die strateg[ischen] Operationen, das Zusammenwirken der verschied[enen] Korps
|
|
müssen vom Zentralpunkt der telegr[aphischen] Linien aus dirigiert werden; die taktischen
|
|
von d[en] einzelnen Generalen. Daß unter diesen Umständen Kriege in noch weit
|
|
kürzerer Zeit entschieden werden können und müssen als selbst durch Napoleon, ist
|
|
klar. Der Kostenpunkt macht es nötig, die notwendige entscheidende Wirkung jedes Schlags mit
|
|
solchen Massen macht es unvermeidlich.</p>
|
|
|
|
<p>An Masse und strategischer Beweglichkeit müssen diese Armeen also schon ganz
|
|
unerhört furchtbar sein. Die taktische Beweglichkeit (beim Patrouillieren, Tiraillieren, auf
|
|
d[em] Schlachtfeld) muß bei solchen Soldaten ebenfalls bedeutend größer sein,
|
|
sie sind robuster, gelenkiger, intelligenter als alles, was die jetzige Gesellschaft leisten
|
|
kann.</p>
|
|
|
|
<p>Leider aber kann das alles erst nach langen Jahren und zu einer Zeit durchgeführt werden,
|
|
wo derartige Massenkriege aus Mangel an einem adäquaten Feind nicht mehr vorkommen
|
|
können. In der ersten Zeit der proleta- <a name="S483" id="S483"><b><483></b></a>
|
|
rischen Revolution existieren zu alledem die ersten Bedingungen nicht, am allerwenigsten im Jahr
|
|
1852.</p>
|
|
|
|
<p>Das Proletariat in Frankreich bildet jetzt gewiß kaum die doppelte Prozentzahl der
|
|
Bevölkerung gegen 1789. Damals war das Proletariat - wenigstens [17]92-94 - so
|
|
aufgewühlt und in tension <Spannung>, wie es nächstens nur sein wird. Schon
|
|
damals stellte es sich heraus, daß in Revolutionskriegen mit heftigen innern Konvulsionen
|
|
<i>die Masse des Proletariats zur Verwendung im Innern nötig ist</i>. Dasselbe wird jetzt
|
|
wieder und wahrscheinlich mehr als je der Fall sein, da die Chancen für den sofortigen
|
|
Ausbruch von Bürgerkriegen mit dem Vorrücken der Alliierten zunehmen. Das Proletariat
|
|
wird daher nur einen kleinen Kontingent zur aktiven Armee schicken können; die Hauptquelle
|
|
der Aushebung bleibt der Mob und die Bauern. D.h., die Revolution wird Krieg zu führen haben
|
|
mit den Mitteln und nach der Methode der allgemeinen modernen Kriegführung.</p>
|
|
|
|
<p>Nur ein Ideologe könnte fragen, ob nicht mit diesen Mitteln, d.h. einer aktiven Armee von
|
|
4-5% der Bevölkerung, neue Kombinationen zu machen, neue überraschende
|
|
Verwendungsmethoden zu erfinden seien. Ebensowenig wie man auf dem Webstuhl das Produkt
|
|
vervierfachen kann, ohne die bewegende Kraft, die Handarbeit, durch den Dampf zu ersetzen, ohne
|
|
ein neues Produktionsmittel zu erfinden, das mit dem alten Handwebstuhl nur wenig mehr gemein
|
|
hat, ebensowenig kann man in der Kriegskunst mit den alten Mitteln neue Resultate erzeugen. Erst
|
|
die Herstellung neuer, gewaltigerer Mittel macht die Erzielung neuer, großartigerer
|
|
Resultate möglich. Jeder große Feldherr, der in der Kriegsgeschichte durch neue
|
|
Kombinationen Epoche macht, erfindet selbst entweder neue materielle Mittel oder er entdeckt
|
|
zuerst den richtigen Gebrauch neuer, vor ihm erfundener materieller Mittel. Zwischen Turenne und
|
|
dem alten Fritz liegt die Revolution in der Infanterie, die Verdrängung der Pike und des
|
|
Luntenschlosses durch das Bajonett und das Steinschloß - und das Epochemachende in der
|
|
Kriegswissenschaft des alten Fritz besteht darin, daß er innerhalb der Grenzen der
|
|
damaligen Kriegführung überhaupt die alte Taktik den neuen Instrumenten
|
|
gemäß umschuf und ausbildete. Gerade wie Napoleons epochemachendes Verdienst darin
|
|
besteht, daß er für die durch die Revolution möglich gemachten kolossaleren
|
|
Armeemassen die einzig richtige taktische und strategische Verwendung fand und diese obendrein so
|
|
vollständig ausbildete, daß im ganzen und großen moderne Generäle, weit
|
|
entfernt, über ihn hinausgehn zu können, in ihren glänzendsten und geschicktesten
|
|
Operationen nur ihn zu kopieren versuchen.</p>
|
|
|
|
<p><b><a name="S484" id="S484"><484></a></b> Summa summarum, die Revolution wird mit den
|
|
modernen Kriegsmitteln und der modernen Kriegskunst gegen moderne Kriegsmittel und moderne
|
|
Kriegskunst kämpfen müssen. Die Chancen des militärischen Talents sind für
|
|
die Koalition mindestens ebensogroß wie für Frankreich: Ce seront alors les gros
|
|
bataillons qui l'emporteront.<Es werden dann die stärkeren Bataillone den Sieg
|
|
davontragen.></p>
|
|
|
|
<p align="center">IV</p>
|
|
|
|
<p>Sehen wir jetzt, was für Bataillone in die Schlachtlinie gebracht und wie sie verwendet
|
|
werden können.</p>
|
|
|
|
<p>1. <i>Rußland</i>. Die russische Armee, Friedensfuß, beträgt nominell
|
|
1.100.000 Mann, in Wirklichkeit gegen 750.000. Seit 1848 hat die Regierung fortwährend
|
|
gearbeitet, das Effektiv des Kriegsfußes von 1.500.000 Mann zu erreichen, und Nikolaus und
|
|
Paskewitsch haben möglichst überall selbst revidiert. Gering angenommen, hat
|
|
Rußland jetzt also den vollen Friedensfuß - 1.100.000 Mann - wirklich erreicht. Davon
|
|
gehen ab, hoch gerechnet:</p>
|
|
|
|
<p align="center"></p>
|
|
|
|
<center>
|
|
<table cellspacing="0" border="0" cellpadding="1" width="357">
|
|
<tr>
|
|
<td width="49%" valign="top">
|
|
<p>Für den Kaukasus</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="27%" valign="top">
|
|
<p align="right">100.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="24%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="49%" valign="top">
|
|
<p>Rußland selbst</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="27%" valign="top">
|
|
<p align="right">150.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="24%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="49%" valign="top">
|
|
<p>die poln[ischen] Provinzen</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="27%" valign="top">
|
|
<p align="right">150.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="24%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="49%" valign="top">
|
|
<p>Kranke, Detachierte pp</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="27%" valign="top">
|
|
<p align="right">150.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="24%" valign="top">
|
|
<p align="right">550.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="49%" valign="top" height="1"></td>
|
|
|
|
<td width="51%" valign="top" colspan="2" bgcolor="#000000" height="1"></td>
|
|
</tr>
|
|
</table>
|
|
</center>
|
|
|
|
<p>Bleiben disponibel 550.000 M. zur aktiven Verwendung gegen außen. Das ist kaum mehr
|
|
gerechnet, als Rußland 1813 wirklich über die Grenzen schickte.</p>
|
|
|
|
<p>2. <i>Preußen</i>. Das herrliche Kriegsheer, wenn die ganze Landwehr 1. und 2.
|
|
Aufgebots, Überzählige und alles einberufen würde, betrüge mindestens 650.000
|
|
M. Die Regierung kann aber höchstens für den Moment 550.000 M. mobilisieren. Ich rechne
|
|
nur 500.000. Diese brauchen nur wenig über das 2. Aufgebot (150.000 M.) zu Besatzungen usw.
|
|
zu detachieren, da überall die allmähliche Einberufung der Überzähligen und
|
|
der neuen Konskription für das folgende Jahr - wofür Nikolaus schon sorgen wird - sowie
|
|
die unaufhörlich durchmarschierenden Russen hinreichende Reserve gegen jeden inneren
|
|
Aufstandsversuch bilden würden. Auch haben sie weniger Kranke, da sie sich im eignen Land
|
|
konzentrieren und weniger weit bis an den Rhein zu marschieren haben als die Russen. Ich rechne
|
|
indes wie bei den Russen die Hälfte ab, wobei die andre Hälfte disponibel bleibt:
|
|
<i>250.000 M</i>.</p>
|
|
|
|
<p><b><a name="S485" id="S485"><485></a></b> <i>3. Östreich</i>. Hat unter den Waffen
|
|
und beurlaubt, die ebenso rasch bei der Armee sind wie die preuß[ische] Landwehr, gering
|
|
gerechnet 600.000 M. Auch hier rechne ich die Hälfte ab, da wenigstens auf <font size=
|
|
"-1"><sup>2</sup></font>/<font size="-2">3</font> der Monarchie die nachrückenden Russen bis
|
|
zur Bildung neuer Reserven als Reserve im Innern dienen und die Herde der Insurrektion in
|
|
Schranken halten. Bleiben disponibel gegen den Feind - <i>300.000 M</i>.</p>
|
|
|
|
<p><i>4. Der Deutsche Bund</i>. Da die Herren nahe am Rhein wohnen und die ganze Koalition bei
|
|
ihnen durchmarschiert, so brauchen sie fast gar keine Besatzung gegen das Inland; um so weniger,
|
|
als bei den ersten Erfolgen der Koalition gegen Frankreich die Reservearmeen sich quer durch
|
|
Deutschland aufstellen würden, von Norden nach Süden. Der D[eutsche] B[und] stellt
|
|
wenigstens <i>120.000M</i>.</p>
|
|
|
|
<p>5. Die ital[ienischen] Regierungen, die Dänen, Belgier, Holländer, Schweden pp.
|
|
nehme ich einstweilen auf <i>80.000 Mann</i> an.</p>
|
|
|
|
<p>Die ganze Masse der Koalitionstruppen beläuft sich hiernach auf 1.300.000 Mann, die
|
|
entweder schon unter den Waffen stehn oder sofort einberufen werden können. Die
|
|
sämtlichen Annahmen sind absichtlich zu gering. Die Abzüge für Kranke allein sind
|
|
so stark, daß aus den Rekonvaleszenten usw. allein zwei Monate nach Beginn der Operationen
|
|
eine zweite Armee von 350.000 M. an der f[ran]z[ösischen] Grenze gebildet werden kann. Da
|
|
aber heutzutage keine Regierung so unvernünftig ist, einen Krieg anzufangen, ohne zugleich
|
|
mit dem Ausmarsch der aktiven Armee neue Aushebungen, so stark wie möglich, zu machen und
|
|
diese der ersten Armee nachzuschicken, so muß diese zweite Armee noch bedeutend
|
|
stärker ausfallen.</p>
|
|
|
|
<p>Die Truppen der ersten Armee (die 1.300.000 M.) sind in circa <i>2</i> Monaten
|
|
vollständig zu konzentrieren, und zwar folgendermaßen: Daß die Preußen und
|
|
Östreicher in 2 Monaten ihre obigen Kontingente disponibel haben können, daran kann
|
|
seit den Rüstungen v[om] vorigen November kein Zweifel mehr sein. Was die Russen angeht, so
|
|
sind ihre drei definitiven Konzentrationspunkte zunächst Berlin, Breslau und Krakau oder
|
|
Wien (vgl. unten). Von Petersburg nach Berlin sind ungefähr 45 Tagemärsche; von Berlin
|
|
an den Rhein 16, zusammen 61 Märsche à 5 d[eu]tsche Meilen. Von Moskau nach Breslau
|
|
48 Märsche, von Breslau nach Mainz 20, zusammen 68 Märsche. Von Kiew nach Wien 40, von
|
|
Wien nach Basel 22, zusammen 62 Märsche. Hierzu die Ruhetage gerechnet, die bei russischen
|
|
Truppen und bei den obigen starken Märschen unter keiner Bedingung ausfallen können, so
|
|
ist es klar, daß selbst die in Moskau, Petersburg und Kiew stationierten Truppen in
|
|
<i>drei</i> Monaten bequem am Rhein sein können, und zwar in der Voraussetzung, daß
|
|
die Leute bloß zu Fuß marschieren und daß die Eisenbahnen und der <a name=
|
|
"S486" id="S486"><b><486></b></a> Transport zu Wagen nicht in Anwendung gebracht werden.
|
|
Diese Mittel aber können in Deutschland fast überall, in Rußland und Polen
|
|
wenigstens teilweise in Anwendung kommen und würden den Transport der Truppen im ganzen
|
|
gewiß um 15-20 Tage verkürzen. Die Hauptmasse der russ[ischen] Truppen steht aber
|
|
schon jetzt in den polnischen Provinzen konzentriert, und sowie die politischen Verhältnisse
|
|
eine Krisis wahrscheinlich machen, wird man noch mehr Truppen dahin dirigieren, so daß die
|
|
Anfangspunkte der Marschlinie nicht Petersburg, Moskau und Kiew, sondern Riga, Wilna, Minsk,
|
|
Dubno, Kamieniec sein werden, d.h., daß die Marschlinie um ca. 60 Meilen - 12 Marsch- und 4
|
|
Ruhetage - verkürzt wird. Dabei wird ein großer Teil der Infanterie - besonders der,
|
|
der aus den entfernteren Stationen kommt - wenigstens jeden dritten oder Ruhetag 5 Meilen weit
|
|
gefahren werden können, so daß für diesen Teil die Ruhetage als Marschtage
|
|
zählen. Das Material der Artillerie, die Munitionen und Vorräte würden dann die
|
|
Eisenbahnen freibehalten, die Bespannung und Bedienung der Artillerie würde marschieren
|
|
resp. fahren und so jedenfalls früher ankommen als nach der bisherigen Weise.</p>
|
|
|
|
<p>Nach all diesem scheint mir nichts im Wege zu stehn, daß die Konzentrierung der
|
|
Koalitionsarmee am Rhein zwei Monate nach dem Ausbruch der Revolution in folgender Weise erfolgen
|
|
<Im Manuskript: verhindern> könnte:</p>
|
|
|
|
<p align="center"></p>
|
|
|
|
<center>
|
|
<table cellspacing="0" border="0" cellpadding="1" width="463">
|
|
<tr>
|
|
<td width="27%" valign="top">
|
|
<p align="right">Erste Armee: 1.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="51%" valign="top">
|
|
<p>Erste Linie am Rhein und vor Piemont:</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="22%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="27%" valign="top"></td>
|
|
|
|
<td width="51%" valign="top">
|
|
<p>Pr[eußen], Östrr. pp.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="22%" valign="top">
|
|
<p align="right">750.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="27%" valign="top"></td>
|
|
|
|
<td width="51%" valign="top">
|
|
<p>Russen</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="22%" valign="top">
|
|
<p align="right"><u> 300.000 M.</u></p>
|
|
</td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="27%" valign="top"></td>
|
|
|
|
<td width="51%" valign="top"></td>
|
|
|
|
<td width="22%" valign="top">
|
|
<p align="right">1.050.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="27%" valign="top">
|
|
<p align="right">2.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="51%" valign="top">
|
|
<p>Zweite Linie, Reserve,<br>
|
|
10 Märsche zurück, Russen</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="22%" valign="bottom">
|
|
<p align="right"><u> 250.000 M.</u></p>
|
|
</td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="27%" valign="top"></td>
|
|
|
|
<td width="51%" valign="top">
|
|
<p align="right">total</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="22%" valign="bottom">
|
|
<p align="right">1.300.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="27%" valign="top"></td>
|
|
|
|
<td width="51%" valign="top"></td>
|
|
|
|
<td width="22%" valign="bottom">
|
|
<p align="right">wie oben</p>
|
|
</td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="27%" valign="top">
|
|
<p align="right">Zweite Armee: 1.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="51%" valign="top">
|
|
<p>Reserve der klein[en] Koaliert[en]<br>
|
|
Preu[en], Östr[eicher] usw. in der<br>
|
|
Konzentration begriffen</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="22%" valign="bottom">
|
|
<p align="right">200.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="27%" valign="top">
|
|
<p align="right">2.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="51%" valign="top">
|
|
<p>Russ[ische] Reserve, im Marsch,<br>
|
|
20 Märsche zurück</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="22%" valign="bottom">
|
|
<p align="right"><u> 150.000 M.</u></p>
|
|
</td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="27%" valign="top"></td>
|
|
|
|
<td width="51%" valign="top"></td>
|
|
|
|
<td width="22%" valign="bottom">
|
|
<p align="right">350.000 M</p>
|
|
</td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="27%" valign="top"></td>
|
|
|
|
<td width="51%" valign="top">
|
|
<p align="right">beide Armeen total</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="22%" valign="bottom">
|
|
<p align="right">1.650.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
</tr>
|
|
</table>
|
|
</center>
|
|
|
|
<p><b><a name="S487" id="S487"><487></a></b> Im Grunde sind unter den jetzigen
|
|
Verhältnissen kaum 5-6 Wochen nötig, um 300.000 Russen an den Rhein zu bringen, und in
|
|
derselben Zeit können Preußen, Östr[eich] und die kleinen Alliierten ihre obigen
|
|
Kontingente an den Rhein bringen; aber um den unvorhergesehenen Hindernissen, die bei jeder
|
|
Koalition sich einstellen, gehörig Rechnung zu tragen, nehme ich volle zwei Monate an. Die
|
|
Aufstellung der alliierten Truppen im Moment, wo Napoleon von Elba kam, war in Beziehung auf
|
|
einen Marsch nach Frankreich kaum so günstig wie die jetzige, und doch waren die Russen am
|
|
Rhein, als Napoleon sich bei Waterloo gegen die Engländer und Preußen schlug.</p>
|
|
|
|
<p>Welche Ressourcen hat <i>Frankreich</i> den Alliierten entgegenzusetzen?</p>
|
|
|
|
<p>1. Die Linie beträgt ca. 450.000 M., wovon 50.000 in Algier nicht entbehrt werden
|
|
können. Von den übrigen 400.000 gehen ab die Kranken, das notwendige Minimum für
|
|
Festungsbesatzungen, kleinere Detachierungen in zweideutigen Gegenden des Innern - bleiben
|
|
disponibel höchstens 250,000 Mann.</p>
|
|
|
|
<p>2. Das beliebte Mittel der jetzigen Roten: die ausgedienten Soldaten zur Fahne
|
|
zurückzurufen, ist mit Erfolg zwangsweise höchstens bei 6 Altersklassen, d.h. vom
|
|
27.-32. Jahr, anzuwenden. Jede Altersklasse trägt zur Konikription bei 80.000 M. Die Ravagen
|
|
<Verwüstungen> des alger[ischen] Kriegs und Klimas, die gewöhnl[iche]
|
|
Sterblichkeit während 12 Jahren, Ausfall der Untauglich gewordenen, Ausgewanderten und
|
|
derer, die sich dem Wiedereintritt auf die eine oder die andre Weise zu entziehen wissen zu einer
|
|
Zeit, wo die Verwaltung ohnehin in Unordnung gerät, reduzieren die 480.000 ehemaligen
|
|
Rekruten dieser 6 Altersklassen auf höchstens 300.000 Wiedereintretende. Davon gehn 150.000
|
|
ab für Festungsbesatzungen, die man hauptsächlich aus dieser Klasse älterer,
|
|
großenteils verheirateter Leute nehmen wird - bleiben 150.000 Mann. Diese sind ohne
|
|
Schwierigkeit bei einigermaßen geschickter Direktion in 2 Monaten mobilzumachen.</p>
|
|
|
|
<p>3. Die Volkswehr, Freiwilligen, Volontärs, levée en masse oder wie man dies
|
|
untergeordnete Kanonenfutter sonst nennen will. Mit Ausnahme von etwa 10.000 noch
|
|
zusammenzubringenden garde mobile hat kein Mann davon mehr Bekanntschaft mit den Waffen als
|
|
irgendein deutscher Bürgerwehrmann. Die Franzosen lernen das Handwerk rascher, aber 2 Monate
|
|
sind eine sehr kurze Zeit, und wenn Napoleon seine Rekruten in 4 Wochen durch die
|
|
Bataillonsschule passieren lassen konnte, so brachte er das nur mit ausgezeichneten Cadres
|
|
fertig, während die erste Folge der nächsten Revolution die Desorganisation selbst der
|
|
Cadres der Linie ist. Dazu sind unsre franz[ösischen] <a name="S488" id=
|
|
"S488"><b><488></b></a> Revolutionäre bekanntlich traditionell, und ihr erster Schrei
|
|
wird sein: Levée en masse! Deux millions d' hommes au frontières!
|
|
<Massenaushebung! Zwei Millionen Mann an die Grenzen!> Die deux millions d'hommes
|
|
wären schön und gut, wenn man sich von der Koalition wieder solcher Dummheiten zu
|
|
versehen hätte wie Anno [17]92 und [17]93 und Zeit hätte, die 2.000.000 M. nach und
|
|
nach einzuüben. Aber davon kann keine Rede sein. Man muß sich darauf gefaßt
|
|
machen, binnen zwei Monaten eine Million aktiver feindlicher Soldaten an der Grenze zuhaben, und
|
|
es handelt sich darum, dieser Million mit Chance des Erfolgs gegenüberzutreten.</p>
|
|
|
|
<p>Wenn die Franzosen wieder als traditionelle Nachbeter von [17]93 auftreten, so unternehmen sie
|
|
die Geschichte mit den 2 Millionen, d.h., sie unternehmen so viel, daß das wirkliche
|
|
Resultat bei der kurzen Frist auf Null hinausläuft. Die Einübung und Organisation von
|
|
2.500.000 Mann in 8 Wochen, ohne Cadres, läuft in der Praxis auf eine sinnlose Verzettelung
|
|
aller Ressourcen und auf die Verstärkung der Armee nicht einmal durch ein einziges
|
|
brauchbares Bataillon</p>
|
|
|
|
<p>Wenn sie dagegen einen ordentlichen Kriegsminister haben, der einige Kenntnis hat von
|
|
Revolutionskriegen und den Methoden, rasch eine Armee zu schaffen, und wenn man dem keine auf
|
|
Unwissenheit und Popularitätssucht beruhenden dummen Hindernisse in den Weg legt, so wird er
|
|
sich in den Grenzen des Möglichen halten und kann viel tun. Man wird dann mehr oder weniger
|
|
auf folgenden Plan herauskommen müssen:</p>
|
|
|
|
<p>Die bewaffnete Macht besteht zunächst aus zwei Bestandteilen: 1. proletarische Garde in
|
|
den Städten, Bauerngarde auf dem Land, soweit das Land verläßlich ist zum Dienst
|
|
im Innern; 2. regelmäßige Armee gegen die Invasion. - Der Festungsdienst wird von der
|
|
prolet[arischen] und Bauerngarde geleistet; die Armee liefert nur die nötigsten
|
|
Detachements. Paris, Straßburg, Lyon, Metz, Lille, Valenciennes, die wichtigsten Festungen,
|
|
die zugleich große Städte sind, werden außer ihrer eignen Garde und wenigen
|
|
Bauerndetachements aus der Umgegend nur wenig Linie zur Verteidigung nötig haben. Die im
|
|
Innern disponiblen proletarischen Garden, soweit sie aus nichtbeschäftigten Arbeitern
|
|
bestehn, werden in einem Übungslager vereinigt und von zum Felddienst untauglichen alten
|
|
Offizieren und Unteroffizieren eingeübt, um die Lücken in den Reihen der aktiven Armee
|
|
zu füllen. Das Lager kann bei Orléans angelegt werden - zugleich eine Drohung gegen
|
|
die legitimistischen Gegenden.</p>
|
|
|
|
<p>Die Linie, soweit sie in Frankreich ist, muß verdreifacht, von 400.000 auf 1.100.000 M.
|
|
gebracht werden. Dies geschieht so: Jedes Bataillon wird in <a name="S489" id=
|
|
"S489"><b><489></b></a> ein Regiment verwandelt - das dabei unvermeidliche allgemeine
|
|
Avancement wird den Offizieren und Unteroffizieren nicht weniger Respekt vor der Revolution
|
|
einflößen als die Guillotine und das Kriegsgericht. Die unvermeidliche Erweiterung der
|
|
Cadres geschieht dabei möglichst allmählich, und was von Offizieren zu gewinnen ist,
|
|
wird gewonnen. Dies ist bei der Unmöglichkeit, in 2 Monaten Offiziere zu hexen, sehr
|
|
wichtig. Ohnehin herrscht bei den mittleren und niedern Graden der fr[anzösischen] Armee
|
|
noch so viel Nationalgefühl, daß diese Leute mit etwas Avancement, einer energischen
|
|
Leitung der Kriegsdepartements und einiger Chance des Erfolgs sich im Anfang ganz gut machen
|
|
werden, besonders wenn ein paar Exempel an Meuterern und Deserteuren statuiert sind. Die
|
|
Schüler der Militärschulen, die Beamten der Ponts-et-Chaussées <Verwaltung
|
|
des Brücken- und Straßenbaus> geben vortreffliche Artillerie- und Genieoffiziere,
|
|
und nach ein paar Aktionen werden sich jene bei den Franzosen so häufigen untergeordneten
|
|
militärischen Talente zu entwickeln anfangen, die eine Kompanie zu führen verstehn,
|
|
wenn sie einmal im Feuer gewesen sind.</p>
|
|
|
|
<p>Was die Soldaten selbst betrifft, so stellt</p>
|
|
|
|
<p align="center"></p>
|
|
|
|
<center>
|
|
<table cellspacing="0" border="0" cellpadding="1" width="415">
|
|
<tr>
|
|
<td width="64%" valign="top">
|
|
<p>die Linie</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="30%" valign="top">
|
|
<p align="right">400.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="7%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="64%" valign="top">
|
|
<p>die Wiedereinberufenen</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="30%" valign="top">
|
|
<p align="right">300.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="7%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="64%" valign="top">
|
|
<p>bleiben noch auszuheben und einzuüben</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="30%" valign="top">
|
|
<p align="right"><u> 500.000 M.</u></p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="7%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="64%" valign="top">
|
|
<p>zusammen</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="30%" valign="top">
|
|
<p align="right">1.200.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="7%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="64%" valign="top">
|
|
<p>wovon für Kranke</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="30%" valign="top">
|
|
<p align="right"><u> 100.000 M.</u></p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="7%" valign="top">
|
|
<p>ab</p>
|
|
</td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="64%" valign="top">
|
|
<p>bleiben</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="30%" valign="top">
|
|
<p align="right">1.100.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="7%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="64%" valign="top">
|
|
<p>Von diesen sind aktiv zu verwenden:</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="30%" valign="top"></td>
|
|
|
|
<td width="7%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="64%" valign="top">
|
|
<p>Linie</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="30%" valign="top">
|
|
<p align="right">250.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="7%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="64%" valign="top">
|
|
<p>Wiedereinberufene</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="30%" valign="top">
|
|
<p align="right">150.000 M.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="7%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="64%" valign="top">
|
|
<p>Rekruten</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="30%" valign="top">
|
|
<p align="right"><u> 400.000 M.</u></p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="7%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
|
|
<tr>
|
|
<td width="64%" valign="top"></td>
|
|
|
|
<td width="30%" valign="top">
|
|
<p align="right">800.000M.</p>
|
|
</td>
|
|
|
|
<td width="7%" valign="top"></td>
|
|
</tr>
|
|
</table>
|
|
</center>
|
|
|
|
<p>Was man damit anfangen kann, wird sich zeigen. Die Einübung von 400.000 bis 500.000 Mann
|
|
aber als Rekruten zur Linienarmee, die mit den bisherigen und wiedereinberufenen Soldaten in den
|
|
Regimentern und Bataillonen verschmolzen werden, innerhalb zwei Monaten, ist so überaus
|
|
schwer nicht, wenn rasch, le lendemain de la révolution <am Tag nach der Revolution>
|
|
ans Werk gegangen wird. Alle diese Verstärkungen würden die Infanterie und Artillerie
|
|
treffen; in 2 Monaten kann <a name="S490" id="S490"><b><490></b></a> man wohl einen
|
|
Infanteristen und einen wenigstens zur einfachen Geschützbedienung brauchbaren Kanonier
|
|
ausbilden, aber keinen Kavalleristen. Der Zuwachs der Kavallerie würde also sehr schwach
|
|
sein.</p>
|
|
|
|
<p>Bei dem ganzen Bewaffnungsplan wird vorausgesetzt, daß ein ordentlicher Kriegsminister
|
|
da ist, der die politischen Verhältnisse zu würdigen versteht, der strategische,
|
|
taktische und Detailkenntnisse über alle Waffen besitzt und der die gehörige Portion
|
|
Energie, Raschheit und decisiveness <Entschlossenheit> hat und dem von den Eseln, die mit
|
|
ihm regieren werden, freie Hand gelassen wird. Aber wo hat die "rote" Partei in Frankreich so
|
|
einen Kerl! Die Chancen sind im Gegenteil, daß wie gewöhnlich ein unwissender Kerl,
|
|
den man und der sich als bon démocrate <guter Demokrat> natürlich jedem Posten
|
|
gewachsen glaubt, den Carnot zu spielen versuchen, daß er Massenaushebung dekretieren,
|
|
alles vollständig auflösen, sehr bald am Ende seines Witzes ankommen, dann alles der
|
|
Routine alter Unterbeamten überlassen und die feindlichen Armeen bis vor Paris kommen lassen
|
|
wird. Heutzutage aber einer europäischen Koalition zu widerstehn, muß man nicht Pache
|
|
und Bouchotte, auch nicht Carnot, man müßte Napoleon sein oder entsetzlich dumme
|
|
Feinde und entsetzlich viel Glück haben.</p>
|
|
|
|
<p>Es ist nicht zu übersehn, daß bei allen Berechnungen der Streitkräfte der
|
|
Koalition das Minimum der Gesamtmacht und das Maximum der Abzüge angenommen worden, so
|
|
daß bei nur einigermaßen erträglicher Direktion die disponible Truppenmasse
|
|
größer und die nötige Zeit zur Konzentration geringer sein wird als hier
|
|
angegeben. Bei Frankreich dagegen sind die Annahmen umgekehrt; die disponible Zeit ist
|
|
möglichst lang, die möglicherweise zu organisierende Gesamtmacht ist sehr hoch, die
|
|
Abzüge gering, also die disponible Truppenmasse möglichst groß angenommen. Mit
|
|
einem Wort: alle diese Kalkulationen stellen - von unvorhergesehenen Ereignissen und von groben
|
|
Böcken der Alliierten abstrahiert - den für die Revolution möglichst
|
|
günstigen Fall dar.</p>
|
|
|
|
<p>Dazu ist vorausgesetzt worden, daß die Revolution und Invasion nicht sogleich im Innern
|
|
des Landes Bürgerkrieg hervorruft. Es ist jetzt, 60 Jahre nach dem letzten Bürgerkrieg
|
|
in Frankreich, unmöglich zu bestimmen, inwiefern der legitimistische Fanatismus einer mehr
|
|
als ephemeren Insurrektion fähig ist; es ist indes klar, daß in demselben Maß,
|
|
wie die Alliierten vorrücken, auch die Chancen einer Erhebung wie 1793 in Lyon, Toulon pp.,
|
|
einer momentanen Allianz aller politisch gestürzten Klassen und Fraktionen zunimmt. Nehmen
|
|
wir indes auch hier den für die Revolution günstigsten <a name="S491" id=
|
|
"S491"><b><491></b></a> Fall, nämlich daß die revolutionäre proletarische
|
|
und Bauerngarde imstande ist, die rebellischen Departements und Klassen glücklich zu
|
|
entwaffnen.</p>
|
|
|
|
<p>Auf die Chancen, die durch Aufstände in Deutschland, Italien pp. der Revolution gegeben
|
|
werden können, kommen wir gleich zu sprechen.</p>
|
|
|
|
<p align="center">V</p>
|
|
|
|
<p>Wir kommen jetzt zur wirklichen Kriegführung.</p>
|
|
|
|
<p>Wenn man den einen Fuß eines Zirkels auf der Karte auf Paris setzt und mit der
|
|
Entfernung von Paris bis Straßburg als Radius einen Kreis um Paris beschreibt, so trifft
|
|
die Peripherie dieses Kreises im Süden die franz[ösische] Grenze zwischen Grenoble und
|
|
Chambéry bei Pont de Beauvoisin, folgt ihr in nördlicher Richtung über Genf, den
|
|
Jura, Basel, Straßburg und Hagenau und folgt dann dem Lauf des Rheins bis zu seiner
|
|
Mündung; wenn sie sich an einzelnen Punkten von ihm entfernt, so erreicht diese Entfernung
|
|
nie die Länge von zwei Tagemärschen. Wäre der Rhein die Grenze Frankreichs, so
|
|
wäre Paris von dem Punkt an, wo die Alpen aufhören diese Grenze zu decken, bis zur
|
|
Nordsee gleich weit von der Grenze entfernt. Das militärische System Frankreichs, mit Paris
|
|
als Zentrum, hätte alle seine geographischen Bedingungen erfüllt. Dieser einfache
|
|
Kreisbogen von Chambéry bis Rotterdam, der alle Punkte der einzigen offnen Grenze
|
|
Frankreichs, und noch dazu der Grenze, die der Hauptstadt am nächsten liegt, auf die
|
|
gleichmäßige Entfernung von etwa 70 deutschen Meilen - 14 Tagemärschen - von
|
|
Paris reduziert und zu gleicher Zeit die Grenze durch einen breiten Strom deckt - das ist die
|
|
militärische reelle Basis der Behauptung, daß der Rhein die natürliche Grenze
|
|
Frankreichs sei.</p>
|
|
|
|
<p>Dieselbe eigentümliche Konfiguration seines Laufs macht den Rhein aber auch zum
|
|
Ausgangspunkt aller konzentrischen Operationen gegen Paris, denn die verschiedenen Armeen, um
|
|
gleichzeitig vor Paris ankommen, gleichzeitig Paris von verschiednen Seiten bedrohen zu
|
|
können, müssen gleichzeitig von gleich weit entfernten Punkten aufbrechen. Die
|
|
Operationen jeder kontrerevolutionären Koalitionsarmee gegen Frankreich müssen
|
|
konzentrisch sein, so gefährlich alle konzentrischen Operationen sind, bei denen der
|
|
Konzentrationspunkt im Bereich des Feindes liegt oder gar seine Operationsbasis bildet: 1. weil
|
|
mit Paris Frankreich erobert ist; 2. weil kein Teil der im Bereich der Operationen
|
|
französischer Armeen liegenden Grenze bloßgegeben werden darf, da sonst die Franzosen
|
|
auf dem Gebiet der Koalition, im Rücken ihrer Armeen, durch Sendung von Armeen
|
|
Insurrektionen provozieren <a name="S492" id="S492"><b><392></b></a> könnten; 3. weil
|
|
die Massen, die jede Koalition gegen Frankreich schleudern muß, zu ihrer Ernährung
|
|
mehrfache Operationslinien nötig haben.</p>
|
|
|
|
<p>Die zu deckende Grenze für beide Armeen geht von Chambéry bis Rotterdam. Die
|
|
spanische Grenze bleibt einstweilen außer Betracht. Die italienische vom Var bis an die
|
|
Isère ist durch die Alpen gedeckt und entfernt sich immer weiter von Paris, da sie die
|
|
Tangente des obigen Kreises bildet. Sie kann nur in Betracht kommen: 1. wenn die befestigten
|
|
Defileen der Savoyer Alpen, namentlich des Mont Cenis, in den Händen der Franzosen sind; 2.
|
|
wenn man an der Küste eine Diversion machen will, zu der besondere Gründe vorliegen
|
|
müssen; 3. wenn franz[ösische] Armeen, nachdem die Grenze an allen andern Punkten
|
|
sichergestellt ist, offensiv vorgehn wollen wie 1796 Napoleon. Für alle andern Fälle
|
|
liegt sie zu weit ab.</p>
|
|
|
|
<p>Die aktiven Operationen, sowohl für die Koalition wie für Frankreich,
|
|
beschränken sich also auf die Linie von Chambéry oder der Isère bis nach der
|
|
Nordsee und auf das Gebiet, das zwischen dieser Linie und Paris liegt. Und gerade dieser Teil von
|
|
Frankreich bietet ein Terrain dar, das zur Verteidigung wie geschaffen ist und dessen Gebirgs-
|
|
und Flußsysteme militärisch kaum besser gewünscht werden könnten.</p>
|
|
|
|
<p>Von der Rhône bis zur Mosel ist die Grenze durch einen langen, schwer und nur an
|
|
bestimmten Punkten passierbaren Gebirgszug gedeckt: den Jura, an den sich die Vogesen
|
|
anschließen, deren Verlängerung wieder der Hochwald und Idarwald bilden. Beide Gebirge
|
|
laufen der Grenze parallel, und die Vogesen werden noch dazu durch den Rhein gedeckt. Zwischen
|
|
Mosel und Mus decken die Ardennen, jenseits der Maas die Argonnen den Weg nach Paris. Nur das
|
|
Gebiet von der Sambre zur See ist offen, aber hier wird die Lage jeder vordringenden Armee auch
|
|
gefährlicher mit jedem Schritt, den sie vorwärts tut - sie riskiert bei
|
|
einigermaßen geschickten Operationen einer starken französischen Armee, von Belgien
|
|
abgeschnitten und in die See geworfen zu werden. Dazu ist die ganze Linie von der Rhône bis
|
|
zur Nordsee mit Festungen gespickt, von denen einige, z.B. Straßburg, ganze Provinzen
|
|
beherrschen.</p>
|
|
|
|
<p>Von dem Vereinigungspunkt des Jura und der Vogesen läuft ein Gebirgszug in
|
|
südwestlicher Richtung nach der Auvergne zu, der die Wasserscheide zwischen der Nordsee und
|
|
dem Ozean einerseits und dem Mittelmeer andrerseits bildet. Von ihm fließt nach Süden
|
|
die Saône, nach Norden parallel die Mosel, die Maas, die Marne, die Seine, die Yonne.
|
|
Zwischen je zweien dieser Flüsse, wie zwischen Yonne und Loire, zweigen sich lange
|
|
Gebirgsketten ab, die, nur von wenigen Straßen durchschnitten, die einzelnen
|
|
Flußtäler voneinander trennen. Dieses ganze Gebirgsland ist zwar für alle
|
|
Waffengattungen <a name="S493" id="S493"><b><493></b></a> größtenteils
|
|
praktikabel, aber sehr unfruchtbar, und keine große Armee kann sich lange darauf
|
|
halten.</p>
|
|
|
|
<p>Ist auch dies Gebirge sowie die gleich unfruchtbaren Höhenstriche der Champagne, die das
|
|
Maasgebiet vom Seinegebiet trennen, überstiegen, so tritt die feindliche Armee ins Gebiet
|
|
der Seine. Und. hier erst zeigen sich die auffallenden militärischen Vorteile der Lage von
|
|
Paris vollständig.</p>
|
|
|
|
<p>Das Flußgebiet der Seine abwärts bis zur Mündung der Oise wird von mehreren,
|
|
in fast parallelen Bogen in nordwestlicher Richtung strömenden Flüssen gebildet - der
|
|
Yonne, der Seine, der Marne, der Oise und Aisne, von denen jeder noch in gleicher Richtung
|
|
strömende Nebenflüsse hat. Alle diese bogenförmigen Täler vereinigen sich
|
|
ziemlich nahe beieinander, und im Zentrum dieser Vereinigungspunkte liegt Paris. Die
|
|
Hauptstraßen nach Paris von allen Landgrenzen zwischen dem Mittelländischen Meer und
|
|
der Schelde laufen durch diese Flußtäler und laufen mit ihnen konzentrisch in Paris
|
|
zusammen. Die Armee, die Paris verteidigt, kann sich also immer in kürzerer Zeit
|
|
konzentrieren und von einem bedrohten Punkt zum andern wenden als die angreifende Armee, weil von
|
|
zwei konzentrischen Kreisen der innere die kleinere Peripherie hat. Die bewundernswürdige
|
|
Benutzung dieser Vorteile, die unermüdliche Bewegung auf der Peripherie des inneren Kreises
|
|
machte es Napoleon in seinem glänzenden Feldzug von 1814 möglich, mit einer Handvoll
|
|
Soldaten zwei Monate lang die ganze Koalition im Seinegebiet im Schach zu halten. <Hier endet
|
|
das Manuskript></p>
|
|
</body>
|
|
</html>
|