emacs.d/clones/www.mlwerke.de/me/me09/me09_227.htm
2022-08-25 20:29:11 +02:00

95 lines
No EOL
31 KiB
HTML

<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 3.2//EN">
<HTML>
<HEAD>
<META HTTP-EQUIV="Content-Type" CONTENT="text/html; charset=ISO-8859-1">
<TITLE>Karl Marx - Finanzielle Mißerfolg der Regierung - Mietdroschken - Irland - Die russische Frage</TITLE>
</HEAD>
<BODY LINK="#0000ff" VLINK="#800080" BGCOLOR="#ffffaf">
<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 9, S. 227-237<BR>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1960</P>
</FONT><H2>Karl Marx</H2>
<H1>Finanzieller Mi&szlig;erfolg der Regierung -<BR>
Mietdroschken - <BR>
Irland - <BR>
Die russische Frage</H1>
<FONT SIZE=2><P>Aus dem Englischen.</FONT> </P>
<P><HR></P>
<FONT SIZE=2><P>["New-York Daily Tribune" Nr. 3844 vom 12. August 1853]</P>
</FONT><B><P><A NAME="S227">&lt;227&gt;</A></B> London, Freitag, 29. Juli 1853</P>
<P>Herr Gladstone brachte vergangene Nacht im Unterhaus den Antrag ein, da&szlig; aus dem konsolidierten Fonds Mittel bereitgestellt werden sollten, um die nicht im Rahmen seines Finanzplans umgewandelten Aktien der S&uuml;dseekompanie einzul&ouml;sen. Einen derartigen Antrag einzubringen bedeutet das Eingest&auml;ndnis, da&szlig; sein Plan zur Konvertierung der Aktien v&ouml;llig fehlgeschlagen ist. Au&szlig;er dieser kleinen Niederlage erlitt die Regierung eine sehr schwere im Zusammenhang mit ihrer Indienbill. Sir John Pakington beantragte, eine Klausel einzuf&uuml;gen, wonach das Salzmonopol aufgehoben und bestimmt werden sollte, da&szlig; in Indien die Salzgewinnung und der Handel mit Salz v&ouml;llig frei seien und nur mit Akzise oder einer anderen Steuer belastet werde. Trotz der verzweifelten Anstrengungen von Sir Charles Wood, Lord John Russell, Sir J. Hogg, Sir H. Maddock und Herrn Lowe (von der "Times") wurde der Antrag mit 117 gegen 107 Stimmen angenommen. Die Oligarchie, welcher es gelungen war, das Gehalt des Pr&auml;sidenten der Kontrollbeh&ouml;rde auf 5.000 Pfd.St. heraufzusetzen, schl&auml;gt jetzt vor, die Geh&auml;lter der makellosen Direktoren der Ostindischen Kompanie von 300 Pfd.St. auf 1.000 Pfd.St. und die des Vorsitzenden und seines Stellvertreters auf 1.500 Pfd.St. zu erh&ouml;hen. Anscheinend glauben sie, da&szlig; Indien im Besitz der gleichen wunderbaren Kraft sei, welche in Hindustan den Bl&auml;ttern eines sagenhaften Baums auf den h&ouml;chsten Gipfeln des Himalaja zugeschrieben wird, n&auml;mlich da&szlig; alles, was er ber&uuml;hrt, sich in Gold verwandelt - mit dem Unterschied, da&szlig; die leichtgl&auml;ubigen Hindus dies vom Saft der Bl&auml;tter, die aufgekl&auml;rten Engl&auml;nder hingegen vom Blut der Eingeborenen erwarten.</P>
<B><P><A NAME="S228">&lt;228&gt;</A></B> Der chinesische Sultan aus "Tausendundeiner Nacht" war, als er eines sch&ouml;nen Morgens aufstand und aus seinem Fenster nach Aladins Palast blickte, erstaunt, blo&szlig; einen leeren Platz wahrzunehmen. Er rief seinen Gro&szlig;wesir und fragte, ob er den Palast sehe. Auch der Gro&szlig;wesir konnte nichts sehen und war nicht weniger &uuml;berrascht als der Sultan, welcher in Zorn geriet und seiner Leibwache den Befehl gab, Aladin gefangenzunehmen. Als die Londoner Bev&ouml;lkerung am Mittwochmorgen aufstand, fand sie sich in einer sehr &auml;hnlichen Lage, wie jener chinesische Sultan. London sah London nicht mehr &auml;hnlich. Da waren und blieben Pl&auml;tze leer, auf denen wir sonst gewohnt waren, etwas zu erblicken. Und so wie das Auge &uuml;ber die Leere erstaunt war, so war das Ohr von der Grabesstille &uuml;berrascht. Was war in London vorgefallen? Eine Droschkenrevolution hatte sich ereignet! Wie durch ein Wunder waren die Mietdroschken und ihre Kutscher von den Stra&szlig;en, den Haltepl&auml;tzen und den Bahnh&ouml;fen verschwunden. Die Besitzer und die Kutscher der Droschken befinden sich in Rebellion gegen das neue Mietdroschkengesetz, jenes gro&szlig;artige und fast "einzigartige" Gesetz des "Ministeriums aller Talente". Sie sind in Streik getreten.</P>
<P>Es ist &ouml;fter beobachtet worden, da&szlig; das britische Publikum von periodisch wiederkehrenden Anf&auml;llen von Moralit&auml;t gepackt wird und da&szlig; alle sechs bis sieben Jahre seine Tugend hemmungslos wird und dann der Verderbtheit mit Entschlossenheit gegen&uuml;bertreten mu&szlig;. Augenblicklich bildet der arme <I>Cabby</I> &lt;<I>Droschkenkutscher</I>&gt;<I> </I>das Objekt dieses moralischen und patriotischen Anfalls. Seinen unversch&auml;mten Geldforderungen bei schutzlosen Damen und fetten Citvkaufleuten sollte ein Ende gemacht und sein Fahrpreis pro Meile von einem Schilling auf sechs Pence herabgesetzt werden. Die Sechs-Penny-Moralit&auml;t wurde zu einer Epidemie. Durch den Mund des Herrn Fitzroy brachte das Ministerium das drakonische Gesetz gegen den Cabby ein, welches ihm seine Verpflichtungen gegen&uuml;ber der &Ouml;ffentlichkeit vorschrieb und gleichzeitig seine Fahrpreise, seine "Hansoms " &lt;zweir&auml;drige Kutsche, wo der Kutscher hinten aufsitzt&gt;, seine Pferde und seine Moral der parlamentarischen Gesetzgebung unterwarf. Der Cabby soll, so scheint es, zwangsweise in den Prototyp britischer Respektablit&auml;t verwandelt werden. Die heutige Generation kann nicht leben, ohne wenigstens eine tugendhafte und selbstlose Klasse von Staatsb&uuml;rgern zu improvisieren, und daf&uuml;r wurde der Cabby auserw&auml;hlt. Das "Ministerium aller Talente" war so begierig darauf, sein Meisterst&uuml;ck der Gesetzgebung auszuf&uuml;hren, da&szlig; das Mietdroschkengesetz, kaum vom Unterhaus angenommen, in Kraft gesetzt wurde, ehe &uuml;berhaupt irgendwelche zu seiner Durchf&uuml;hrung erforderlichen Ma&szlig;nahmen vor- <A NAME="S229"><B>&lt;229&gt;</A></B> bereitet worden waren. Anstatt die Londoner Kadis schon im voraus mit den authentischen Exemplaren der neuen Verordnung, der neuen Fahrpreistarife und der Fahrpl&auml;ne zu versehen, hatten die Polizeirichter ganz allgemeine Anweisung erhalten, jeglichen entstandenen Streit zwischen Cabby und Publikum zu entscheiden. So hatten wir im Verlauf von zwei Wochen das abwechslungsreiche und erhebende Schauspiel eines st&auml;ndigen Kampfes zwischen einer wahren Armee von Sechs-Penny-Hampdens und jenen "schrecklichen" Droschkenkutschern vor den Richtern, wobei die einen der Tugend und die anderen des Geldes wegen k&auml;mpften. Tag f&uuml;r Tag wurden Cabby Moralpauken gehalten, wurde er verurteilt und eingesperrt. Schlie&szlig;lich war es ihm klar, da&szlig; er bei dem neuen Tarif nicht mehr die alte Pacht an den Eigent&uuml;mer zahlen konnte, und Eigent&uuml;mer wie Kutscher zogen sich auf ihren Mons Sacer, n&auml;mlich National Hall, in Holborn &lt;Stadtteil von London&gt; zur&uuml;ck, wo sie zu dem schrecklichen Entschlu&szlig; kamen, der in London drei Tage lang den droschkenlosen Zustand hervorgerufen hat. Sie haben bereits zwei Dinge erreicht: als erstes hat das Ministerium, durch den Mund des Herrn Fitzroy, soviel an seinem Gesetz ver&auml;ndert, da&szlig; es fast ausgel&ouml;scht wurde; und zweitens alle Probleme, wie die orientalische Frage, der d&auml;nische Coup d'&eacute;tat &lt;Staatsstreich&gt;, die schlechte Ernte und die um sich greifende Cholera, sind verschwunden angesichts des gro&szlig;en Kampfes zwischen der &ouml;ffentlichen Tugend, die darauf besteht, nur sechs Pence f&uuml;r die Meile zu zahlen, und dem Privatinteresse, das darauf besteht, daf&uuml;r 12 Pence zu fordern.</P>
<P>"Streik" ist die Losung des Tages. W&auml;hrend dieser Woche streikten 5.000 Bergarbeiter im n&ouml;rdlichen Kohlengebiet, 400 bis 500 Gesellen der Korkschneider in London, dazu etwa 2.000 bei den verschiedenen Werftbesitzern an der Themse besch&auml;ftigte Arbeiter, die Polizeitruppe von Hull, &auml;hnliche Versuche unternahm die Londoner Polizei, und schlie&szlig;lich streiken die an der St. Stephanskapelle arbeitenden Maurer, direkt unter den Augen des Parlaments.</P>
<P>"Die Erde wird zu einem wahren Paradies f&uuml;r die Arbeiter", ruft die "Times" aus, "Menschen werden wertvoll." Als 1849, 1850, 1851 und 1852 der Handel st&auml;ndig wuchs, sich die Industrie in unerh&ouml;rtem Ma&szlig;e ausdehnte und der Profit dauernd gr&ouml;&szlig;er wurde, blieben die L&ouml;hne unver&auml;ndert und sogar in den meisten F&auml;llen auf dem niedrigen Stand, welchen die Krise von 1847 herbeigef&uuml;hrt hatte. Nachdem Auswanderung die Bev&ouml;lkerung zahlenm&auml;&szlig;ig vermindert und die steigenden Preise f&uuml;r die wichtigsten Lebensmittel ihren Hunger vergr&ouml;&szlig;ert hatten, brachen Streiks aus, und als Folge dieser <A NAME="S230"><B>&lt;230&gt;</A></B> Streiks stiegen die L&ouml;hne, und siehe da! Die Erde wird zu einem Paradies f&uuml;r Arbeiter - in den Augen der "Times". Um jenes Paradies auf irdische Ausma&szlig;e zu reduzieren, haben die Spinnereibesitzer von Lancashire eine Assoziation gegr&uuml;ndet, um sich gemeinsam gegen die Forderungen des Volkes zu sch&uuml;tzen und zu unterst&uuml;tzen. Doch nicht zufrieden damit, Koalition durch Koalition zu bek&auml;mpfen, droht die Bourgeoisie, ein Eingreifen durch das Gesetz zu fordern - ein Gesetz, welches sie selbst diktiert. Wie das geschehen soll, mag man aus folgendem Gegeifer der "Morning Post" entnehmen, dem Organ des liberalen und liebensw&uuml;rdigen Palmerston.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Wenn es ein St&uuml;ck Niedertracht gibt, welches besonders verdient <I>mit eiserner Hand bestraft zu werden</I>, ist es das System der Streiks ... Gebraucht wird eine strenge und summarische Methode, um die Streikleiter und R&auml;delsf&uuml;hrer dieser Koalitionen zu bestrafen. Es w&uuml;rde keineswegs eine Einmischung in die Freiheit des Arbeitsmarktes bedeuten, <I>wenn man diesen Burschen eine Tracht Pr&uuml;gel verabfolgte</I> ... Es ist m&uuml;&szlig;ig zu behaupten, da&szlig; dies eine Einmischung in den Arbeitsmarkt bedeuten w&uuml;rde. Solange diejenigen, welche den Arbeitsmarkt beliefern, davon Abstand nehmen, die Interessen des Landes aufs Spiel zu setzen, <I>mag </I>es <I>ihnen &uuml;berlassen bleiben</I>, mit den Arbeitgebern zu einer Einigung zu kommen."</P>
</FONT><P>Innerhalb gewisser konventioneller Grenzen soll es den Arbeitern gestattet sein, sich einzubilden, selbst&auml;ndige Partner der Produktion zu sein und ihre Kontrakte mit ihrem Arbeitgeber im gegenseitigen &Uuml;bereinkommen abzuschlie&szlig;en. Werden jedoch diese Grenzen &uuml;berschritten, dann wird ihnen das Arbeitsverh&auml;ltnis offen unter Bedingungen aufgezwungen, die vom Parlament, jenem st&auml;ndigen Ausschu&szlig; der Koalition der herrschenden Klasse gegen das Volk, vorgeschrieben worden sind. Die tiefgr&uuml;ndigen und philosophischen Gedanken des Palmerstonschen Organs wurden auf kuriose Weise durch seine gestrige Entdeckung offenbart, da&szlig; "von allen Klassen Englands <I>den Armen der h&ouml;heren St&auml;nde am &auml;rgsten mitgespielt wurde</I>". Der arme Aristokrat, der in Ermangelung eines eigenen "Brougham" &lt;geschlossenen Einsp&auml;nners (nach Lord Brougham)&gt; gezwungen ist, eine Mietdroschke zu benutzen!</P>
<P>Man versichert uns, da&szlig; die ganze Welt, besonders aber Irland, infolge Hungersnot und Massenauswanderung zu einem Paradies der Arbeiter wird. Wenn aber die L&ouml;hne in Irland wirklich so hoch sind, wie kommt es dann, da&szlig; die irischen Arbeiter in solchen Massen nach England her&uuml;berstr&ouml;men, um sich f&uuml;r immer auf dieser Seite des "Teichs" niederzulassen, w&auml;hrend sie fr&uuml;her nach Beendigung der Erntearbeiten zur&uuml;ckzukehren pflegten?</P>
<B><P><A NAME="S231">&lt;231&gt;</A></B> Wenn die sozialen Verbesserungen f&uuml;r das irische Volk solche Fortschritte machen, wie kommt es dann, da&szlig; andererseits die F&auml;lle von Wahnsinn in diesem Lande seit 1847 und besonders seit 1851 so schrecklich zugenommen haben? Werfen wir einen Blick auf die folgenden Zahlen aus dem "Sechsten Bericht &uuml;ber Bezirksirrenanstalten f&uuml;r Verbrecher und private Irrenanstalten in Irland":</P>
<P ALIGN="CENTER"><CENTER><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=530>
<TR>
<TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP" COLSPAN=2>
<P ALIGN="RIGHT">Gesamtzahl der Aufnahmen in Irrenanstalten</TD>
<TD WIDTH="39%" VALIGN="BOTTOM" COLSPAN=2>
<P ALIGN="CENTER">davon</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP"><P></P></TD>
<TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP"><P></P></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">M&auml;nner</TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">Frauen</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<P>1851</TD>
<TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">2.584</TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.301</TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.283</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<P>1852</TD>
<TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">2.722</TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.376</TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.346</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<P>M&auml;rz 1853</TD>
<TD WIDTH="43%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">2.870</TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.447</TD>
<TD WIDTH="18%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.423</TD>
</TR>
</TABLE>
</CENTER></P>
<P>&lt;Das Berichtsjahr endet im M&auml;rz&gt;</P>
<P>Und dies ist das gleiche Land, in dem der ber&uuml;hmte Swift, der Begr&uuml;nder der ersten Irrenanstalt in Irland, bezweifelte, ob dort jemals 90 Wahnsinnige gefunden werden k&ouml;nnten.</P>
<P>Die von Ernest Jones wiederer&ouml;ffnete Agitation der Chartisten macht lebhafte Fortschritte; am 30. d.M. soll ein gro&szlig;es Meeting der Londoner Chartisten unter freiem Himmel auf dem Kennington Common stattfinden, wo die gro&szlig;e Versammlung am 10. April 1848 stattfand.</P>
<P>Herr Cobbett hat seinen Fabrikgesetzantrag zur&uuml;ckgezogen und gab zu verstehen, er habe die Absicht, ihn zu Beginn der n&auml;chsten Parlamentssession wieder vorzulegen.</P>
<P>Der "Manchester Guardian" vom 27. d.M. best&auml;tigt in bezug auf die finanziellen und allgemeinen Aussichten Englands v&ouml;llig meine fr&uuml;heren Voraussagen in folgenden S&auml;tzen seines Leitartikels:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Es hat wohl kaum jemals eine Zeit gegeben, da in unserer kommerziellen Atmosph&auml;re derartig viele Elemente der Ungewi&szlig;heit in der Luft lagen, dazu angetan, <I>Unruhe </I>hervorzurufen - wir gebrauchen dieses milde Wort absichtlich. Zu einer beliebigen Zeit vor der Aufhebung der Korngesetze, und vor der allgemeinen Einf&uuml;hrung der Freihandelspolitik h&auml;tten wir den st&auml;rkeren Ausdruck <I>ernste Besorgnis </I>benutzt. Diese Elemente sind erstens die zu erwartende Mi&szlig;ernte, zweitens der st&auml;ndige Abflu&szlig; von Gold aus den Gew&ouml;lben der Bank und drittens die gro&szlig;e Wahrscheinlichkeit, da&szlig; es zum Kriege kommen wird."</P>
</FONT><P>Nun ist das Letzte aus der Verfassung von 1848 durch den Staatsstreich des K&ouml;nigs von D&auml;nemark &uuml;ber den Haufen geworfen worden. Das Land hat eine russische Konstitution bekommen und ist durch die Abschaffung der Lex Regia dazu verdammt worden, eine russische Provinz zu werden. Ich <A NAME="S232"><B>&lt;232&gt;</A></B> werde in <A HREF="me09_238.htm#S242">einem meiner n&auml;chsten Briefe</A> eine Darlegung der Angelegenheiten D&auml;nemarks geben.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Unsere Politik besteht darin, darauf zu achten, da&szlig; in den n&auml;chsten vier Monaten nichts geschieht, und ich hoffe, wir f&uuml;hren sie durch, <I>denn die Menschen ziehen es im allgemeinen vor, abzuwarten</I>; der f&uuml;nfte Monat aber wird reich an Ereignissen werden."</P>
</FONT><P>So schrieb Graf Pozzo di Borgo am 28. November 1828 an den Grafen Nesselrode, und Graf Nesselrode handelt nun nach diesem Grundsatz. W&auml;hrend die milit&auml;rische Usurpation der F&uuml;rstent&uuml;mer durch die Russen noch durch das Ansichrei&szlig;en der dortigen Zivilverwaltung vervollst&auml;ndigt wurde, w&auml;hrend ein Regiment nach dem anderen in Bessarabien und der Krim einmarschiert, gibt Ru&szlig;land &Ouml;sterreich einen Wink, da&szlig; seine Vermittlung angenommen werden w&uuml;rde, und einen anderen an Bonaparte, da&szlig; seine Vorschl&auml;ge m&ouml;glicherweise beim Zaren g&uuml;nstige Aufnahme finden k&ouml;nnten. Die Minister in Paris und London werden mit der Aussicht vertr&ouml;stet, da&szlig; Nikolaus sich huldvoll herablassen werde, ihre Entschuldigungen endlich entgegenzunehmen. Favoritinnen gleich harrten alle H&ouml;fe Europas angstvoll darauf, wem von ihnen der Herrscher aller Gl&auml;ubigen das Taschentuch zuwerfen w&uuml;rde. Wochen-, ja monatelang hielt Nikolaus sie so hin, bis er pl&ouml;tzlich erkl&auml;rte, da&szlig; weder England noch Frankreich, noch &Ouml;sterreich, noch Preu&szlig;en sich in seinen Konflikt mit der T&uuml;rkei einzumischen h&auml;tten und da&szlig; nur er mit dieser allein verhandeln k&ouml;nne. Wahrscheinlich berief er seine Gesandtschaft aus Konstantinopel nur darum ab, um eben diese Verhandlungen mit der T&uuml;rkei zu erleichtern. W&auml;hrend er aber einerseits erkl&auml;rt, die M&auml;chte h&auml;tten sich nicht in russische Angelegenheiten einzumischen, erfahren wir andererseits, da&szlig; die Vertreter von Frankreich, England, &Ouml;sterreich und Preu&szlig;en ihre Zeit mit Zusammenk&uuml;nften in Wien totschlagen, um Projekte zur Regelung der orientalischen Frage auszuhecken, ohne da&szlig; sich jedoch weder der t&uuml;rkische noch der russische Gesandte an diesen Scheinkonferenzen beteiligen. Der Sultan hatte am 8. Juli ein kriegerisches Ministerium eingesetzt, um sich von diesem Zustand der Waffenruhe zu befreien, aber Lord Redcliffe zwang ihn, es noch an demselben Abend zu entlassen. Das hat ihn so aus der Fassung gebracht, da&szlig; er einen &ouml;sterreichischen Kurier nach St. Petersburg schicken will, der den Zaren befragen soll, ob er die direkten Verhandlungen wieder aufnehmen wolle. Von der R&uuml;ckkehr dieses Kuriers und der mitgebrachten Antwort werde es abh&auml;ngen, ob Reschid Pascha selbst nach St. Petersburg geht. Von St. Petersburg soll er neue Notenentw&uuml;rfe <A NAME="S233"><B>&lt;233&gt;</A></B> nach Konstantinopel schicken; diese neuen Notenentw&uuml;rfe sollen dann wieder nach St. Petersburg zur&uuml;ckgesandt werden, und zu einer Entscheidung wird es erst kommen, wenn die letzte Antwort von St. Petersburg nach Konstantinopel gelangt ist - inzwischen aber wird der f&uuml;nfte Monat heranger&uuml;ckt sein und in das Schwarze Meer keine Flotte mehr hineink&ouml;nnen. Dann wird der Zar w&auml;hrend des Winters ruhig in den F&uuml;rstent&uuml;mern bleiben, wo er seine Ausgaben mit denselben Versprechungen begleichen wird, die dort von seinen fr&uuml;heren Okkupationen her seit 1820 schon kursieren.</P>
<P>Es ist bekannt, da&szlig; der serbische Minister Garaschanin auf Betreiben Ru&szlig;lands seines Postens enthoben wurde. Ru&szlig;land, durch diesen ersten Triumph ermutigt, besteht nun darauf, da&szlig; alle russenfeindlichen Offiziere entlassen werden. Auch auf den regierenden F&uuml;rsten Alexander beabsichtigte man diese Ma&szlig;nahme auszudehnen und ihn durch den F&uuml;rsten Michael Obrenovic, ein willf&auml;hriges Werkzeug Ru&szlig;lands und russischer Interessen, zu ersetzen. Um dieser Kalamit&auml;t zu entgehen und auch unter &Ouml;sterreichs Einflu&szlig; hat sich F&uuml;rst Alexander gegen den Sultan gewandt und erkl&auml;rt, die strengste Neutralit&auml;t wahren zu wollen. Die russischen Intrigen in Serbien werden in der Pariser "Presse" folgenderma&szlig;en geschildert:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Es ist allgemein bekannt, da&szlig; das russische Konsulat in Orsowa - einem armseligen Dorfe, das keinen einzigen russischen Untertanen beherbergt, sondern inmitten einer serbischen Bev&ouml;lkerung liegt - ein ganz erb&auml;rmliches Dasein f&uuml;hrt, aber jetzt zur Brutst&auml;tte f&uuml;r die moskowitische Propaganda geworden ist. Von Rechts wegen wurde anh&auml;ngig gemacht und festgestellt, da&szlig; Ru&szlig;land seine Hand im Spiele gehabt hat in der Aff&auml;re von Braila 1840, in der des Johann Lutzo 1850 und k&uuml;rzlich wieder bei der Festnahme der vierzehn russischen Offiziere, die dann die Ursache des R&uuml;cktritts des Ministeriums Garaschanin wurde. Ebenso ist es bekannt, da&szlig; F&uuml;rst Menschikow w&auml;hrend seines Aufenthaltes in Konstantinopel durch seine Agenten in Brussa und Smyrna &auml;hnliche Intrigen wie in Saloniki, Albanien und Griechenland anstiften lie&szlig;."</P>
</FONT><P>Es gibt keinen auffallenderen Zug in der russischen Politik als diese traditionelle &Uuml;bereinstimmung nicht nur in ihren Zielen, sondern auch in den Mitteln, mit denen sie sie zu erreichen strebt. Es existiert in der jetzigen orientalischen Frage keine Komplikation, keine Verhandlung, keine offizielle Note, die man nicht schon auf irgendeiner Seite der Weltgeschichte nachlesen kann.</P>
<P>Ru&szlig;land kann jetzt dem Sultan gegen&uuml;ber auf nichts anderes hinweisen als auf den Vertrag von Kainardschi, obgleich dieser Vertrag dem Zaren nicht etwa ein Protektorat &uuml;ber seine Glaubensgenossen verlieh, sondern ihm nur das Recht gab, in Stambul eine Kapelle zu bauen, und des Sultans <A NAME="S234"><B>&lt;234&gt;</A></B> Milde f&uuml;r seine christlichen Untertanen zu erflehen, wie dies auch Reschid Pascha in seiner Note an den Zaren vom 14. d.M. ganz richtig geltend machte. Aber als Ru&szlig;land 1774 diesen Vertrag unterzeichnete, beabsichtigte es schon, ihn eines sch&ouml;nes Tages im Sinne von 1853 auszulegen. Der damalige &ouml;sterreichische Internuntius an der ottomanischen Pforte, Baron Thugut, schrieb 1774 an seinen Hof:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Ru&szlig;land wird von nun an stets, wenn es die Gelegenheit f&uuml;r g&uuml;nstig h&auml;lt, und ohne viele Vorbereitungen in der Lage sein, von seinen H&auml;fen am Schwarzen Meer aus Truppen nach Konstantinopel zu senden. In diesem Falle w&uuml;rde zweifellos eine im vorhinein gesch&uuml;rte Verschw&ouml;rung mit den H&auml;uptern der griechisch-orthodoxenKirche ausbrechen, und dem Sultan w&uuml;rde nichts &uuml;brigbleiben, als bei der ersten Nachricht von diesem russischen Vorgehen seinen Palast zu verlassen, nach dem Innern Asiens zu fliehen und den Thron der europ&auml;ischen T&uuml;rkei einem Herrscher mit mehr Erfahrung zu &uuml;berlassen. Sobald die Hauptstadt erobert sein wird, werden Terror und die getreue Hilfe der griechisch-orthodoxen Christen den Archipel, die K&uuml;ste von Kleinasien und ganz Griechenland bis ans Ufer der Adria ohne Zweifel mit Leichtigkeit unter russisches Zepter bringen. Der Besitz dieser von der Natur so reich bedachten L&auml;nder, mit denen sich kein anderer Teil der Welt an Fruchtbarkeit und Reichtum des Bodens vergleichen kann, wird Ru&szlig;land zu einer &Uuml;bermacht verhelfen, die alle Fabelwunder in den Schatten stellt, die die Geschichte von der Gro&szlig;artigkeit der Monarchien des Altertums zu berichten wei&szlig;."</P>
</FONT><P>Wie heute, so versuchte Ru&szlig;land auch 1774 den Ehrgeiz &Ouml;sterreichs mit der Aussicht auf die Einverleibung Bosniens, Serbiens und Albaniens anzustacheln. Derselbe Baron Thugut schreibt dar&uuml;ber wie folgt:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Eine solche Vergr&ouml;&szlig;erung des &ouml;sterreichischen Gebietes w&uuml;rde Ru&szlig;lands Eifersucht nicht hervorrufen. Der Grund daf&uuml;r liegt darin, da&szlig;, wenn &Ouml;sterreich sich Bosnien, Serbien usw. einverleibt, dieses zwar von h&ouml;chster Wichtigkeit unter anderen Verh&auml;ltnissen w&auml;re, aber f&uuml;r Ru&szlig;land in dem Augenblick nicht den geringsten Belang h&auml;tte, wenn der Rest des Ottomanischen Reichs in seine H&auml;nde fiele. Denn die Bewohner dieser Provinzen sind fast ausschlie&szlig;lich Mohammedaner und griechisch-orthodoxe Christen: die ersteren w&uuml;rden als st&auml;ndige Bewohner nicht geduldet werden, die letzteren w&uuml;rden in Anbetracht der nahen Nachbarschaft des orientalischen russischen Reichs nicht z&ouml;gern, dorthin zu &uuml;bersiedeln oder, wenn sie blieben, w&uuml;rde ihre Treulosigkeit gegen &Ouml;sterreich dauernde Konflikte verursachen. Und eine Gebietserweiterung ohne wesentliche innere Kr&auml;fte w&uuml;rde daher nur dazu dienen, die Macht des Kaisers von &Ouml;sterreich zu schw&auml;chen, statt sie zu st&auml;rken."</P>
</FONT><P>Politiker pflegen sich gew&ouml;hnlich auf das Testament Peters I. zu berufen, wenn sie die traditionelle Politik Ru&szlig;lands im allgemeinen und seine Absichten auf Konstantinopel im besonderen demonstrieren wollen. Sie <A NAME="S235"><B>&lt;235&gt;</A></B> k&ouml;nnten eigentlich noch viel weiter zur&uuml;ckgreifen. Vor mehr als achthundert Jahren erkl&auml;rte Swiatoslaw, der damals noch heidnische Gro&szlig;f&uuml;rst von Ru&szlig;land, in einer Versammlung seiner Bojaren, da&szlig; "nicht nur Bulgarien, sondern auch das griechische Reich in Europa zusammen mit B&ouml;hmen und Ungarn unter die Herrschaft Ru&szlig;lands geh&ouml;rten". Swiatoslaw eroberte Silistria und bedrohte Konstantinopel Anno Domini 968, genau wie Nikolaus es 1828 tat. Die Dynastie Rurik verlegte bald nach der Gr&uuml;ndung des Russischen Reichs ihre Hauptstadt von Nowgorod nach Kiew, nur um Byzanz n&auml;her zu sein. Im elften Jahrhundert ahmte Kiew in allem Konstantinopel nach, und man nannte es das <I>zweite Konstantinopel</I>; in diesem Namen dr&uuml;ckte sich das unabl&auml;ssige Streben Ru&szlig;lands aus. Ru&szlig;lands Religion und Zivilisation sind byzantinischen Ursprungs, und sein Bestreben, das Byzantinische Reich zu unterjochen, das damals in demselben Stadium des Verfalls war wie heute das Ottomanische Reich, war ein viel nat&uuml;rlicheres als das der deutschen Kaiser nach der Unterjochung Roms und Italiens. Die &Uuml;bereinstimmung in den Zielen der russischen Politik ist daher durch seine historische Vergangenheit, seine geographischen Verh&auml;ltnisse und durch die Notwendigkeit gegeben, offene Seeh&auml;fen im Archipel wie in der Ostsee zu gewinnen, wenn es seine Vorherrschaft in Europa aufrechterhalten will. Die traditionelle Art jedoch, wie Ru&szlig;land diese Ziele verfolgt, verdient bei weitem nicht den Tribut der Bewunderung, den ihr die europ&auml;ischen Politiker zollen. Der Erfolg dieser ererbten Politik ist zwar ein Beweis f&uuml;r die Schw&auml;che der Westm&auml;chte, gleichzeitig aber dokumentiert sich in der stereotypen Gleichf&ouml;rmigkeit dieser Politik die innere Barbarei Ru&szlig;lands. Wem erschiene es nicht l&auml;cherlich, wollte Frankreich seine Politik nach dem Testament Richelieus oder nach den Kapitularien Karls des Gro&szlig;en einrichten? Sieht man die bedeutendsten Dokumente der russischen Diplomatie durch, so findet man, da&szlig; sie die schwachen Seiten der europ&auml;ischen K&ouml;nige, Minister und H&ouml;fe auf h&ouml;chst listige, spitzfindige, schlaue und verschlagene Weise herauszufinden wissen, da&szlig; aber ihre Weisheit regelm&auml;&szlig;ig Schiffbruch erleidet, wenn es gilt, die historischen Bewegungen der westeurop&auml;ischen V&ouml;lker selbst zu begreifen. F&uuml;rst Lieven beurteilte den Charakter des guten Aberdeen ganz richtig, als er auf dessen Nachsicht gegen&uuml;ber dem Zaren rechnete, aber das englische Volk verkannte er gr&uuml;ndlich, als er die Fortdauer der Tory-Herrschaft am Vorabend der Reformbewegung von 1831 voraussagte. Graf Pozzo di Borgo beurteilte Karl X. ganz richtig, aber das franz&ouml;sische Volk sch&auml;tzte er ganz falsch ein, als er seinen "erhabenen Herrn" dazu bewog, mit diesem K&ouml;nig wegen der Teilung Europas zu verhandeln, den das Volk am n&auml;chsten Morgen aus Frankreich verjagte. Die russische Politik mag durch ihre traditionellen R&auml;nke, Listen <A NAME="S236"><B>&lt;236&gt;</A></B> und Ausfl&uuml;chte den europ&auml;ischen H&ouml;fen imponieren, die selbst blo&szlig; in der Tradition begr&uuml;ndet sind, den revolutionierten V&ouml;lkern gegen&uuml;ber wird sie v&ouml;llig versagen.</P>
<P>In Beirut haben die Amerikaner noch einen Ungarn den Klauen des &ouml;sterreichischen Adlers entrissen. Da&szlig; die amerikanische Einmischung in Europa gerade bei der orientalischen Frage beginnt, ist eigentlich recht erheiternd. Au&szlig;er der kommerziellen und milit&auml;rischen Bedeutung, die Konstantinopel dank seiner geographischen Lage hat, sind es noch andere historische Erw&auml;gungen, die seinen Besitz zu einem so vielbegehrten und hei&szlig; umstrittenen Streitobjekt zwischen dem Osten und dem Westen machen - und Amerika ist der j&uuml;ngste, aber kr&auml;ftigste Repr&auml;sentant des Westens.</P>
<P>Konstantinopel ist die ewige Stadt, das Rom des Ostens. Unter den alten griechischen Kaisern verschmolz dort die westliche Zivilisation so sehr mit &ouml;stlicher Barbarei und unter den T&uuml;rken die &ouml;stliche Barbarei so sehr mit westlicher Zivilisation, da&szlig; dieses Zentrum eines theokratischen Reichs zu einer wirklichen Schranke gegen den europ&auml;ischen Fortschritt wurde. Als die griechischen Kaiser durch die Sultane von Ikonium vertrieben wurden, &uuml;berlebte der Geist des alten Byzantinischen Reichs diesen Wechsel der Dynastie, und wenn der Sultan durch den Zaren ersetzt werden sollte, so w&uuml;rde das Bas empire &lt;Ostr&ouml;mische Reich&gt;, neu ins Leben gerufen, demoralisierendere Einfl&uuml;sse aus&uuml;ben als unter den alten Kaisern und angriffslustiger und kr&auml;ftiger sein als unter dem Sultan. Der Zar w&uuml;rde f&uuml;r die byzantinische Zivilisation sein, was russische Abenteurer jahrhundertelang f&uuml;r die Kaiser des niedergehenden Reichs waren - das corps de garde &lt;Wachtposten&gt; unter ihren Soldaten. Der Kampf zwischen Westeuropa und Ru&szlig;land um den Besitz von Konstantinopel f&uuml;hrt zu der Frage, ob der Byzantinismus der westlichen Zivilisation weichen wird oder ob der Antagonismus zwischen beiden in noch schrecklicheren und gewaltt&auml;tigeren Formen als je zuvor wiederaufleben soll. Konstantinopel ist die goldene Br&uuml;cke zwischen Ost und West, und die westliche Zivilisation kann nicht der Sonne gleich die Welt umkreisen, ohne diese Br&uuml;cke zu passieren; und sie kann die Br&uuml;cke nicht passieren ohne Kampf mit Ru&szlig;land. Der Sultan h&auml;lt Konstantinopel nur noch f&uuml;r die Revolution in Verwahrung, und die jetzigen nominellen W&uuml;rdentr&auml;ger Westeuropas, die ihrerseits das letzte Bollwerk ihrer "Ordnung" an den Ufern der Newa sehen, k&ouml;nnen nichts anderes tun, als die Frage so lange in der Schwebe zu lassen, bis Ru&szlig;land sich Aug' in Aug' seinem wahren Gegner gegen&uuml;bersieht, der Revolution. Die Revolution, die das Rom <A NAME="S237"><B>&lt;237&gt;</A></B> des Westens niederwerfen wird, wird auch den d&auml;monischen Einflu&szlig; des Roms des Ostens &uuml;berwinden.</P>
<P>Diejenigen Ihrer Leser, die meine Artikel &uuml;ber die Revolution und Konterrevolution in Deutschland gelesen haben, welche ich vor etwa zwei Jahren f&uuml;r die "Tribune" schrieb und die von ihr ein anschauliches Bild gewinnen m&ouml;chten, werden gut daran tun, sich das Gem&auml;lde des Herrn <I>Hasenclever </I>anzusehen, das jetzt im New-Yorker Kristallpalast ausgestellt ist. Er stellt die &Uuml;berreichung einer Arbeiter-Petition an den Magistrat von D&uuml;sseldorf im Jahre 1848 dar. Der hervorragende Maler hat das in seiner ganzen dramatischen Vitalit&auml;t wiedergegeben, was der Schriftsteller nur analysieren konnte.</P>
<I><P ALIGN="RIGHT">Karl Marx</P>
</I>
</BODY>
</HTML>