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<title>Lenin: Staat und Revolution</title>
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<h3>
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W.I. Lenin</h3>
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<h3>
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Gedruckt nachzulesen in: Lenin Werke, Band 25, Seite 393 - 507, Dietz Verlag Berlin, 1972</h3>
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<hr>
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<center>
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<h1>
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Staat und Revolution Teil 5</h1></center>
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<hr>
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<center>
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<h2>
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V. Kapitel</h2></center>
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<center>Die ökonomischen Grundlagen für das Absterben des Staates</center>
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<p>Am ausführlichsten erörtert Marx diese Frage in seiner "Kritik
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des Gothaer Programms" (Brief an Bracke vom 5. Mai 1875, veröffentlicht
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erst 1891 in der "Neuen Zeit", Jahrgang IX, 1, in russischer Sprache als
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Broschüre erschienen). Der polemische Teil dieses bedeutenden Werkes,
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der aus einer Kritik am Lassalleanertum besteht, hat seinen positiven Teil,
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nämlich die Analyse des Zusammenhangs zwischen der Entwicklung des
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Kommunismus und dem Absterben des Staates, sozusagen in den Schatten gestellt.
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<p>1. Die Fragestellung bei Marx
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<p>Bei einem oberflächlichen Vergleich des Briefes von Marx an Bracke
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vom 5. Mai 1875 mit dem oben besprochenen Brief von Engels an Bebel vom
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28. März 1875 könnte es scheinen, als wäre Marx viel mehr
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"Staatsanhänger" als Engels und als bestünde zwischen den Auffassungen
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der beiden Verfasser über den Staat ein ganz erheblicher Unterschied.
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<p>Engels empfiehlt Bebel, das ganze Gerede vom Staat überhaupt fallenzulassen,
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das Wort "Staat" gänzlich aus dem Programm zu entfernen und es durch
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das Wort "Gemeinwesen" zu ersetzen; Engels erklärt sogar, die Kommune
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sei kein Staat im eigentlichen Sinne mehr gewesen. Marx dagegen spricht
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sogar vom "zukünftigen Staatswesen der kommunistischen Gesellschaft",
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d.h. er erkennt scheinbar die Notwendigkeit des Staates selbst im Kommunismus
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an. Eine derartige Auffassung wäre jedoch grundfalsch. Eine nähere
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Betrachtung ergibt, daß sich die Ansichten von Marx und die von Engels
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über den Staat und dessen Absterben durchaus decken, der erwähnte
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Ausdruck von Marx bezieht sich doch gerade auf dieses ABSTERBENDE Staatswesen.
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<p>Es ist klar, daß von einer Bestimmung des Zeitpunkts des KÜNFTIGEN
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"Absterbens" nicht einmal die Rede sein kann, um so mehr, als es sich offenkundig
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um einen langwierigen Prozeß handelt. Der scheinbare Unterschied
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zwischen Marx und Engels erklärt sich aus der Verschiedenheit der
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Themen, die sie behandelten, der Aufgaben, die sie verfolgten. Engels machte
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es sich zur Aufgabe, Bebel anschaulich, scharf umrissen, in großen
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Zügen die ganze Unsinnigkeit der landläufigen (und in nicht geringem
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Maße von Lassalle geteilten) Vorurteile in bezug auf den Staat nachzuweisen.
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Marx streift DIESE Frage nur nebenbei; ihn interessiert ein anderes Thema:
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die ENTWICKLUNG der kommunistischen Gesellschaft.
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<p>Die ganze Theorie von Marx ist eine Anwendung der Entwicklungstheorie
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- in ihrer konsequentesten, vollkommensten, durchdachtesten und inhaltsreichsten
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Form - auf den modernen Kapitalismus. Es ist nur natürlich, daß
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sich für Marx die Frage nach der Anwendung dieser Theorie auch auf
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den BEVORSTEHENDEN Zusammenbruch des Kapitalismus und die KÜNFTIGE
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Entwicklung des KÜNFTIGEN Kommunismus erhob.
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<p>Auf Grund welcher UNTERLAGEN aber kann die Frage nach der künftigen
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Entwicklung des künftigen Kommunismus aufgeworfen werden?
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<p>Auf Grund der Tatsache, daß er aus dem Kapitalismus HERVORGEHT,
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sich historisch aus dem Kapitalismus entwickelt, das Resultat der Wirkungen
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einer gesellschaftlichen Kraft ist, die der Kapitalismus ERZEUGT hat. Bei
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Marx findet sich auch nicht die Spur eines Versuchs, Utopien zu konstruieren,
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ins Blaue hinein Mutmaßungen anzustellen über das, was man nicht
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wissen kann. Marx stellt die Frage des Kommunismus so, wie der Naturforscher
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die Frage der Entwicklung einer neuen, sagen wir, biologischen Abart stellen
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würde, wenn man weiß, daß sie so und so entstanden ist
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und sich in der und der bestimmten Richtung modifiziert.
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<p>Marx räumt vor allem mit der Konfusion auf, die durch das Gothaer
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Programm in die Frage nach dem Verhältnis von Staat und Gesellschaft
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hineingetragen wird.
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<p>"Die 'heutige Gesellschaft' ist die kapitalistische Gesellschaft", schreibt
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er, "die in allen Kulturländern existiert, mehr oder weniger frei
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von mittelaltrigem Beisatz, mehr oder weniger durch die besondre geschichtliche
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Entwicklung jedes Landes modifiziert, mehr oder weniger entwickelt. Dagegen
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der 'heutige Staat' wechselt mit der Landesgrenze. Er ist ein andrer im
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preußisch-deutschen Reich als in der Schweiz, ein andrer in England
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als in den Vereinigten Staaten. 'DER heutige Staat' ist also eine Fiktion.
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<p>Jedoch haben die verschiednen Staaten der verschiednen Kulturländer
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trotz ihrer bunten Formverschiedenheit alle das gemein, daß sie auf
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dem Boden der modernen bürgerlichen Gesellschaft stehn, nur einer
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mehr oder minder kapitalistisch entwickelten. Sie haben daher auch gewisse
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wesentliche Charaktere gemein. In diesem Sinne kann man von 'heutigem Staatswesen'
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sprechen, im Gegensatz zur Zukunft, worin seine jetzige Wurzel, die bürgerliche
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Gesellschaft, abgestorben ist.
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<p>Es fragt sich dann: Welche Umwandlung wird das Staatswesen in einer
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kommunistischen Gesellschaft erleiden? In andern Worten, welche gesellschaftlichen
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Funktionen bleiben dort übrig, die jetzigen Staatsfunktionen analog
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sind? Diese Frage ist nur wissenschaftlich zu beantworten, und man kommt
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dem Problem durch tausendfache Zusammensetzung des Wortes Volk mit dem
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Wort Staat auch nicht um einen Flohsprung näher." (29)
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<p>Nachdem Marx auf diese Weise alles Gerede vom "Volksstaat" lächerlich
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gemacht hat, gibt er die Problemstellung und warnt gewissermaßen
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davor, bei der wissenschaftlichen Beantwortung der Frage anders als mit
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feststehenden wissenschaftlichen Angaben zu operieren.
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<p>Das erste, was durch die ganze Entwicklungstheorie, die ganze Wissenschaft
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überhaupt ganz genau festgestellt wurde, was die Utopisten vergaßen
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und die jetzigen Opportunisten, die sich vor der sozialistischen Revolution
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fürchten, vergessen, ist der Umstand, daß es geschichtlich zweifellos
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ein besonderes Stadium oder eine besondere Etappe des ÜBERGANGS vom
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Kapitalismus zum Kommunismus geben muß.
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<p>2. Der Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus
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<p>"Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft",
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fährt Marx fort, "liegt die Periode der revolutionären Umwandlung
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der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode,
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deren Staat nichts andres sein kann als DIE REVOLUTIONÄRE DIKTATUR
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DES PROLETARIATS."
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<p>Diese Schlußfolgerung beruht bei Marx auf der Analyse der Rolle,
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die das Proletariat in der modernen kapitalistischen Gesellschaft spielt,
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auf den Tatsachen der Entwicklung dieser Gesellschaft und der Unversöhnlichkeit
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der einander entgegengesetzten Interessen des Proletariats und der Bourgeoisie.
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<p>Früher wurde die Frage so gestellt: Das Proletariat muß,
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um seine Befreiung zu erlangen, die Bourgeoisie stürzen, die politische
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Macht erobern und seine revolutionäre Diktatur errichten.
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<p>Jetzt wird die Frage etwas anders gestellt: Der Übergang von der
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kapitalistischen Gesellschaft, die sich zum Kommunismus hin entwickelt,
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zur kommunistischen Gesellschaft ist unmöglich ohne eine "politische
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Übergangsperiode", und der Staat dieser Periode kann nur die revolutionäre
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Diktatur des Proletariats sein.
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<p>In welchem Verhältnis steht nun diese Diktatur zur Demokratie?
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<p>Wir haben gesehen, daß das "Kommunistische Manifest" einfach zwei
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Begriffe nebeneinander stellt: "Erhebung des Proletariats zur herrschenden
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Klasse" und "Erkämpfung der Demokratie". Auf Grund alles oben Gesagten
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läßt sich genauer bestimmen, wie sich die Demokratie beim Übergang
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vom Kapitalismus zum Kommunismus verändert.
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<p>In der kapitalistischen Gesellschaft, ihre günstigste Entwicklung
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vorausgesetzt, haben wir in der demokratischen Republik einen mehr oder
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weniger vollständigen Demokratismus. Dieser Demokratismus ist jedoch
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durch den engen Rahmen der kapitalistischen Ausbeutung stets eingeengt
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und bleibt daher im Grunde genommen stets ein Demokratismus für die
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Minderheit, nur für die besitzenden Klassen, nur für die Reichen.
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Die Freiheit der kapitalistischen Gesellschaft bleibt immer ungefähr
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die gleiche, die sie in den antiken griechischen Republiken war: Freiheit
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für die Sklavenhalter. Die modernen Lohnsklaven bleiben infolge der
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Bedingungen der kapitalistischen Ausbeutung so von Not und Elend bedrückt,
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daß ihnen "nicht nach Demokratie", "nicht nach Politik" der Sinn
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steht, so daß bei dem gewöhnlichen, friedlichen Gang der Ereignisse
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die Mehrheit der Bevölkerung von der Teilnahme am öffentlichen
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und politischen Leben ausgeschlossen ist.
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<p>Die Richtigkeit dieser Behauptung wird vielleicht am anschaulichsten
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durch Deutschland bestätigt, da gerade in diesem Staat die verfassungsmäßige
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Legalität sich erstaunlich lange und stabil, nahezu ein halbes Jahrhundert
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(1871 - 1914), behauptet hat, während die Sozialdemokratie es verstanden
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hat, in dieser Zeit viel mehr als in anderen Ländern die "Legalität
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auszunutzen" und einen so großen Teil der Arbeiter in der politischen
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Partei zu organisieren, wie das sonst nirgens in der Welt der Fall war.
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<p>Wie groß ist nun dieser höchste in der kapitalistischen Gesellschaft
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je beobachtete Teil der politisch bewußten und aktiven Lohnsklaven?
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Eine Million Mitglieder der sozialdemokratischen Partei - von fünfzehn
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Millionen Lohnarbeitern! Drei Millionen gewerkschaftlich Organisierte -
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von fünfzehn Millionen!
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<p>Demokratie für eine verschwindende Minderheit, Demokratie für
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die Reichen - so sieht der Demokratismus der kapitalistischen Gesellschaft
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aus. Sieht man sich den Mechanismus der kapitalistischen Demokratie genauer
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an, so findet man überall, sowohl in den "geringfügigen", angeblich
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geringfügigen, Einzelheiten des Wahlrechts (Ansässigkeitsklausel,
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Ausschließung der Frauen usw.) als auch in der Technik der Vertretungskörperschaften,
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in den tatsächlichen Behinderungen des Versammlungsrechts (die öffentlichen
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Gebäude sind nicht für "Habenichtse" da!) oder in der rein kapitalistischen
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Organisation der Tagespresse und so weiter und so fort - überall,
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wo man hinblickt, Beschränkungen auf Beschränkungen des Demokratismus.
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Diese Beschränkungen, Ausnahmen, Ausschließungen und Behinderungen
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für die Armen erscheinen gering, besonders demjenigen, der selbst
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nie Not gekannt hat und mit dem Leben der unterdrückten Klassen in
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ihrer Masse nicht in Berührung gekommen ist (und das trifft für
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neun Zehntel, wenn nicht gar für neunundneunzig Hundertstel der bürgerlichen
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Publizisten und Politiker zu) - aber zusammengenommen bewirken diese Beschränkungen,
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daß die arme Bevölkerung von der Politik, von der aktiven Teilnahme
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an der Demokratie ausgeschlossen, verdrängt wird. Marx hat dieses
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WESEN der kapitalistischen Demokratie glänzend erfaßt, als er
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in seiner Analyse der Erfahrungen der Kommune sagte: den Unterdrückten
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wird in mehreren Jahren einmal gestattet, darüber zu entscheiden,
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welcher Vertreter der unterdrückenden Klasse sie im Parlament ver-
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und zertreten soll!
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<p>Doch von dieser kapitalistischen Demokratie - die unvermeidlich eng
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ist, die die Armen im stillen beiseite schiebt und daher durch und durch
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heuchlerisch und verlogen ist - führt die weitere Entwicklung nicht
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einfach, geradeswegs und glatt, "zu immer größerer Demokratie",
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wie die liberalen Professoren und kleinbürgerlichen Opportunisten
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die Sache darzustellen pflegen. Nein. Die weitere Entwicklung, d.h. die
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Entwicklung zum Kommunismus, geht über die Diktatur des Proletariats
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und kann auch gar nicht anders gehen, denn außer dem Proletariat
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ist niemand imstande, den WIDERSTAND der kapitalistischen Ausbeuter ZU
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BRECHEN, und auf anderem Wege ist er nicht zu brechen.
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<p>Die Diktatur des Proletariats aber, d.h. die Organisierung der Avantgarde
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der Unterdrückten zur herrschenden Klasse, um die Unterdrücker
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niederzuhalten, kann nicht einfach nur eine Erweiterung der Demokratie
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ergeben. ZUGLEICH mit der gewaltigen Erweiterung des Demokratismus, der
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ZUM ERSTENMAL ein Demokratismus für die Armen, für das Volk wird
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und nicht ein Demokratismus für die Reichen, bringt die Diktatur des
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Proletariats eine Reihe von Freiheitsbeschränkungen für die Unterdrücker,
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die Ausbeuter, die Kapitalisten. Diese müssen wir niederhalten, um
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die Menschheit von der Lohnsklaverei zu befreien, ihr Widerstand muß
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mit Gewalt gebrochen werden, und es ist klar, daß es dort, wo es
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Unterdrückung, wo es Gewalt gibt, keine Freiheit, keine Demokratie
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gibt.
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<p>Engels hat das ausgezeichnet in seinem Brief an Bebel zum Ausdruck gebracht,
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wenn er, wie der Leser sich entsinnen wird, sagt: "Solange das Proletariat
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den Staat noch gebraucht, gebraucht es ihn nicht im Interesse der Freiheit,
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sondern der Niederhaltung seiner Gegner, und sobald von Freiheit die Rede
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sein kann, hört der Staat als solcher auf zu bestehen."
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<p>Demokratie für die riesige Mehrheit des Volkes und gewaltsame Niederhaltung
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der Ausbeuter, der Unterdrücker des Volkes, d.h. ihr Ausschluß
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von der Demokratie - diese Modifizierung erfährt die Demokratie beim
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ÜBERGANG vom Kapitalismus zum Kommunismus.
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<p>Erst in der kommunistischen Gesellschaft, wenn der Widerstand der Kapitalisten
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schon endgültig gebrochen ist, wenn die Kapitalisten verschwunden
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sind, wenn es keine Klassen (d.h. keinen Unterschied zwischen den Mitgliedern
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der Gesellschaft in ihrem Verhältnis zu den gesellschaftlichen Produktionsmitteln)
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mehr gibt - erst dann "hört der Staat auf zu bestehen, und ES KANN
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VON FREIHEIT DIE REDE SEIN". Erst dann ist eine tatsächlich vollkommene
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Demokratie, tatsächlich ohne jede Ausnahme, möglich und wird
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verwirklicht werden. Und erst dann beginnt die Demokratie ABZUSTERBEN,
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infolge des einfachen Umstands, daß die von der kapitalistischen
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Sklaverei, von den ungezählten Greueln, Brutalitäten, Widersinnigkeiten
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und Gemeinheiten der kapitalistischen Ausbeutung befreiten Menschen sich
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nach und nach GEWÖHNEN WERDEN, die elementaren, von alters her bekannten
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und seit Jahrtausenden in allen Vorschriften gepredigten Regeln des gesellschaftlichen
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Zusammenlebens einzuhalten, sie ohne Gewalt, ohne Zwang, ohne Unterordnung,
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OHNE DEN BESONDEREN ZwangsAPPARAT, der sich Staat nennt, einzuhalten.
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<p>Der Ausdruck "der Staat stirbt ab" ist sehr treffend gewählt, denn
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er deutet sowohl auf das Allmähliche als auch auf das Elementare des
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Prozesses hin. Nur die Gewöhnung kann und wird zweifellos eine solche
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Wirkung ausüben, denn wir beobachten rings um uns millionenfach, wie
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leicht sich Menschen an die Einhaltung der für sie notwendigen Regeln
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des gesellschaftlichen Zusammenlebens gewöhnen, wenn die Ausbeutung
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fehlt, wenn nichts vorhanden ist, was sie empört, sie zu Protest und
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Auflehnung herausfordert, was die Notwendigkeit der NIEDERHALTUNG schafft.
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Also: In der kapitalistischen Gesellschaft haben wir eine gestutzte, dürftige,
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falsche Demokratie, eine Demokratie nur für die Reichen, für
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eine Minderheit. Die Diktatur des Proletariats, die Periode des Übergangs
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zum Kommunismus, wird zum erstenmal Demokratie für das Volk, für
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die Mehrheit bringen, aber zugleich wird sie notwendigerweise eine Minderheit,
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die Ausbeuter, niederhalten. Einzig und allein der Kommunismus ist imstande,
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eine wahrhaft vollständige Demokratie zu bieten, und je vollständiger
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diese sein wird, um so schneller wird sie entbehrlich werden, wird sie
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von selbst absterben.
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<p>Mit anderen Worten: Im Kapitalismus haben wir den Staat im eigentlichen
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Sinne des Wortes, eine besondere Maschine zur Unterdrückung einer
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Klasse durch eine andere, und zwar der Mehrheit durch eine Minderheit.
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Damit eine solche Sache wie die systematische Unterdrückung der Mehrheit
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der Ausgebeuteten durch die Minderheit der Ausbeuter erfolgreich ist, bedarf
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es natürlich der größten Grausamkeit und bestialischer
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Unterdrückung, sind Meere von Blut nötig, durch die denn auch
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die Menschheit im Zustand der Sklaverei, der Leibeigenschaft und der Lohnarbeit
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ihren Weg geht.
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<p>Weiter. Beim ÜBERGANG vom Kapitalismus zum Kommunismus ist die
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Unterdrückung NOCH notwendig, aber es ist das bereits eine Unterdrückung
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der Minderheit der Ausbeuter durch die Mehrheit der Ausgebeuteten. Ein
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besonderer Apparat, eine besondere Maschine zur Unterdrückung, ein
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"Staat" ist NOCH notwendig, aber es ist das bereits ein Übergangsstaat,
|
|
kein Staat im eigentlichen Sinne mehr, denn die Niederhaltung der Minderheit
|
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der Ausbeuter durch die Mehrheit der Lohnsklaven VON GESTERN ist eine so
|
|
verhältnismäßig leichte, einfache und natürliche Sache,
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daß sie viel weniger Blut kosten wird als die Unterdrückung
|
|
von Aufständen der Sklaven, Leibeigenen und Lohnarbeiter, daß
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sie der Menschheit weit billiger zu stehen kommen wird. Und sie ist vereinbar
|
|
mit der Ausdehnung der Demokratie auf eine so überwältigende
|
|
Mehrheit der Bevölkerung, daß die Notwendigkeit einer BESONDEREN
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|
MASCHINE zur Unterdrückung zu schwinden beginnt. Die Ausbeuter sind
|
|
natürlich nicht imstande, das Volk niederzuhalten ohne eine sehr komplizierte
|
|
Maschine zur Erfüllung dieser Aufgabe, das VOLK aber vermag die Ausbeuter
|
|
mit einer sehr einfachen "Maschine", ja nahezu ohne "Maschine", ohne einen
|
|
besonderen Apparat niederzuhalten, durch die einfache ORGANISATION DER
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|
BEWAFFNETEN MASSEN (in der Art der Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten,
|
|
sei vorgreifend bemerkt).
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<p>Schließlich macht allein der Kommunismus den Staat völlig
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überflüssig, denn es ist NIEMAND niederzuhalten, "niemand" im
|
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Sinne einer KLASSE, im Sinne des systematischen Kampfes gegen einen bestimmten
|
|
Teil der Bevölkerung. Wir sind keine Utopisten und leugnen durchaus
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|
nicht die Möglichkeit und Unvermeidlichkeit von Ausschreitungen EINZELNER
|
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PERSONEN und ebensowenig die Notwendigkeit, SOLCHE Ausschreitungen zu unterdrücken.
|
|
Aber erstens bedarf es dazu keiner besonderen Maschine, keines besonderen
|
|
Unterdrückungsapparates; das wird das bewaffnete Volk selbst mit der
|
|
gleichen Selbstverständlichkeit und Leichtigkeit bewerkstelligen,
|
|
mit der eine beliebige Gruppe zivilisierter Menschen sogar in der heutigen
|
|
Gesellschaft Raufende auseinander bringt oder eine Frau vor Gewalt schützt.
|
|
Zweitens wissen wir, daß die soziale Grundursache der Ausschreitungen,
|
|
die eine Verletzung der Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens bedeuten,
|
|
in der Ausbeutung der Massen, ihrer Not und ihrem Elend zu suchen ist.
|
|
Mit der Beseitigung dieser Hauptursache werden die Ausschreitungen unvermeidlich
|
|
"abzusterben" beginnen. Wir wissen nicht, wie rasch und in welcher Folge
|
|
das geschehen wird, aber wir wissen, daß sie absterben werden. Mit
|
|
dem Absterben der Ausschreitungen wird auch der Staat ABSTERBEN.
|
|
<p>Ohne sich auf Utopien einzulassen, hat Marx das näher bestimmt,
|
|
was sich JETZT über diese Zukunft bestimmen läßt, nämlich
|
|
den Unterschied zwischen der niederen und der höheren Phase (Stufe,
|
|
Etappe) der kommunistischen Gesellschaft.
|
|
<p>3. Die erste Phase der kommunistischen Gesellschaft
|
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<p>In der "Kritik des Gothaer Programms" widerlegt Marx eingehend die Lassallesche
|
|
Idee, der Arbeiter werde im Sozialismus den "unverkürzten" oder "vollen
|
|
Arbeitsertrag" erhalten. Marx zeigt, daß von dem gesellschaftlichen
|
|
Gesamtprodukt ein Reservefonds abzuziehen ist, ein Fonds für die Ausdehnung
|
|
der Produktion, ferner für den Ersatz der "verbrauchten" Maschinen
|
|
u. dgl. m., sodann aus den Konsumtionsmitteln ein Fonds für Verwaltungskosten,
|
|
für Schulen, Krankenhäuser, Altersheime usw.
|
|
<p>An Stelle der nebelhaften, unklaren, allgemeinen Phrase Lassalles ("dem
|
|
Arbeiter den vollen Arbeitsertrag") gibt Marx eine nüchterne Berechnung,
|
|
wie die sozialistische Gesellschaft zu wirtschaften gezwungen sein wird.
|
|
Marx analysiert KONKRET die Lebensbedingungen einer solchen Gesellschaft,
|
|
in der es keinen Kapitalismus geben wird, und sagt:
|
|
<p>"Womit wir es hier zu tun haben" (bei der Erörterung des Programms
|
|
der Arbeiterpartei) "ist eine kommunistische Gesellschaft, nicht wie sie
|
|
sich auf ihrer eigenen Grundlage ENTWICKELT hat, sondern umgekehrt, wie
|
|
sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft HERVORGEHT; die also in
|
|
jeder Beziehung, ökonomisch, sittlich, geistig, noch behaftet ist
|
|
mit den Muttermalen der alten Gesellschaft, aus deren Schoß sie herkommt."
|
|
<p>Eben diese kommunistische Gesellschaft, die gerade aus dem Schoße
|
|
des Kapitalismus ans Tageslicht tritt, die in jeder Beziehung mit den Muttermalen
|
|
der alten Gesellschaft behaftet ist, bezeichnet Marx als die "erste" oder
|
|
niedere Phase der kommunistischen Gesellschaft.
|
|
<p>Die Produktionsmittel sind schon nicht mehr Privateigentum einzelner
|
|
Personen. Die Produktionsmittel gehören der ganzen Gesellschaft. Jedes
|
|
Mitglied der Gesellschaft leistet einen gewissen Teil gesellschaftlich
|
|
notwendiger Arbeit und erhält von der Gesellschaft einen Schein darüber,
|
|
daß es ein gewisses Quantum an Arbeit geliefert hat. Auf diesen Schein
|
|
erhält es ein gewisses Quantum Produkte aus den gesellschaftlichen
|
|
Vorräten an Konsumtionsmitteln. Nach Abzug des Arbeitsquantums, das
|
|
für die gemeinschaftlichen Fonds bestimmt ist, erhält jeder Arbeiter
|
|
also von der Gesellschaft so viel zurück, wie er ihr gegeben hat.
|
|
<p>Es herrscht gewissermaßen "Gleichheit".
|
|
<p>Wenn aber Lassalle von dieser Gesellschaftsordnung (die gewöhnlich
|
|
als Sozialismus bezeichnet wird, während Marx sie als erste Phase
|
|
des Kommunismus bezeichnet) meint, das wäre eine "gerechte Verteilung",
|
|
das wäre "gleiches Recht eines jeden auf den gleichen Arbeitsertrag",
|
|
so irrt er, und Marx deckt seinen Irrtum auf.
|
|
<p>"Gleiches Recht", sagt Marx, haben wir hier allerdings, es ist aber
|
|
NOCH das "bürgerliche Recht", das, wie alles Recht, UNGLEICHHEIT VORAUSSETZT.
|
|
Jedes Recht besteht in Anwendung von GLEICHEM Maßstab auf UNGLEICHE
|
|
Individuen, die in Wirklichkeit verschieden, untereinander ungleich sind;
|
|
das "gleiche Recht" ist daher eine Verletzung der Gleichheit und eine Ungerechtigkeit.
|
|
In der Tat erhält jeder, der den gleichen Teil gesellschaftlicher
|
|
Arbeit geleistet hat wie die anderen, den gleichen Teil am gesellschaftlichen
|
|
Produkt (nach den erwähnten Abzügen).
|
|
<p>Indes sind die einzelnen Menschen nicht gleich: Der eine ist stärker,
|
|
der andere schwächer; der eine ist verheiratet, der andere nicht;
|
|
der eine hat mehr Kinder als der andere usw.
|
|
<p>"Bei gleicher Arbeitsleistung", folgert Marx, "und daher gleichem Anteil
|
|
an dem gesellschaftlichen Konsumtionsfonds erhält also der eine faktisch
|
|
mehr als der andre, ist der eine reicher als der andre etc. Um alle diese
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Mißstände zu vermeiden, müßte das Recht, statt gleich,
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ungleich sein."
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<p>Gerechtigkeit und Gleichheit kann also die erste Phase des Kommunismus
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noch nicht bringen: Unterschiede im Reichtum, und zwar ungerechte Unterschiede
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bleiben bestehen, unmöglich aber wird die AUSBEUTUNG des Menschen
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durch den Menschen sein, denn es wird nicht mehr möglich sein, die
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PRODUKTIONSMITTEL, die Fabriken, Maschinen, den Grund und Boden usw., als
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Privateigentum an sich zu reißen. Marx zerschlägt die kleinbürgerliche,
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unklare Phrase Lassalles von "Gleichheit" und "Gerechtigkeit" SCHLECHTHIN
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und zeigt dabei den ENTWICKLUNGSGANG der kommunistischen Gesellschaft,
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die GEZWUNGEN ist, zunächst NUR die "Ungerechtigkeit" zu beseitigen,
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daß die Produktionsmittel von einzelnen Personen angeeignet sind,
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und vorerst NICHT IMSTANDE ist, mit einem Schlag auch die weitere Ungerechtigkeit
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zu beseitigen, die in der Verteilung der Konsumtionsmittel "nach der Arbeitsleistung"
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(und nicht nach den Bedürfnissen) besteht.
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<p>Die Vulgärökonomen, darunter bürgerliche Professoren
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mitsamt "unserem" Tugan, machen den Sozialisten ständig zum Vorwurf,
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daß sie die Ungleichheit der Menschen vergessen und von einer Beseitigung
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dieser Ungleichheit "träumen". Ein solcher Vorwurf beweist, wie wir
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sehen, nur grenzenlose Ignoranz der Herren bürgerlichen Ideologen.
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Marx zieht nicht nur auf das genaueste die unvermeidliche Ungleichheit
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der Menschen in Betracht, er berücksichtigt auch, daß der bloße
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Übergang der Produktionsmittel in das Gemeineigentum der gesamten
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Gesellschaft ("Sozialismus" im landläufigen Gebrauch des Wortes) die
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Mängel der Verteilung und die Ungleichheit des "bürgerlichen
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Rechts" NICHT BESEITIGT, das WEITER HERRSCHT, solange die Produkte "nach
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der Arbeitsleistung" verteilt werden.
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<p>"Aber diese Mißstände", fährt Marx fort, "sind unvermeidbar
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in der ersten Phase der kommunistischen Gesellschaft, wie sie eben aus
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der kapitalistischen Gesellschaft nach langen Geburtswehen hervorgegangen
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ist. Das Recht kann nie höher sein als die ökonomische Gestaltung
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und dadurch bedingte Kulturentwicklung der Gesellschaft."
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<p>Somit wird in der ersten Phase der kommunistischen Gesellschaft (die
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gewöhnlich Sozialismus genannt wird) das "bürgerliche Recht"
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NICHT vollständig abgeschafft, sondern nur zum Teil, nur entsprechend
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der bereits erreichten ökonomischen Umwälzung, d.h. lediglich
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in bezug auf die Produktionsmittel. Das "bürgerliche Recht" sieht
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in ihnen das Privateigentum einzelner Individuen. Der Sozialismus macht
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sie zum GEMEINeigentum. INSOFERN - und nur insofern - fällt das "bürgerliche
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Recht" fort.
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<p>Es bleibt jedoch in seinem anderen Teil bestehen, es bleibt als Regulator
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(Ordner) bei der Verteilung der Produkte und der Arbeit unter die Mitglieder
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der Gesellschaft. "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen", dieses sozialistische
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Prinzip ist SCHON verwirklicht; "für das gleiche Quantum Arbeit das
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gleiche Quantum Produkte" - auch dieses sozialistische Prinzip ist SCHON
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verwirklicht. Das ist jedoch noch nicht Kommunismus, und das beseitigt
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noch nicht das "bürgerliche Recht", das ungleichen Individuen für
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ungleiche (faktisch ungleiche) Arbeitsmengen die gleiche Menge Produkte
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zuweist.
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<p>Das ist ein "Mißstand", sagt Marx, aber er ist in der ersten Phase
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des Kommunismus unvermeidbar, denn will man nicht in Utopien verfallen,
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so darf man nicht annehmen, daß die Menschen sofort nach dem Sturz
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des Kapitalismus lernen werden, OHNE ALLE RECHTSNORMEN für die Allgemeinheit
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zu arbeiten, sind doch die ökonomischen Voraussetzungen für eine
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SOLCHE Änderung durch die Abschaffung des Kapitalismus NICHT SOFORT
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GEGEBEN.
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<p>Andere Normen aber als die des "bürgerlichen Rechts" sind nicht
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vorhanden. Insofern bleibt noch die Notwendigkeit des Staates bestehen,
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der unter Wahrung des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln
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die Gleichheit der Arbeitsleistung und die Gleichheit bei der Verteilung
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der Produkte zu schützen hat.
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<p>Der Staat stirbt ab, insofern es keine Kapitalisten, keine Klassen mehr
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gibt und man daher auch keine KLASSE mehr UNTERDRÜCKEN kann. Der Staat
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ist aber noch nicht ganz abgestorben, denn noch bleibt die Wahrung des
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"bürgerlichen Rechts", das die faktische Ungleichheit sanktioniert.
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Zum vollständigen Absterben des Staates bedarf es des vollständigen
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Kommunismus. 4. Die höhere Phase der kommunistischen Gesellschaft
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Marx fährt fort: "In einer höhern Phase der kommunistischen Gesellschaft,
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nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der
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Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit
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verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern
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selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen
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Entwicklung der Individuen auch die Produktionskräfte gewachsen sind
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und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen
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- erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten
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werden und die Gesellschaft auf ihre Fahnen schreiben: Jeder nach seinen
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Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!"
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<p>Erst jetzt können wir die ganze Richtigkeit der Bemerkungen von
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Engels einschätzen, in denen er unerbittlich die Verbindung der Wörter
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"Freiheit" und "Staat" als unsinnig verspottete. Solange es einen Staat
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gibt, gibt es keine Freiheit. Wenn es Freiheit geben wird, wird es keinen
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Staat geben.
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<p>Die ökonomische Grundlage für das vollständige Absterben
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des Staates ist eine so hohe Entwicklung des Kommunismus, daß der
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Gegensatz von geistiger und körperlicher Arbeit verschwindet, folglich
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eine der wichtigsten Quellen der heutigen GESELLSCHAFTLICHEN Ungleichheit
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beseitigt wird, und zwar eine Quelle, die durch den bloßen Übergang
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der Produktionsmittel in Gemeineigentum, durch die bloße Expropriation
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der Kapitalisten keinesfalls mit einem Schlag aus der Welt geschafft werden
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kann. Diese Expropriation wird eine enorme Entwicklung der Produktivkräfte
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ERMÖGLICHEN. Und wenn wir sehen, wie schon jetzt der Kapitalismus
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in unglaublicher Weise diese Entwicklung AUFHÄLT, wie vieles auf Grund
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der heutigen, bereits erreichten Technik vorwärtsgebracht werden könnte,
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so sind wir berechtigt, mit voller Überzeugung zu sagen, daß
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die Expropriation der Kapitalisten unausbleiblich eine gewaltige Entwicklung
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der Produktivkräfte der menschlichen Gesellschaft zur Folge haben
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wird. Wie rasch aber diese Entwicklung weitergehen wird, wie schnell sie
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zur Aufhebung der Arbeitsteilung, zur Beseitigung des Gegensatzes von geistiger
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und körperlicher Arbeit, zur Verwandlung der Arbeit in "das erste
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Lebensbedürfnis" führen wird, das wissen wir nicht und KÖNNEN
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WIR NICHT wissen.
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<p>Wir sind daher auch nur berechtigt, von dem unvermeidlichen Absterben
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des Staates zu sprechen. Dabei betonen wir, daß dieser Prozeß
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von langer Dauer ist und vom Entwicklungstempo der HÖHEREN PHASE des
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Kommunismus abhängt, wobei wir die Frage der Fristen oder der konkreten
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Formen des Absterbens vollkommen offenlassen, denn Unterlagen zur Entscheidung
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dieser Fragen GIBT ES NICHT.
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<p>Der Staat wird dann völlig absterben können, wenn die Gesellschaft
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den Grundsatz "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen"
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verwirklicht haben wird, d.h. wenn die Menschen sich so an das Befolgen
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der Grundregeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens gewöhnt haben
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werden und ihre Arbeit so produktiv sein wird, daß sie freiwillig
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NACH IHREN FÄHIGKEITEN arbeiten werden. Der "enge bürgerliche
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Rechtshorizont", der dazu zwingt, mit der Hartherzigkeit eines Shylock
|
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bedacht zu sein, nur ja nicht eine halbe Stunde länger zu arbeiten
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als der andere und keine geringere Bezahlung zu erhalten als der andere
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- dieser enge Horizont wird dann überschritten sein. Die Verteilung
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der Produkte wird dann von der Gesellschaft keine Normierung der jedem
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einzelnen zukommenden Menge erfordern; jeder wird frei "nach seinen Bedürfnissen"
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nehmen.
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<p>Vom bürgerlichen Standpunkt aus ist es leicht, eine solche Gesellschaftsstruktur
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als "reine Utopie" hinzustellen und darüber zu spotten, daß
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die Sozialisten jedem das Recht zusichern, von der Gesellschaft ohne jegliche
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Kontrolle über die Arbeitsleistung des einzelnen Bürgers eine
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beliebige Menge Trüffeln, Autos, Klaviere u. dgl. m. zu erhalten.
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|
Die meisten bürgerlichen "Gelehrten" beschränken sich auch bis
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auf den heutigen Tag auf dieses Spotten und verraten dadurch nur ihre eigene
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|
Ignoranz und ihre eigennützige Verteidigung des Kapitalismus.
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|
<p>Ignoranz, denn es ist keinem Sozialisten je eingefallen, "zuzusichern",
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|
daß die höhere Phase der Entwicklung des Kommunismus eintreten
|
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wird; die VORAUSSICHT der großen Sozialisten aber, daß sie
|
|
eintreten wird, hat nicht die heutige Arbeitsproduktivität und NICHT
|
|
den HEUTIGEN Spießer zur Voraussetzung, der es fertigbrächte,
|
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etwa wie die Seminaristen bei Pomjalowski (30), "für nichts und wieder
|
|
nichts" Magazine gesellschaftlicher Vorräte zu beschädigen und
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Unmögliches zu verlangen.
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<p>Bis die "höhere" Phase des Kommunismus eingetreten sein wird, fordern
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die Sozialisten die STRENGSTE Kontrolle seitens der Gesellschaft UND SEITENS
|
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DES STAATES über das Maß der Arbeit und das Maß der Konsumtion,
|
|
aber diese Kontrolle muß mit der Expropriation der Kapitalisten BEGINNEN,
|
|
mit der Kontrolle der Arbeiter über die Kapitalisten, und darf nicht
|
|
von einem Beamtenstaat durchgeführt werden, sondern von dem Staat
|
|
der BEWAFFNETEN ARBEITER.
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|
<p>Die eigennützige Verteidigung des Kapitalismus durch die bürgerlichen
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Ideologen (und ihre Schleppenträger vom Schlage der Herren Zereteli,
|
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Tschernow und Co.) besteht gerade darin, daß sie die dringende, aktuelle
|
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Frage der HEUTIGEN Politik in Diskussionen und Gerede über die ferne
|
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Zukunft UMFÄLSCHEN, und zwar die Frage der Expropriation der Kapitalisten,
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der Umwandlung ALLER Bürger in Arbeiter und Angestellte EINES großen
|
|
"Syndikats", nämlich des ganzen Staates, und der völligen Unterordnung
|
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der gesamten Arbeit dieses ganzen Syndikats unter den wahrhaft demokratischen
|
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Staat, DEN STAAT DER SOWJETS DER ARBEITER- UND SOLDATENDEPUTIERTEN.
|
|
<p>Wenn der gelehrte Professor und mit ihm der Spießer und die Herren
|
|
Zereteli und Tschernow von hirnverbrannten Utopien, von demagogischen Versprechungen
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der Bolschewiki, von der Unmöglichkeit der "Einführung" des Sozialismus
|
|
reden, dann meinen sie im Grunde genommen das höhere Stadium, die
|
|
höhere Phase des Kommunismus, die "einzuführen" niemand versprochen,
|
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ja nicht einmal im Sinn gehabt hat, denn "einführen" läßt
|
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sie sich überhaupt nicht.
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<p>Hier sind wir bei der Frage des wissenschaftlichen Unterschieds zwischen
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Sozialismus und Kommunismus angelangt, die Engels in seiner obenerwähnten
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Betrachtung über die Unrichtigkeit der Bezeichnung "Sozialdemokraten"
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berührt. Politisch wird der Unterschied zwischen der ersten oder niederen
|
|
und der höheren Phase des Kommunismus mit der Zeit wahrscheinlich
|
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ungeheuer groß sein, doch wäre es lächerlich, jetzt, im
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Kapitalismus, diesen Unterschied hervorzuheben; ihn in den Vordergrund
|
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rücken könnten höchstens vereinzelte Anarchisten (falls
|
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unter den Anarchisten noch Leute übriggeblieben sind, die nichts hinzugelernt
|
|
haben, nachdem sich die Kropotkin, Grave, Cornelissen und andere "Leuchten"
|
|
des Anarchismus auf "Plechanowsche" Art in Sozialchauvinisten oder in Schützengraben-Anarchisten
|
|
verwandelt haben - wie sich Ge, einer der wenigen Anarchisten, die noch
|
|
Ehre und Gewissen bewahrt haben, ausgedrückt hat).
|
|
<p>Doch der wissenschaftliche Unterschied zwischen Sozialismus und Kommunismus
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|
ist klar. Was gewöhnlich als Sozialismus bezeichnet wird, nannte Marx
|
|
die "erste" oder niedere Phase der kommunistischen Gesellschaft. Insofern
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|
die Produktionsmittel GEMEINeigentum werden, ist das Wort "Kommunismus"
|
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auch hier anwendbar, wenn man nicht vergißt, daß es KEIN vollkommener
|
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Kommunismus ist. Die große Bedeutung der Erörterungen von Marx
|
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besteht darin, daß er auch hier konsequent die materialistische Dialektik,
|
|
die Entwicklungslehre, anwendet, indem er den Kommunismus als etwas betrachtet,
|
|
das sich AUS dem Kapitalismus entwickelt. An Stelle scholastisch ausgeklügelter,
|
|
"erdachter" Definitionen und fruchtloser Wortklaubereien (was Sozialismus,
|
|
was Kommunismus sei) gibt Marx eine Analyse dessen, was man als Stufen
|
|
der ökonomischen Reife des Kommunismus bezeichnen könnte.
|
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<p>In seiner ersten Phase, auf seiner ersten Stufe kann der Kommunismus
|
|
ökonomisch noch NICHT völlig reif, völlig frei von Traditionen,
|
|
von den Spuren des Kapitalismus sein. Daraus erklärt sich eine so
|
|
interessante Erscheinung wie das Fortbestehen des "engen BÜRGERLICHEN
|
|
Rechtshorizonts" während der ersten Phase des Kommunismus. Das bürgerliche
|
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Recht setzt natürlich in bezug auf die Verteilung der KONSUMTIONSmittel
|
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unvermeidlich auch den BÜRGERLICHEN Staat voraus, denn Recht ist nichts
|
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ohne einen Apparat, der imstande wäre, die Einhaltung der Rechtsnormen
|
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zu ERZWINGEN.
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<p>So ergibt sich, daß im Kommunismus nicht nur das bürgerliche
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Recht eine gewisse Zeit fortbesteht, sondern auch der bürgerliche
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Staat - ohne Bourgeoisie!
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<p>Das mag paradox oder einfach als dialektisches Gedankenspiel erscheinen,
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wie das vielfach dem Marxismus von Leuten zum Vorwurf gemacht wird, die
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sich nicht im geringsten die Mühe genommen haben, seinen überaus
|
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tiefen Gehalt zu ergründen.
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<p>In Wirklichkeit zeigt uns doch das Leben auf Schritt und Tritt, sowohl
|
|
in der Natur als auch in der Gesellschaft, Überreste des Alten im
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Neuen. Und Marx hat nicht willkürlich ein Stückchen "bürgerlichen"
|
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Rechts in den Kommunismus hineingebracht, sondern hat das genommen, was
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|
wirtschaftlich und politisch in einer AUS DEM SCHOß des Kapitalismus
|
|
hervorgehenden Gesellschaft unvermeidlich ist.
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<p>Die Demokratie ist im Befreiungskampf der Arbeiterklasse gegen die Kapitalisten
|
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von gewaltiger Bedeutung. Die Demokratie ist aber durchaus keine unüberschreitbare
|
|
Grenze, sondern lediglich eine der Etappen auf dem Wege vom Feudalismus
|
|
zum Kapitalismus und vom Kapitalismus zum Kommunismus.
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<p>Demokratie bedeutet Gleichheit. Es ist begreiflich, welch große
|
|
Bedeutung der Kampf des Proletariats um die Gleichheit und die Losung der
|
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Gleichheit haben, wenn man sie richtig, im Sinne der Aufhebung der KLASSEN
|
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auffaßt. Aber Demokratie bedeutet nur FORMALE Gleichheit. Und sofort
|
|
nach der Verwirklichung der Gleichheit aller Mitglieder der Gesellschaft
|
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IN BEZUG auf den Besitz der Produktionsmittel, d.h. der Gleichheit der
|
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Arbeit, der Gleichheit des Arbeitslohnes, wird sich vor der Menschheit
|
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unvermeidlich die Frage erheben, wie sie von der formalen zur tatsächlichen
|
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Gleichheit, d.h. zur Verwirklichung des Satzes "Jeder nach seinen Fähigkeiten,
|
|
jedem nach seinen Bedürfnissen" weiterschreiten soll. Welche Etappen
|
|
die Menschheit auf dem Wege zu diesem höheren Ziel durchschreiten
|
|
wird, welche praktischen Maßnahmen sie hierzu ergreifen wird, wissen
|
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wir nicht und können wir nicht wissen. Es ist aber wichtig, daß
|
|
wir uns darüber klarwerden, wie grenzenlos verlogen die landläufige
|
|
bürgerliche Vorstellung ist, der Sozialismus sei etwas Totes, Erstarrtes,
|
|
ein für allemal Gegebenes, während in Wirklichkeit ERST mit dem
|
|
Sozialismus die rasche, wirkliche, wahrhafte Vorwärtsbewegung der
|
|
Massen auf allen Gebieten des öffentlichen und persönlichen Lebens,
|
|
zunächst unter Teilnahme der MEHRHEIT der Bevölkerung und später
|
|
der gesamten Bevölkerung, einsetzen wird.
|
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<p>Die Demokratie ist eine Staatsform, eine der Spielarten des Staates.
|
|
Folglich ist sie, wie jeder Staat, eine organisierte, systematische Gewaltanwendung
|
|
gegenüber Menschen. Das ist die eine Seite. Anderseits bedeutet Demokratie
|
|
aber die formale Anerkennung der Gleichheit zwischen den Bürgern,
|
|
des gleichen Rechts aller, die Staatsverfassung zu bestimmen und den Staat
|
|
zu verwalten. Das wiederum hat zur Folge, daß die Demokratie auf
|
|
einer bestimmten Entwicklungsstufe erstens die dem Kapitalismus gegenüber
|
|
revolutionäre Klasse, das Proletariat, zusammenschließt und
|
|
ihr die Möglichkeit gibt, die bürgerliche, und sei es auch eine
|
|
bürgerlich-republikanische, Staatsmaschine - stehendes Heer, Polizei,
|
|
Beamtentum - zu zerbrechen, in Scherben zu schlagen, aus der Welt zu schaffen,
|
|
sie durch eine DEMOKRATISCHERE Staatsmaschine, aber immerhin noch durch
|
|
eine Staatsmaschine zu ersetzen, bestehend aus bewaffneten Arbeitermassen,
|
|
die dazu übergehen, das gesamte Volk zur Beteiligung an der Miliz
|
|
heranzuziehen.
|
|
<p>Hier "schlägt Quantität in Qualität um": Eine SOLCHE
|
|
Stufe des Demokratismus ist mit der Sprengung des Rahmens der bürgerlichen
|
|
Gesellschaft, mit dem Beginn ihrer sozialistischen Umgestaltung verbunden.
|
|
Wenn tatsächlich ALLE an der Verwaltung des Staates teilnehmen, dann
|
|
kann sich der Kapitalismus nicht länger halten. Die Entwicklung des
|
|
Kapitalismus schafft ihrerseits die VORAUSSETZUNGEN dafür, daß
|
|
wirklich "alle" an der Leitung des Staates teilnehmen KÖNNEN. Zu diesen
|
|
Voraussetzungen gehört die allgemeine Schulbildung, die in den fortgeschrittensten
|
|
kapitalistischen Ländern bereits eingeführt ist, ferner die "Schulung
|
|
und Disziplinierung" von Millionen Arbeitern durch den umfassenden, komplizierten,
|
|
vergesellschafteten Apparat der Post, der Eisenbahnen, der Großbetriebe,
|
|
des Großhandels, des Bankwesens usw. usf.
|
|
<p>Unter solchen ÖKONOMISCHEN Voraussetzungen ist es durchaus möglich,
|
|
unverzüglich, von heute auf morgen, dazu überzugehen, die Kapitalisten
|
|
und Beamten, nachdem sie gestürzt sind, bei der KONTROLLE über
|
|
Produktion und Verteilung, bei der REGISTRIERUNG der Arbeit und der Produkte,
|
|
durch bewaffnete Arbeiter, durch das gesamte bewaffnete Volk zu ersetzen.
|
|
(Man verwechsle nicht die Frage der Kontrolle und Rechnungsführung
|
|
mit der Frage des wissenschaftlich ausgebildeten Personals, der Ingenieure,
|
|
Agronomen u.a.: Diese Herrschaften arbeiten heute und fügen sich den
|
|
Kapitalisten, sie werden morgen noch besser arbeiten und sich den bewaffneten
|
|
Arbeitern fügen.)
|
|
<p>Rechnungsführung und Kontrolle - das ist das WICHTIGSTE, was zum
|
|
"Ingangsetzen", zum richtigen Funktionieren der kommunistischen Gesellschaft
|
|
in ihrer ERSTEN PHASE erforderlich ist. ALLE Bürger verwandeln sich
|
|
hier in entlohnte Angestellte des Staates, den die bewaffneten Arbeiter
|
|
bilden. ALLE Bürger werden Angestellte und Arbeiter EINES das gesamte
|
|
Volk umfassenden Staats"syndikats". Es handelt sich nur darum, daß
|
|
sie alle gleichermaßen arbeiten, das Maß der Arbeit richtig
|
|
einhalten und gleichermaßen Lohn bekommen. Die Rechnungsführung
|
|
und Kontrolle darüber ist durch den Kapitalismus bis zum äußersten
|
|
VEREINFACHT, in außergewöhnlich einfache Operationen verwandelt
|
|
worden, die zu verrichten jeder des Lesens und Schreibens Kundige imstande
|
|
ist, er braucht nur zu beaufsichtigen und zu notieren, es genügt,
|
|
daß er die vier Grundrechenarten beherrscht und entsprechende Quittungen
|
|
ausstellen kann (31).
|
|
<p>Wenn die MEHRHEIT des Volkes anfangen wird, selbständig allerorts
|
|
eine solche Rechnungsführung, eine solche Kontrolle über die
|
|
Kapitalisten (die nunmehr Angestellte geworden sind) und über die
|
|
Herren Intellektuellen, die kapitalistische Allüren beibehalten haben,
|
|
auszuüben, dann wird diese Kontrolle eine wirklich universelle, allgemeine,
|
|
eine wirkliche Volkskontrolle werden, dann wird man sich ihr auf keine
|
|
Weise entziehen können, wird man sich vor ihr "nirgens retten" können.
|
|
<p>Die gesamte Gesellschaft wird ein Büro und eine Fabrik mit gleicher
|
|
Arbeit und gleichem Lohn sein.
|
|
<p>Aber diese "Fabrik"disziplin, die das siegreiche Proletariat nach dem
|
|
Sturz der Kapitalisten, nach Beseitigung der Ausbeuter auf die gesamte
|
|
Gesellschaft erstrecken wird, ist nichts weniger als unser Ideal oder unser
|
|
Endziel, sie ist nur eine STUFE, die notwendig ist zur radikalen Reinigung
|
|
der Gesellschaft von den Niederträchtigkeiten und Gemeinheiten der
|
|
kapitalistischen Ausbeutung, eine Stufe, UM WEITER vorwärtsschreiten
|
|
zu können.
|
|
<p>Von dem Zeitpunkt an, da alle Mitglieder der Gesellschaft oder wenigstens
|
|
ihr übergroße Mehrheit SELBST gelernt haben, den Staat zu regieren,
|
|
selbst die Staatsregierung in ihre Hände genommen haben, die Kontrolle
|
|
"in Gang gebracht" haben über die verschwindend kleine Minderheit
|
|
der Kapitalisten, über die Herrchen, die die kapitalistischen Allüren
|
|
gern bewahren möchten, über die Arbeiter, die durch den Kapitalismus
|
|
tief demoralisiert worden sind - von diesem Zeitpunkt an beginnt die Notwendigkeit
|
|
jeglichen Regierens überhaupt zu schwinden. Je vollständiger
|
|
die Demokratie, um so näher der Zeitpunkt, zu dem sie überflüssig
|
|
wird. Je demokratischer der "Staat", der aus bewaffneten Arbeitern besteht
|
|
und "schon kein Staat im eigentlichen Sinne mehr" ist, um so rascher beginnt
|
|
JEDER Staat abzusterben.
|
|
<p>Denn wenn ALLE gelernt haben werden, selbständig die gesellschaftliche
|
|
Produktion zu leiten, und sie in der Tat leiten werden, wenn sie selbständig
|
|
die Rechnungsführung und die Kontrolle über Müßiggänger,
|
|
Herrensöhnchen, Gauner und ähnliche "Hüter der Traditionen
|
|
des Kapitalismus" verwirklichen, dann wird das Umgehen dieser vom ganzen
|
|
Volk durchgeführten Rechnungsführung und Kontrolle unvermeidlich
|
|
so ungeheuer schwierig werden, eine so höchst seltene Ausnahme bilden
|
|
und wahrscheinlich eine so rasche wie ernsthafte Bestrafung nach sich ziehen
|
|
(denn die bewaffneten Arbeiter sind Menschen des praktischen Lebens, keine
|
|
sentimentalen Intelligenzler und werden kaum mit sich spaßen lassen),
|
|
daß die NOTWENDIGKEIT zur Einhaltung der unkomplizierten Grundregeln
|
|
für jedes Zusammenleben von Menschen sehr bald zur GEWOHNHEIT werden
|
|
wird.
|
|
<p>Dann wird das Tor zum Übergang von der ersten Phase der kommunistischen
|
|
Gesellschaft zu ihrer höheren Phase und damit auch zum völligen
|
|
Absterben des Staates weit geöffnet sein.
|
|
<center>
|
|
<p><a href="le25_489.htm">nächster Teil</a></center>
|
|
|
|
<p>
|
|
<hr>
|
|
|
|
|
|
<p>
|
|
<hr>
|
|
</body>
|
|
</html> |