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<TITLE>Friedrich Engels - Anti-Dühring - 2. Abschnitt</TITLE>
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Abschnitt</SMALL></A><!-- #EndEditable --></TD>
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<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A href="../default.htm"><SMALL>Marx/Engels</SMALL></A></TD>
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</TR>
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</TABLE>
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<HR size="1">
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<P><SMALL>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/ Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 20. Berlin/DDR.
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1962. »Herrn Eugen Dührung's Umwälzung der Wissenschaft«,
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S. <!-- #BeginEditable "Seitenzahl" -->136-238<!-- #EndEditable -->.<BR>
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1. Korrektur<BR>
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Erstellt am 30.08.1999</SMALL></P>
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<H2>Friedrich Engels - Herrn Eugen Dühring's Umwälzung der Wissenschaft</H2>
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<H1><!-- #BeginEditable "%DCberschrift" -->Einleitung<!-- #EndEditable --></H1>
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<hr size="1">
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<!-- #BeginEditable "Text" -->
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<H3 align="center"><A NAME="Kap_I">I. Gegenstand und Methode</A></H3>
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<P><B>|136|</B> Die politische Ökonomie, im weitesten Sinne, ist die Wissenschaft
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von den Gesetzen, welche die Produktion und den Austausch des materiellen Lebensunterhalts
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in der menschlichen Gesellschaft beherrschen. Produktion und Austausch sind zwei
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verschiedne Funktionen. Produktion kann stattfinden ohne Austausch, Austausch
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- eben weil von vornherein nur Austausch von Produkten - nicht ohne Produktion.
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Jede dieser beiden gesellschaftlichen Funktionen steht unter dem Einfluß
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von großenteils besondern äußern Einwirkungen und hat daher auch
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großenteils ihre eignen, besondern Gesetze. Aber andrerseits bedingen sie
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einander in jedem Moment und wirken in solchem Maß aufeinander ein, daß
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man sie als die Abszisse und die Ordinate der ökonomischen Kurve bezeichnen
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könnte.</P>
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<P>Die Bedingungen, unter denen die Menschen produzieren und austauschen, wechseln
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von Land zu Land, und in jedem Lande wieder von Generation zu Generation. Die
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politische Ökonomie kann also nicht dieselbe sein für alle Länder
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und für alle geschichtlichen Epochen. Vom Bogen und Pfeil, vom Steinmesser
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und nur ausnahmsweise vorkommenden Tauschverkehr des Wilden, bis zur tausendpferdigen
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Dampfmaschine, zum mechanischen Webstuhl, den Eisenbahnen und der Bank von England
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ist ein ungeheurer Abstand. Die Feuerländer bringen es nicht zur Massenproduktion
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und zum Welthandel, ebensowenig wie zur Wechselreiterei oder einem Börsenkrach.
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Wer die politische Ökonomie Feuerlands unter dieselben Gesetze bringen wollte
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mit der des heutigen Englands, würde damit augenscheinlich nichts zutage
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fördern als den allerbanalsten Gemeinplatz. Die politische Ökonomie
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ist somit wesentlich eine historische Wissenschaft. Sie behandelt einen geschichtlichen,
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das heißt einen stets wechselnden Stoff; sie untersucht zunächst die
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besondern Gesetze jeder einzelnen <A NAME="S137"></A><B>|137|</B> Entwicklungsstufe
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der Produktion und des Austausches und wird erst am Schluß dieser Untersuchung
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die wenigen, für Produktion und Austausch überhaupt geltenden, ganz
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allgemeinen Gesetze aufstellen können. Wobei es sich jedoch von selbst versteht,
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daß die für bestimmte Produktionsweisen und Austauschformen gültigen
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Gesetze auch Gültigkeit haben für alle Geschichtsperioden, denen jene
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Produktionsweisen und Austauschformen gemeinsam sind. So z.B. tritt mit der Einführung
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des Metallgeldes eine Reihe von Gesetzen in Wirksamkeit, die für alle Länder-
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und Geschichtsabschnitte gültig bleibt, in denen Metallgeld den Austausch
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vermittelt.</P>
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<P>Mit der Art und Weise der Produktion und des Austausches einer bestimmten geschichtlichen
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Gesellschaft und mit den geschichtlichen Vorbedingungen dieser Gesellschaft ist
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auch gleichzeitig gegeben die Art und Weise der Verteilung der Produkte. In der
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Stamm- oder Dorfgemeinde mit gemeinsamem Grundeigentum, mit der, oder mit deren
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sehr erkennbaren Überresten alle Kulturvölker in die Geschichte eintreten,
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versteht sich eine ziemlich gleichmäßige Verteilung der Produkte ganz
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von selbst; wo größere Ungleichheit der Verteilung unter den Mitgliedern
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eintritt, da ist sie auch schon ein Anzeichen der beginnenden Auflösung der
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Gemeinde. - Der große wie der kleine Ackerbau lassen je nach den geschichtlichen
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Vorbedingungen, aus denen sie sich entwickelt haben, sehr verschiedne Verteilungsformen
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zu. Aber es liegt auf der Hand, daß der große stets eine ganz andre
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Verteilung bedingt als der kleine; daß der große einen Klassengegensatz
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- Sklavenhalter und Sklaven, Grundherren und Fronbauern, Kapitalisten und Lohnarbeiter
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- voraussetzt oder erzeugt, während beim kleinen ein Klassenunterschied der
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bei der Ackerbauproduktion tätigen Individuen keineswegs bedingt ist und
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im Gegenteil durch sein bloßes Dasein den beginnenden Verfall der Parzellenwirtschaft
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anzeigt. - Die Einführung und Verbreitung des Metallgeldes in einem Lande,
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wo bisher ausschließlich oder vorwiegend Naturalwirtschaft galt, ist stets
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mit einer langsamern oder schnellern Umwälzung der bisherigen Verteilung
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verbunden, und zwar so, daß die Ungleichheit der Verteilung unter den einzelnen,
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also der Gegensatz von reich und arm, mehr und mehr gesteigert wird. - Der lokale,
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zünftige Handwerksbetrieb des Mittelalters machte große Kapitalisten
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und lebenslängliche Lohnarbeiter ebenso unmöglich, wie die moderne große
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Industrie, die heutige Kreditausbildung und die der Entwicklung beider entsprechende
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Austauschform, die freie Konkurrenz, sie mit Notwendigkeit erzeugen.</P>
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<P>Mit den Unterschieden in der Verteilung aber treten die <I>Klassenunterschiede</I>
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auf. Die Gesellschaft teilt sich in bevorzugte und benachteiligte, aus- <A NAME="S138"></A><B>|138|</B>
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beutende und ausgebeutete, herrschende und beherrschte Klassen, und der Staat,
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zu dem sich die naturwüchsigen Gruppen gleichstämmiger Gemeinden zunächst
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nur behufs der Wahrnehmung gemeinsamer Interessen (Berieselung im Orient z.B.)
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und wegen des Schutzes nach außen fortentwickelt hatten, erhält von
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nun an ebensosehr den Zweck, die Lebens- und Herrschaftsbedingungen der herrschenden
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gegen die beherrschte Klasse mit Gewalt aufrechtzuerhalten.</P>
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<P>Die Verteilung ist indes nicht ein bloßes passives Erzeugnis der Produktion
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und des Austausches; sie wirkt ebensosehr zurück auf beide. Jede neue Produktionsweise
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oder Austauschform wird im Anfang gehemmt nicht nur durch die alten Formen und
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die ihnen entsprechenden politischen Einrichtungen, sondern auch durch die alte
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Verteilungsweise. Sie muß sich die ihr entsprechende Verteilung erst in
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langem Kampf erringen. Aber je beweglicher, je mehr der Ausbildung und Entwicklung
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fähig eine gegebne Produktions- und Austauschweise ist, desto rascher erreicht
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auch die Verteilung eine Stufe, in der sie ihrer Mutter über den Kopf wächst,
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in der sie mit der bisherigen Art der Produktion und des Austausches in Widerstreit
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gerät. Die alten naturwüchsigen Gemeinwesen, von denen schon die Rede
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war, können Jahrtausende bestehn, wie bei Indern und Slawen noch heute, ehe
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der Verkehr mit der Außenwelt in ihrem Innern die Vermögensunterschiede
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erzeugt, infolge deren ihre Auflösung eintritt. Die moderne kapitalistische
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Produktion dagegen, die kaum dreihundert Jahre alt und erst seit Einführung
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der großen Industrie, also seit hundert Jahren, herrschend geworden ist,
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hat in dieser kurzen Zeit Gegensätze der Verteilung fertiggebracht - Konzentration
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der Kapitalien in wenigen Händen einerseits, Konzentration der besitzlosen
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Massen in den großen Städten andrerseits -, an denen sie notwendig
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zugrunde geht.</P>
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<P>Der Zusammenhang der jedesmaligen Verteilung mit den jedesmaligen materiellen
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Existenzbedingungen einer Gesellschaft liegt sosehr in der Natur der Sache, daß
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er sich im Volksinstinkt regelmäßig widerspiegelt. Solange eine Produktionsweise
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sich im aufsteigenden Ast ihrer Entwicklung befindet, solange jubeln ihr sogar
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diejenigen entgegen, die bei der ihr entsprechenden Verteilungsweise den kürzern
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ziehn. So die englischen Arbeiter beim Aufkommen der großen Industrie. Selbst
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solange diese Produktionsweise die gesellschaftlich-normale bleibt, herrscht im
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ganzen Zufriedenheit mit der Verteilung, und erhebt sich Einspruch - dann aus
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dem Schoß der herrschenden Klasse selbst (Saint-Simon, Fourier, Owen) und
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findet bei der ausgebeuteten Masse erst recht keinen Anklang. Erst wenn die fragliche
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Produktionsweise ein gut Stück ihres absteigenden Asts hinter sich, wenn
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<A NAME="S139"></A><B>|139|</B> sie sich halb überlebt hat, wenn die Bedingungen
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ihres Daseins großenteils verschwunden sind und ihr Nachfolger bereits an
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die Tür klopft - erst dann erscheint die immer ungleicher werdende Verteilung
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als ungerecht, erst dann wird von den überlebten Tatsachen an die sogenannte
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ewige Gerechtigkeit appelliert. Dieser Appell an die Moral und das Recht hilft
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uns wissenschaftlich keinen Fingerbreit weiter; die ökonomische Wissenschaft
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kann in der sittlichen Entrüstung, und wäre sie noch so gerechtfertigt,
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keinen Beweisgrund sehn, sondern nur ein Symptom. Ihre Aufgabe ist vielmehr, die
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neu hervortretenden gesellschaftlichen Mißstände als notwendige Folgen
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der bestehenden Produktionsweise, aber auch gleichzeitig als Anzeichen ihrer hereinbrechenden
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Auflösung nachzuweisen, und innerhalb der sich auflösenden ökonomischen
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Bewegungsform die Elemente der zukünftigen, jene Mißstände beseitigenden,
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neuen Organisation der Produktion und des Austausches aufzudecken. Der Zorn, der
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den Poeten macht, ist bei der Schilderung dieser Mißstände ganz am
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Platz, oder auch beim Angriff gegen die, diese Mißstände leugnenden
|
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oder beschönigenden Harmoniker im Dienst der herrschenden Klasse; wie wenig
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er aber für den jedesmaligen Fall <I>beweist</I>, geht schon daraus hervor,
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daß man in <I>jeder</I> Epoche der ganzen bisherigen Geschichte Stoff genug
|
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für ihn findet.</P>
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<P>Die politische Ökonomie als die Wissenschaft von den Bedingungen und Formen,
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unter denen die verschiednen menschlichen Gesellschaften produziert und ausgetauscht
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|
und unter denen sich demgemäß jedesmal die Produkte verteilt haben
|
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|
- die politische Ökonomie in dieser Ausdehnung soll jedoch erst geschaffen
|
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werden. Was wir von ökonomischer Wissenschaft bis jetzt besitzen, beschränkt
|
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sich fast ausschließlich auf die Genesis und Entwicklung der kapitalistischen
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Produktionsweise: es beginnt mit der Kritik der Reste der feudalen Produktions-
|
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und Austauschformen, weist die Notwendigkeit ihrer Ersetzung durch kapitalistische
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Formen nach, entwickelt dann die Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise
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und ihrer entsprechenden Austauschformen nach der positiven Seite hin, d.h. nach
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|
der Seite, wonach sie die allgemeinen Gesellschaftszwecke fördern, und schließt
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|
ab mit der sozialistischen Kritik der kapitalistischen Produktionsweise, d.h.
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|
mit der Darstellung ihrer Gesetze nach der negativen Seite hin, mit dem Nachweis,
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daß diese Produktionsweise durch ihre eigne Entwicklung dem Punkt zutreibt,
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|
wo sie sich selbst unmöglich macht. Diese Kritik weist nach, daß die
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|
kapitalistischen Produktions- und Austauschformen mehr und mehr eine unerträgliche
|
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|
Fessel werden für die Produktion selbst; daß der durch jene Formen
|
||
|
mit Notwendigkeit bedingte Verteilungsmodus eine Klassenlage von täglich
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|
sich steigernder Unerträglichkeit erzeugt hat, <A NAME="S140"></A><B>|140|</B>
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||
|
den sich täglich verschärfenden Gegensatz von immer wenigern, aber immer
|
||
|
reicheren Kapitalisten und von immer zahlreicheren und im ganzen und großen
|
||
|
immer schlechter gestellten besitzlosen Lohnarbeitern; und endlich, daß
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|
die innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise erzeugten, massenhaften Produktivkräfte,
|
||
|
die von jener nicht mehr zu bändigen sind, nur der Besitzergreifung harren
|
||
|
durch eine zum planmäßigen Zusammenwirken organisierte Gesellschaft,
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||
|
um allen Gesellschaftsgliedern die Mittel zur Existenz und zu freier Entwicklung
|
||
|
ihrer Fähigkeiten zu sichern, und zwar in stets wachsendem Maß.</P>
|
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|
<P>Um diese Kritik der bürgerlichen Ökonomie vollständig durchzuführen,
|
||
|
genügte nicht die Bekanntschaft mit der kapitalistischen Form der Produktion,
|
||
|
des Austausches und der Verteilung. Die ihr vorhergegangnen oder die noch neben
|
||
|
ihr, in weniger entwickelten Ländern bestehenden Formen mußten ebenfalls,
|
||
|
wenigstens in den Hauptzügen, untersucht und zur Vergleichung gezogen werden.
|
||
|
Eine solche Untersuchung und Vergleichung ist bis jetzt im ganzen und großen
|
||
|
nur von Marx angestellt worden, und seinen Forschungen verdanken wir daher auch
|
||
|
fast ausschließlich das, was über die vorbürgerliche theoretische
|
||
|
Ökonomie bisher festgestellt ist.</P>
|
||
|
<P>Obwohl gegen Ende des 17. Jahrhunderts in genialen Köpfen entstanden,
|
||
|
ist die politische Ökonomie im engern Sinn, in ihrer positiven Formulierung
|
||
|
durch die Physiokraten und Adam Smith, doch wesentlich ein Kind des 18. Jahrhunderts
|
||
|
und reiht sich den Errungenschaften der gleichzeitigen großen französischen
|
||
|
Aufklärer an mit allen Vorzügen und Mängeln jener Zeit. Was wir
|
||
|
von den Aufklärern gesagt |Siehe <A HREF="me20_016.htm">S. 16/17</A>|, gilt
|
||
|
auch von den damaligen Ökonomen. Die neue Wissenschaft war ihnen nicht der
|
||
|
Ausdruck der Verhältnisse und Bedürfnisse ihrer Epoche, sondern der
|
||
|
Ausdruck der ewigen Vernunft; die von ihr entdeckten Gesetze der Produktion und
|
||
|
des Austausches waren nicht Gesetze einer geschichtlich bestimmten Form jener
|
||
|
Tätigkeiten, sondern ewige Naturgesetze; man leitete sie ab aus der Natur
|
||
|
des Menschen. Aber dieser Mensch, bei Lichte besehn, war der damalige, im Übergang
|
||
|
zum Bourgeois begriffne Mittelbürger, und seine Natur bestand darin, unter
|
||
|
den damaligen, geschichtlich bestimmten Verhältnissen zu fabrizieren und
|
||
|
Handel zu treiben.</P>
|
||
|
<P>Nachdem wir unsern »kritischen Grundleger« Herrn Dühring und seine Methode
|
||
|
aus der Philosophie hinlänglich kennengelernt haben, werden wir auch ohne
|
||
|
Schwierigkeit vorhersagen können, wie er die politische Ökonomie auffassen
|
||
|
wird. In der Philosophie war da, wo er nicht einfach faselte <A NAME="S141"></A><B>|141|</B>
|
||
|
(wie in der Naturphilosophie), seine Anschauungsweise eine Verzerrung derjenigen
|
||
|
des 18. Jahrhunderts. Es handelte sich nicht um geschichtliche Entwicklungsgesetze,
|
||
|
sondern um Naturgesetze, ewige Wahrheiten. Gesellschaftliche Verhältnisse
|
||
|
wie Moral und Recht wurden nicht nach den jedesmaligen geschichtlich vorliegenden
|
||
|
Bedingungen, sondern durch die famosen beiden Männer entschieden, von denen
|
||
|
der eine entweder den andern unterdrückt, oder auch nicht, welches letztere
|
||
|
bisher leider nie vorkam. Wir werden uns also kaum täuschen, wenn wir den
|
||
|
Schluß ziehn, daß Herr Dühring die Ökonomie ebenfalls auf
|
||
|
endgültige Wahrheiten letzter Instanz, ewige Naturgesetze, tautologische
|
||
|
Axiome von ödester Inhaltlosigkeit zurückführen, daneben aber den
|
||
|
ganzen positiven Inhalt der Ökonomie, soweit dieser ihm bekannt, durchs Hinterpförtchen
|
||
|
wieder hereinschmuggeln; und daß er die Verteilung, als ein gesellschaftliches
|
||
|
Ereignis, nicht aus Produktion und Austausch entwickeln, sondern seinen ruhmvollen
|
||
|
beiden Männern zur endgültigen Erledigung überweisen wird. Und
|
||
|
da uns dies alles bereits altbekannte Kunstgriffe sind, so können wir uns
|
||
|
hier um so kürzer fassen.</P>
|
||
|
<P>In der Tat erklärt uns Herr Dühring bereits auf S. 2, daß</P>
|
||
|
<P><SMALL>seine Ökonomie Bezug nimmt auf das in seiner »Philosophie« <I>»Festgestellte«</I>
|
||
|
und sich »in einigen wesentlichen Punkten an übergeordnete und in einem höhern
|
||
|
Untersuchungsgebiet <I>bereits ausgemachte Wahrheiten</I> anlehnt«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Überall dieselbe Zudringlichkeit der Selbstanpreisung. Überall der
|
||
|
Triumph des Herrn Dühring über das von Herrn Dühring Festgestellte
|
||
|
und Ausgemachte. Ausgemacht in der Tat, das haben wir des breiteren gesehn - aber
|
||
|
wie man ein schwalchendes Licht ausmacht.</P>
|
||
|
<P>Gleich darauf haben wir </P>
|
||
|
<P><SMALL>»die allgemeinsten Naturgesetze aller Wirtschaft« - </SMALL></P>
|
||
|
<P>also hatten wir richtig geraten.</P>
|
||
|
<P><SMALL>Aber diese Naturgesetze lassen nur dann ein richtiges Verständnis
|
||
|
der abgelebten Geschichte zu, wenn man sie »in derjenigen nähern Bestimmung
|
||
|
untersucht, die ihre Ergebnisse durch die politische Unterwerfungs- und Gruppierungsformen
|
||
|
erfahren haben. Einrichtungen wie die Sklaverei und die Lohnhörigkeit, zu
|
||
|
denen sich als Zwillingsgeburt das Gewalteigentum gesellt, sind als sozialökonomische
|
||
|
Verfassungsformen echt politischer Natur zu betrachten und bilden in der bisherigen
|
||
|
Welt den Rahmen, innerhalb dessen sich die Wirkungen wirtschaftlicher Naturgesetze
|
||
|
allein zeigen konnten.«</SMALL></P>
|
||
|
<P>Dieser Satz ist die Fanfare, die uns als Wagnersches Leitmotiv den Anmarsch
|
||
|
der beiden famosen Männer verkündet. Aber er ist noch mehr, er <A NAME="S142"></A><B>|142|</B>
|
||
|
ist das Grundthema des ganzen Dühringschen Buchs. Beim Recht wußte
|
||
|
Herr Dühring uns nichts zu bieten, als eine schlechte Übersetzung der
|
||
|
Rousseauschen Gleichheitstheorie ins Sozialistische |siehe <A HREF="me20_032.htm#S65">S.
|
||
|
89-95</A>|, wie man sie in jedem Pariser Arbeiter-Estaminet seit Jahren weit besser
|
||
|
hören kann. Hier gibt er eine nicht bessere, sozialistische Übersetzung
|
||
|
der Klagen der Ökonomen über die Verfälschung der ökonomischen
|
||
|
ewigen Naturgesetze und ihrer Wirkungen durch die Einmischung des Staats, der
|
||
|
Gewalt. Und hiermit steht er verdientermaßen unter den Sozialisten ganz
|
||
|
allein. Jeder sozialistische Arbeiter, einerlei, welcher Nationalität, weiß
|
||
|
ganz gut, daß die Gewalt die Ausbeutung nur schützt, aber nicht verursacht;
|
||
|
daß das Verhältnis von Kapital und Lohnarbeit der Grund seiner Ausbeutung
|
||
|
ist, und daß dieses auf rein ökonomischem und keineswegs auf gewaltsamem
|
||
|
Wege entstanden ist.</P>
|
||
|
<P>Des weitern erfahren wir nun, daß man</P>
|
||
|
<P><SMALL>bei allen ökonomischen Fragen »zwei Hergänge, den der Produktion
|
||
|
und den der Verteilung wird unterscheiden können«. Außerdem habe der
|
||
|
bekannte oberflächliche J. B. Say noch einen dritten Hergang, den des Verbrauchs,
|
||
|
der Konsumtion, hinzugefügt, aber nichts Gescheites darüber zu sagen
|
||
|
gewußt, ebensowenig wie seine Nachfolger. Der Austausch oder die Zirkulation
|
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aber sei nur eine Unterabteilung der Produktion, zu der alles gehöre, was
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geschehn muß, damit die Erzeugnisse an den letzten und eigentlichen Konsumenten
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gelangen.</SMALL></P>
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<P>Wenn Herr Dühring die beiden wesentlich verschiednen, wenn auch sich gegenseitig
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bedingenden Prozesse der Produktion und der Zirkulation zusammenwirft und ganz
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ungeniert behauptet, aus der Unterlassung dieser Verwirrung könne nur »Verwirrung
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entstehn«, so beweist er damit bloß, daß er die kolossale Entwicklung,
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die gerade die Zirkulation in den letzten fünfzig Jahren durchgemacht hat,
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nicht kennt oder nicht versteht; wie denn auch sein Buch weiterhin bestätigt.
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Damit nicht genug. Nachdem er so Produktion und Austausch in eins als Produktion
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schlechthin zusammenfaßt, stellt er die Verteilung neben die Produktion
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als einen zweiten, ganz äußerlichen Hergang hin, der mit dem ersten
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gar nichts zu schaffen hat. Nun haben wir gesehn, daß die Verteilung in
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ihren entscheidenden Zügen jedesmal das notwendige Ergebnis der Produktions-
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und Austauschverhältnisse einer bestimmten Gesellschaft, sowie der geschichtlichen
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Vorbedingungen dieser Gesellschaft ist, und zwar dergestalt, daß, wenn wir
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diese kennen, wir mit Bestimmtheit auf die in dieser Gesellschaft herrschende
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Verteilungsweise schließen können. Wir sehn aber ebenfalls, daß
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Herr Dühring, wenn <A NAME="S143"></A><B>|143|</B> er den in seiner Moral-,
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Rechts- und Geschichtsauffassung »festgestellten« Grundsätzen nicht untreu
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werden will, diese elementare ökonomische Tatsache verleugnen muß und
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daß er dies namentlich muß, wenn es gilt, seine beiden unentbehrlichen
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Männer in die Ökonomie hineinzuschmuggeln. Und nachdem die Verteilung
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glücklich alles Zusammenhangs mit der Produktion und dem Austausch entledigt,
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kann dies große Ereignis vor sich gehn.</P>
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<P>Erinnern wir uns indes zuerst, wie die Sache bei Moral und Recht sich entwickelte.
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Hier fing Herr Dühring ursprünglich mit nur Einem Mann an; er sagte:</P>
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<P><SMALL>«Ein Mensch, insofern er als einzig, oder, was dasselbe leistet, als
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außer jedem Zusammenhang mit andern gedacht wird, kann keine <I>Pflichten</I>
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haben. Für ihn gibt es kein , sondern nur ein Wollen.«</SMALL></P>
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<P>Was aber ist dieser pflichtenlose, als einzig gedachte Mensch anders, als der
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fatale »Urjude Adam« im Paradiese, wo er ohne Sünde ist, weil er eben keine
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begehn kann? - Aber auch diesem wirklichkeitsphilosophischen Adam steht ein Sündenfall
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bevor. Neben diesen Adam tritt plötzlich - zwar keine Eva mit wallendem Lockenhaar,
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aber doch ein zweiter Adam. Und sofort erhält Adam Pflichten und - bricht
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sie. Statt seinen Bruder als Gleichberechtigten an seinen Busen zu schließen,
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unterwirft er ihn seiner Herrschaft, knechtet er ihn - und an den Folgen dieser
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ersten Sünde, an der Erbsünde der Knechtung, leidet die ganze Weltgeschichte
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bis auf den heutigen Tag, weshalb sie auch nach Herrn Dühring keine drei
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Pfennige wert ist.</P>
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<P>Wenn also Herr Dühring, beiläufig gesagt, die »Negation der Negation«
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hinreichend der Verachtung preiszugeben glaubte, indem er sie als einen Abklatsch
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der alten Geschichte vom Sündenfall und der Erlösung bezeichnete, was
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sollen wir dann sagen von <I>seiner</I> neuesten Ausgabe derselben Geschichte?
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(denn auch der Erlösung werden wir mit der Zeit, um einen Reptilienausdruck
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zu gebrauchen, »nähertreten«). Jedenfalls doch wohl, daß wir die alte
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semitische Stammsage vorziehn, bei der es sich dem Männlein und dem Weiblein
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doch der Mühe verlohnte, aus dem Stand der Unschuld zu treten, und daß
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Herrn Dühring der Ruhm ohne Konkurrenz verbleiben wird, seinen Sündenfall
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konstruiert zu haben mit zwei Männern.</P>
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<P>Hören wir also nun die Übersetzung des Sündenfalls ins Ökonomische:</P>
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<P><SMALL>»Für den Gedanken der Produktion kann allenfalls die Vorstellung
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von einem Robinson, welcher mit seinen Kräften der Natur isoliert gegenübersteht
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und mit niemandem etwas zu teilen hat, ein geeignetes Denkschema abgeben ... Von
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einer gleichen Zweckmäßigkeit ist für die Veranschaulichung des
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Wesentlichsten in dem Verteilungs- <A NAME="S144"></A><B>|144|</B> gedanken das
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Denkschema von zwei Personen, deren wirtschaftliche Kräfte sich kombinieren
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und die sich offenbar bezüglich ihrer Anteile gegenseitig in irgendeiner
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Form auseinandersetzen müssen. Mehr als dieses einfachen Dualismus bedarf
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es in der Tat nicht, um in aller Strenge einige der wichtigsten Verteilungsbeziehungen
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darzulegen und deren Gesetze embryonisch in ihrer logischen Notwendigkeit zu studieren
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... Das Zusammenwirken auf gleichem Fuß ist hier ebenso denkbar, als die
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||
|
Kombination der Kräfte durch völlige Unterdrückung des einen Teils,
|
||
|
der alsdann als Sklave oder bloßes Werkzeug zum wirtschaftlichen Dienst
|
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|
gepreßt und eben auch nur als Werkzeug unterhalten wird ... Zwischen dem
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|
Zustande der Gleichheit und dem der Nullität auf der einen und der Omnipotenz
|
||
|
und einzig aktiven Beteiligung auf der andern Seite befindet sich eine Reihe von
|
||
|
Stufen, für deren Besetzung die Erscheinungen der Weltgeschichte in bunter
|
||
|
Mannigfaltigkeit gesorgt haben. Ein universeller Blick für die verschiednen
|
||
|
<I>Rechts-</I> und <I>Unrechs</I>institutionen der Geschichte ist hier die wesentliche
|
||
|
Voraussetzung« ...,</SMALL></P>
|
||
|
<P>und zum Schluß verwandelt sich die ganze Verteilung in ein </P>
|
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|
<P><SMALL>»ökonomisches Verteilungsrecht«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Jetzt endlich hat Herr Dühring wieder festen Boden unter den Füßen.
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|
Arm in Arm mit seinen beiden Männern kann er sein Jahrhundert in die Schranken
|
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|
fordern. Aber hinter diesem Dreigestirn steht noch ein Ungenannter.</P>
|
||
|
<P>»Das Kapital hat die Mehrarbeit nicht erfunden. Überall, wo ein Teil der
|
||
|
Gesellschaft das Monopol der Produktionsmittel besitzt, muß der Arbeiter,
|
||
|
frei oder unfrei, der zu seiner Selbsterhaltung notwendigen <A NAME="ZT1"></A><A HREF="me20_136.htm#T1"><SPAN class="top">{1}</SPAN></A>
|
||
|
Arbeitszeit überschüssige Arbeitszeit zusetzen, um die Lebensmittel
|
||
|
für den Eigner der Produktionsmittel zu produzieren, sei dieser Eigentümer
|
||
|
nun atheniensischer Kaloskagathos <A NAME="ZT2"></A><A HREF="me20_136.htm#T2"><SPAN class="top">{2}</SPAN></A>
|
||
|
|Aristokrat|, etruskischer Theokrat, civis romanus« (römischer Bürger),
|
||
|
»normannischer Baron, amerikanischer Sklavenhalter, walachischer Bojar, moderner
|
||
|
Landlord oder Kapitalist.« (Marx, Kapital, I, zweite Ausgabe, Seite 227. |Siehe
|
||
|
Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_245.htm#S249">Bd.
|
||
|
23, S. 249/250</A>|)</P>
|
||
|
<P>Nachdem Herr Dühring auf diese Weise erfahren, was die, allen bisherigen
|
||
|
Produktionsformen - soweit sie sich in Klassengegensätzen bewegen - gemeinsame
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|
Grundform der Ausbeutung ist, galt es nur noch, seine beiden Männer darauf
|
||
|
anzuwenden, und die wurzelhafte Grundlage der Wirklichkeitsökonomie war fertig.
|
||
|
Er zauderte keinen Moment mit der Ausführung dieses »systemschaffenden Gedankens«.
|
||
|
Arbeit ohne Gegenleistung, <A NAME="S145"></A><B>|145|</B> über die zur Selbsterhaltung
|
||
|
des Arbeiters nötige Arbeitszeit hinaus, das ist der Punkt. Der Adam, der
|
||
|
hier Robinson heißt, läßt also seinen zweiten Adam, den Freitag,
|
||
|
drauflos schanzen. Aber warum schanzt Freitag mehr als er für seinen Unterhalt
|
||
|
nötig hat? Auch diese Frage findet bei Marx teilweise ihre Beantwortung.
|
||
|
Das ist aber für die beiden Männer viel zu weitläufig. Die Sache
|
||
|
wird kurzerhand abgemacht: Robinson »unterdrückt« den Freitag, preßt
|
||
|
ihn »als Sklave oder Werkzeug zum wirtschaftlichen Dienst« und unterhält
|
||
|
ihn »auch nur als Werkzeug«. Mit dieser neuesten »schöpferischen Wendung«
|
||
|
schlägt Herr Dühring wie mit Einer Klappe zwei Fliegen. Erstens erspart
|
||
|
er sich die Mühe, die verschiednen bisherigen Verteilungsformen, ihre Unterschiede
|
||
|
und ihre Ursachen zu erklären: sie taugen einfach allesamt nichts, sie beruhn
|
||
|
auf der Unterdrückung, der Gewalt. Darüber werden wir demnächst
|
||
|
zu sprechen haben. Und zweitens versetzt er damit die ganze Theorie der Verteilung
|
||
|
vom ökonomischen Gebiet auf das der Moral und des Rechts, d.h. vom Gebiet
|
||
|
feststehender materieller Tatsachen auf das mehr oder weniger schwankender Meinungen
|
||
|
und Gefühle. Er braucht also nicht mehr zu untersuchen oder zu beweisen,
|
||
|
sondern nur noch flott drauflos zu deklamieren, und kann die Forderung stellen,
|
||
|
die Verteilung der Erzeugnisse der Arbeit solle sich richten, nicht nach ihren
|
||
|
wirklichen Ursachen, sondern nach dem, was ihm, Herrn Dühring, sittlich und
|
||
|
gerecht erscheint. Was aber Herrn Dühring gerecht erscheint, ist keineswegs
|
||
|
unwandelbar, also weit entfernt, eine echte Wahrheit zu sein. Denn diese sind
|
||
|
ja, nach Herrn Dühring selbst, »überhaupt nicht wandelbar«. Im Jahr
|
||
|
1868 behauptete Herr Dühring (»Die Schicksale meiner sozialen Denkschrift
|
||
|
etc.«),</P>
|
||
|
<P><SMALL>es liege »in der Tendenz aller höhern Zivilisation, <I>das Eigentum
|
||
|
immer schärfer auszuprägen,</I> und hierin, nicht in einer Konfusion
|
||
|
der Rechte und Herrschaftssphären, liegt das Wesen und die Zukunft der modernen
|
||
|
Entwicklung«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Und ferner könne er platterdings nicht absehn,</P>
|
||
|
<P><SMALL><I>»wie eine Verwandlung der Lohnarbeit in eine andre Art des Erwerbs mit
|
||
|
den Gesetzen der menschlichen Natur und der naturnotwendigen Gliederung des gesellschaftlichen
|
||
|
Körpers jemals vereinbar werden solle«.</I></SMALL></P>
|
||
|
<P>Also 1868: Privateigentum und Lohnarbeit naturnotwendig und daher gerecht;
|
||
|
1876: Beides Ausfluß der Gewalt und des »Raubs«, also ungerecht. Und wir
|
||
|
können unmöglich wissen, was einem so gewaltig dahinstürmenden
|
||
|
Genius in einigen Jahren möglicherweise als sittlich und gerecht erscheinen
|
||
|
dürfte, und tun daher jedenfalls besser, bei unsrer Betrachtung der Verteilung
|
||
|
der Reichtümer uns an die wirklichen, objektiven, ökonomi- <A NAME="S146"></A><B>|146|</B>
|
||
|
schen Gesetze zu halten und nicht an die augenblickliche, wandelbare, subjektive
|
||
|
Vorstellung des Herrn Dühring von Recht und Unrecht.</P>
|
||
|
<P>Wenn wir für die hereinbrechende Umwälzung der heutigen Verteilungsweise
|
||
|
der Arbeitserzeugnisse samt ihren schreienden Gegensätzen von Elend und Üppigkeit,
|
||
|
Hungersnot und Schwelgerei, keine bessere Sicherheit hätten als das Bewußtsein,
|
||
|
daß diese Verteilungsweise ungerecht ist und daß das Recht doch endlich
|
||
|
einmal siegen muß, so wären wir übel dran und könnten lange
|
||
|
warten. Die mittelalterlichen Mystiker, die vom nahenden Tausendjährigen
|
||
|
Reich träumten, hatten schon das Bewußtsein von der Ungerechtigkeit
|
||
|
der Klassengegensätze. An der Schwelle der neuern Geschichte, vor dreihundertfünfzig
|
||
|
Jahren, ruft Thomas Münzer es laut in die Welt hinaus. In der englischen,
|
||
|
in der französischen bürgerlichen Revolution ertönt derselbe Ruf
|
||
|
und - verhallt. Und wenn jetzt derselbe Ruf nach Abschaffung der Klassengegensätze
|
||
|
und Klassenunterschiede, der bis 1830 die arbeitenden und leidenden Klassen kalt
|
||
|
ließ, wenn er jetzt ein millionenfaches Echo findet, wenn er ein Land nach
|
||
|
dem andern ergreift, und zwar in derselben Reihenfolge und mit derselben Intensität,
|
||
|
wie sich in den einzelnen Ländern die große Industrie entwickelt, wenn
|
||
|
er in einem Menschenalter eine Macht erobert hat, die allen gegen ihn vereinten
|
||
|
Mächten trotzen und des Siegs in naher Zukunft gewiß sein kann - woher
|
||
|
kommt das? Daher, daß die moderne große Industrie einerseits ein Proletariat,
|
||
|
eine Klasse geschaffen hat, die zum erstenmal in der Geschichte die Forderung
|
||
|
stellen kann der Abschaffung nicht dieser oder jener besondern Klassenorganisation
|
||
|
oder dieses und jenes besondern Klassenvorrechts, sondern der Klassen überhaupt;
|
||
|
und die in die Lage versetzt ist, daß sie diese Forderung durchführen
|
||
|
muß bei Strafe des Versinkens in chinesisches Kulitum. Und daß dieselbe
|
||
|
große Industrie andrerseits in der Bourgeoisie eine Klasse geschaffen hat,
|
||
|
die das Monopol aller Produktionswerkzeuge und Lebensmittel besitzt, aber in jeder
|
||
|
Schwindelperiode und in jedem drauffolgenden Krach beweist, daß sie unfähig
|
||
|
geworden, die ihrer Gewalt entwachsenen Produktivkräfte noch fernerhin zu
|
||
|
beherrschen; eine Klasse, unter deren Leitung die Gesellschaft dem Ruin entgegenrennt
|
||
|
wie eine Lokomotive, deren eingeklemmte Abzugsklappe der Maschinist zu schwach
|
||
|
ist zu öffnen. Mit andern Worten: es kommt daher, daß sowohl die von
|
||
|
der modernen kapitalistischen Produktionsweise erzeugten Produktivkräfte
|
||
|
wie auch das von ihr geschaffne System der Güterverteilung in brennenden
|
||
|
Widerspruch geraten sind mit jener Produktionsweise selbst, und zwar in solchem
|
||
|
Grad, daß eine Umwälzung der Produktions- und Verteilungsweise stattfinden
|
||
|
muß, die alle Klassenunterschiede beseitigt, falls nicht die ganze moderne
|
||
|
<A NAME="S147"></A><B>|147|</B> Gesellschaft untergehn soll. In dieser handgreiflichen,
|
||
|
materiellen Tatsache, die sich den Köpfen der ausgebeuteten Proletarier mit
|
||
|
unwiderstehlicher Notwendigkeit in mehr oder weniger klarer Gestalt aufdrängt
|
||
|
- in ihr, nicht aber in den Vorstellungen dieses oder jenes Stubenhockers von
|
||
|
Recht und Unrecht, begründet sich die Siegesgewißheit des modernen
|
||
|
Sozialismus.</P>
|
||
|
<H3 ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_II">II. Gewaltstheorie</A></H3>
|
||
|
<P><SMALL>»Das Verhältnis der allgemeinen Politik zu den Gestaltungen des
|
||
|
wirtschaftlichen Rechts ist in meinem System so entschieden und zugleich <I>so
|
||
|
eigentümlich</I> bestimmt, daß eine besondre Hinweisung hierauf zur
|
||
|
Erleichterung des Studiums nicht überflüssig sein dürfte. Die Gestaltung
|
||
|
der <I>politischen</I> Beziehungen ist das <I>geschichtlich Fundamentale</I>,
|
||
|
und die <I>wirtschaftlichen</I> Abhängigkeiten sind nur eine <I>Wirkung</I>
|
||
|
oder ein Spezialfall und daher stets <I>Tatsachen zweiter Ordnung</I>. Einige
|
||
|
der neuem sozialistischen Systeme machen den in die Augen fallenden Schein eines
|
||
|
völlig umgekehrten Verhältnisses zum leitenden Prinzip, indem sie aus
|
||
|
den wirtschaftlichen Zuständen die politischen Unterordnungen gleichsam herauswachsen
|
||
|
lassen. Nun sind diese Wirkungen der zweiten Ordnung als solche allerdings vorhanden
|
||
|
und in der Gegenwart am meisten fühlbar; aber das <I>Primitive muß
|
||
|
in der unmittelbaren politischen Gewalt</I> und nicht erst in einer indirekten
|
||
|
ökonomischen Macht gesucht werden.«</SMALL></P>
|
||
|
<P>Ebenso an einer andern Stelle, wo Herr Dühring</P>
|
||
|
<P><SMALL>»von dem Satz ausgeht, daß die politischen Zustände die entscheidende
|
||
|
Ursache der Wirtschaftslage sind und daß die umgekehrte Beziehung nur eine
|
||
|
Rückwirkung zweiter Ordnung darstellt ..., solange man die politische Gruppierung
|
||
|
nicht um ihrer selbst willen zum Ausgangspunkt macht, sondern sie ausschließlich
|
||
|
als <I>Mittel für Futterzwecke</I> behandelt, wird man, so radikal sozialistisch
|
||
|
und revolutionär man auch erscheinen möge, dennoch ein verstecktes Stück
|
||
|
Reaktion in sich bergen«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Das ist die Theorie des Herrn Dühring. Sie wird hier und an vielen andern
|
||
|
Stellen einfach aufgestellt, sozusagen dekretiert. Von auch nur dem geringsten
|
||
|
Versuch des Beweises oder der Widerlegung der entgegenstehenden Ansicht ist nirgendwo
|
||
|
in den drei dicken Büchern die Rede. Und wenn die Beweisgründe so wohlfeil
|
||
|
wären wie die Brombeeren, Herr Dühring gäbe uns keine Beweisgründe.
|
||
|
Die Sache ist ja schon bewiesen durch den berühmten Sündenfall, wo Robinson
|
||
|
den Freitag geknechtet hat. Das war eine Gewalttat, also eine politische Tat.
|
||
|
Und da diese Knechtung den Ausgangspunkt und die Grundtatsache der ganzen bisherigen
|
||
|
Geschichte bildet und ihr die Erbsünde der Ungerechtigkeit einimpft, so zwar,
|
||
|
daß sie in den spätern Perioden nur gemildert und »in die mehr indirekten
|
||
|
ökonomischen Abhängigkeitsformen verwandelt« worden ist; da ebenfalls
|
||
|
auf <A NAME="S148"></A><B>|148|</B> dieser Urknechtung das ganze bisher geltend
|
||
|
gebliebne »Gewalteigentum« beruht, so ist klar, daß alle ökonomischen
|
||
|
Erscheinungen aus politischen Ursachen zu erklären sind, nämlich aus
|
||
|
der Gewalt. Und wem das nicht genügt, der ist ein versteckter Reaktionär.</P>
|
||
|
<P>Bemerken wir zuerst, daß man nicht weniger in sich selbst verliebt sein
|
||
|
muß als Herr Dühring, um diese Ansicht für so »eigentümlich«
|
||
|
zu halten, wie sie keineswegs ist. Die Vorstellung, als wären die politischen
|
||
|
Haupt- und Staatsaktionen das Entscheidende in der Geschichte, ist so alt wie
|
||
|
die Geschichtschreibung selbst, und ist die Hauptursache davon, daß uns
|
||
|
so wenig aufbewahrt worden ist über die sich im Hintergrund dieser lärmenden
|
||
|
Auftritte still vollziehende und wirklich vorantreibende Entwicklung der Völker.
|
||
|
Diese Vorstellung hat die ganze vergangne Geschichtsauffassung beherrscht und
|
||
|
einen Stoß erhalten erst durch die französischen bürgerlichen
|
||
|
Geschichtschreiber der Restaurationszeit; »eigentümlich« ist dabei nur, daß
|
||
|
Herr Dühring von alledem wieder nichts weiß.</P>
|
||
|
<P>Ferner: nehmen wir für einen Augenblick an, Herr Dühring habe darin
|
||
|
recht, daß alle bisherige Geschichte sich auf die Knechtung des Menschen
|
||
|
durch den Menschen zurückführen lasse, so sind wir damit noch lange
|
||
|
nicht der Sache auf den Grund gekommen. Sondern es fragt sich zunächst: wie
|
||
|
kam der Robinson dazu, den Freitag zu knechten? Des bloßen Vergnügens
|
||
|
halber? Durchaus nicht. Wir sehn im Gegenteil, daß Freitag »als Sklave oder
|
||
|
bloßes Werkzeug zum <I>wirtschaftlichen</I> Dienst gepreßt und eben
|
||
|
auch nur als Werkzeug unterhalten wird«. Robinson hat Freitag nur geknechtet,
|
||
|
damit Freitag zum Nutzen Robinsons arbeite. Und wie kann Robinson aus Freitags
|
||
|
Arbeit Nutzen für sich ziehn? Nur dadurch, daß Freitag mehr Lebensmittel
|
||
|
durch seine Arbeit erzeugt, als Robinson ihm geben muß, damit er arbeitsfähig
|
||
|
bleibe. Robinson hat also, gegen Herrn Dührings ausdrückliche Vorschrift,
|
||
|
die durch die Knechtung Freitags hergestellte »politische Gruppierung nicht um
|
||
|
ihrer selbst willen zum Ausgangspunkt gemacht, sondern sie ausschließlich
|
||
|
als <I>Mittel für Futterzwecke</I> behandelt«, und möge nun selber zusehn,
|
||
|
wie er mit seinem Herrn und Meister Dühring fertig wird.</P>
|
||
|
<P>Das kindliche Exempel also, das Herr Dühring eigens erfunden hat, um die
|
||
|
Gewalt als das »geschichtlich Fundamentale« nachzuweisen, es beweist, daß
|
||
|
die Gewalt nur das Mittel, der ökonomische Vorteil dagegen der Zweck ist.
|
||
|
Um soviel »fundamentaler« der Zweck ist als das seinetwegen angewandte Mittel,
|
||
|
um ebensoviel fundamentaler ist in der Geschichte die ökonomische Seite des
|
||
|
Verhältnisses gegenüber der politischen. Das Beispiel beweist also grade
|
||
|
das Gegenteil von dem, was es beweisen soll. Und wie bei Robin- <A NAME="S149"></A><B>|149|</B>
|
||
|
son und Freitag, so in allen bisherigen Fällen von Herrschaft und Knechtschaft.
|
||
|
Die Unterjochung war stets, um Herrn Dührings elegante Ausdrucksweise zu
|
||
|
gebrauchen, »Mittel für Futterzwecke« (diese Futterzwecke im weitesten Sinn
|
||
|
genommen), nie und nirgends aber eine »um ihrer selbst willen« eingeführte
|
||
|
politische Gruppierung. Man muß Herr Dühring sein, um sich einbilden
|
||
|
zu können, die Steuern seien im Staate nur »Wirkungen zweiter Ordnung«, oder
|
||
|
die heutige politische Gruppierung von herrschender Bourgeoisie und beherrschtem
|
||
|
Proletariat sei »um ihrer selbst willen« da und nicht um der »Futterzwecke« der
|
||
|
herrschenden Bourgeois willen, nämlich der Profitmacherei und Kapitalaufhäufung.</P>
|
||
|
<P>Kehren wir indes wieder zurück zu unsern beiden Männern. Robinson,
|
||
|
»mit dem Degen in der Hand«, macht Freitag zu seinem Sklaven. Aber um dies fertigzubringen,
|
||
|
braucht Robinson noch etwas andres als den Degen. Nicht einem jeden ist mit einem
|
||
|
Sklaven gedient. Um einen solchen brauchen zu können, muß man über
|
||
|
zweierlei verfügen: erstens über die Werkzeuge und Gegenstände
|
||
|
für die Arbeit des Sklaven, und zweitens über die Mittel für seinen
|
||
|
notdürftigen Unterhalt. Ehe also Sklaverei möglich wird, muß schon
|
||
|
eine gewisse Stufe in der Produktion erreicht und ein gewisser Grad von Ungleichheit
|
||
|
in der Verteilung eingetreten sein. Und damit die Sklavenarbeit die herrschende
|
||
|
Produktionsweise einer ganzen Gesellschaft werde, braucht es eine noch weit höhere
|
||
|
Steigerung der Produktion, des Handels und der Reichtumsansammlung. In den alten
|
||
|
naturwüchsigen Gemeinwesen mit Gesamteigentum am Boden kommt Sklaverei entweder
|
||
|
gar nicht vor oder spielt nur eine sehr untergeordnete Rolle. Ebenso in der ursprünglichen
|
||
|
Bauernstadt Rom; als dagegen Rom »Weltstadt« wurde und der italische Grundbesitz
|
||
|
mehr und mehr in die Hände einer wenig zahlreichen Klasse enorm reicher Eigentümer
|
||
|
kam, da wurde die Bauernbevölkerung verdrängt durch eine Bevölkerung
|
||
|
von Sklaven. Wenn zur Zeit der Perserkriege die Zahl der Sklaven in Korinth auf
|
||
|
460.000, in Aegina auf 470.000 stieg, und auf jeden Kopf der freien Bevölkerung
|
||
|
zehn Sklaven kamen, so gehörte dazu noch etwas mehr als »Gewalt«, nämlich
|
||
|
eine hochentwickelte Kunst- und Handwerksindustrie und ein ausgebreiteter Handel.
|
||
|
Die Sklaverei in den amerikanischen Vereinigten Staaten beruhte weit weniger auf
|
||
|
der Gewalt, als auf der englischen Baumwollindustrie; in den Gegenden, wo keine
|
||
|
Baumwolle wuchs, oder die nicht, wie die Grenzstaaten, Sklavenzüchtung für
|
||
|
die Baumwollstaaten trieben, starb sie von selbst aus, ohne Anwendung von Gewalt,
|
||
|
einfach weil sie sich nicht bezahlte.</P>
|
||
|
<P>Wenn also Herr Dühring das heutige Eigentum ein Gewalteigentum nennt und
|
||
|
es bezeichnet als </P>
|
||
|
<P><SMALL><B><A NAME="S150">|150|</A></B> »diejenige Herrschaftsform, welche nicht
|
||
|
etwa bloß eine Ausschließung des Nebenmenschen von dem Gebrauch der
|
||
|
Naturmittel zur Existenz, sondern auch, was noch weit mehr bedeutet, die Unterjochung
|
||
|
des Menschen zum Knechtsdienst <I>zugrunde liegen hat</I>« -</SMALL></P>
|
||
|
<P>so stellt er das ganze Verhältnis auf den Kopf. Die Unterjochung des Menschen
|
||
|
zum Knechtsdienst, in allen ihren Formen, setzt beim Unterjocher die Verfügung
|
||
|
voraus über die Arbeitsmittel, vermittelst deren allein er den Geknechteten
|
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verwenden, und bei der Sklaverei außerdem noch die Verfügung über
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die Lebensmittel, womit allein er den Sklaven am Leben erhalten kann. In allen
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Fällen also schon einen gewissen, den Durchschnitt überschreitenden
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Vermögensbesitz. Wie ist dieser entstanden ? jedenfalls ist es klar, daß
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er zwar geraubt sein, also auf Gewalt beruhn kann, aber daß dies keineswegs
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nötig ist. Er kann erarbeitet, erstohlen, erhandelt, erschwindelt sein. Er
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muß sogar erarbeitet sein, ehe er überhaupt geraubt werden kann.</P>
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<P>Das Privateigentum tritt überhaupt in der Geschichte keineswegs auf als
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Ergebnis des Raubs und der Gewalt. Im Gegenteil. Es besteht schon, wenn auch unter
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Beschränkung auf gewisse Gegenstände, in der uralten naturwüchsigen
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Gemeinde aller Kulturvölker. Es entwickelt sich bereits innerhalb dieser
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Gemeinde, zunächst im Austausch mit Fremden, zur Form der Ware. Je mehr die
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Erzeugnisse der Gemeinde Warenform annehmen, d.h. je weniger von ihnen zum eignen
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Gebrauch des Produzenten und je mehr sie zum Zweck des Austausches produziert
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werden, je mehr der Austausch auch im Innern der Gemeinde die ursprüngliche
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naturwüchsige Arbeitsteilung verdrängt, desto ungleicher wird der Vermögensstand
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der einzelnen Gemeindeglieder, desto tiefer wird die alte Gemeinschaft des Bodenbesitzes
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untergraben, desto rascher treibt das Gemeinwesen seiner Auflösung in ein
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Dorf von Parzellenbauern entgegen. Der orientalische Despotismus und die wechselnde
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Herrschaft erobernder Nomadenvölker konnten diesen alten Gemeinwesen Jahrtausende
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hindurch nichts anhaben; die allmähliche Zerstörung ihrer naturwüchsigen
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Hausindustrie durch die Konkurrenz der Erzeugnisse der großen Industrie
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bringt sie mehr und mehr in Auflösung. Von Gewalt ist da ebensowenig die
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Rede, wie bei der noch jetzt stattfindenden Aufteilung des gemeinsamen Ackerbesitzes
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der »Gehöferschaften« an der Mosel und im Hochwald; die Bauern finden es
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eben in ihrem Interesse, daß das Privateigentum am Acker an Stelle des Gemeineigentums
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trete. Selbst die Bildung einer naturwüchsigen Aristokratie, wie sie bei
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Kelten, Germanen und im indischen Fünfstromland auf Grund des gemeinsamen
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Bodeneigentums erfolgt, beruht zunächst keineswegs auf Gewalt, sondern auf
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Freiwilligkeit und Gewohnheit. Überall, wo das Privat- <A NAME="S151"></A><B>|151|</B>
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eigentum sich herausbildet, geschieht dies infolge veränderter Produktions-
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und Austauschverhältnisse, im Interesse der Steigerung der Produktion und
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der Förderung des Verkehrs - also aus ökonomischen Ursachen. Die Gewalt
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spielt dabei gar keine Rolle. Es ist doch klar, daß die Einrichtung des
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Privateigentums schon bestehn muß, ehe der Räuber sich fremdes Gut
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aneignen kann; daß also die Gewalt zwar den Besitzstand verändern,
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aber nicht das Privateigentum als solches erzeugen kann.</P>
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<P>Aber auch um die »Unterjochung des Menschen zum Knechtsdienst« in ihrer modernsten
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Form, in der Lohnarbeit, zu erklären, können wir weder die Gewalt, noch
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das Gewalteigentum brauchen. Wir haben schon erwähnt, welche Rolle bei der
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Auflösung der alten Gemeinwesen, also bei der direkten oder indirekten Verallgemeinerung
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des Privateigentums, die Verwandlung der Arbeitsprodukte in Waren, ihre Erzeugung
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nicht für den eignen Verzehr, sondern für den Austausch spielt. Nun
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aber hat Marx im »Kapital« sonnenklar nachgewiesen - und Herr Dühring hütet
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sich, auch nur mit einer Silbe darauf einzugehn -, daß auf einem gewissen
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Entwicklungsgrad die Warenproduktion sich in kapitalistische Produktion verwandelt
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und daß auf dieser Stufe »das auf Warenproduktion und Warenzirkulation beruhende
|
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Gesetz der Aneignung oder Gesetz des Privateigentums durch seine eigne, innere,
|
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unvermeidliche Dialektik in sein Gegenteil umschlägt: der Austausch von Äquivalenten,
|
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der als die ursprüngliche Operation erschien, hat sich so gedreht, daß
|
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nur zum Schein ausgetauscht wird, indem erstens der gegen Arbeitskraft ausgetauschte
|
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Kapitalteil selbst nur ein Teil des ohne Äquivalent angeeigneten fremden
|
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Arbeitsprodukts ist, und zweitens von seinem Produzenten, dem Arbeiter, nicht
|
||
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nur ersetzt, sondern mit neuem Surplus« (Überschuß) »ersetzt werden
|
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muß ... Ursprünglich erschien uns das Eigentum gegründet auf eigne
|
||
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Arbeit ... Eigentum erscheint jetzt« (am Schluß der Marxschen Entwicklung),
|
||
|
»auf Seite des Kapitalisten, als das Recht, fremde unbezahlte Arbeit, auf Seite
|
||
|
des Arbeiters, als Unmöglichkeit, sein eignes Produkt anzueignen. Die Scheidung
|
||
|
zwischen Eigentum und Arbeit wird zur notwendigen Konsequenz eines Gesetzes, das
|
||
|
scheinbar von ihrer Identität ausging.« |Siehe Karl Marx, »Das Kapital«,
|
||
|
Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_605.htm#S609">Bd.
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|
23, S. 609/610</A>| Mit andern Worten: selbst wenn wir die Möglichkeit alles
|
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|
Raubs, aller Gewalttat und aller Prellerei ausschließen, wenn wir annehmen,
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|
daß alles Privateigentum ursprünglich auf eigner Arbeit des Besitzers
|
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|
beruhe und daß im ganzen fernern Verlauf nur gleiche Werte gegen gleiche
|
||
|
Werte ausgetauscht werden, so kommen wir dennoch bei der Fortentwicklung der Produktion
|
||
|
und des Austausches mit Not- <A NAME="S152"></A><B>|152|</B> wendigkeit auf die
|
||
|
gegenwärtige kapitalistische Produktionsweise, auf die Monopolisierung der
|
||
|
Produktions- und Lebensmittel in den Händen der einen, wenig zahlreichen
|
||
|
Klasse, auf die Herabdrückung der andern, die ungeheure Mehrzahl bildenden
|
||
|
Klasse zu besitzlosen Proletariern, auf den periodischen Wechsel von Schwindelproduktion
|
||
|
und Handelskrise und auf die ganze gegenwärtige Anarchie in der Produktion.
|
||
|
Der ganze Hergang ist aus rein ökonomischen Ursachen erklärt, ohne daß
|
||
|
auch nur ein einziges Mal der Raub, die Gewalt, der Staat oder irgendwelche politische
|
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|
Einmischung nötig gewesen wäre. Das »Gewalteigentum« erweist sich auch
|
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|
hier bloß als eine renommistische Phrase, die den Mangel an Verständnis
|
||
|
des wirklichen Verlaufs der Dinge verdecken soll.</P>
|
||
|
<P>Dieser Verlauf, historisch ausgedrückt, ist die Entwicklungsgeschichte
|
||
|
der Bourgeoisie. Wenn die »politischen Zustände die entscheidende Ursache
|
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|
der Wirtschaftslage sind«, so muß die moderne Bourgeoisie nicht im Kampf
|
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mit dem Feudalismus sich entwickelt haben, sondern sein freiwillig erzeugtes Schoßkind
|
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|
sein. Jedermann weiß, daß das Gegenteil stattgefunden hat. Ursprünglich
|
||
|
dem herrschenden Feudaladel zinspflichtiger, aus Hörigen und Leibeignen aller
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|
Art sich rekrutierender, unterdrückter Stand, hat das Bürgertum in fortwährendem
|
||
|
Kampf mit dem Adel einen Machtposten nach dem andern erobert und schließlich
|
||
|
in den entwickeltsten Ländern an seiner Stelle die Herrschaft in Besitz genommen;
|
||
|
in Frankreich, indem es den Adel direkt stürzte, in England, indem es ihn
|
||
|
mehr und mehr verbürgerlichte und ihn sich als seine eigne ornamentale Spitze
|
||
|
einverleibte. Und wie brachte es dies fertig? Lediglich durch Veränderung
|
||
|
der »Wirtschaftslage«, der eine Veränderung der politischen Zustände
|
||
|
früher oder später, freiwillig oder erkämpft, nachfolgte. Der Kampf
|
||
|
der Bourgeoisie gegen den Feudaladel ist der Kampf der Stadt gegen das Land, der
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||
|
Industrie gegen den Grundbesitz, der Geldwirtschaft gegen die Naturalwirtschaft,
|
||
|
und die entscheidenden Waffen der Bürger in diesem Kampfe waren ihre, durch
|
||
|
die Entwicklung der erst handwerksmäßigen, später zur Manufaktur
|
||
|
vorschreitenden Industrie und durch die Ausbreitung des Handels sich fortwährend
|
||
|
steigernden ökonomischen Machtmittel. Während dieses ganzen Kampfs stand
|
||
|
die politische Gewalt auf Seite des Adels, mit Ausnahme einer Periode, wo die
|
||
|
königliche Macht das Bürgertum gegen den Adel benutzte, um den einen
|
||
|
Stand durch den andern im Schach zu halten; aber von dem Augenblick, wo das noch
|
||
|
immer politisch ohnmächtige Bürgertum, vermöge seiner wachsenden
|
||
|
ökonomischen Macht, gefährlich zu werden anfing, verbündete sich
|
||
|
das Königtum wieder mit dem Adel und rief dadurch zuerst in England, dann
|
||
|
in Frankreich die Revolution des Bürger- <A NAME="S153"></A><B>|153|</B>
|
||
|
tums hervor. Die »politischen Zustände« in Frankreich waren unverändert
|
||
|
geblieben, während die »Wirtschaftslage« ihnen entwachsen war. Dem politischen
|
||
|
Stand nach war der Adel alles, der Bürger nichts; der sozialen Lage nach
|
||
|
war der Bürger jetzt die wichtigste Klasse im Staat, während dem Adel
|
||
|
alle seine sozialen Funktionen abhanden gekommen waren und er nur noch in seinen
|
||
|
Revenuen die Bezahlung dieser verschwundnen Funktionen einstrich. Damit nicht
|
||
|
genug: das Bürgertum war in seiner ganzen Produktion eingezwängt geblieben
|
||
|
in die feudalen politischen Formen des Mittelalters, denen diese Produktion -
|
||
|
nicht nur die Manufaktur, sondern selbst das Handwerk - längst entwachsen
|
||
|
war: in alle die, zu bloßen Schikanen und Fesseln der Produktion gewordnen,
|
||
|
tausendfachen Zunftprivilegien und lokalen und provinzialen Zollschranken. Die
|
||
|
Revolution des Bürgertums machte dem ein Ende. Nicht aber indem sie, nach
|
||
|
Herrn Dührings Grundsatz, die Wirtschaftslage den politischen Zuständen
|
||
|
anpaßte - das hatte ja grade Adel und Königtum jahrelang umsonst versucht
|
||
|
-, sondern indem sie umgekehrt den alten modrigen politischen Plunder beiseite
|
||
|
warf und politische Zustände schuf, in denen die neue »Wirtschaftslage« bestehn
|
||
|
und sich entwickeln konnte. Und sie hat sich in dieser ihr angemessenen politischen
|
||
|
und rechtlichen Atmosphäre glänzend entwickelt, so glänzend, daß
|
||
|
die Bourgeoisie schon nicht mehr weit von der Stellung ist, die der Adel 1789
|
||
|
einnahm: sie wird mehr und mehr, nicht nur sozial überflüssig, sondern
|
||
|
soziales Hindernis; sie scheidet mehr und mehr aus der Produktionstätigkeit
|
||
|
aus und wird mehr und mehr, wie seinerzeit der Adel, eine bloß Revenuen
|
||
|
einstreichende Klasse; und sie hat diese Umwälzung ihrer eignen Stellung
|
||
|
und die Erzeugung einer neuen Klasse, des Proletariats, fertiggebracht, ohne irgendwelchen
|
||
|
Gewaltshokuspokus, auf rein ökonomischem Wege. Noch mehr. Sie hat dies Resultat
|
||
|
ihres eignen Tun und Treibens keineswegs gewollt - im Gegenteil, es hat sich mit
|
||
|
unwiderstehlicher Gewalt gegen ihren Willen und gegen ihre Absicht durchgesetzt;
|
||
|
ihre eignen Produktivkräfte sind ihrer Leitung entwachsen und treiben, wie
|
||
|
mit Naturnotwendigkeit, die ganze bürgerliche Gesellschaft dem Untergang
|
||
|
oder der Umwälzung entgegen. Und wenn die Bourgeois jetzt an die Gewalt appellieren,
|
||
|
um die zusammenbrechende »Wirtschaftslage« vor dem Einsturz zu bewahren, so beweisen
|
||
|
sie damit nur, daß sie in derselben Täuschung befangen sind wie Herr
|
||
|
Dühring, als seien »die politischen Zustände die entscheidende Ursache
|
||
|
der Wirtschaftslage«; daß sie sich einbilden, ganz wie Herr Dühring,
|
||
|
sie könnten mit dem »Primitiven«, mit »der unmittelbar politischen Gewalt«
|
||
|
jene »Tatsachen zweiter Ordnung«, die Wirtschaftslage und ihre unabwendbare Entwicklung
|
||
|
umschaffen und also <A NAME="S154"></A><B>|154|</B> die ökonomischen Wirkungen
|
||
|
der Dampfmaschine und der von ihr getriebnen modernen Maschinerie, des Welthandels
|
||
|
und der heutigen Bank- und Kreditentwicklung mit Krupp-Kanonen und Mauser-Gewehren
|
||
|
wieder aus der Welt schießen.</P>
|
||
|
<H3 ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_III">III. Gewaltstheorie (Fortsetzung)</A></H3>
|
||
|
<P>Betrachten wir indes diese allmächtige »Gewalt« des Herrn Dühring
|
||
|
etwas näher. Robinson knechtet den Freitag »mit dem Degen in der Hand«. Woher
|
||
|
hat er den Degen? auch auf den Phantasie-Inseln der Robinsonaden wachsen bis jetzt
|
||
|
die Degen nicht auf den Bäumen, und Herr Dühring bleibt jede Antwort
|
||
|
auf diese Frage schuldig. Ebensogut wie Robinson sich einen Degen verschaffen
|
||
|
konnte, ebensogut dürfen wir annehmen, daß Freitag eines schönen
|
||
|
Morgens erscheint mit einem geladnen Revolver in der Hand, und dann kehrt sich
|
||
|
das ganze »Gewalt«-Verhältnis um: Freitag kommandiert, und Robinson muß
|
||
|
schanzen. Wir bitten die Leser um Verzeihung, daß wir so konsequent auf
|
||
|
die eigentlich in die Kinderstube und nicht in die Wissenschaft gehörige
|
||
|
Geschichte von Robinson und Freitag zurückkommen, aber was können wir
|
||
|
dafür? Wir sind genötigt, Herrn Dührings axiomatische Methode gewissenhaft
|
||
|
anzuwenden, und es ist nicht unsre Schuld, wenn wir uns dabei stets auf dem Gebiete
|
||
|
der reinen Kindlichkeit bewegen. Also der Revolver siegt über den Degen,
|
||
|
und damit wird es doch wohl auch dem kindlichsten Axiomatiker begreiflich sein,
|
||
|
daß die Gewalt kein bloßer Willensakt ist, sondern sehr reale Vorbedingungen
|
||
|
zu ihrer Betätigung erfordert, namentlich Werkzeuge, von denen das vollkommnere
|
||
|
das unvollkommnere überwindet; daß ferner diese Werkzeuge produziert
|
||
|
sein müssen, womit zugleich gesagt ist, daß der Produzent vollkommnerer
|
||
|
Gewaltwerkzeuge, vulgo Waffen, den Produzenten der unvollkommneren besiegt, und
|
||
|
daß, mit Einem Wort, der Sieg der Gewalt beruht auf der Produktion von Waffen,
|
||
|
und diese wieder auf der Produktion überhaupt, also - auf der »ökonomischen
|
||
|
Macht«, auf der »Wirtschaftslage«, auf den der Gewalt zur Verfügung stehenden
|
||
|
materiellen Mitteln.</P>
|
||
|
<P>Die Gewalt, das ist heutzutage die Armee und die Kriegsflotte und beide kosten,
|
||
|
wie wir alle zu unsrem Schaden wissen, »heidenmäßig viel Geld«. Die
|
||
|
Gewalt aber kann kein Geld machen, sondern höchstens schon gemachtes wegnehmen,
|
||
|
und das nützt auch nicht viel, wie wir ebenfalls zu unserm Schaden mit den
|
||
|
französischen Milliarden erfahren haben. Das Geld muß <A NAME="S155"></A><B>|155|</B>
|
||
|
also schließlich doch geliefert werden vermittelst der ökonomischen
|
||
|
Produktion ; die Gewalt wird also wieder durch die Wirtschaftslage bestimmt, die
|
||
|
ihr die Mittel zur Ausrüstung und Erhaltung ihrer Werkzeuge verschafft. Aber
|
||
|
damit nicht genug. Nichts ist abhängiger von ökonomischen Vorbedingungen
|
||
|
als grade Armee und Flotte. Bewaffnung, Zusammensetzung, Organisation, Taktik
|
||
|
und Strategie hängen vor allem ab von der jedesmaligen Produktionsstufe und
|
||
|
den Kommunikationen. Nicht die »freien Schöpfungen des Verstandes« genialer
|
||
|
Feldherrn haben hier umwälzend gewirkt, sondern die Erfindung besserer Waffen
|
||
|
und die Veränderung des Soldatenmaterials; der Einfluß der genialen
|
||
|
Feldherrn beschränkt sich im besten Fall darauf, die Kampfweise den neuen
|
||
|
Waffen und Kämpfern anzupassen.<A NAME="ZT3"></A><A HREF="me20_136.htm#T3"><SPAN class="top">{3}</SPAN></A></P>
|
||
|
<P>Im Anfang des 14. Jahrhunderts kam das Schießpulver von den Arabern zu
|
||
|
den Westeuropäern und wälzte, wie jedes Schulkind weiß, die ganze
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||
|
Kriegführung um. Die Einführung des Schießpulvers und der Feuerwaffen
|
||
|
war aber keineswegs eine Gewalttat, sondern ein industrieller, also wirtschaftlicher
|
||
|
Fortschritt. Industrie bleibt Industrie, ob sie auf die Erzeugung oder die Zerstörung
|
||
|
von Gegenständen sich richtet. Und die Einführung der Feuerwaffen wirkte
|
||
|
umwälzend nicht nur auf die Kriegführung selbst, sondern auch auf die
|
||
|
politischen Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnisse. Zur Erlangung von
|
||
|
Pulver und Feuerwaffen gehörte Industrie und Geld, und beides besaßen
|
||
|
die Städtebürger. Die Feuerwaffen waren daher von Anfang an Waffen der
|
||
|
Städte und der auf die Städte gestützten, emporkommenden Monarchie
|
||
|
gegen den Feudaladel. Die bisher unnahbaren Steinmauern der Adelsburgen erlagen
|
||
|
den Kanonen der Bürger, die Kugeln der bürgerlichen Handbüchsen
|
||
|
schlugen durch die ritterlichen Panzer. Mit der geharnischten Kavallerie des Adels
|
||
|
brach auch die Adelsherrschaft zusammen; mit der Entwicklung des Bürgertums
|
||
|
wurden Fußvolk und Geschütz mehr und mehr die entscheidenden Waffengattungen;
|
||
|
durch das Geschütz gezwungen, mußte das Kriegshandwerk sich eine neue,
|
||
|
ganz industrielle Unterabteilung zulegen: das Ingenieurwesen.</P>
|
||
|
<P>Die Ausbildung der Feuerwaffen ging sehr langsam vor sich. Das Geschütz
|
||
|
blieb schwerfällig, die Handrohre trotz vieler Einzelerfindungen roh. Es
|
||
|
dauerte über dreihundert Jahre, bis ein Gewehr zustande kam, das zur Bewaffnung
|
||
|
der gesamten Infanterie taugte. Erst anfangs des 18. Jahrhunderts verdrängte
|
||
|
das Steinschloßgewehr mit Bajonett die Pike endgültig aus <A NAME="S156"></A><B>|156|</B>
|
||
|
der Bewaffnung des Fußvolks. Das damalige Fußvolk bestand aus den
|
||
|
stramm exerzierenden, aber ganz unzuverlässigen, nur mit dem Stock zusammengehaltnen,
|
||
|
aus den verkommensten Elementen der Gesellschaft, oft aus gepreßten, feindlichen
|
||
|
Kriegsgefangenen sich zusammensetzenden fürstlichen Werbesoldaten, und die
|
||
|
einzige Kampfform, in der diese Soldaten das neue Gewehr zur Verwendung bringen
|
||
|
konnten, war die Lineartaktik, die unter Friedrich II. ihre höchste Vollendung
|
||
|
erreichte. Das ganze Fußvolk eines Heeres wurde in einem dreigliedrigen,
|
||
|
sehr langen hohlen Viereck aufgestellt und bewegte sich in Schlachtordnung nur
|
||
|
als Ganzes; höchstens wurde einem der beiden Flügel gestattet, sich
|
||
|
etwas vorzuschieben oder zurückzuhalten. Diese unbehülfliche Masse war
|
||
|
in Ordnung zu bewegen nur auf einem ganz ebnen Gelände, und auch da nur im
|
||
|
langsamen Tempo (fünfundsiebzig Schritt auf die Minute); eine Änderung
|
||
|
der Schlachtordnung während des Gefechts war unmöglich, und Sieg oder
|
||
|
Niedertage wurden, sobald die Infanterie einmal im Feuer war, in kurzer Zeit mit
|
||
|
Einem Schlag entschieden.</P>
|
||
|
<P>Diesen unbehülflichen Linien traten im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg
|
||
|
Rebellenhaufen entgegen, die zwar nicht exerzieren, aber desto besser aus ihren
|
||
|
gezognen Büchsen schießen konnten, die für ihre eigensten Interessen
|
||
|
fochten, also nicht desertierten wie die Werbetruppen, und die den Engländern
|
||
|
nicht den Gefallen taten, ihnen ebenfalls in Linie und auf freier Ebene gegenüberzutreten,
|
||
|
sondern in aufgelösten, rasch beweglichen Schützenschwärmen und
|
||
|
in den deckenden Wäldern. Die Linie war hier machtlos und erlag den unsichtbaren
|
||
|
und unerreichbaren Gegnern. Das Tiraillieren war wieder erfunden - eine neue Kampfweise
|
||
|
infolge eines veränderten Soldatenmaterials.</P>
|
||
|
<P>Was die amerikanische Revolution begonnen, das vollendete die französische,
|
||
|
auch auf militärischem Gebiet. Den geübten Werbeheeren der Koalition
|
||
|
hatte sie ebenfalls nur schlecht geübte, aber zahlreiche Massen entgegenzustellen,
|
||
|
das Aufgebot der ganzen Nation. Mit diesen Massen aber galt es, Paris zu schützen,
|
||
|
also ein bestimmtes Gebiet zu decken, und das konnte nicht ohne Sieg in offner
|
||
|
Massenschlacht geschehn. Das bloße Schützengefecht reichte nicht aus;
|
||
|
es mußte eine Form auch für die Massenverwendung gefunden werden, und
|
||
|
sie fand sich in der Kolonne. Die Kolonnenstellung erlaubte auch wenig geübten
|
||
|
Truppen, sich mit ziemlicher Ordnung zu bewegen und das selbst mit einer größern
|
||
|
Marschgeschwindigkeit (hundert Schritt und darüber in der Minute), sie erlaubte,
|
||
|
die steifen Formen der alten Linienordnung zu durchbrechen, in jedem, also auch
|
||
|
in dem der Linie ungünstigsten Terrain zu fechten, die Truppen in jeder <A NAME="S157"></A><B>|157|</B>
|
||
|
irgendwie angemessenen Art zu gruppieren und, in Verbindung mit dem Gefecht zerstreuter
|
||
|
Schützen, die feindlichen Linien aufzuhalten, zu beschäftigen, zu ermatten,
|
||
|
bis der Moment gekommen, wo man sie am entscheidenden Punkt der Stellung mit in
|
||
|
Reserve gehaltnen Massen durchbrach. Diese neue, auf der Verbindung von Tirailleurs
|
||
|
und Kolonnen und auf der Einteilung der Armee in selbständige, aus allen
|
||
|
Waffen zusammengesetzte Divisionen oder Armeekorps beruhende, von Napoleon nach
|
||
|
ihrer taktischen wie strategischen Seite vollständig ausgebildete Kampfweise
|
||
|
war demnach notwendig geworden vor allem durch das veränderte Soldatenmaterial
|
||
|
der französischen Revolution. Sie hatte aber auch noch zwei sehr wichtige
|
||
|
technische Vorbedingungen: erstens die von Gribeauval konstruierte leichtere Lafettierung
|
||
|
der Feldgeschütze, wodurch allein diesen die von ihnen jetzt verlangte raschere
|
||
|
Bewegung möglich wurde, und zweitens die in Frankreich 1777 eingeführte,
|
||
|
dem Jagdgewehr entlehnte Schweifung des bisher ganz grade in der Verlängerung
|
||
|
des Laufs sich fortsetzenden Flintenkolbens, die es möglich machte, auf einen
|
||
|
einzelnen Mann zu zielen, ohne notwendig vorbeizuschießen. Ohne diesen Fortschritt
|
||
|
aber hätte man mit dem alten Gewehr nicht tiraillieren können.</P>
|
||
|
<P>Das revolutionäre System der Bewaffnung des ganzen Volks wurde bald auf
|
||
|
eine Zwangsaushebung (mit Stellvertretung durch Loskauf für die Begüterten)
|
||
|
beschränkt und in dieser Form von den meisten großen Staaten des Festlands
|
||
|
angenommen. Nur Preußen versuchte in seinem Landwehrsystem die Wehrkraft
|
||
|
des Volks in größerm Maß heranzuziehn. Preußen war zudem
|
||
|
der erste Staat, der sein ganzes Fußvolk - nachdem der zwischen 1830 und
|
||
|
1860 ausgebildete, kriegsbrauchbare gezogne Vorderlader eine kurze Rolle gespielt
|
||
|
- mit der neuesten Waffe versah, dem gezognen Hinterlader. Beiden Einrichtungen
|
||
|
verdankte es seine Erfolge von 1866.</P>
|
||
|
<P>Im Deutsch-Französischen Krieg traten zuerst zwei Heere einander gegenüber,
|
||
|
die beide gezogne Hinterlader führten, und zwar beide mit wesentlich denselben
|
||
|
taktischen Formationen wie zur Zeit des alten glattläufigen Steinschloßgewehrs.
|
||
|
Nur daß die Preußen in der Einführung der Kompaniekolonne den
|
||
|
Versuch gemacht hatten, eine der neuen Bewaffnung angemessenere Kampfform zu finden.
|
||
|
Als aber am 18. August bei St. Privat die preußische Garde mit der Kompaniekolonne
|
||
|
Ernst zu machen versuchte, verloren die am meisten beteiligten fünf Regimenter
|
||
|
in höchstens zwei Stunden über ein Drittel ihrer Stärke (176 Offiziere
|
||
|
und 5.114 Mann). und von da an war auch die Kompaniekolonne als Kampfform gerichtet,
|
||
|
nicht minder als die Bataillonskolonne und die Linie; jeder Ver- <A NAME="S158"></A><B>|158|</B>
|
||
|
such wurde aufgegeben, fernerhin irgendwelche geschlossene Trupps dem feindlichen
|
||
|
Gewehrfeuer auszusetzen, und der Kampf wurde deutscherseits nur noch in jenen
|
||
|
dichten Schützenschwärmen geführt, in die sich die Kolonne bisher
|
||
|
unter dem einschlagenden Kugelhagel schon regelmäßig von selbst aufgelöst,
|
||
|
die man aber von oben herab als ordnungswidrig bekämpft hatte; und ebenso
|
||
|
wurde nun im Bereich des feindlichen Gewehrfeuers der Laufschritt die einzige
|
||
|
Bewegungsart. Der Soldat war wieder einmal gescheiter gewesen als der Offizier;
|
||
|
die einzige Gefechtsform, die bisher im Feuer des Hinterladers sich bewährt,
|
||
|
hatte er instinktmäßig gefunden und setzte sie trotz des Sträubens
|
||
|
der Führung erfolgreich durch.</P>
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<P>Mit dem Deutsch-Französischen Krieg ist ein Wendepunkt eingetreten von
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ganz andrer Bedeutung als alle frühern. Erstens sind die Waffen so vervollkommnet,
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daß ein neuer Fortschritt von irgendwelchem umwälzenden Einfluß
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nicht mehr möglich ist. Wenn man Kanonen hat, mit denen man ein Bataillon
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treffen kann, soweit das Auge es unterscheidet, und Gewehre, die für einen
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einzelnen Mann als Zielpunkt dasselbe leisten und bei denen das Laden weniger
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Zeit raubt als das Zielen, so sind alle weitern Fortschritte für den Feldkrieg
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mehr oder weniger gleichgültig. Die Ära der Entwicklung ist nach dieser
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Seite hin also im wesentlichen abgeschlossen. Zweitens aber hat dieser Krieg alle
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kontinentalen Großstaaten gezwungen, das verschärfte preußische
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Landwehrsystem bei sich einzuführen, und damit eine Militärlast, bei
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der sie in wenigen Jahren zugrunde gehn müssen. Die Armee ist Hauptzweck
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des Staats, ist Selbstzweck geworden; die Völker sind nur noch dazu da, die
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Soldaten zu liefern und zu ernähren. Der Militarismus beherrscht und verschlingt
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Europa. Aber dieser Militarismus trägt auch den Keim seines eignen Untergangs
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in sich. Die Konkurrenz der einzelnen Staaten untereinander zwingt sie einerseits,
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jedes Jahr mehr Geld auf Armee, Flotte, Geschütze etc. zu verwenden, also
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den finanziellen Zusammenbruch mehr und mehr zu beschleunigen; andrerseits mit
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der allgemeinen Dienstpflicht mehr und mehr Ernst, und damit schließlich
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das ganze Volk mit dem Waffengebrauch vertraut zu machen; es also zu befähigen,
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in einem gewissen Moment seinen Willen gegenüber der kommandierenden Militärherrlichkeit
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durchzusetzen. Und dieser Moment tritt ein, sobald die Masse des Volks - ländliche
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und städtische Arbeiter und Bauern - einen Willen hat. Auf diesem Punkt schlägt
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das Fürstenheer um in ein Volksheer; die Maschine versagt den Dienst, der
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Militarismus geht unter an der Dialektik seiner eignen Entwicklung. Was die bürgerliche
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Demokratie von 1848 nicht fertigbringen konnte, eben weil sie bürgerlich
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war und nicht proletarisch, nämlich den arbeitenden Massen einen Willen geben,
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<A NAME="S159"></A><B>|159|</B> dessen Inhalt ihrer Klassenlage entspricht - das
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wird der Sozialismus unfehlbar erwirken. Und das bedeutet die Sprengung des Militarismus
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und mit ihm aller stehenden Armeen von innen heraus.</P>
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<P>Das ist die eine Moral unsrer Geschichte der modernen Infanterie. Die zweite
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Moral, die uns wieder zu Herrn Dühring zurückführt, ist, daß
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sich die ganze Organisation und Kampfweise der Armeen, und damit Sieg und Niederlage,
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abhängig erweist von materiellen, das heißt ökonomischen Bedingungen:
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vom Menschen- und vom Waffenmaterial, also von der Qualität und Quantität
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der Bevölkerung und von der Technik. Nur ein Jägervolk wie die Amerikaner
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konnte das Tiraillieren wieder erfinden - und sie waren Jäger aus rein ökonomischen
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Ursachen, eben wie jetzt aus rein ökonomischen Ursachen dieselben Yankees
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der alten Staaten sich in Bauern, Industrielle, Seefahrer und Kaufleute verwandelt
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haben, die nicht mehr in den Urwäldern tiraillieren, dafür aber um so
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besser auf dem Felde der Spekulation, wo sie es auch in der Massenverwendung weit
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gebracht haben. - nur eine Revolution wie die französische, die den Bürger
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und namentlich den Bauer ökonomisch emanzipierte, konnte die Massenheere
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und zugleich die freien Bewegungsformen finden, an denen die alten steifen Linien
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zerschellten - die militärischen Abbilder des Absolutismus, den sie verfochten.
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Und wie die Fortschritte der Technik, sobald sie militärisch verwendbar und
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auch verwendet wurden, sofort Änderungen, ja Umwälzungen der Kampfweise
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fast gewaltsam erzwangen, oft noch dazu gegen den Willen der Heeresleitung, das
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haben wir Fall für Fall gesehn. Wie sehr außerdem die Kriegführung
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von der Produktivität und den Kommunikationsmitteln des eignen Hinterlandes
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wie des Kriegsschauplatzes abhängt, darüber kann heutzutage schon ein
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strebsamer Unteroffizier Herrn Dühring aufklären. Kurz, überall
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und immer sind es ökonomische Bedingungen und Machtmittel, die der »Gewalt«
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zum Siege verhelfen, ohne die sie aufhört, Gewalt zu sein, und wer nach Dühringschen
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Grundsätzen das Kriegswesen vom entgegengesetzten Standpunkte aus reformieren
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wollte, der könnte nichts ernten als Prügel.<A NAME="ZF1"></A><A HREF="me20_136.htm#F1"><SPAN class="top">(1)</SPAN></A></P>
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<P>Gehn wir nun vom Lande aufs Wasser, so bietet sich uns allein in den letzten
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|
zwanzig Jahren eine noch ganz anders durchgreifende Umwälzung. Das Schlachtschiff
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des Krimkriegs war der hölzerne Zwei- und Drei- <A NAME="S160"></A><B>|160|</B>
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decker von 60 bis 100 Kanonen, der vorzugsweise noch durch Segel bewegt wurde
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und nur zur Aushülfe eine schwache Dampfmaschine hatte. Er führte hauptsächlich
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32pfünder von etwa 50 Zentner Rohrgewicht, daneben nur wenige 68pfünder
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von 95 Zentner. Gegen Ende des Kriegs traten eisengepanzerte schwimmende Batterien
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auf, schwerfällige, fast unbewegliche, aber dem damaligen Geschütz gegenüber
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unverletzliche Ungeheuer. Bald wurde die Eisenpanzerung auch auf die Schlachtschiffe
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übertragen; anfangs noch dünn, vier Zoll Eisenstärke galt schon
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für einen äußerst schweren Panzer. Aber der artilleristische Fortschritt
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überholte bald die Panzerung; für jede Panzerstärke, die nach der
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Reihe angewandt wurde, fand sich ein neues, schwereres Geschütz, das sie
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mit Leichtigkeit durchschlug. So sind wir jetzt bereits bei zehn-, zwölf-,
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vierzehn-, vierundzwanzigzölliger Panzerstärke (Italien will ein Schiff
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mit drei Fuß dickem Panzer bauen lassen) auf der einen Seite angekommen;
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auf der andern bei gezognen Geschützen von 25, 35, 80, ja 100 Tons (à
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20 Zentner) Rohrgewicht, die Geschosse von 300, 400, 1.700 bis 2.000 Pfund auf
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früher unerhörte Entfernungen schleudern. Das heutige Schlachtschiff
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ist ein riesiger gepanzerter Schraubendampfer von 8.000 bis 9.000 Tonnen Gehalt
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und 6.000 bis 8.000 Pferdekraft, mit Drehtürmen und vier, höchstens
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sechs schweren Geschützen und mit einem, unter der Wasserlinie in einer Ramme
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zum Niederrennen feindlicher Schiffe auslaufenden Bug; es ist eine einzige kolossale
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Maschine, auf der der Dampf nicht nur die schnelle Fortbewegung bewirkt, sondern
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auch die Steuerung, das Ankerwinden, die Drehung der Türme, die Richtung
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und Ladung der Geschütze, das Auspumpen des Wassers, das Einnehmen und Herablassen
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der Boote - die selbst teilweise wieder Dampfkraft führen - usw. Und so wenig
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ist der Wettkampf zwischen Panzerung und Geschützwirkung zum Abschluß
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gekommen, daß ein Schiff heutzutage fast regelmäßig schon nicht
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mehr den Ansprüchen genügt, schon veraltet ist, ehe es vom Stapel gelassen
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wird. Das moderne Schlachtschiff ist nicht nur ein Produkt, sondern zugleich ein
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Probestück der modernen großen Industrie, eine schwimmende Fabrik -
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vornehmlich allerdings zur Erzeugung von Geldverschwendung. Das Land, wo die große
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Industrie am meisten entwickelt ist, hat beinahe das Monopol des Baues dieser
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Schiffe. Alle türkischen, fast alle russischen, die meisten deutschen Panzerschiffe
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sind in England gebaut; Panzerplatten von irgendwelcher Brauchbarkeit werden fast
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nur in Sheffield gemacht; von den drei Eisenwerken Europas, die allein imstande
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sind, die schwersten Geschütze zu liefern, kommen zwei (Woolwich und Elswick)
|
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|
auf England, das dritte (Krupp) auf Deutschland. Hier zeigt sich aufs handgreiflichste,
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||
|
wie die »unmittelbare politische Gewalt«, die <A NAME="S161"></A><B>|161|</B>
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nach Herrn Dühring die »entscheidende Ursache der Wirtschaftslage« ist, im
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|
Gegenteil vollständig von der Wirtschaftslage unterjocht ist; wie nicht nur
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die Herstellung, sondern auch die Behandlung des Gewaltwerkzeugs zur See, des
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Schlachtschiffs, selbst ein Zweig der modernen großen Industrie geworden
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ist. Und daß dies so geworden, geht niemandem mehr wider die Haare, als
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||
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grade der Gewalt, dem Staat, dem jetzt ein Schiff so viel kostet wie früher
|
||
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eine ganze kleine Flotte; der es mit ansehn muß, daß diese teuren
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Schiffe, noch ehe sie ins Wasser kommen, schon veraltet, also entwertet sind;
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und der sicher ebensoviel Verdruß darüber empfindet wie Herr Dühring,
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daß der Mann der »Wirtschaftslage«, der Ingenieur, jetzt an Bord viel wichtiger
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ist als der Mann der »unmittelbaren Gewalt«, der Kapitän. Wir dagegen haben
|
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durchaus keinen Grund, uns zu ärgern, wenn wir sehn, wie in diesem Wettkampf
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zwischen Panzer und Geschütz das Schlachtschiff bis zu der Spitze der Künstlichkeit
|
||
|
ausgebildet wird, die es ebenso unerschwinglich wie kriegsunbrauchbar macht <A NAME="ZF2"></A><A HREF="me20_136.htm#F2"><SPAN class="top">(2)</SPAN></A>,
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||
|
und wie dieser Kampf damit auch auf dem Gebiet des Seekriegs jene innern dialektischen
|
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|
Bewegungsgesetze offenbart, nach denen der Militarismus, wie jede andre geschichtliche
|
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Erscheinung, an den Konsequenzen seiner eignen Entwicklung zugrunde geht.</P>
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<P>Auch hier also sehn wir sonnenklar, daß keineswegs »das Primitive in
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||
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der unmittelbaren politischen Gewalt und nicht erst in einer indirekten ökonomischen
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Macht gesucht werden« muß. Im Gegenteil. Was zeigt sich grade als »das Primitive«
|
||
|
der Gewalt selbst? Die ökonomische Macht, die Verfügung über die
|
||
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Machtmittel der großen Industrie. Die politische Gewalt zur See, die auf
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||
|
den modernen Schlachtschiffen beruht, erweist sich als durchaus nicht »unmittelbar«,
|
||
|
sondern grade als <I>vermittelt</I> durch die ökonomische Macht, die hohe
|
||
|
Ausbildung der Metallurgie, das Kommando über geschickte Techniker und ergiebige
|
||
|
Kohlengruben.</P>
|
||
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<P>Indes, wozu das alles? Man gebe im nächsten Seekriege Herrn Dühring
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den Oberbefehl, und er vernichtet alle die von der Wirtschaftslage geknechteten
|
||
|
Panzerflotten ohne Torpedos und andre Kunststücke, einfach vermittelst seiner
|
||
|
»unmittelbaren Gewalt«.</P>
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||
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<H3 ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_IV"></A>IV. Gewaltstheorie</H3>
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||
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<H4 ALIGN="CENTER">(Schluß)</H4>
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|
<P><SMALL>»Ein sehr wichtiger Umstand liegt darin, daß tatsächlich
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||
|
die Beherrschung der <I>Natur</I> durch diejenige des <I>Menschen</I> erst überhaupt
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||
|
(!) vor sich gegangen ist« (eine Beherrschung ist vor sich gegangen!). »Die Bewirtschaftung
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||
|
des Grundeigentums in größern Strecken ist nie und nirgends ohne die
|
||
|
vorgängige Knechtung des Menschen zu irgendeiner Art von Sklaven- oder Frondienst
|
||
|
vollzogen worden. Die Aufrichtung einer ökonomischen Herrschaft über
|
||
|
die Dinge hat die politische, soziale und ökonomische Herrschaft des Menschen
|
||
|
über den Menschen zur Voraussetzung gehabt. Wie hätte man sich einen
|
||
|
großen Grundherrn nur denken können, ohne zugleich seine Herrenschaft
|
||
|
über Sklaven, Hörige oder indirekt Unfreie in den Gedanken einzuschließen?
|
||
|
Was möchte wohl die Kraft des einzelnen, die sich höchstens mit den
|
||
|
Kräften der Familienhülfe ausgestattet sähe, für eine umfangreichere
|
||
|
Ackerkultur bedeutet haben und bedeuten? Die Ausbeutung des Landes oder die ökonomische
|
||
|
Herrschaftsausdehnung über dasselbe in einem die natürlichen Kräfte
|
||
|
des einzelnen übersteigenden Umfang ist in der bisherigen Geschichte nur
|
||
|
dadurch möglich geworden, daß vor oder zugleich mit der Begründung
|
||
|
der Bodenherrschaft auch die zugehörige Knechtung des Menschen durchgeführt
|
||
|
wurde. In den spätern Perioden der Entwicklung ist diese Knechtung gemildert
|
||
|
worden ... ihre gegenwärtige Gestalt ist in den hoher zivilisierten Staaten
|
||
|
eine mehr oder minder durch Polizeiherrschaft geleitete Lohnarbeit. Auf der letztern
|
||
|
beruht also die praktische Möglichkeit derjenigen Art des heutigen Reichtums,
|
||
|
welcher sich in der umfangreicheren Bodenherrschaft und (!) im größern
|
||
|
Grundbesitz darstellt. Selbstverständlich sind alle andern Gattungen des
|
||
|
Verteilungsreichtums geschichtlich auf ähnliche Weise zu erklären, und
|
||
|
die indirekte Abhängigkeit des Menschen vom Menschen, welche gegenwärtig
|
||
|
den Grundzug der ökonomisch am weitesten entwickelten Zustände bildet,
|
||
|
kann nicht aus sich selbst, sondern nur als eine etwas verwandelte Erbschaft einer
|
||
|
frühern direkten Unterwerfung und Enteignung verstanden und erklärt
|
||
|
werden.«</SMALL></P>
|
||
|
<P>So Herr Dühring.</P>
|
||
|
<P>These: Die Beherrschung der Natur (durch den Menschen) setzt die Beherrschung
|
||
|
des Menschen (durch den Menschen) voraus.</P>
|
||
|
<P>Beweis: Die Bewirtschaftung des Grundeigentums in großem Strecken ist
|
||
|
nie und nirgends anders als durch Knechte erfolgt.</P>
|
||
|
<P>Beweis des Beweises: Wie kann es große Grundbesitzer geben ohne Knechte,
|
||
|
da der große Grundbesitzer mit seiner Familie ohne Knechte ja nur einen
|
||
|
geringen Teil seines Besitzes bebauen könnte.</P>
|
||
|
<P>Also: Um zu beweisen, daß der Mensch, um die Natur sich zu unterwerfen,
|
||
|
vorher den Menschen knechten mußte, verwandelt Herr Dühring »die Natur«
|
||
|
ohne weiteres in »Grundeigentum in größern Strecken« und <A NAME="S163"></A><B>|163|</B>
|
||
|
dies Grundeigentum - unbestimmt wessen? - sofort wieder in das Eigentum eines
|
||
|
großen Grundherrn, der natürlich ohne Knechte sein Land nicht bebauen
|
||
|
kann.</P>
|
||
|
<P>Erstens sind »Beherrschung der Natur« und »Bewirtschaftung des Grundeigentums«
|
||
|
keineswegs dasselbe. Die Beherrschung der Natur wird in der Industrie in ganz
|
||
|
anders kolossalem Maßstab ausgeübt als im Ackerbau, der sich bis heute
|
||
|
vom Wetter beherrschen lassen muß, statt das Wetter zu beherrschen.</P>
|
||
|
<P>Zweitens, wenn wir uns auf die Bewirtschaftung des Grundeigentums in größern
|
||
|
Strecken beschränken, so kommt es darauf an, wem dies Grundeigentum gehört.
|
||
|
Und da finden wir im Anfang der Geschichte aller Kulturvölker nicht den »großen
|
||
|
Grundherrn«, den uns Herr Dühring hier unterschiebt mit seiner gewöhnlichen
|
||
|
Taschenspielermanier, die er »natürliche Dialektik« nennt - sondern Stamm-
|
||
|
und Dorfgemeinden mit gemeinsamem Grundbesitz. Von Indien bis Irland ist die Bewirtschaftung
|
||
|
des Grundeigentums in größern Strecken ursprünglich durch solche
|
||
|
Stamm- und Dorfgemeinden vor sich gegangen, und zwar bald in gemeinschaftlicher
|
||
|
Bebauung des Ackerlandes für Rechnung der Gemeinde, bald in einzelnen, von
|
||
|
der Gemeinde den Familien auf Zeit zugeteilten Ackerparzellen bei fortdauernder
|
||
|
Gemeinnutzung von Wald- und Weideland. Es ist wiederum bezeichnend für »die
|
||
|
eindringendsten Fachstudien« des Herrn Dühring »auf dem politischen und juristischen
|
||
|
Gebiet«, daß er von allen diesen Dingen nichts weiß; daß seine
|
||
|
sämtlichen Werke eine totale Unbekanntschaft atmen mit den epochemachenden
|
||
|
Schriften Maurers über die ursprüngliche deutsche Markverfassung, die
|
||
|
Grundlage des gesamten deutschen Rechts, und mit der hauptsächlich durch
|
||
|
Maurer angeregten, noch stets anschwellenden Literatur, die sich mit dem Nachweis
|
||
|
der ursprünglichen Gemeinschaftlichkeit des Grundbesitzes bei allen europäischen
|
||
|
und asiatischen Kulturvölkern und mit der Darstellung seiner verschiednen
|
||
|
Daseins- und Auflösungsformen beschäftigt. Wie auf dem Gebiet des französischen
|
||
|
und englischen Rechts Herr Dühring »seine ganze Ignoranz sich selbst erworben«
|
||
|
hatte, so groß sie auch war, so auf dem Gebiet des deutschen Rechts seine
|
||
|
noch weit größere. Der Mann, der sich so gewaltig über den beschränkten
|
||
|
Horizont der Universitätsprofessoren erbost, er steht auf dem Gebiet des
|
||
|
deutschen Rechts noch heute höchstens da, wo die Professoren vor zwanzig
|
||
|
Jahren standen.</P>
|
||
|
<P>Es ist eine reine »freie Schöpfung und Imagination« des Herrn Dühring,
|
||
|
wenn er behauptet, daß zur Bewirtschaftung des Grundeigentums auf größern
|
||
|
Strecken Grundherrn und Knechte erforderlich gewesen seien. Im <A NAME="S164"></A><B>|164|</B>
|
||
|
ganzen Orient, wo die Gemeinde oder der Staat Grundeigentümer ist, fehlt
|
||
|
sogar das Wort Grundherr in den Sprachen, worüber sich Herr Dühring
|
||
|
bei den englischen Juristen Rats erholen kann, die sich in Indien ebenso umsonst
|
||
|
mit der Frage abquälten: wer ist Grundeigentümer? - wie weiland Fürst
|
||
|
Heinrich LXXII. von Reuß-Greiz-Schleiz-Lobenstein-Eberswalde mit der Frage:
|
||
|
wer ist Nachtwächter? Erst die Türken haben im Orient in den von ihnen
|
||
|
eroberten Ländern eine Art grundherrlichen Feudalismus eingerührt, Griechenland
|
||
|
tritt schon im Heroenzeitalter in die Geschichte ein mit einer Ständegliederung,
|
||
|
die selbst wieder das augenscheinliche Erzeugnis einer längern, unbekannten
|
||
|
Vorgeschichte ist; aber auch da wird der Boden vorwiegend von selbständigen
|
||
|
Bauern bewirtschaftet; die größern Güter der Edlen und Stammesfürsten
|
||
|
bilden die Ausnahme und verschwinden ohnehin bald nachher. Italien ist urbar gemacht
|
||
|
worden vorwiegend von Bauern; als in den letzten Zeiten der römischen Republik
|
||
|
die großen Güterkomplexe, die Latifundien, die Parzellenbauern verdrängten
|
||
|
und durch Sklaven ersetzten, ersetzten sie zugleich den Ackerbau durch Viehzucht
|
||
|
und richteten, wie schon Plinius wußte, Italien zugrunde (latifundia Italiam
|
||
|
perdidere). Im Mittelalter herrscht in ganz Europa (namentlich bei der Urbarmachung
|
||
|
von Ödland) die Bauernkultur vor, wobei es für die vorliegende Frage
|
||
|
gleichgültig ist, ob und welche Abgaben diese Bauern an irgendwelchen Feudalherrn
|
||
|
zu zahlen hatten. Die friesischen, niedersächsischen, flämischen und
|
||
|
niederrheinischen Kolonisten, die das den Slawen entrissene Land östlich
|
||
|
der Elbe in Bebauung nahmen, taten dies als freie Bauern unter sehr günstigen
|
||
|
Zinssätzen, keineswegs aber in »irgendeiner Art von Frondienst«. - in Nordamerika
|
||
|
ist bei weitem der größte Teil des Landes durch Arbeit freier Bauern
|
||
|
der Kultur erschlossen worden, während die großen Grundherrn des Südens
|
||
|
mit ihren Sklaven und ihrem Raubbau den Boden erschöpften, bis er nur noch
|
||
|
Tannen trug, so daß die Baumwollkultur immer weiter nach Westen wandern
|
||
|
mußte. In Australien und Neuseeland sind alle Versuche der englischen Regierung,
|
||
|
eine Bodenaristokratie künstlich herzustellen, gescheitert. Kurz, wenn wir
|
||
|
die tropischen und subtropischen Kolonien ausnehmen, in denen das Klima dem Europäer
|
||
|
die Ackerbauarbeit verbietet, erweist sich der vermittelst seiner Sklaven oder
|
||
|
Fronknechte die Natur seiner Herrschaft unterwerfende, den Boden urbar machende
|
||
|
große Grundherr als ein pures Phantasiegebilde. Im Gegenteil. Wo er im Altertum
|
||
|
auftritt, wie in Italien, macht er nicht Wüstland urbar, sondern verwandelt
|
||
|
das von Bauern urbar gemachte Ackerland in Viehweide, entvölkert und ruiniert
|
||
|
ganze Länder. Erst in neuerer Zeit, erst seitdem die dichtere Bevölkerung
|
||
|
den Bodenwert <A NAME="S165"></A><B>|165|</B> gehoben und namentlich seit die
|
||
|
Entwicklung der Agronomie auch schlechtern Boden verwendbarer gemacht hat - erst
|
||
|
da hat der große Grundbesitz angefangen, an der Urbarmachung von Ödland
|
||
|
und Weideland in großem Maßstab sich zu beteiligen, und das vornehmlich
|
||
|
durch Diebstahl am Gemeindeland der Bauern, sowohl in England wie in Deutschland.
|
||
|
Und auch das nicht ohne Gegengewicht. Für jeden Acker Gemeindeland, den die
|
||
|
großen Grundbesitzer in England urbar gemacht, haben sie in Schottland mindestens
|
||
|
drei Acker urbares Land in Schaftrift und zuletzt gar in bloßes Jagdrevier
|
||
|
für Hochwild verwandelt.</P>
|
||
|
<P>Wir haben es hier nur mit der Behauptung des Herrn Dühring zu tun, daß
|
||
|
die Urbarmachung größerer Landstriche, also doch wohl so ziemlich des
|
||
|
ganzen Kulturgebiets »nie und nirgends« anders vollzogen worden sei, als durch
|
||
|
große Grundherrn und Knechte - eine Behauptung, von der wir gesehn haben,
|
||
|
daß sie eine wahrhaft unerhörte Unkenntnis der Geschichte »zur Voraussetzung
|
||
|
hat«. Wir haben uns also hier weder darum zu kümmern, inwiefern zu verschiednen
|
||
|
Zeiten bereits ganz oder größtenteils urbare Landstriche durch Sklaven
|
||
|
(wie zur Blütezeit Griechenlands) oder Hörige (wie die Fronhöfe
|
||
|
seit dem Mittelalter) bebaut worden sind, noch darum, welches die gesellschaftliche
|
||
|
Funktion der großen Grundbesitzer zu verschiednen Zeiten gewesen ist.</P>
|
||
|
<P>Und nachdem Herr Dühring uns dies meisterhafte Phantasiegemälde vorgehalten,
|
||
|
von dem man nicht weiß, was man mehr bewundern soll, die Taschenspielerkunst
|
||
|
der Deduktion oder die Geschichtsfälschung - ruft er triumphierend aus:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Selbstverständlich sind alle andern Gattungen des Verteilungsreichtums
|
||
|
<I>geschichtlich auf ähnliche Weise zu erklären</I>!«</SMALL></P>
|
||
|
<P>Womit er sich natürlich die Mühe erspart, über die Entstehung
|
||
|
z.B. des Kapitals auch nur ein einziges weiteres Wörtchen zu verlieren.</P>
|
||
|
<P>Wenn Herr Dühring mit seiner Beherrschung des Menschen durch den Menschen
|
||
|
als Vorbedingung der Beherrschung der Natur durch den Menschen im allgemeinen
|
||
|
nur sagen will, daß unser gesamter gegenwärtiger ökonomischer
|
||
|
Zustand, die heute erreichte Entwicklungsstufe von Ackerbau und Industrie, das
|
||
|
Resultat einer sich in Klassengegensätzen, in Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnissen
|
||
|
abwickelnden Gesellschaftsgeschichte ist, so sagt er etwas, das seit dem »Kommunistischen
|
||
|
Manifest« längst Gemeinplatz geworden ist. Es kommt eben darauf an, die Entstehung
|
||
|
der Klassen und der Herrschaftsverhältnisse zu erklären, und wenn Herr
|
||
|
Dühring dafür immer nur das eine Wort »Gewalt« hat, so sind wir damit
|
||
|
<A NAME="S166"></A><B>|166|</B> genausoweit wie am Anfang. Die einfache Tatsache,
|
||
|
daß die Beherrschten und Ausgebeuteten zu allen Zeiten weit zahlreicher
|
||
|
sind als die Herrscher und Ausbeuter, daß also die wirkliche Gewalt bei
|
||
|
jenen ruht, reicht allein hin, um die Torheit der ganzen Gewaltstheorie klarzustellen.
|
||
|
Es handelt sich also immer noch um die Erklärung der Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnisse.</P>
|
||
|
<P>Sie sind auf zwiefachem Wege entstanden.</P>
|
||
|
<P>Wie die Menschen ursprünglich aus dem Tierreich - im engern Sinne - heraustreten,
|
||
|
so treten sie in die Geschichte ein: noch halb Tiere, roh, noch ohnmächtig
|
||
|
gegenüber den Kräften der Natur, noch unbekannt mit ihren eignen; daher
|
||
|
arm wie die Tiere und kaum produktiver als sie. Es herrscht eine gewisse Gleichheit
|
||
|
der Lebenslage und für die Familienhäupter auch eine Art Gleichheit
|
||
|
der gesellschaftlichen Stellung - wenigstens eine Abwesenheit von Gesellschaftsklassen,
|
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die noch in den naturwüchsigen, ackerbautreibenden Gemeinwesen der spätern
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Kulturvölker fortdauert. In jedem solchen Gemeinwesen bestehn von Anfang
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an gewisse gemeinsame Interessen, deren Wahrung einzelnen, wenn auch unter Aufsicht
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der Gesamtheit, übertragen werden muß: Entscheidung von Streitigkeiten;
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Repression von Übergriffen einzelner über ihre Berechtigung hinaus;
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Aufsicht über Gewässer, besonders in heißen Ländern; endlich,
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bei der Waldursprünglichkeit der Zustände, religiöse Funktionen.
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Dergleichen Beamtungen finden sich in den urwüchsigen Gemeinwesen zu jeder
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Zeit, so in den ältesten deutschen Markgenossenschaften und noch heute in
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Indien. Sie sind selbstredend mit einer gewissen Machtvollkommenheit ausgerüstet
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und die Anfänge der Staatsgewalt. Allmählich steigern sich die Produktivkräfte;
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die dichtere Bevölkerung schafft hier gemeinsame, dort widerstreitende Interessen
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zwischen den einzelnen Gemeinwesen, deren Gruppierung zu größern Ganzen
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wiederum eine neue Arbeitsteilung, die Schaffung von Organen zur Wahrung der gemeinsamen,
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zur Abwehr der widerstreitenden Interessen hervorruft. Diese Organe, die schon
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als Vertreter der gemeinsamen Interessen der ganzen Gruppe, jedem einzelnen Gemeinwesen
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gegenüber eine besondre, unter Umständen sogar gegensätzliche Stellung
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haben, verselbständigen sich bald noch mehr, teils durch die, in einer Welt,
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wo alles naturwüchsig hergeht, fast selbstverständlich eintretende Erblichkeit
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der Amtsführung, teils durch ihre, mit der Vermehrung der Konflikte mit andern
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Gruppen wachsende Unentbehrlichkeit. Wie diese Verselbständigung der gesellschaftlichen
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Funktion gegenüber der Gesellschaft mit der Zeit sich bis zur Herrschaft
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über die Gesellschaft steigern konnte, wie der ursprüngliche Diener,
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wo die Gelegenheit günstig, sich allmählich in den <A NAME="S167"></A><B>|167|</B>
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Herrn verwandelte, wie je nach den Umständen dieser Herr als orientalischer
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Despot oder Satrap, als griechischer Stammesfürst, als keltischer Clanchef
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usw. auftrat, wieweit er sich bei dieser Verwandlung schließlich auch der
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Gewalt bediente, wie endlich die einzelnen herrschenden Personen sich zu einer
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herrschenden Klasse zusammenfügten, darauf brauchen wir hier nicht einzugehn.
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Es kommt hier nur darauf an, festzustellen, daß der politischen Herrschaft
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überall eine gesellschaftliche Amtstätigkeit zugrunde lag; und die politische
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Herrschaft hat auch dann nur auf die Dauer bestanden, wenn sie diese ihre gesellschaftliche
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Amtstätigkeit vollzog. Wie viele Despotien auch über Persien und Indien
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auf- oder untergegangen sind, jede wußte ganz genau, daß sie vor allem
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die Gesamtunternehmerin der Berieselung der Flußtäler war, ohne die
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dort kein Ackerbau möglich. Erst den aufgeklärten Engländern war
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es vorbehalten, dies in Indien zu übersehn; sie ließen die Rieselkanäle
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und Schleusen verfallen und entdecken jetzt endlich durch die regelmäßig
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wiederkehrenden Hungersnöte, daß sie die einzige Tätigkeit vernachlässigt
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haben, die ihre Herrschaft in Indien wenigstens ebenso rechtmäßig machen
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könnte, wie die ihrer Vorgänger.</P>
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<P>Neben dieser Klassenbildung ging aber noch eine andre. Die naturwüchsige
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Arbeitsteilung innerhalb der ackerbauenden Familie erlaubte auf einer gewissen
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Stufe des Wohlstands die Einfügung einer oder mehrerer fremden Arbeitskräfte.
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Dies war besonders der Fall in Ländern, wo der alte Gemeinbesitz am Boden
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bereits zerfallen oder doch wenigstens die alte gemeinsame Bebauung der Einzelbebauung
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der Bodenanteile durch die entsprechenden Familien gewichen war. Die Produktion
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war so weit entwickelt, daß die menschliche Arbeitskraft jetzt mehr erzeugen
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konnte, als zu ihrem einfachen Unterhalt nötig war; die Mittel, mehr Arbeitskräfte
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zu unterhalten, waren vorhanden; diejenigen, sie zu beschäftigen, ebenfalls;
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die Arbeitskraft bekam einen <I>Wert</I>. Aber das eigne Gemeinwesen und der Verband,
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dem es angehörte, lieferte keine disponiblen, überschüssigen Arbeitskräfte.
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Der Krieg dagegen lieferte sie, und der Krieg war so alt wie die gleichzeitige
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Existenz mehrerer Gemeinschaftsgruppen nebeneinander. Bisher hatte man mit den
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Kriegsgefangnen nichts anzufangen gewußt, sie also einfach erschlagen, noch
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früher hatte man sie verspeist. Aber auf der jetzt erreichten Stufe der »Wirtschaftslage«
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erhielten sie einen Wert; man ließ sie also leben und machte sich ihre Arbeit
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dienstbar. So wurde die Gewalt, statt die Wirtschaftslage zu beherrschen, im Gegenteil
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in den Dienst der Wirtschaftslage gepreßt. Die <I>Sklaverei</I> war erfunden.
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Sie wurde bald die herrschende Form der Produktion bei allen, über das alte
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Gemeinwesen hinaus sich entwickelnden Völkern, schließlich aber auch
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eine der Haupt- <A NAME="S168"></A><B>|168|</B> Ursachen ihres Verfalls. Erst
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die Sklaverei machte die Teilung der Arbeit zwischen Ackerbau und Industrie auf
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größerm Maßstab möglich, und damit die Blüte der alten
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Welt, das Griechentum. Ohne Sklaverei kein griechischer Staat, keine griechische
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Kunst und Wissenschaft; ohne Sklaverei kein Römerreich. Ohne die Grundlage
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des Griechentums und des Römerreichs aber auch kein modernes Europa. Wir
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sollten nie vergessen, daß unsere ganze ökonomische, politische und
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intellektuelle Entwicklung einen Zustand zur Voraussetzung hat, in dem die Sklaverei
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ebenso notwendig wie allgemein anerkannt war. In diesem Sinne sind wir berechtigt
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zu sagen: Ohne antike Sklaverei kein moderner Sozialismus.</P>
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<P>Es ist sehr wohlfeil, über Sklaverei und dergleichen in allgemeinen Redensarten
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loszuziehn und einen hohen sittlichen Zorn über dergleichen Schändlichkeit
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auszugießen. Leider spricht man damit weiter nichts aus als das, was jedermann
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weiß, nämlich daß diese antiken Einrichtungen unsern heutigen
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Zuständen und unsern durch diese Zustände bestimmten Gefühlen nicht
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mehr entsprechen. Wir erfahren damit aber kein Wort darüber, wie diese Einrichtungen
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entstanden sind, warum sie bestanden und welche Rolle sie in der Geschichte gespielt
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haben. Und wenn wir hierauf eingehn, so müssen wir sagen, so widerspruchsvoll
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und so ketzerisch das auch klingen mag, daß die Einführung der Sklaverei
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unter den damaligen Umständen ein großer Fortschritt war. Es ist nun
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einmal eine Tatsache, daß die Menschheit vom Tiere angefangen und daher
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barbarische, fast tierische Mittel nötig gehabt hat, um sich aus der Barbarei
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herauszuarbeiten. Die alten Gemeinwesen, wo sie fortbestanden, bilden seit Jahrtausenden
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die Grundlage der rohesten Staatsform, der orientalischen Despotie, von Indien
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bis Rußland. Nur wo sie sich auflösten, sind die Völker aus sich
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selbst weiter vorangeschritten, und ihr nächster ökonomischer Fortschritt
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bestand in der Steigerung und Fortbildung der Produktion vermittelst der Sklavenarbeit.
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Es ist klar: solange die menschliche Arbeit noch so wenig produktiv war, daß
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sie nur wenig Überschuß über die notwendigen Lebensmittel hinaus
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lieferte, war Steigerung der Produktivkräfte, Ausdehnung des Verkehrs, Entwicklung
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von Staat und Recht, Begründung von Kunst und Wissenschaft nur möglich
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vermittelst einer gesteigerten Arbeitsteilung, die zu ihrer Grundlage haben mußte
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die große Arbeitsteilung zwischen den die einfache Handarbeit besorgenden
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Massen und den die Leitung der Arbeit, den Handel, die Staatsgeschäfte, und
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späterhin die Beschäftigung mit Kunst und Wissenschaft betreibenden
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wenigen Bevorrechteten. Die einfachste, naturwüchsigste Form dieser Arbeitsteilung
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||
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war eben die Sklaverei. Bei den geschichtlichen Voraussetzungen der alten, speziell
|
||
|
der griechischen <A NAME="S169"></A><B>|169|</B> Welt konnte der Fortschritt zu
|
||
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einer auf Klassengegensätzen gegründeten Gesellschaft sich nur vollziehn
|
||
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in der Form der Sklaverei. Selbst für die Sklaven war dies ein Fortschritt;
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die Kriegsgefangnen, aus denen die Masse der Sklaven sich rekrutierte, behielten
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||
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jetzt wenigstens das Leben, statt daß sie früher gemordet oder noch
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früher gar gebraten wurden.</P>
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<P>Fügen wir bei dieser Gelegenheit hinzu, daß alle bisherigen geschichtlichen
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Gegensätze von ausbeutenden und ausgebeuteten, herrschenden und unterdrückten
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Klassen ihre Erklärung finden in derselben verhältnismäßig
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unentwickelten Produktivität der menschlichen Arbeit. Solange die wirklich
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arbeitende Bevölkerung von ihrer notwendigen Arbeit so sehr in Anspruch genommen
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wird, daß ihr keine Zeit zur Besorgung der gemeinsamen Geschäfte der
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Gesellschaft - Arbeitsleitung, Staatsgeschäfte, Rechtsangelegenheiten, Kunst,
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Wissenschaft etc. - übrigbleibt, solange mußte stets eine besondre
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Klasse bestehn, die, von der wirklichen Arbeit befreit, diese Angelegenheiten
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besorgte; wobei sie denn nie verfehlte, den arbeitenden Massen zu ihrem eignen
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Vorteil mehr und mehr Arbeitslast aufzubürden. Erst die durch die große
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Industrie erreichte ungeheure Steigerung der Produktivkräfte erlaubt, die
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Arbeit auf alle Gesellschaftsglieder ohne Ausnahme zu verteilen und dadurch die
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Arbeitszeit eines jeden so zu beschränken, daß für alle hinreichend
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freie Zeit bleibt, um sich an den allgemeinen Angelegenheiten der Gesellschaft
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- theoretischen wie praktischen - zu beteiligen. Erst jetzt also ist jede herrschende
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und ausbeutende Klasse überflüssig, ja ein Hindernis der gesellschaftlichen
|
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Entwicklung geworden, und erst jetzt auch wird sie unerbittlich beseitigt werden,
|
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mag sie auch noch sosehr im Besitz der »unmittelbaren Gewalt« sein.</P>
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<P>Wenn also Herr Dühring über das Griechentum die Nase rümpft,
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weil es auf Sklaverei begründet war, so kann er den Griechen mit demselben
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Recht den Vorwurf machen, daß sie keine Dampfmaschinen und elektrischen
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Telegraphen hatten. Und wenn er behauptet, unsre moderne Lohnknechtung sei nur
|
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als eine etwas verwandelte und gemilderte Erbschaft der Sklaverei und nicht aus
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sich selbst (das heißt aus den ökonomischen Gesetzen der modernen Gesellschaft)
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zu erklären, so heißt das entweder nur, daß Lohnarbeit wie Sklaverei
|
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|
Formen der Knechtschaft und der Klassenherrschaft sind, was jedes Kind weiß,
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||
|
oder es ist falsch. Denn mit demselben Recht könnten wir sagen, die Lohnarbeit
|
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sei nur zu erklären als eine gemilderte Form der Menschenfresserei, der jetzt
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||
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überall festgestellten, ursprünglichen Form der Verwendung der besiegten
|
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|
Feinde.</P>
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||
|
<P> Hiernach ist es klar, welche Rolle die Gewalt in der Geschichte gegenüber
|
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|
der ökonomischen Entwicklung spielt. Erstens beruht alle politische <A NAME="S170"></A><B>|170|</B>
|
||
|
Gewalt ursprünglich auf einer ökonomischen, gesellschaftlichen Funktion
|
||
|
und steigert sich in dem Maß, wie durch Auflösung der ursprünglichen
|
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|
Gemeinwesen die Gesellschaftsglieder in Privatproduzenten verwandelt, also den
|
||
|
Verwaltern der gemeinsam-gesellschaftlichen Funktionen noch mehr entfremdet werden.
|
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Zweitens, nachdem sich die politische Gewalt gegenüber der Gesellschaft verselbständigt,
|
||
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aus der Dienerin in die Herrin verwandelt hat, kann sie in zweierlei Richtung
|
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wirken. Entweder wirkt sie im Sinn und in der Richtung der gesetzmäßigen
|
||
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ökonomischen Entwicklung. In diesem Fall besteht kein Streit zwischen beiden,
|
||
|
die ökonomische Entwicklung wird beschleunigt. Oder aber sie wirkt ihr entgegen,
|
||
|
und dann erliegt sie, mit wenigen Ausnahmen, der ökonomischen Entwicklung
|
||
|
regelmäßig. Diese wenigen Ausnahmen sind einzelne Fälle von Eroberung,
|
||
|
wo die roheren Eroberer die Bevölkerung eines Landes ausrotteten oder vertrieben
|
||
|
und die Produktivkräfte, mit denen sie nichts anzufangen wußten, verwüsteten
|
||
|
oder verkommen ließen. So die Christen im maurischen Spanien den größten
|
||
|
Teil der Berieselungswerke, auf denen der hochentwickelte Acker- und Gartenbau
|
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|
der Mauren beruht hatte. Jede Eroberung durch ein roheres Volk stört selbstredend
|
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die ökonomische Entwicklung und vernichtet zahlreiche Produktivkräfte.
|
||
|
Aber in der ungeheuren Mehrzahl der Fälle von dauernder Eroberung muß
|
||
|
der rohere Eroberer sich der höhern »Wirtschaftslage«, wie sie aus der Eroberung
|
||
|
hervorgeht, anpassen; er wird von den Eroberten assimiliert und muß meist
|
||
|
sogar ihre Sprache annehmen. Wo aber - abgesehn von Eroberungsfällen - die
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|
innere Staatsgewalt eines Landes in Gegensatz tritt zu seiner ökonomischen
|
||
|
Entwicklung, wie das bisher auf gewisser Stufe fast für jede politische Gewalt
|
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|
eingetreten ist, da hat der Kampf jedesmal geendigt mit dem Sturz der politischen
|
||
|
Gewalt. Ausnahmslos und unerbittlich hat die ökonomische Entwicklung sich
|
||
|
Bahn gebrochen - das letzte schlagendste Beispiel davon haben wir schon erwähnt:
|
||
|
die große französische Revolution. Hinge, nach Herrn Dührings
|
||
|
Lehre, die Wirtschaftslage und mit ihr die ökonomische Verfassung eines bestimmten
|
||
|
Landes einfach von der politischen Gewalt ab, so ist gar nicht abzusehn, warum
|
||
|
denn es Friedrich Wilhelm IV. nach 1848 nicht gelingen wollte, trotz seines »herrlichen
|
||
|
Knegsheeres«, die mittelalterlichen Zünfte und andre romantische Marotten
|
||
|
auf die Eisenbahnen, Dampfmaschinen und die sich eben entwickelnde große
|
||
|
Industrie seines Landes zu pfropfen; oder warum der Kaiser von Rußland,
|
||
|
der doch noch viel gewaltiger ist, nicht nur seine Schulden nicht bezahlen, sondern
|
||
|
nicht einmal ohne fortwährendes Anpumpen der »Wirtschaftslage« von Westeuropa
|
||
|
seine »Gewalt« zusammenhalten kann.</P>
|
||
|
<P><B><A NAME="S171">|171|</A></B> Für Herrn Dühring ist die Gewalt
|
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|
das absolut Böse, der erste Gewaltsakt ist ihm der Sündenfall, seine
|
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ganze Darstellung ist eine Jammerpredigt über die hiermit vollzogne Ansteckung
|
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der ganzen bisherigen Geschichte mit der Erbsünde, über die schmähliche
|
||
|
Fälschung aller natürlichen und gesellschaftlichen Gesetze durch diese
|
||
|
Teufelsmacht, die Gewalt. Daß die Gewalt aber noch eine andre Rolle in der
|
||
|
Geschichte spielt, eine revolutionäre Rolle, daß sie, in Marx' Worten,
|
||
|
die Geburtshelferin jeder alten Gesellschaft ist, die mit einer neuen schwanger
|
||
|
geht |siehe Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke,
|
||
|
<A HREF="../me23/me23_741.htm#S779">Bd. 23, S 779</A>|, daß sie das Werkzeug
|
||
|
ist, womit sich die gesellschaftliche Bewegung durchsetzt und erstarrte, abgestorbne
|
||
|
politische Formen zerbricht - davon kein Wort bei Herrn Dühring. Nur unter
|
||
|
Seufzen und Stöhnen gibt er die Möglichkeit zu, daß zum Sturz
|
||
|
der Ausbeutungswirtschaft vielleicht Gewalt nötig sein werde - leider! denn
|
||
|
jede Gewaltsanwendung demoralisiere den, der sie anwendet. Und das angesichts
|
||
|
des hohen moralischen und geistigen Aufschwungs, der die Folge jeder siegreichen
|
||
|
Revolution war! Und das in Deutschland, wo ein gewaltsamer Zusammenstoß,
|
||
|
der dem Volk ja aufgenötigt werden kann, wenigstens den Vorteil hätte,
|
||
|
die aus der Erniedrigung des Dreißigjährigen Kriegs in das nationale
|
||
|
Bewußtsein gedrungne Bedientenhaftigkeit auszutilgen. Und diese matte, saft-
|
||
|
und kraftlose Predigerdenkweise macht den Anspruch, sich der revolutionärsten
|
||
|
Partei aufzudrängen, die die Geschichte kennt?</P>
|
||
|
<H3 ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_V">V. Werttheorie</A></H3>
|
||
|
<P>Es sind jetzt ungefähr hundert Jahre, seit in Leipzig ein Buch erschien,
|
||
|
das bis Anfang dieses Jahrhunderts dreißig und einige Auflagen erlebte,
|
||
|
und in Stadt und Land von Behörden, Predigern, Menschenfreunden aller Art
|
||
|
verbreitet, verteilt und den Volksschulen allgemein als Lesebuch zugewiesen wurde.
|
||
|
Dieses Buch hieß: Rochows Kinderfreund. Es hatte den Zweck, die jugendlichen
|
||
|
Sprößlinge der Bauern und Handwerker über ihren Lebensberuf und
|
||
|
ihre Pflichten gegen ihre gesellschaftlichen und staatlichen Vorgesetzten zu belehren,
|
||
|
ingleichen ihnen eine wohltätige Zufriedenheit mit ihrem Erdenlose, mit Schwarzbrot
|
||
|
und Kartoffeln, Frondienst, niedrigem Arbeitslohn, väterlichen Stockprügeln,
|
||
|
und andern derartigen Annehmlichkeiten beizubringen, und alles das vermittelst
|
||
|
der damals landläufigen Aufklärung. Zu diesem Zweck wurde der Jugend
|
||
|
in Stadt und Land vorgehalten, welch eine weise Einrichtung der Natur es doch
|
||
|
sei, daß der <A NAME="S172"></A><B>|172|</B> Mensch sich seinen Lebensunterhalt
|
||
|
und seine Genüsse durch Arbeit erwerben müsse, und wie glücklich
|
||
|
sich demnach der Bauer und Handwerker zu fühlen habe, daß ihm gestattet
|
||
|
sei, sein Mahl durch saure Arbeit zu würzen, statt wie der reiche Prasser
|
||
|
an verdorbnem Magen, Gallenstockung oder Verstopfung zu laborieren und die ausgesuchtesten
|
||
|
Leckerbissen nur mit Widerwillen hinunterzuwürgen. Dieselben Gemeinplätze,
|
||
|
die der alte Rochow gut genug hielt für die kursächsischen Bauernjungen
|
||
|
seiner Zeit, bietet uns Herr Dühring auf Seite 14 und folgende des »Cursus«
|
||
|
als das »absolut Fundamentale« der neuesten politischen Ökonomie.</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Die menschlichen Bedürfnisse haben als solche ihre natürliche
|
||
|
Gesetzmäßigkeit und sind hinsichtlich ihrer Steigerung in Grenzen eingeschlossen,
|
||
|
die nur durch die Unnatur eine Zeitlang überschritten werden können,
|
||
|
bis aus derselben Ekel, Lebensüberdruß, Abgelebtheit, soziale Verkrüpplung
|
||
|
und schließlich heilsame Vernichtung folgen ... Ein aus reinen Vergnügungen
|
||
|
bestehendes Spielen, ohne weitern ernsten Zweck führt bald zur Blasiertheit
|
||
|
oder, was dasselbe ist, zum Verbrauch aller Empfindungsfähigkeit. Wirkliche
|
||
|
Arbeit in irgendeiner Form ist also das soziale Naturgesetz gesunder Gestalten
|
||
|
... Wären die Triebe und Bedürfnisse ohne ein Gegengewicht, so würden
|
||
|
sie kaum ein kinderhaftes Dasein, geschweige eine geschichtlich gesteigerte Lebensentwicklung
|
||
|
mit sich bringen. Bei voller müheloser Befriedigung würden sie sich
|
||
|
bald erschöpfen und ein leeres Dasein in Gestalt lästiger, bis zu ihrer
|
||
|
Wiederkehr verfließender Intervalle übriglassen ... In allen Beziehungen
|
||
|
ist also die Abhängigkeit der Betätigung der Triebe und Leidenschaften
|
||
|
von der Überwindung einer wirtschaftlichen Hemmung ein heilsames Grundgesetz
|
||
|
der äußern Natureinrichtung und der innern Menschenbeschaffenheit«
|
||
|
usw. usw.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Man sieht, Ehren-Rochows platteste Plattheiten feiern bei Herrn Dühring
|
||
|
ihr hundertjähriges Jubiläum, und das obendrein als »tiefere Grundlegung«
|
||
|
des einzig wahrhaft kritischen und wissenschaftlichen »sozialitären Systems«.</P>
|
||
|
<P>Nachdem der Grund also gelegt, kann Herr Dühring weiterbauen. In Anwendung
|
||
|
der mathematischen Methode gibt er uns zuerst, nach Vorgang des alten Euklid,
|
||
|
eine Reihe von Definitionen. Dies ist um so bequemer, als er seine Definitionen
|
||
|
gleich so einrichten kann, daß dasjenige, was mit ihrer Hülfe bewiesen
|
||
|
werden soll, schon teilweise in ihnen enthalten ist. So erfahren wir zunächst,
|
||
|
daß</P>
|
||
|
<P><SMALL>der leitende Begriff der bisherigen Ökonomie sich Reichtum nennt,
|
||
|
und Reichtum, wie er wirklich weltgeschichtlich bis jetzt verstanden worden ist,
|
||
|
und sein Reich entwickelt hat, ist »die ökonomische Macht über Menschen
|
||
|
und Dinge«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Dies ist doppelt unrichtig. Erstens war der Reichtum der alten Stamm- und Dorfgemeinden
|
||
|
keineswegs eine Herrschaft über Menschen. Und <A NAME="S173"></A><B>|173|</B>
|
||
|
zweitens ist auch in den, in Klassengegensätzen sich bewegenden Gesellschaften
|
||
|
der Reichtum, soweit er eine Herrschaft über Menschen einschließt,
|
||
|
vorwiegend, fast ausschließlich eine Herrschaft über Menschen vermöge
|
||
|
und vermittelst der Herrschaft über Dinge. Von der sehr frühen Zeit
|
||
|
an, wo Sklavenfängerei und Sklavenausbeutung getrennte Geschäftszweige
|
||
|
wurden, mußten die Ausbeuter von Sklavenarbeit die Sklaven kaufen, die Herrschaft
|
||
|
über den Menschen erst durch die Herrschaft über die Dinge, über
|
||
|
den Kaufpreis, die Unterhalts- und Arbeitsmittel des Sklaven erwerben. Im ganzen
|
||
|
Mittelalter ist großer Grundbesitz die Vorbedingung, vermittelst deren der
|
||
|
Feudaladel zu Zins- und Fronbauern kommt. Und heutzutage gar sieht selbst ein
|
||
|
Kind von sechs Jahren, daß der Reichtum menschenbeherrschend ist ausschließlich
|
||
|
vermittelst der Dinge, über die er verfügt.</P>
|
||
|
<P>Warum aber muß Herr Dühring diese falsche Definition des Reichtums
|
||
|
verfertigen, warum den tatsächlichen Zusammenhang, wie er in allen bisherigen
|
||
|
Klassengesellschaften galt, zerreißen? Um den Reichtum vom ökonomischen
|
||
|
Gebiet aufs moralische hinüberzuzerren. Die Herrschaft über die Dinge
|
||
|
ist ganz gut, aber die Herrschaft über die Menschen ist vom Übel; und
|
||
|
da Herr Dühring sich selbst verboten hat, die Herrschaft über die Menschen
|
||
|
aus der Herrschaft über die Dinge zu erklären, so kann er wieder einen
|
||
|
kühnen Griff tun und sie kurzerhand erklären aus der beliebten Gewalt.
|
||
|
Der Reichtum als menschenbeherrschender ist »der Raub«, womit wir wieder angekommen
|
||
|
sind bei einer verschlechterten Ausgabe des uralten Proudhonschen: »Das Eigentum
|
||
|
ist der Diebstahl«.</P>
|
||
|
<P>Und hiermit haben wir denn glücklich den Reichtum unter die beiden wesentlichen
|
||
|
Gesichtspunkte der Produktion und Verteilung gebracht: Reichtum als Herrschaft
|
||
|
über Dinge: Produktionsreichtum, gute Seite; als Herrschaft über Menschen:
|
||
|
bisheriger Verteilungsreichtum, schlechte Seite, fort damit! Auf die heutigen
|
||
|
Verhältnisse angewandt, lautet dies: Die kapitalistische Produktionsweise
|
||
|
ist ganz gut und kann bleiben, aber die kapitalistische Verteilungsweise taugt
|
||
|
nichts und muß abgeschafft werden. Zu solchem Unsinn führt es, wenn
|
||
|
man über Ökonomie schreibt, ohne auch nur den Zusammenhang von Produktion
|
||
|
und Verteilung begriffen zu haben.</P>
|
||
|
<P>Nach dem Reichtum wird der Wert definiert, wie folgt:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Der Wert ist die Geltung, welche die wirtschaftlichen Dinge und Leistungen
|
||
|
im Verkehr haben.« Diese Geltung entspricht »dem Preise oder irgendeinem sonstigen
|
||
|
Äquivalentnamen, z.B. dem Lohne«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Mit andern Worten: der Wert ist der Preis. Oder vielmehr, um Herrn Dühring
|
||
|
kein Unrecht zu tun und den Widersinn seiner Definition mög- <A NAME="S174"></A><B>|174|</B>
|
||
|
lichst in seinen eignen Worten wiederzugeben: der Wert sind die Preise. Denn Seite
|
||
|
19 sagt er:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»der Wert und die ihn in Geld ausdrückenden Preise«,</SMALL></P>
|
||
|
<P>konstatiert also selbst, daß derselbe Wert sehr verschiedne Preise und
|
||
|
damit auch ebensoviel verschiedne Werte hat. Wenn Hegel nicht längst verstorben
|
||
|
wäre, er würde sich erhängen. Diesen Wert, der soviel verschiedne
|
||
|
Werte ist als er Preise hat, hätte er mit aller Theologik nicht fertiggebracht.
|
||
|
Man muß eben wieder die Zuversichtlichkeit des Herrn Dühring besitzen,
|
||
|
um eine neue, tiefere Grundlegung der Ökonomie mit der Erklärung zu
|
||
|
eröffnen, man kenne keinen andern Unterschied zwischen Preis und Wert, als
|
||
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daß der eine in Geld ausgedrückt sei und der andre nicht.</P>
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<P>Damit wissen wir aber noch immer nicht, was der Wert ist und noch weniger,
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wonach er sich bestimmt. Herr Dühring muß also mit weitern Aufklärungen
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herausrücken.</P>
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<P><SMALL>»Ganz im allgemeinen liegt das Grundgesetz der Vergleichung und Schätzung,
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auf welchem der Wert und die ihn in Geld ausdrückenden Preise beruhen, zunächst
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im Bereich der bloßen Produktion, abgesehn von der Verteilung, die erst
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ein zweites Element in den Wertbegriff bringt. Die größern oder geringern
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Hindernisse, welche die Verschiedenheit der Naturverhältnisse den auf die
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Beschaffung der Dinge gerichteten Bestrebungen entgegensetzt und wodurch sie zu
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größern oder geringern Ausgaben an wirtschaftlicher Kraft nötigt,
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bestimmt auch ... den größern oder geringern Wert«, und dieser wird
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geschätzt nach dem »von der Natur und den Verhältnissen entgegengesetzten
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Beschaffungswiderstand ... Der Umfang, in welchem wir unsre eigne Kraft in sie«
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(die Dinge) »hineinlegten, ist die unmittelbar entscheidende Ursache der Existenz
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vom Wert überhaupt und einer besondern Größe desselben.«</SMALL></P>
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<P>Soweit dies alles einen Sinn hat, heißt es: Der Wert eines Arbeitsprodukts
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wird bestimmt durch die zu seiner Herstellung nötige Arbeitszeit, und das
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wußten wir längst, auch ohne Herrn Dühring. Statt die Tatsache
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einfach mitzuteilen, muß er sie orakelhaft verdrehn. Es ist einfach falsch,
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daß der Umfang, in dem jemand seine Kraft in irgendein Ding hineinlegt (um
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die hochtrabende Redensart beizubehalten), die unmittelbar entscheidende Ursache
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von Wert und Wertgröße ist. Erstens kommt es drauf an, in welches Ding
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die Kraft hineingelegt wird, und zweitens, wie sie hineingelegt wird. Verfertigt
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unser Jemand ein Ding, das keinen Gebrauchswert für andre hat, so bringt
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seine sämtliche Kraft keinen Atom Wert fertig; und steift er sich drauf,
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einen Gegenstand mit der Hand herzustellen, den eine Maschine zwanzigfach wohlfeiler
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herstellt, so erzeugen neunzehn Zwanzigstel seiner hineingelegten Kraft weder
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Wert überhaupt noch eine besondre Größe desselben.</P>
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<P><B><A NAME="S175">|175|</A></B> Ferner heißt es die Sache total verdrehn,
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wenn man die produktive Arbeit, die positive Erzeugnisse schafft, in eine bloß
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negative Überwindung eines Widerstands verwandelt. Wir würden dann etwa
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wie folgt verfahren müssen, um zu einem Hemde zu kommen: Erstlich überwinden
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wir den Widerstand des Baumwollsamens gegen das Gesätwerden und das Wachsen,
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dann den der reifen Baumwolle gegen das Gepflückt-, Verpackt- und Verschicktwerden,
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dann den gegen das Ausgepackt-, das Gekratzt- und Gesponnenwerden, ferner den
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Widerstand des Garns gegen das Gewebtwerden, den des Gewebes gegen das Gebleicht-
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und Genähtwerden und endlich den des fertigen Hemdes gegen das Angezogenwerden.</P>
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<P>Wozu all diese kindische Verkehrung und Verkehrtheit? Um vermittelst des »Widerstandes«
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vom »Produktionswert«, dem wahren, aber bis jetzt nur idealen Wert, auf den in
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der bisherigen Geschichte allein geltenden, durch die Gewalt verfälschten
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»Verteilungswert« zu kommen:</P>
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<P><SMALL>»Außer dem Widerstand, den die Natur leistet ... gibt es noch
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ein andres, rein soziales Hindernis ... Zwischen den Menschen und die Natur tritt
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eine hemmende Macht, und diese ist wiederum der Mensch. Der einzig und isoliert
|
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Gedachte steht der Natur frei gegenüber ... Anders gestaltet sich die Situation,
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sobald wir uns einen zweiten denken, der mit dem Degen in der Hand die Zugänge
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zur Natur und ihren Hülfsquellen besetzt hält und für den Einlaß
|
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in irgendeiner Gestalt einen Preis fordert. Dieser zweite ... besteuert gleichsam
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den andern und ist so der Grund, daß der Wert des Erstrebten größer
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ausfällt, als es ohne dies politische und gesellschaftliche Hindernis der
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Beschaffung oder Produktion der Fall sein könnte ... Höchst mannigfaltig
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sind die besondern Gestaltungen dieser künstlich gesteigerten Geltung der
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Dinge, die natürlich in einer entsprechenden Niederdrückung der Geltung
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der Arbeit ihr begleitendes Gegenstück hat ... Es ist daher eine Illusion,
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den Wert von vornherein als ein Äquivalent im eigentlichen Sinne des Wortes,
|
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d.h. ein Gleichvielgelten oder als ein nach dem Prinzip der Gleichheit von Leistung
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und Gegenleistung zustande gekommnes Austauschverhältnis betrachten zu wollen
|
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... Im Gegenteil wird das Merkmal einer richtigen Werttheorie sein, daß
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die in ihr gedachte allgemeinste Schätzungsursache nicht mit der auf dem
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Verteilungszwang beruhenden besondern Gestaltung der Geltung zusammenfalle. Diese
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wechselt mit der sozialen Verfassung, während der eigentliche ökonomische
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Wert nur ein der Natur gegenüber bemessener Produktionswert sein kann und
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sich daher nur mit den reinen Produktionshindernissen natürlicher und technischer
|
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Art ändern wird.«</SMALL></P>
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<P>Der praktisch geltende Wert einer Sache besteht also nach Herrn Dühring
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aus zwei Teilen: erstens aus der in ihr enthaltnen Arbeit und zweitens aus dem
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»mit dem Degen in der Hand« erzwungnen Besteuerungsaufschlag. Mit andern Worten,
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der heute geltende Wert ist ein Monopolpreis. Wenn nun, nach dieser Werttheorie,
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alle Waren einen solchen Monopolpreis <A NAME="S176"></A><B>|176|</B> haben, so
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sind nur zwei Fälle möglich. Entweder verliert jeder als Käufer
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das wieder, was er als Verkäufer gewonnen hat; die Preise haben sich zwar
|
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dem Namen nach verändert, sind sich aber in Wirklichkeit - in ihrem gegenseitigen
|
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Verhältnis - gleichgeblieben; alles bleibt wie es war, und der vielberühmte
|
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Verteilungswert ist bloßer Schein. - Oder aber, die angeblichen Besteuerungsaufschläge
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repräsentieren eine wirkliche Wertsumme, nämlich diejenige, die von
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der arbeitenden, werterzeugenden Klasse produziert, aber von der Monopolistenklasse
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angeeignet wird, und dann besteht diese Wertsumme einfach aus unbezahlter Arbeit;
|
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in diesem Fall kommen wir, trotz dem Mann mit dem Degen in der Hand, trotz der
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angeblichen Besteuerungsaufschläge und dem behaupteten Verteilungswert wieder
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an - bei der Marxschen Theorie vom <I>Mehrwert</I>.</P>
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<P>Sehn wir uns jedoch um nach einigen Exempeln des vielberühmten »Verteilungswerts«.
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Da heißt es Seite 135 und folgende:</P>
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<P><SMALL>»Es ist auch die Preisgestaltung vermöge der individuellen Konkurrenz
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als eine Form der ökonomischen Verteilung und der gegenseitigen Tributauferlegung
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zu betrachten ... man denke sich den Vorrat irgendeiner notwendigen Ware plötzlich
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bedeutend verringert, so entsteht auf seiten der Verkäufer eine unverhältnismäßige
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Macht zur Ausbeutung ... wie die Steigerung ins Kolossale gehn kann, zeigen besonders
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diejenigen abnormen Lagen, in denen die Zufuhr notwendiger Artikel für eine
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längere Dauer abgeschnitten ist« usw. außerdem gebe es auch im normalen
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Lauf der Dinge faktische Monopole, die eine willkürliche Preissteigerung
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erlauben, z.B. Eisenbahnen, Gesellschaften zur Versorgung der Städte mit
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Wasser und Leuchtgas usw.</SMALL></P>
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<P>Daß solche Gelegenheiten monopolistischer Ausbeutung vorkommen, ist altbekannt.
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Daß aber die durch sie erzeugten Monopolpreise nicht als Ausnahmen und Spezialfälle,
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sondern grade als klassische Exempel der heute gültigen Feststellung der
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Werte gelten sollen, das ist neu. Wie bestimmen sich die Preise der Lebensmittel?
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Geht in eine belagerte Stadt, wo die Zufuhr abgeschnitten ist, und erkundigt euch!
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antwortet Herr Dühring. Wie wirkt die Konkurrenz auf die Feststellung der
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Marktpreise? Fragt das Monopol, es wird euch Rede stehn!</P>
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<P>Übrigens ist auch bei diesen Monopolen der Mann mit dem Degen in der Hand,
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|
der hinter ihnen stehn soll, nicht zu entdecken. Im Gegenteil: in belagerten Städten
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pflegt der Mann mit dem Degen, der Kommandant, wenn er seine Schuldigkeit tut,
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sehr rasch dem Monopol ein Ende zu machen und die Monopolvorräte zum Zweck
|
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gleichmäßiger Verteilung mit Beschlag zu belegen. Und im übrigen
|
||
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haben die Männer mit dem Degen, sobald sie versuchten, einen »Verteilungswert«
|
||
|
zu fabrizieren, nichts geerntet als schlechte Geschäfte und Geldverlust.
|
||
|
Die Holländer haben mit <A NAME="S177"></A><B>|177|</B> ihrer Monopolisierung
|
||
|
des ostindischen Handels ihr Monopol und ihren Handel zugrunde gerichtet. Die
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||
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beiden stärksten Regierungen, die je bestanden, die nordamerikanische Revolutionsregierung
|
||
|
und der französische Nationalkonvent, vermaßen sich, Maximalpreise
|
||
|
festsetzen zu wollen, und scheiterten elendiglich. Die russische Regierung arbeitet
|
||
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nun seit Jahren daran, den Kurs des russischen Papiergeldes, den sie durch fortwährende
|
||
|
Ausgabe von uneinlösbaren Banknoten in Rußland drückt, in London
|
||
|
durch ebenso fortwährende Ankäufe von Wechseln auf Rußland emporzutreiben.
|
||
|
Sie hat sich dies Vergnügen in wenigen Jahren an die sechzig Millionen Rubel
|
||
|
kosten lassen, und der Rubel steht jetzt unter zwei, statt über drei Mark.
|
||
|
Wenn der Degen die ihm von Herrn Dühring zugeschriebne ökonomische Zaubermacht
|
||
|
hat, warum hat denn keine Regierung es fertigbringen können, schlechtem Geld
|
||
|
auf die Dauer den »Verteilungswert« von gutem, oder Assignaten denjenigen von
|
||
|
Gold aufzuzwingen? Und wo ist der Degen, der auf dem Weltmarkt das Kommando führt?</P>
|
||
|
<P>Weiter gibt es noch eine Hauptform, in der der Verteilungswert die Aneignung
|
||
|
von Leistungen andrer ohne Gegenleistung vermittelt: die Besitzrente, das heißt
|
||
|
die Bodenrente und der Kapitalgewinn. Wir registrieren dies einstweilen bloß,
|
||
|
um sagen zu können, daß dies alles ist, was wir über den berühmten
|
||
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»Verteilungswert« erfahren. - Alles? Doch nicht ganz alles. Hören wir:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Ungeachtet des zweifachen Gesichtspunktes, welcher in der Erkenntnis
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||
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eines Produktions- und eines Verteilungswerts hervortritt, bleibt dennoch stets
|
||
|
ein <I>gemeinsames Etwas</I> als <I>derjenige Gegenstand</I> zugrunde liegen,
|
||
|
<I>aus welchem alle Werte bestehn</I> und mit welchem sie daher auch gemessen
|
||
|
werden. Das unmittelbare, natürliche Maß ist der Kraftaufwand und die
|
||
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einfachste Einheit die Menschenkraft im rohesten Sinne des Wortes. Die letztere
|
||
|
führt sich auf die Existenzzeit zurück, deren <I>Selbst</I>unterhaltung
|
||
|
wiederum die Überwindung einer gewissen Summe von Ernährungs- und Lebensschwierigkeiten
|
||
|
darstellt. Der Verteilungs- oder Aneignungswert ist rein und ausschließlich
|
||
|
nur da vorhanden, wo die Verfügungsmacht über unproduzierte Dinge oder,
|
||
|
gewöhnlicher geredet, diese Dinge selbst gegen Leistungen oder Sachen von
|
||
|
wirklichem Produktionswert ausgewechselt werden. Das Gleichartige, wie es sich
|
||
|
in jedem Wertausdruck und daher auch in den durch Verteilung ohne Gegenleistung
|
||
|
angeeigneten Wertbestandteilen angezeigt und vertreten findet, besteht in dem
|
||
|
Aufwand an Menschenkraft, die sich ... in jeder Ware ... verkörpert findet.«</SMALL></P>
|
||
|
<P>Was sollen wir nun hierzu sagen? Wenn alle Warenwerte gemessen werden an dem
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||
|
in den Waren verkörperten Aufwand von Menschenkraft - wo bleibt da der Verteilungswert,
|
||
|
der Preisaufschlag, die Bezollung? Herr Dühring sagt uns zwar, daß
|
||
|
auch unproduzierte, also eines eigentlichen <A NAME="S178"></A><B>|178|</B> Werts
|
||
|
unfähige Dinge einen Verteilungswert erhalten und gegen produzierte, werthabende
|
||
|
Dinge ausgetauscht werden können. Er sagt aber gleichzeitig, daß <I>alle
|
||
|
Werte</I>, also auch die reinen und ausschließlichen Verteilungswerte, bestehn
|
||
|
in dem in ihnen verkörperten Kraftaufwand. Wobei wir leider nicht erfahren,
|
||
|
wie in einem unproduzierten Ding ein Kraftaufwand sich verkörpern soll. Jedenfalls
|
||
|
scheint bei all diesem Durcheinander von Werten schließlich soviel klar,
|
||
|
daß es mit dem Verteilungswert, mit dem durch die soziale Position erzwungnen
|
||
|
Preisaufschlag auf die Waren, mit der Bezollung vermittelst des Degens wieder
|
||
|
nichts ist; die Warenwerte werden bestimmt, einzig durch den Aufwand von Menschenkraft,
|
||
|
vulgo Arbeit, die sich in ihnen verkörpert findet? Herr Dühring sagt
|
||
|
also, abgesehn von der Bodenrente und den paar Monopolpreisen, dasselbe, nur liederlicher
|
||
|
und konfuser, was die verschriene Ricardo-Marxsche Werttheorie längst weit
|
||
|
bestimmter und klarer gesagt hat?</P>
|
||
|
<P>Er sagt es, und er sagt im selben Atem das Gegenteil. Marx, von den Untersuchungen
|
||
|
Ricardos ausgehend, sagt: Der Warenwert wird bestimmt durch die in den Waren verkörperte
|
||
|
gesellschaftlich notwendige, allgemein menschliche Arbeit, die wieder nach ihrer
|
||
|
Zeitdauer gemessen wird. Die Arbeit ist das Maß aller Werte, sie selbst
|
||
|
aber hat keinen Wert. Herr Dühring, nachdem er in seiner loddrigen Weise
|
||
|
ebenfalls die Arbeit als Wertmaß hingestellt hat, fährt fort:</P>
|
||
|
<P><SMALL>sie »führt sich auf die Existenzzeit zurück, deren Selbstunterhaltung
|
||
|
wiederum die Überwindung einer gewissen Summe von Ernährungs- und Lebensschwierigkeiten
|
||
|
darstellt«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Vernachlässigen wir die auf purer Originalitätssucht beruhende Verwechslung
|
||
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der Arbeitszeit, auf die es hier allein ankommt, mit der Existenzzeit, die bisher
|
||
|
noch nie Werte geschaffen oder gemessen hat. Vernachlässigen wir auch den
|
||
|
falschen »sozialitären« Schein, den die »<I>Selbst</I>unterhaltung« dieser
|
||
|
Existenzzeit hineinbringen soll; solange die Welt bestanden hat und bestehn wird,
|
||
|
muß jeder sich in dem Sinne selbst unterhalten, daß er seine Unterhaltsmittel
|
||
|
<I>selbst</I> verzehrt. Nehmen wir an, Herr Dühring habe sich ökonomisch
|
||
|
und präzis ausgedrückt, so heißt obiger Satz entweder gar nichts,
|
||
|
oder er heißt: Der Wert einer Ware wird bestimmt durch die in ihr verkörperte
|
||
|
Arbeitszeit, und der Wert dieser Arbeitszeit durch die zur Erhaltung des Arbeiters
|
||
|
für diese Zeit erforderlichen Lebensmittel. Und das heißt für
|
||
|
die heutige Gesellschaft; der Wert einer Ware wird bestimmt durch den in ihr enthaltenen
|
||
|
<I>Arbeitslohn</I>.</P>
|
||
|
<P>Hiermit sind wir endlich angekommen bei dem, was Herr Dühring <A NAME="S179"></A><B>|179|</B>
|
||
|
eigentlich sagen will. Der Wert einer Ware bestimmt sich, nach vulgärökonomischer
|
||
|
Redeweise, durch die Herstellungskosten;</P>
|
||
|
<P><SMALL>wogegen Carey »die Wahrheit hervorhob, daß nicht die Produktionskosten,
|
||
|
sondern die Reproduktionskosten den Wert bestimmen« (»Kritische Geschichte« Seite
|
||
|
401).</SMALL></P>
|
||
|
<P>Was es mit diesen Herstellungs- oder Wiederherstellungskosten auf sich hat,
|
||
|
davon später; hier nur dies, daß sie bekanntlich bestehn aus Arbeitslohn
|
||
|
und Kapitalprofit. Der Arbeitslohn stellt dar den in der Ware verkörperten
|
||
|
»Kraftaufwand«, den Produktionswert. Der Profit stellt dar den vom Kapitalisten
|
||
|
kraft seines Monopols, seines Degens in der Hand erzwungnen Zoll oder Preisaufschlag,
|
||
|
den Verteilungswert. Und so löst sich die ganze widerspruchsvolle Verwirrung
|
||
|
der Dühringschen Werttheorie schließlich auf in die schönste harmonische
|
||
|
Klarheit.</P>
|
||
|
<P>Die Bestimmung des Warenwertes durch den Arbeitslohn, die bei Adam Smith noch
|
||
|
häufig mit der Bestimmung des Werts durch die Arbeitszeit durcheinanderläuft,
|
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|
ist seit Ricardo aus der wissenschaftlichen Ökonomie verbannt und treibt
|
||
|
heutzutage ihr Wesen nur noch in der Vulgärökonomie. Es sind grade die
|
||
|
allerplattsten Sykophanten der bestehenden kapitalistischen Gesellschaftsordnung,
|
||
|
die die Wertbestimmung durch den Arbeitslohn predigen, und dabei gleichzeitig
|
||
|
den Profit des Kapitalisten ebenfalls als eine höhere Art von Arbeitslohn,
|
||
|
als Entsagungslohn (dafür daß der Kapitalist sein Kapital nicht verjubelt
|
||
|
hat), als Risikoprämie, als Geschäftsführungslohn usw. ausgeben.
|
||
|
Herr Dühring unterscheidet sich von ihnen nur dadurch, daß er den Profit
|
||
|
für Raub erklärt. Mit andern Worten, Herr Dühring begründet
|
||
|
seinen Sozialismus direkt auf die Lehren der schlechtesten Sorte Vulgärökonomie.
|
||
|
Soviel an dieser Vulgärökonomie, genausoviel ist an seinem Sozialismus.
|
||
|
Beide stehn und fallen miteinander.</P>
|
||
|
<P>Es ist doch klar: was ein Arbeiter leistet und was er kostet, sind ebenso verschiedne
|
||
|
Dinge, wie was eine Maschine leistet und was sie kostet. Der Wert, den ein Arbeiter
|
||
|
in einem Arbeitstage von zwölf Stunden schafft, hat gar nichts gemein mit
|
||
|
dem Wert der Lebensmittel, die er in diesem Arbeitstage und der dazu gehörenden
|
||
|
Ruhepause verzehrt. In diesen Lebensmitteln mag eine drei-, vier-, siebenstündige
|
||
|
Arbeitszeit verkörpert sein, je nach dem Entwicklungsgrad der Ergiebigkeit
|
||
|
der Arbeit. Nehmen wir an, es seien sieben Arbeitsstunden zu ihrer Herstellung
|
||
|
nötig gewesen, so besagt die von Herrn Dühring angenommene vulgärökonomische
|
||
|
Werttheorie, daß das Produkt von zwölf Arbeitsstunden den Wert des
|
||
|
Produkts von sieben Arbeitsstunden hat, daß zwölf Arbeitsstunden gleich
|
||
|
sind sieben Arbeitsstunden, oder daß 12 = 7. Um noch deutlicher zu sprechen:
|
||
|
Ein <A NAME="S180"></A><B>|180|</B> Arbeiter auf dem Lande, gleichviel unter welchen
|
||
|
gesellschaftlichen Verhältnissen, produziert eine Getreidesumme meinetwegen
|
||
|
von zwanzig Hektoliter Weizen im Jahr. Er verbraucht während dieser Zeit
|
||
|
eine Summe von Werten, die sich in einer Summe von fünfzehn Hektoliter Weizen
|
||
|
ausdrückt. Dann haben die zwanzig Hektoliter Weizen denselben Wert wie die
|
||
|
fünfzehn, und das auf demselben Markt und unter sonst sich vollständig
|
||
|
gleichbleibenden Umständen, mit andern Worten, 20 sind gleich 15. Und das
|
||
|
nennt sich Ökonomie!</P>
|
||
|
<P>Alle Entwicklung der menschlichen Gesellschaft über die Stufe tierischer
|
||
|
Wildheit hinaus fängt an von dem Tage, wo die Arbeit der Familie mehr Produkte
|
||
|
schuf, als zu ihrem Unterhalt notwendig waren, von dem Tage, wo ein Teil der Arbeit
|
||
|
auf die Erzeugung nicht mehr von bloßen Lebensmitteln, sondern von Produktionsmitteln
|
||
|
verwandt werden konnte. Ein Überschuß des Arbeitsprodukts über
|
||
|
die Unterhaltungskosten der Arbeit, und die Bildung und Vermehrung eines gesellschaftlichen
|
||
|
Produktions- und Reservefonds aus diesem Überschuß, war und ist die
|
||
|
Grundlage aller gesellschaftlichen, politischen und intellektuellen Fortentwicklung.
|
||
|
In der bisherigen Geschichte war dieser Fonds das Besitztum einer bevorzugten
|
||
|
Klasse, der mit diesem Besitztum auch die politische Herrschaft und die geistige
|
||
|
Führung zufielen. Die bevorstehende soziale Umwälzung wird diesen gesellschaftlichen
|
||
|
Produktions- und Reservefonds, das heißt die Gesamtmasse der Rohstoffe,
|
||
|
Produktionsinstrumente und Lebensmittel, erst wirklich zu einem gesellschaftlichen
|
||
|
machen, indem sie ihn der Verfügung jener bevorzugten Klasse entzieht, und
|
||
|
ihn der ganzen Gesellschaft als Gemeingut überweist.</P>
|
||
|
<P>Von zwei Dingen eins. Entweder bestimmt sich der Wert der Waren durch die Unterhaltskosten
|
||
|
der zu ihrer Herstellung nötigen Arbeit, d.h. in der heutigen Gesellschaft
|
||
|
durch den Arbeitslohn. Dann erhält jeder Arbeiter <I>in seinem Lohn den Wert
|
||
|
seines Arbeitsprodukts</I>, dann ist eine Ausbeutung der Klasse der Lohnarbeiter
|
||
|
durch die Klasse der Kapitalisten eine Unmöglichkeit. Gesetzt, die Unterhaltungskosten
|
||
|
eines Arbeiters seien in einer gegebnen Gesellschaft durch die Summe von drei
|
||
|
Mark ausgedrückt. Dann hat das Tagesprodukt des Arbeiters nach der obigen
|
||
|
vulgärökonomischen Theorie den Wert von drei Mark. Nehmen wir nun an,
|
||
|
der Kapitalist, der diesen Arbeiter beschäftigt, schlage auf dies Produkt
|
||
|
einen Profit, eine Bezollung von einer Mark und verkaufe es für vier Mark.
|
||
|
Dasselbe tun die andern Kapitalisten. Alsdann aber kann der Arbeiter seinen täglichen
|
||
|
Unterhalt nicht mehr mit drei Mark bestreiten, sondern braucht dazu ebenfalls
|
||
|
vier Mark. Da alle andern Umstände als gleichbleibend vorausgesetzt <A NAME="S181"></A><B>|181|</B>
|
||
|
sind, so muß der in Lebensmitteln ausgedrückte Arbeitslohn derselbe
|
||
|
bleiben, der in Geld ausgedrückte Arbeitslohn muß also steigen, und
|
||
|
zwar von drei auf vier Mark täglich. Was die Kapitalisten in der Gestalt
|
||
|
von Profit der Arbeiterklasse entziehn, müssen sie ihr in der Gestalt von
|
||
|
Lohn wiedergeben. Wir sind genau so weit wie am Anfang; wenn der Arbeitslohn den
|
||
|
Wert bestimmt, ist keine Ausbeutung des Arbeiters durch den Kapitalisten möglich.
|
||
|
Es ist aber auch die Bildung eines Überschusses von Produkten unmöglich,
|
||
|
denn die Arbeiter verzehren nach unsrer Voraussetzung genausoviel Wert, wie sie
|
||
|
erzeugen. Und da die Kapitalisten keinen Wert erzeugen, ist sogar nicht einmal
|
||
|
abzusehn, wovon sie leben wollen. Und wenn nun ein solcher Überschuß
|
||
|
der Produktion über die Konsumtion, ein solcher Produktions- und Reservefonds
|
||
|
dennoch besteht, und zwar in den Händen der Kapitalisten, so bleibt keine
|
||
|
andre Erklärung möglich, als daß die Arbeiter bloß den Wert
|
||
|
der Waren zu ihrer Selbstunterhaltung verzehren, die Waren selbst aber den Kapitalisten
|
||
|
zum weitern Gebrauch überlassen haben.</P>
|
||
|
<P>Oder aber: wenn dieser Produktions- und Reservefonds in den Händen der
|
||
|
Kapitalistenklasse tatsächlich besteht, wenn er tatsächlich durch Aufhäufung
|
||
|
von Profit entstanden ist (die Bodenrente lassen wir hier einstweilen aus dem
|
||
|
Spiel): so besteht er notwendig aus dem aufgehäuften Überschuß
|
||
|
des der Kapitalistenklasse von der Arbeiterklasse gelieferten Arbeitsprodukts
|
||
|
über die der Arbeiterklasse von der Kapitalistenklasse gezahlte Summe Arbeitslohn.
|
||
|
Dann bestimmt sich aber der Wert nicht durch den Arbeitslohn, sondern durch die
|
||
|
Arbeitsmenge; dann liefert die Arbeiterklasse der Kapitalistenklasse im Arbeitsprodukt
|
||
|
eine größere Wertmenge, als sie von ihr im Arbeitslohn bezahlt erhält,
|
||
|
und dann erklärt sich der Kapitalprofit, wie alle andern Formen der Aneignung
|
||
|
fremden, unbezahlten Arbeitsprodukts, als bloßer Bestandteil dieses von
|
||
|
Marx entdeckten Mehrwerts.</P>
|
||
|
<P>Beiläufig. Von der großen Entdeckung, mit der Ricardo sein Hauptwerk
|
||
|
eröffnet:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Daß der Wert einer Ware abhängt von der zu ihrer Herstellung
|
||
|
nötigen Arbeitsmenge, nicht aber von der für diese Arbeit gezahlten
|
||
|
höhern oder niedrigern Vergütung« -</SMALL></P>
|
||
|
<P>von dieser epochemachenden Entdeckung ist im ganzen »Cursus« der Ökonomie
|
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nirgends die Rede. In der »Kritischen Geschichte« wird sie mit der orakelhaften
|
||
|
Phrase abgefertigt:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Es wird« (von Ricardo) »nicht bedacht, daß ein größeres
|
||
|
oder geringeres Verhältnis, in welchem der Lohn eine Anweisung auf die Lebensbedürfnisse
|
||
|
sein kann (!), auch eine verschiedenartige Gestaltung der Wertverhältnisse
|
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... mit sich bringen muß!«</SMALL></P>
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<P><B><A NAME="S182">|182|</A></B> Eine Phrase, wobei sich der Leser denken kann,
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was er will, und wobei er am sichersten geht, wenn er sich gar nichts dabei denkt.</P>
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<P>Und nun möge der Leser sich von den fünf Sorten Wert, mit denen Herr
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Dühring uns aufwartet, selber diejenige aussuchen, die ihm am besten gefällt:
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den Produktionswert, der von Natur kommt, oder den Verteilungswert, den die Schlechtigkeit
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der Menschen geschaffen hat und der sich dadurch auszeichnet, daß er nach
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dem Kraftaufwand gemessen wird, der nicht in ihm steckt; oder drittens den Wert,
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der durch die Arbeitszeit gemessen wird, oder viertens den, der durch die Reproduktionskosten,
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oder endlich den, der durch den Arbeitslohn gemessen wird. Die Auswahl ist reichlich,
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die Konfusion vollkommen, und es bleibt uns nur noch übrig, mit Herrn Dühring
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auszurufen:</P>
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<P><SMALL>»Die Lehre vom Wert ist der Probierstein der Gediegenheit ökonomischer
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Systeme!«</SMALL></P>
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<H3 ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_VI"></A>VI. Einfache und zusammengesetzte Arbeit</H3>
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<P>Einen ganz groben ökonomischen Quartanerschnitzer, der zugleich eine gemeingefährliche
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sozialistische Ketzerei in sich schließt, hat Herr Dühring bei Marx entdeckt.</P>
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<P><SMALL>Die Marxsche Werttheorie ist »nichts weiter als die gewöhnliche
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... Lehre, daß die Arbeit Ursache aller Werte und die Arbeitszeit das Maß
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derselben sei. In völliger Unklarheit verbleibt hierbei die Vorstellung von
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der Art, wie man den unterschiedlichen Wert der sogenannten qualifizierten Arbeit
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denken solle... Allerdings kann auch nach unserer Theorie nur die verwendete Arbeitszeit
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die natürlichen Selbstkosten und mithin den absoluten Wert der wirtschaftlichen
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Dinge messen; aber hierbei wird die Arbeitszeit eines jeden von vornherein völlig
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gleichzuachten sein, und man wird nur zuzusehn haben, wo bei qualifiziertern Leistungen
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zu der individuellen Arbeitszeit des einzelnen noch diejenige andrer Personen
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... etwa in dem gebrauchten Werkzeug, mitwirkt. Es ist also nicht, wie sich Herr
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Marx nebelhaft vorstellt, die Arbeitszeit jemandes an sich mehr wert als die einer
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|
andern Person, weil darin mehr durchschnittliche Arbeitszeit gleichsam verdichtet
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wäre, sondern alle Arbeitszeit ist ausnahmslos und prinzipiell, also ohne
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daß man erst einen Durchschnitt zu nehmen hätte, vollkommen gleichwertig,
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und man hat nur bei den Leistungen einer Person, ebenso wie bei jedem fertigen
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Erzeugnis zuzusehn, wieviel Arbeitszeit andrer Personen in der Anwendung scheinbar
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bloß eigner Arbeitszeit verdeckt sein möge. Ob es ein Produktionswerkzeug
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der Hand oder die Hand, ja der Kopf selbst ist, was nicht ohne andrer Leute Arbeitszeit
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die besondre Eigenschaft und Leistungsfähigkeit erhalten konnte, darauf kommt
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für die strenge Gültigkeit der Theorie nicht das mindeste an. Herr Marx
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wird aber in seinen Auslassungen über den Wert das im Hintergrund spukende
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Gespenst einer qualifizier- <A NAME="S183"></A><B>|183|</B> ten Arbeitszeit nicht
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los. In dieser Richtung durchzugreifen, hat ihn die überkommne Denkweise
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der gelehrten Klassen gehindert, der es als eine Ungeheuerlichkeit erscheinen
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muß, die Arbeitszeit des Karrenschiebers und diejenige des Architekten an
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sich als ökonomisch völlig gleichwertig anzuerkennen.«</SMALL></P>
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<P>Die Stelle bei Marx, die diesen »gewaltigem Zorn«des Herrn Dühring veranlaßt,
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ist sehr kurz. Marx untersucht, wodurch der Wert der Waren bestimmt wird, und
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antwortet: Durch die in ihnen enthaltene menschliche Arbeit. Diese, fährt
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er fort, »ist Verausgabung einfacher Arbeitskraft, die im Durchschnitt jeder gewöhnliche
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Mensch ohne besondre Entwicklung in seinem leiblichen Organismus besitzt ... Kompliziertere
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Arbeit gilt nur als potenzierte oder vielmehr multiplizierte einfache Arbeit,
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so daß ein kleineres Quantum komplizierter Arbeit gleich einem größern
|
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Quantum einfacher Arbeit. Daß diese Reduktion beständig vorgeht, zeigt
|
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die Erfahrung. Eine Ware mag das Produkt der kompliziertesten Arbeit sein, ihr
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Wert setzt sie dem Produkt einfacher Arbeit gleich und stellt daher selbst nur
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ein bestimmtes Quantum einfacher Arbeit dar. Die verschiednen Proportionen, worin
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verschiedne Arbeitsarten auf einfache Arbeit als ihre Maßeinheit reduziert
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sind, werden durch einen gesellschaftlichen Prozeß hinter dem Rücken
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der Produzenten festgesetzt, und scheinen ihnen daher durch das Herkommen gegeben.«
|
||
|
|Siehe Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke,
|
||
|
<A HREF="../me23/me23_049.htm">Bd. 23, S. 59</A>|</P>
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<P>Es handelt sich hier bei Marx zunächst nur um die Bestimmung des Werts
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von Waren, also von Gegenständen, die innerhalb einer aus Privatproduzenten
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bestehenden Gesellschaft, von diesen Privatproduzenten für Privatrechnung
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produziert und gegeneinander ausgetauscht werden. Es handelt sich hier also keineswegs
|
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um den »absoluten Wert«, wo dieser auch immer sein Wesen treiben möge, sondern
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um den Wert, der in einer bestimmten Gesellschaftsform Geltung hat. Dieser Wert,
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in dieser bestimmten geschichtlichen Fassung, erweist sich als geschaffen und
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gemessen durch die in den einzelnen Waren verkörperte menschliche Arbeit,
|
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|
und diese menschliche Arbeit erweist sich weiterhin als Verausgabung einfacher
|
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Arbeitskraft. Nun ist aber nicht jede Arbeit eine bloße Verausgabung von
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einfacher menschlicher Arbeitskraft; sehr viele Gattungen von Arbeit schließen
|
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|
die Anwendung von mit mehr oder weniger Mühe, Zeit- und Geldaufwand erworbnen
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Geschicklichkeiten oder Kenntnissen in sich ein. Erzeugen diese Arten von zusammengesetzter
|
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Arbeit in gleichen Zeiträumen denselben Warenwert wie die einfache Arbeit,
|
||
|
die Verausgabung von bloßer einfacher Arbeitskraft? Augenscheinlich nein.
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|
Das Produkt der Stunde zusammen- <A NAME="S184"></A><B>|184|</B> gesetzter Arbeit
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ist eine Ware von höherm, doppeltem oder dreifachem Wert, verglichen mit
|
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dem Produkt der Stunde einfacher Arbeit. Der Wert der Erzeugnisse der zusammengesetzten
|
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|
Arbeit wird durch diese Vergleichung ausgedrückt in bestimmten Mengen einfacher
|
||
|
Arbeit; aber diese Reduktion der zusammengesetzten Arbeit vollzieht sich durch
|
||
|
einen gesellschaftlichen Prozeß, hinter dem Rücken der Produzenten,
|
||
|
durch einen Vorgang, der hier, bei der Entwicklung der Werttheorie, nur festzustellen,
|
||
|
aber noch nicht zu erklären ist.</P>
|
||
|
<P>Diese einfache, in der heutigen kapitalistischen Gesellschaft sich täglich
|
||
|
vor unsern Augen vollziehende Tatsache ist es, die Marx hier konstatiert. Diese
|
||
|
Tatsache ist so unbestreitbar, daß selbst Herr Dühring sie weder in
|
||
|
seinem »Cursus« noch in seiner Geschichte der Ökonomie zu bestreiten wagt;
|
||
|
und die Marxsche Darstellung ist so einfach und durchsichtig, daß sicher
|
||
|
niemand »in völliger Unklarheit hierbei verbleibt« außer Herrn Dühring.
|
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|
Vermittelst dieser seiner völligen Unklarheit versieht er den Warenwert,
|
||
|
mit dessen Untersuchung sich Marx zunächst allein beschäftigt, für
|
||
|
»die natürlichen Selbstkosten«, die die Unklarheit nur noch völliger
|
||
|
machen, und gar für den »absoluten Wert«, der bisher in der Ökonomie
|
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|
unsres Wissens nirgendwo Kurs hatte. Was aber Herr Dühring auch unter den
|
||
|
natürlichen Selbstkosten verstehn und welche seiner fünf Arten Wert
|
||
|
auch die Ehre haben möge, den absoluten Wert vorzustellen, soviel ist sicher,
|
||
|
daß von allen diesen Dingen bei Marx nicht die Rede ist, sondern nur vom
|
||
|
Warenwert; und daß in dem ganzen Abschnitt des »Kapital« über den Wert
|
||
|
auch nicht die geringste Andeutung darüber vorkommt, ob oder in welcher Ausdehnung
|
||
|
Marx diese Theorie des Warenwerts auch auf andre Gesellschaftsformen anwendbar
|
||
|
hält.</P>
|
||
|
<P><SMALL>Es ist also nicht, fährt Herr Dühring fort, »es ist also nicht,
|
||
|
wie sich Herr Marx nebelhaft vorstellt, die Arbeitszeit jemandes an sich mehr
|
||
|
wert, als die einer andern Person, weil darin mehr durchschnittliche Arbeit gleichsam
|
||
|
verdichtet wäre, sondern alle Arbeitszeit ist ausnahmslos und prinzipiell,
|
||
|
also ohne daß man erst einen Durchschnitt zu nehmen hätte, vollkommen
|
||
|
gleichwertig«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Es ist ein Glück für Herrn Dühring, daß ihn das Schicksal
|
||
|
nicht zum Fabrikanten gemacht und ihn so davor bewahrt hat, den Wert seiner Waren
|
||
|
nach dieser neuen Regel anzusetzen und damit dem Bankrott unfehlbar in die Arme
|
||
|
zu laufen. Doch wie! Befinden wir uns hier denn noch in der Gesellschaft der Fabrikanten?
|
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|
Keineswegs. Mit den natürlichen Selbstkosten und dem absoluten Wert hat uns
|
||
|
Herr Dühring einen Sprung machen lassen, einen wahren Salto mortale aus der
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||
|
gegenwärtigen schlechten Welt der Ausbeuter in seine eigne Wirtschaftskommune
|
||
|
der Zukunft, in die reine <A NAME="S185"></A><B>|185|</B> Himmelsluft der Gleichheit
|
||
|
und Gerechtigkeit, und wir müssen uns also diese neue Welt, wenn auch vorzeitig,
|
||
|
hier schon ein wenig ansehn.</P>
|
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|
<P>Allerdings kann, nach Herrn Dührings Theorie, auch in der Wirtschaftskommune
|
||
|
nur die verwendete Arbeitszeit den Wert der wirtschaftlichen Dinge messen, aber
|
||
|
hierbei wird die Arbeitszeit eines jeden von vornherein völlig gleichzuachten
|
||
|
sein, alle Arbeitszeit ist ausnahmslos und prinzipiell vollkommen gleichwertig,
|
||
|
und zwar ohne daß man erst einen Durchschnitt zu nehmen hätte. Und
|
||
|
nun halte man gegen diesen radikalen Gleichheitssozialismus die nebelhafte Vorstellung
|
||
|
von Marx, als sei die Arbeitszeit jemandes an sich mehr wert als die einer andern
|
||
|
Person, weil darin mehr durchschnittliche Arbeitszeit verdichtet sei, eine Vorstellung,
|
||
|
in der ihn die überkommne Denkweise der gelehrten Klassen befangen hält,
|
||
|
der es als eine Ungeheuerlichkeit erscheinen muß, die Arbeitszeit des Karrenschiebers
|
||
|
und die des Architekten als ökonomisch völlig gleichwertig anzuerkennen!</P>
|
||
|
<P>Leider macht Marx zu der oben angeführten Stelle im »Kapital« die kleine
|
||
|
Anmerkung: »Der Leser muß aufmerken, daß hier nicht vom Lohn oder
|
||
|
Wert die Rede ist, den der Arbeiter etwa für einen Arbeitstag erhält,
|
||
|
sondern vom <I>Warenwert</I>, worin sich sein Arbeitstag vergegenständlicht.«
|
||
|
|Siehe Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke,
|
||
|
<A HREF="../me23/me23_049.htm">Bd. 23, S. 59</A>, alle Hervorhebungen von Engels|
|
||
|
Marx, der hier seinen Dühring vorhergeahnt zu haben scheint, verwahrt sich
|
||
|
also selbst dagegen, daß man seine obigen Sätze auch nur auf den in
|
||
|
der heutigen Gesellschaft für zusammengesetzte Arbeit etwa zu zahlenden Lohn
|
||
|
anwende. Und wenn Herr Dühring, nicht zufrieden damit, dies dennoch zu tun,
|
||
|
jene Sätze für die Grundsätze ausgibt, nach denen Marx die Verteilung
|
||
|
der Lebensmittel in der sozialistisch organisierten Gesellschaft geregelt wissen
|
||
|
wolle, so ist das eine Schamlosigkeit der Unterschiebung, die nur in der Revolverliteratur
|
||
|
ihresgleichen findet.</P>
|
||
|
<P>Doch besehn wir uns die Gleichwertigkeitslehre etwas näher. Alle Arbeitszeit
|
||
|
ist vollkommen gleichwertig, die des Karrenschiebers und die des Architekten.
|
||
|
Also hat die Arbeitszeit, und damit die Arbeit selbst, einen Wert. Die Arbeit
|
||
|
aber ist die Erzeugerin aller Werte. Sie allein ist es, die den vorgefundnen Naturprodukten
|
||
|
einen Wert im ökonomischen Sinne gibt. Der Wert selbst ist nichts andres,
|
||
|
als der Ausdruck der in einem Ding vergegenständlichten, gesellschaftlich
|
||
|
notwendigen menschlichen Arbeit. Die Arbeit <I>kann </I>also keinen Wert haben.
|
||
|
Ebensogut wie von einem Wert der Arbeit sprechen und ihn bestimmen wollen, ebensogut
|
||
|
könnte man vom Wert des Werts sprechen oder das Gewicht, nicht eines schweren
|
||
|
Körpers, <A NAME="S186"></A><B>|186|</B> sondern der Schwere selbst bestimmen
|
||
|
wollen. Herr Dühring fertigt Leute wie Owen, Saint-Simon und Fourier ab mit
|
||
|
dem Titel: soziale Alchimisten. Indem er über den Wert der Arbeitszeit, d.h.
|
||
|
der Arbeit spintisiert, beweist er, daß er noch tief unter den wirklichen
|
||
|
Alchimisten steht. Und nun ermesse man die Kühnheit, mit der Herr Dühring
|
||
|
Marx die Behauptung in die Schuhe schiebt, als sei die Arbeitszeit jemandes an
|
||
|
sich mehr wert, als die einer andern Person, als habe die Arbeitszeit, also die
|
||
|
Arbeit, einen Wert - Marx, der zuerst entwickelt hat, daß und warum die
|
||
|
Arbeit keinen Wert haben <I>kann</I>!</P>
|
||
|
<P>Für den Sozialismus, der die menschliche Arbeitskraft von ihrer Stellung
|
||
|
als <I>Ware</I> emanzipieren will, ist die Einsicht von hoher Wichtigkeit, daß
|
||
|
die Arbeit keinen Wert hat, keinen haben kann. Mit ihr fallen alle Versuche, die
|
||
|
sich aus dem naturwüchsigen Arbeitersozialismus auf Herrn Dühring vererbt
|
||
|
haben, die künftige Verteilung der Existenzmittel als eine Art höhern
|
||
|
Arbeitslohns zu regulieren. Aus ihr folgt die weitere Einsicht, daß die
|
||
|
Verteilung, soweit sie durch rein ökonomische Rücksichten beherrscht
|
||
|
wird, sich regeln wird durch das Interesse der Produktion, und die Produktion
|
||
|
wird gefördert am meisten durch eine Verteilungsweise, die allen Gesellschaftsgliedern
|
||
|
erlaubt, ihre Fähigkeiten möglichst allseitig auszubilden, zu erhalten
|
||
|
und auszuüben. Der dem Herrn Dühring überkommnen Denkweise der
|
||
|
gelehrten Klassen muß es allerdings als eine Ungeheuerlichkeit erscheinen,
|
||
|
daß es einmal keine Karrenschieber und keine Architekten von Profession
|
||
|
mehr geben soll und daß der Mann, der eine halbe Stunde lang als Architekt
|
||
|
Anweisungen gegeben hat, auch eine Zeitlang die Karre schiebt, bis seine Tätigkeit
|
||
|
als Architekt wieder in Anspruch genommen wird. Ein schöner Sozialismus,
|
||
|
der die Karrenschieber von Profession verewigt!</P>
|
||
|
<P>Soll die Gleichwertigkeit der Arbeitszeit den Sinn haben, daß jeder Arbeiter
|
||
|
in gleichen Zeiträumen gleiche Werte produziert, ohne daß man erst
|
||
|
einen Durchschnitt zu nehmen hätte, so ist das augenscheinlich falsch. Bei
|
||
|
zwei Arbeitern, auch desselben Geschäftszweigs, wird sich das Wertprodukt
|
||
|
der Arbeitsstunde immer nach Intensität der Arbeit und Geschicklichkeit verschieden
|
||
|
stellen; diesem Übelstand, der indes nur für Leute à la Dühring
|
||
|
einer ist, kann nun einmal keine Wirtschaftskommune, wenigstens nicht auf unsrem
|
||
|
Weltkörper, abhelfen. Was bleibt also von der ganzen Gleichwertigkeit aller
|
||
|
und jeder Arbeit? Nichts als die pure renommistische Phrase, die keine andre ökonomische
|
||
|
Unterlage hat, als die Unfähigkeit des Herrn Dühring, zu unterscheiden
|
||
|
zwischen Bestimmung des Werts durch die Arbeit und Bestimmung des Werts durch
|
||
|
den Arbeitslohn - nichts als <A NAME="S187"></A><B>|187|</B> der Ukas, das Grundgesetz
|
||
|
der neuen Wirtschaftskommune: Der Arbeitslohn für gleiche Arbeitszeit soll
|
||
|
gleich sein! Da hatten die alten französischen Arbeiterkommunisten und Weitling
|
||
|
doch weit bessere Gründe für ihre Lohngleichheit.</P>
|
||
|
<P>Wie löst sich nun die ganze wichtige Frage von der höhern Löhnung
|
||
|
der zusammengesetzten Arbeit? in der Gesellschaft von Privatproduzenten bestreiten
|
||
|
die Privatleute oder ihre Familien die Kosten der Ausbildung des gelernten Arbeiters;
|
||
|
den Privaten fällt daher auch zunächst der höhere Preis der gelernten
|
||
|
Arbeitskraft zu: der geschickte Sklave wird teurer verkauft, der geschickte Lohnarbeiter
|
||
|
höher gelohnt. In der sozialistisch organisierten Gesellschaft bestreitet
|
||
|
die Gesellschaft diese Kosten, ihr gehören daher auch die Früchte, die
|
||
|
erzeugten größern Werte der zusammengesetzten Arbeit. Der Arbeiter
|
||
|
selbst hat keinen Mehranspruch. Woraus nebenbei noch die Nutzanwendung folgt,
|
||
|
daß es mit dem beliebten Anspruch des Arbeiters auf »den vollen Arbeitsertrag«
|
||
|
doch auch manchmal seinen Haken hat.</P>
|
||
|
<H3 ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_VII">VII. Kapital und Mehrwert</A></H3>
|
||
|
<P><SMALL>»Vom Kapital hegt Herr Marx zunächst nicht den gemeingültigen
|
||
|
ökonomischen Begriff, demzufolge es produziertes Produktionsmittel ist, sondern
|
||
|
versucht es, eine speziellere, dialektisch-historische, in das Metamorphosenspiel
|
||
|
der Begriffe und der Geschichte eingehende Idee aufzureiben. Das Kapital soll
|
||
|
sich aus dem Gelde erzeugen; es soll eine historische Phase bilden, die mit dem
|
||
|
16. Jahrhundert, nämlich mit den für diese Zeit vorausgesetzten Anfängen
|
||
|
zu einem Weltmarkt, beginnt. Offenbar geht nun bei einer solchen Begriffsfassung
|
||
|
die Schärfe der volkswirtschaftlichen Analyse verloren. In solchen wüsten
|
||
|
Konzeptionen, die halb geschichtlich und halb logisch sein sollen, in der Tat
|
||
|
aber nur Bastarde historischer und logischer Phantastik sind, geht das Unterscheidungsvermögen
|
||
|
des Verstandes samt allem ehrlichen Begriffsgebrauch unter« -</SMALL></P>
|
||
|
<P>und so wird eine ganze Seite fortschwadroniert ...</P>
|
||
|
<P><SMALL>»mit der Marxschen Kennzeichnung des Kapitalbegriffs lasse sich in der
|
||
|
strengen Volkswirtschaftslehre nur Verwirrung stiften ... Leichtfertigkeiten,
|
||
|
die für tiefe logische Wahrheiten ausgegeben werden ... Gebrechlichkeit der
|
||
|
Fundamente« usw.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Also nach Marx soll sich das Kapital im Anfang des 16. Jahrhunderts aus dem
|
||
|
Geld erzeugen. Es ist das, als ob man sagen wollte, das Metallgeld habe sich vor
|
||
|
stark dreitausend Jahren aus dem Vieh erzeugt, weil früher unter anderm auch
|
||
|
Vieh Geldfunktionen vertrat. Nur Herr Dühring ist einer so rohen und schiefen
|
||
|
Ausdrucksweise fähig. Bei Marx ergibt sich bei <A NAME="S188"></A><B>|188|</B>
|
||
|
der Analyse der ökonomischen Formen, innerhalb deren der Prozeß der
|
||
|
Warenzirkulation sich bewegt, als letzte Form das Geld. »Dies letzte Produkt der
|
||
|
Warenzirkulation ist die <I>erste Erscheinungsform</I> des Kapitals. Historisch
|
||
|
tritt das Kapital dem Grundeigentum überall zunächst in der Form von
|
||
|
Geld gegenüber, als Geldvermögen, Kaufmannskapital und Wucherkapital
|
||
|
... Dieselbe Geschichte spielt täglich vor unsren Augen. Jedes neue Kapital
|
||
|
betritt in erster Instanz die Bühne, d.h. den Markt, Warenmarkt, Arbeitsmarkt
|
||
|
oder Geldmarkt, immer noch als Geld, Geld, das sich durch bestimmte Prozesse in
|
||
|
Kapital verwandeln soll.« |Siehe Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich
|
||
|
Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_161.htm">Bd. 23, S. 161</A>| Es ist also
|
||
|
wieder eine Tatsache, die Marx konstatiert. Unfähig, sie zu bestreiten, verdreht
|
||
|
sie Herr Dühring: Das Kapital soll sich aus dem Geld erzeugen!</P>
|
||
|
<P>Marx untersucht nun weiter die Prozesse, wodurch Geld sich in Kapital verwandelt,
|
||
|
und findet zunächst, daß die Form, in der Geld als Kapital zirkuliert,
|
||
|
die Umkehrung derjenigen Form ist, in der es als allgemeines Warenäquivalent
|
||
|
zirkuliert. Der einfache Warenbesitzer verkauft, um zu kaufen; er verkauft, was
|
||
|
er nicht braucht, und kauft mit dem erhandelten Gelde das, was er braucht. Der
|
||
|
angehende Kapitalist kauft von vornherein das, was er <I>nicht</I> selbst braucht;
|
||
|
er kauft, um zu verkaufen, und zwar um teurer zu verkaufen, um den ursprünglich
|
||
|
in das Kaufgeschäft geworfnen Geldwert zurückzuerhalten, vermehrt durch
|
||
|
einen Zuwachs an Geld, und diesen Zuwachs nennt Marx <I>Mehrwert</I>.</P>
|
||
|
<P>Woher stammt dieser Mehrwert? Er kann weder daher stammen, daß der Käufer
|
||
|
die Waren unter dem Wert kaufte, noch daher, daß der Verkäufer sie
|
||
|
über dem Wert verkaufte. Denn in beiden Fällen gleichen sich die Gewinne
|
||
|
und Verluste jedes einzelnen gegenseitig aus, da jeder abwechselnd Käufer
|
||
|
und Verkäufer ist. Er kann auch nicht aus Prellerei stammen, denn die Prellerei
|
||
|
kann zwar den einen auf Kosten des andern bereichern, nicht aber die von beiden
|
||
|
besessene Gesamtsumme, also auch nicht die Summe der zirkulierenden Werte überhaupt
|
||
|
vermehren. »Die Gesamtheit der Kapitalistenklasse eines Landes kann sich nicht
|
||
|
selbst übervorteilen.« |Siehe Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich
|
||
|
Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_161.htm#S177">Bd. 23, S. 177</A>|</P>
|
||
|
<P>Und doch finden wir, daß die Gesamtheit der Kapitalistenklasse jedes
|
||
|
Landes sich fortwährend vor unsern Augen bereichert, indem sie teurer verkauft
|
||
|
als sie eingekauft hatte, indem sie sich Mehrwert aneignet. Wir sind also so weit
|
||
|
wie am Anfang: woher stammt dieser Mehrwert? Diese Frage gilt es zu lösen,
|
||
|
und zwar auf <I>rein ökonomischem</I> Wege, unter Ausschluß aller Prellerei,
|
||
|
aller Einmischung irgendwelcher Gewalt - die Frage: Wie ist es <A NAME="S189"></A><B>|189|</B>
|
||
|
möglich, fortwährend teurer zu verkaufen, als man eingekauft hat, selbst
|
||
|
unter der Voraussetzung, daß fortwährend gleiche Werte ausgetauscht
|
||
|
werden gegen gleiche Werte?</P>
|
||
|
<P>Die Lösung dieser Frage ist das epochemachendste Verdienst des Marxschen
|
||
|
Werks. Sie verbreitet helles Tageslicht über ökonomische Gebiete, wo
|
||
|
früher Sozialisten nicht minder als bürgerliche Ökonomen in tiefster
|
||
|
Finsternis herumtappten. Von ihr datiert, um sie gruppiert sich der wissenschaftliche
|
||
|
Sozialismus.</P>
|
||
|
<P>Diese Lösung ist folgende. Die Wertvergrößerung des Geldes,
|
||
|
das sich in Kapital verwandeln soll, kann nicht an diesem <I>Geld</I> vorgehn
|
||
|
oder aus dem <I>Einkauf</I> herrühren, da dies Geld hier nur den Preis der
|
||
|
Ware realisiert, und dieser Preis ist, da wir voraussetzen, daß gleiche
|
||
|
Werte ausgetauscht werden, nicht verschieden von ihrem Wert. Die Wertvergrößerung
|
||
|
kann aber aus demselben Grunde auch nicht aus dem <I>Verkauf</I> der Ware hervorgehn.
|
||
|
Die Veränderung muß sich also zutragen mit der <I>Ware</I>, die gekauft
|
||
|
wird, aber nicht mit ihrem <I>Wert</I>, da sie zu ihrem Wert gekauft und verkauft
|
||
|
wird, sondern mit ihrem <I>Gebrauchswert</I> als solchem, d.h. die Wertveränderung
|
||
|
muß aus dem Verbrauch der Ware entspringen. »Um aus dem Verbrauch einer
|
||
|
Ware Wert herauszuziehn, müßte unser Geldbesitzer so glücklich
|
||
|
sein ... auf dem Markt eine Ware zu entdecken, deren Gebrauchswert die eigentümliche
|
||
|
Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein, deren wirklicher Verbrauch
|
||
|
also selbst Vergegenständlichung von Arbeit wäre, daher <I>Wertschöpfung</I>.
|
||
|
Und der Geldbesitzer findet auf dem Markt eine solche spezifische Ware vor - das
|
||
|
Arbeitsvermögen oder die <I>Arbeitskraft</I>.« |Siehe Karl Marx, »Das Kapital«,
|
||
|
Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_161.htm#S181">Bd.
|
||
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23, S. 181</A>. Hervorhebungen von Engels| Wenn, wie wir sahen, die Arbeit als
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solche keinen Wert haben kann, so ist das keineswegs der Fall mit der Arbeits<I>kraft</I>.
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Diese erhält einen Wert, sobald sie zur <I>Ware</I> wird, wie sie heutzutage
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tatsächlich eine Ware ist, und dieser Wert bestimmt sich »gleich dem jeder
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andren Ware durch die zur Produktion, also auch Reproduktion, dieses spezifischen
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Artikels notwendige |Bei Engels: nötige, korrigiert nach Karl Marx, »Das
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Kapital«| Arbeitszeit« |siehe Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich
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Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_161.htm#S184">Bd. 23, S. 184</A>|, das heißt
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durch die Arbeitszeit, welche erforderlich ist zur Herstellung der Lebensmittel,
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deren der Arbeiter zu seiner Erhaltung in arbeitsfähigem Zustand und zur
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Fortpflanzung seines Geschlechts bedarf. Nehmen wir an, diese Lebensmittel repräsentieren,
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Tag für Tag, eine sechsstündige Arbeitszeit. Unser angehender Kapitalist,
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der zum Betrieb seines Geschäfts Arbeitskraft einkauft, d.h. einen Arbeiter
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mietet, zahlt also diesem Arbeiter den vollen Tageswert seiner Arbeitskraft, wenn
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er ihm eine Geld- <A NAME="S190"></A><B>|190|</B> summe zahlt, die ebenfalls sechs
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Arbeitsstunden vertritt. Sobald der Arbeiter nun sechs Stunden im Dienst des angehenden
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Kapitalisten gearbeitet hat, hat er diesem vollen Ersatz geleistet für seine
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Auslage, für den gezahlten Tageswert der Arbeitskraft. Damit aber wäre
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das Geld nicht in Kapital verwandelt, es hätte keinen Mehrwert erzeugt. Der
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Käufer der Arbeitskraft hat daher auch eine ganz andre Ansicht von der Natur
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des von ihm abgeschlossenen Geschäfts. Daß nur sechs Arbeitsstunden
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nötig sind, um den Arbeiter während vierundzwanzig Stunden am Leben
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zu erhalten, hindert diesen keineswegs, zwölf Stunden aus den vierundzwanzig
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zu arbeiten. Der Wert der Arbeitskraft und ihre Verwertung im Arbeitsprozeß
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sind zwei verschiedne Größen. Der Geldbesitzer hat den Tageswert der
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Arbeitskraft gezahlt, ihm gehört daher auch ihr Gebrauch während des
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Tages, die tagelange Arbeit. Daß der Wert, den ihr Gebrauch während
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eines Tages <I>schafft</I>, doppelt so groß ist wie ihr eigner Tageswert,
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ist ein besondres Glück für den Käufer, aber nach den Gesetzen
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des Warenaustausches durchaus kein Unrecht gegen den Verkäufer. Der Arbeiter
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<I>lostet</I> also dem Geldbesitzer nach unserer Annahme täglich das Wertprodukt
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von sechs Arbeitsstunden, aber er <I>liefert</I> ihm täglich das Wertprodukt
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von zwölf Arbeitsstunden. Differenz zugunsten des Geldbesitzers - sechs Stunden
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unbezahlte Mehrarbeit, ein unbezahltes Mehrprodukt, in dem die Arbeit von sechs
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Stunden verkörpert ist. Das Kunststück ist gemacht. Mehrwert ist erzeugt,
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Geld ist in Kapital verwandelt.</P>
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<P>Indem Marx auf diese Weise nachwies, wie Mehrwert entsteht und wie allein Mehrwert
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unter der Herrschaft der den Austausch von Waren regelnden Gesetze entstehn kann,
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legte er den Mechanismus der heutigen kapitalistischen Produktionsweise und der
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auf ihr beruhenden Aneignungsweise bloß, enthüllte er den Kristallkern,
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um den die ganze heutige Gesellschaftsordnung sich angesetzt hat.</P>
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<P>Diese Erzeugung von Kapital hat jedoch eine wesentliche Voraussetzung:</P>
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<P>»Zur Verwandlung von Geld in Kapital muß der Geldbesitzer den <I>freien
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Arbeiter</I> auf dem Warenmarkt vorfinden, frei in dem Doppelsinn, daß er
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als freie Person über seine Arbeitskraft als seine Ware verfügt, daß
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er andrerseits andre Waren nicht zu verkaufen hat, los und ledig, frei ist von
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|
allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen.» |Siehe Karl
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Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_161.htm#S183">Bd.
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|
23, S. 183</A>; Hervorhebungen von Engels| Aber dies Verhältnis von Geld-
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|
oder Warenbesitzern auf der einen Seite und von Besitzern von nichts, außer
|
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|
der eignen Arbeitskraft, auf der andern, ist kein naturgeschichtliches, noch ist
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||
|
es ein allen Geschichtsperioden gemeinsames Verhältnis, »es <A NAME="S191"></A><B>|191|</B>
|
||
|
ist offenbar selbst das Resultat einer vorhergegangnen historischen Entwicklung,
|
||
|
das Produkt ... des Untergangs einer ganzen Reihe älterer Formationen der
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||
|
gesellschaftlichen Produktion« |siehe Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl
|
||
|
Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_161.htm#S183">Bd. 23, S. 183</A>|.
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||
|
Und zwar tritt dieser freie Arbeiter uns in der Geschichte zuerst massenhaft gegenüber
|
||
|
am Ende des fünfzehnten und Anfang des sechzehnten Jahrhunderts infolge der
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||
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Auflösung der feudalen Produktionsweise. Damit aber, und mit der von derselben
|
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Epoche datierenden Schöpfung des Welthandels und Weltmarkts, war die Grundlage
|
||
|
gegeben, auf der die Masse des vorhandnen beweglichen Reichtums sich mehr und
|
||
|
mehr in Kapital verwandeln und die kapitalistische, auf Erzeugung von Mehrwert
|
||
|
gerichtete Produktionsweise mehr und mehr die ausschließlich herrschende
|
||
|
werden muß.</P>
|
||
|
<P>Soweit sind wir den »wüsten Konzeptionen« von Marx gefolgt, diesen »Bastarden
|
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|
historischer und logischer Phantastik«, bei denen »das Unterscheidungsvermögen
|
||
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des Verstandes samt allem ehrlichen Begriffsgebrauch untergeht«. Stellen wir diesen
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|
»Leichtfertigkeiten« nunmehr die »tiefen logischen Wahrheiten« und die »letzte
|
||
|
und strengste Wissenschaftlichkeit im Sinne der exakten Disziplinen« gegenüber,
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wie sie uns Herr Dühring bietet.</P>
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<P>Also vom Kapital hegt Marx »nicht den gemeingültigen ökonomischen
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||
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Begriff, demzufolge es produziertes Produktionsmittel ist«; er sagt vielmehr,
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|
daß eine Summe von Werten sich erst dann in Kapital verwandelt, wenn sie
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||
|
sich <I>verwertet</I>, indem sie Mehrwert bildet. Und was sagt Herr Dühring?</P>
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<P><SMALL>»Das Kapital ist ein Stamm ökonomischer Machtmittel zur Fortführung
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||
|
der Produktion <I>und zur Bildung von Anteilen an den Früchten der allgemeinen
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||
|
Arbeitskraft.«</I></SMALL></P>
|
||
|
<P>So orakelhaft und loddrig dies auch wieder ausgedrückt ist, so ist doch
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|
soviel sicher: der Stamm ökonomischer Machtmittel mag die Produktion in Ewigkeit
|
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|
fortführen, er wird nach Herrn Dührings eignen Worten nicht zu Kapital,
|
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|
solange er nicht »Anteile an den Früchten der allgemeinen Arbeitskraft«,
|
||
|
d.h. Mehrwert oder wenigstens Mehrprodukt bildet. Die Sünde also, die Herr
|
||
|
Dühring Marx vorwirft, nicht den gemeingültigen ökonomischen Begriff
|
||
|
vom Kapital zu hegen, begeht er nicht nur selbst, sondern er begeht außerdem
|
||
|
noch ein durch hochtrabende Redensarten »schlecht verdecktes« ungeschicktes Plagiat
|
||
|
an Marx.</P>
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||
|
<P>Auf Seite 262 wird dies weiter ausgeführt:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Das Kapital im sozialen Sinn« (und ein Kapital in einem nicht sozialen
|
||
|
Sinn soll Herr Dühring noch entdecken) »ist nämlich spezifisch von dem
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reinen Produktions- <A NAME="S192"></A><B>|192|</B> mittel verschieden; denn während
|
||
|
das letztere nur einen technischen Charakter hat und unter allen Umständen
|
||
|
erforderlich ist, zeichnet sich das erstere durch seine gesellschaftliche Kraft
|
||
|
der Aneignung und Anteilsbildung aus. Das soziale Kapital ist allerdings zum großen
|
||
|
Teil nichts andres als das technische Produktionsmittel <I>in seiner sozialen
|
||
|
Funktion</I>; aber diese Funktion ist es auch grade, welche ... verschwinden muß.«</SMALL></P>
|
||
|
<P>Wenn wir bedenken, daß es grade Marx war, welcher zuerst die »soziale
|
||
|
Funktion« hervorhob, vermittelst deren allein eine Wertsumme zu Kapital wird,
|
||
|
so muß es allerdings »für jeden aufmerksamen Betrachter des Gegenstandes
|
||
|
bald feststehn, daß sich mit der Marxschen Kennzeichnung des Kapitalbegriffs
|
||
|
nur Verwirrung stiften lasse« - nicht aber, wie Herr Dühring meint, in der
|
||
|
strengen Volkswirtschaftslehre, sondern, wie Figura zeigt, einzig und allein im
|
||
|
Kopf des Herrn Dühring selbst, der in der »Kritischen Geschichte« bereits
|
||
|
vergessen hat, wie stark er im »Cursus« von besagtem Kapitalbegriff gezehrt.</P>
|
||
|
<P>Indes Herr Dühring ist nicht zufrieden damit, seine Definition des Kapitals,
|
||
|
wenn auch in »gesäuberter« Form, von Marx zu entlehnen. Er muß ihm
|
||
|
auch folgen in das »Metamorphosenspiel der Begriffe und der Geschichte«, und das
|
||
|
angesichts seiner eignen bessern Erkenntnis, daß dabei nichts herauskommt,
|
||
|
als »wüste Konzeptionen«, »Leichtfertigkeiten«, »Gebrechlichkeit der Fundamente«
|
||
|
usw. woher stammt diese »soziale Funktion« des Kapitals, die es befähigt,
|
||
|
sich die Früchte fremder Arbeit anzueignen, und wodurch allein es sich vom
|
||
|
bloßen Produktionsmittel unterscheidet?</P>
|
||
|
<P><SMALL>Sie beruht, sagt Herr Dühring, »nicht auf der Natur der Produktionsmittel
|
||
|
und auf deren technischer Unentbehrlichkeit«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Sie ist also geschichtlich entstanden, und Herr Dühring wiederholt uns
|
||
|
auf Seite 262 nur, was wir schon zehnmal gehört haben, wenn er ihre Entstehung
|
||
|
erklärt vermittelst des altbekannten Abenteuers von den beiden Männern,
|
||
|
von denen am Anfang der Geschichte der eine sein Produktionsmittel in Kapital
|
||
|
verhandelt, indem er den andern vergewaltigt. Aber nicht damit zufrieden, der
|
||
|
sozialen Funktion, durch welche eine Wertsumme erst zu Kapital wird, einen geschichtlichen
|
||
|
Anfang zuzuschreiben, prophezeit Herr Dühring ihr auch ein geschichtliches
|
||
|
Ende. Sie »ist es auch grade, welche verschwinden muß«. Eine Erscheinung,
|
||
|
welche geschichtlich entstanden ist und geschichtlich wieder verschwindet, pflegt
|
||
|
man, in der gemeingültigen Sprache geredet, »eine historische Phase« zu nennen.
|
||
|
Es ist also das Kapital eine historische Phase nicht bloß bei Marx, sondern
|
||
|
auch bei Herrn Dühring und wir sind daher zu dem Schluß genötigt,
|
||
|
daß wir <A NAME="S193"></A><B>|193|</B> uns hier bei den Jesuiten befinden.
|
||
|
Wenn zwei dasselbe tun, so ist es nicht dasselbe. Wenn Marx sagt, das Kapital
|
||
|
ist eine historische Phase, so ist das eine wüste Konzeption, ein Bastard
|
||
|
historischer und logischer Phantastik, bei dem das Unterscheidungsvermögen
|
||
|
samt allem ehrlichen Begriffsgebrauch untergeht. Wenn Herr Dühring ebenfalls
|
||
|
das Kapital als eine historische Phase darstellt, so ist das ein Beweis von Schärfe
|
||
|
der volkswirtschaftlichen Analyse und von letzter und strengster Wissenschaftlichkeit
|
||
|
im Sinne der exakten Disziplinen.</P>
|
||
|
<P>Wodurch unterscheidet sich nun die Dühringsche Kapitalvorstellung von
|
||
|
der Marxschen?</P>
|
||
|
<P>»Das Kapital«, sagt Marx, »hat die Mehrarbeit nicht erfunden. Überall,
|
||
|
wo ein Teil der Gesellschaft das Monopol der Produktionsmittel besitzt, muß
|
||
|
der Arbeiter, frei oder unfrei, der zu seiner Selbsterhaltung notwendigen Arbeitszeit
|
||
|
überschüssige Arbeitszeit zusetzen, um die Lebensmittel für den
|
||
|
Eigner der Produktionsmittel zu produzieren.« |Siehe Karl Marx, »Das Kapital«,
|
||
|
Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_245.htm#S249">Bd.
|
||
|
23, S. 249</A>| Mehrarbeit, Arbeit über die zur Selbsterhaltung des Arbeiters
|
||
|
nötige Zeit hinaus und Aneignung des Produkts dieser Mehrarbeit durch andre,
|
||
|
Arbeitsausbeutung ist also allen bisherigen Gesellschaftsformen gemein, soweit
|
||
|
diese sich in Klassengegensätzen bewegten. Aber erst wenn das Produkt dieser
|
||
|
Mehrarbeit die Form von Mehrwert annimmt, wenn der Eigner der Produktionsmittel
|
||
|
den freien Arbeiter - frei von sozialen Fesseln und frei von eignem Besitz - als
|
||
|
Gegenstand der Ausbeutung sich gegenüber vorfindet und ihn ausbeutet zum
|
||
|
Zweck der Produktion von <I>Waren</I>, erst dann nimmt, nach Marx, das Produktionsmittel
|
||
|
den spezifischen Charakter des Kapitals an. Und dies ist auf großem Maßstab
|
||
|
geschehn erst seit dem Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts.</P>
|
||
|
<P>Herr Dühring dagegen erklärt <I>jede</I> Summe von Produktionsmitteln
|
||
|
für Kapital, die »Anteile an den Früchten der allgemeinen Arbeitskraft
|
||
|
bildet«, also Mehrarbeit in irgendeiner Form erwirkt. Mit andern Worten, Herr
|
||
|
Dühring annektiert die von Marx entdeckte Mehrarbeit, um damit den ihm augenblicklich
|
||
|
nicht passenden, ebenfalls von Marx entdeckten Mehrwert totzuschlagen. Nach Herrn
|
||
|
Dühring wäre also nicht nur der bewegliche und unbewegliche Reichtum
|
||
|
der mit Sklaven wirtschaftenden korinthischen und athenischen Bürger, sondern
|
||
|
auch der der römischen Großgrundbesitzer der Kaiserzeit, und nicht
|
||
|
minder derjenige der Feudalbarone des Mittelalters, soweit er in irgendeiner Weise
|
||
|
der Produktion diente, alles ohne Unterschied Kapital.</P>
|
||
|
<P><B><A NAME="S194">|194|</A></B> Herr Dühring selbst hegt also »vom Kapital
|
||
|
nicht den gemeingültigen Begriff, demzufolge es produziertes Produktionsmittel
|
||
|
ist«, sondern vielmehr einen ganz entgegengesetzten, der sogar die unproduzierten
|
||
|
Produktionsmittel einschließt, die Erde und ihre natürlichen Hülfsqüellen.
|
||
|
Nun ist aber die Vorstellung, daß Kapital »produziertes Produktionsmittel«
|
||
|
schlechthin sei, gemeingültig wieder nur in der Vulgärökonomie.
|
||
|
Außerhalb dieser, dem Herrn Dühring so teuren Vulgärökonomie
|
||
|
wird das »produzierte Produktionsmittel« oder eine Wertsumme überhaupt erst
|
||
|
dadurch zu Kapital, daß sie Profit oder Zins erwirkt, d.h. das Mehrprodukt
|
||
|
unbezahlter Arbeit in der Form von Mehrwert, und zwar wieder in diesen beiden
|
||
|
bestimmten Unterformen des Mehrwerts aneignet. Es bleibt dabei vollkommen gleichgültig,
|
||
|
daß die ganze bürgerliche Ökonomie in der Vorstellung befangen
|
||
|
ist, die Eigenschaft, Profit oder Zins zu erwirken, komme ganz von selbst jeder
|
||
|
Wertsumme zu, die unter normalen Bedingungen in der Produktion oder im Austausch
|
||
|
verwandt wird. Kapital und Profit, oder Kapital und Zins, sind in der klassischen
|
||
|
Ökonomie ebenso untrennbar, stehn in derselben Wechselbeziehung zueinander
|
||
|
wie Ursache und Wirkung, Vater und Sohn, gestern und heute. Das Wort Kapital in
|
||
|
seiner modern-ökonomischen Bedeutung kommt aber erst vor zu der Zeit, wo
|
||
|
die Sache selbst auftritt, wo der bewegliche Reichtum mehr und mehr Kapitalfunktion
|
||
|
erhält, indem er die Mehrarbeit freier Arbeiter ausbeutet, um Waren zu produzieren,
|
||
|
und zwar wird es eingeführt durch die erste historische Kapitalisten-Nation,
|
||
|
die Italiener des 15. und 16. Jahrhunderts. Und wenn Marx zuerst die dem modernen
|
||
|
Kapital eigentümliche Aneignungsweise bis auf den Grund analysierte, wenn
|
||
|
er den Begriff des Kapitals in Einklang brachte mit den geschichtlichen Tatsachen,
|
||
|
aus denen er in letzter Instanz abstrahiert worden war, denen er seine Existenz
|
||
|
verdankte; wenn Marx damit diesen ökonomischen Begriff befreite von den unklaren
|
||
|
und schwankenden Vorstellungen, die ihm auch in der klassischen bürgerlichen
|
||
|
Ökonomie und bei den bisherigen Sozialisten noch anhafteten, so war es grade
|
||
|
Marx, der mit jener »letzten und strengsten Wissenschaftlichkeit« verfuhr, die
|
||
|
Herr Dühring stets im Munde führt und die wir bei ihm so schmerzlich
|
||
|
vermissen.</P>
|
||
|
<P>In der Tat geht es bei Herrn Dühring ganz anders her. Er ist nicht zufrieden
|
||
|
damit, erst die Darstellung des Kapitals als einer historischen Phase einen »Bastard
|
||
|
historischer und logischer Phantastik« zu schelten und es dann selbst als eine
|
||
|
historische Phase darzustellen. Er erklärt auch <I>alle </I>ökonomischem
|
||
|
Machtmittel, <I>alle</I> Produktionsmittel, die »Anteile an den Früchten
|
||
|
der allgemeinen Arbeitskraft« aneignen, also auch das Grundeigentum in allen Klassengesellschaften,
|
||
|
rundweg für Kapital; was ihn aber <A NAME="S195"></A><B>|195|</B> nicht im
|
||
|
mindesten geniert, im weitern Verlauf Grundeigentum und Grundrente ganz in der
|
||
|
hergebrachten Weise von Kapital und Profit zu scheiden und nur diejenigen Produktionsmittel
|
||
|
als Kapital zu bezeichnen, welche Profit oder Zins erwirken, wie auf Seite 156
|
||
|
u. ff. des »Cursus« des breitern nachzusehn. Ebensogut könnte Herr Dühring
|
||
|
zuerst unter dem Namen Lokomotive auch Pferde, Ochsen, Esel und Hunde einbegreifen,
|
||
|
weil man auch mit diesen Fuhrwerk fortbewegen kann, und den heutigen Ingenieuren
|
||
|
vorwerfen, indem sie den Namen Lokomotive auf den modernen Dampfwagen beschränkten,
|
||
|
machten sie ihn zu einer historischen Phase, verübten sie wüste Konzeptionen,
|
||
|
Bastarde historischer und logischer Phantastik usw.; und dann schließlich
|
||
|
erklären, die Pferde, Esel, Ochsen und Hunde seien doch von der Bezeichnung
|
||
|
Lokomotive ausgeschlossen, und diese gelte nur für den Dampfwagen. - Und
|
||
|
somit sind wir wieder genötigt zu sagen, daß es grade die Dühringsche
|
||
|
Begriffsfassung des Kapitals ist, bei der alle Schärfe der volkswirtschaftlichen
|
||
|
Analyse verloren- und das Unterscheidungsvermögen samt allem ehrlichen Begriffsgebrauch
|
||
|
untergeht, und daß die wüsten Konzeptionen, die Verwirrung, die Leichtfertigkeiten,
|
||
|
die für tiefe logische Wahrheiten ausgegeben werden, und die Gebrechlichkeit
|
||
|
der Fundamente in voller Blüte stehn eben bei Herrn Dühring.</P>
|
||
|
<P>Das alles aber verschlägt nichts. Herrn Dühring bleibt darum doch
|
||
|
der Ruhm, den Angelpunkt entdeckt zu haben, um den sich die ganze bisherige Ökonomie,
|
||
|
die ganze Politik und Juristerei, mit einem Wort die ganze bisherige Geschichte
|
||
|
bewegt. Hier ist er:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Gewalt und Arbeit sind die zwei Hauptfaktoren, die bei der Bildung
|
||
|
der sozialen Verknüpfungen in Anschlag kommen.«</SMALL></P>
|
||
|
<P>In diesem einen Satz liest die ganze Verfassung der bisherigen ökonomischen
|
||
|
Welt. Sie ist äußerst kurz und lautet:</P>
|
||
|
<P>Artikel Eins: Die Arbeit produziert. <BR>
|
||
|
Artikel Zwei: Die Gewalt verteilt.</P>
|
||
|
<P>Und hiermit ist, »menschlich und deutsch geredet«, auch die ganze ökonomische
|
||
|
Weisheit des Herrn Dühring zu Ende.</P>
|
||
|
<H3 ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_VIII">VIII. Kapital und Mehrwert</A></H3>
|
||
|
<H4 ALIGN="CENTER">(Schluß)</H4>
|
||
|
<P><SMALL>»Nach der Ansicht des Herrn Marx vertritt der Arbeitslohn nur die Bezahlung
|
||
|
derjenigen Arbeitszeit, welche der Arbeiter wirklich für die Ermöglichung
|
||
|
der eignen <A NAME="S196"></A><B>|196|</B> Existenz tätig ist. Hierzu genügt
|
||
|
nun eine kleinere Anzahl Stunden; der ganze übrige Teil des oft langgedehnten
|
||
|
Arbeitstags liefert einen Überschuß, in welchem der von unserm Autor
|
||
|
so genannte 'Mehrwert' oder, in der gemeingültigen Sprache geredet, der Kapitalgewinn
|
||
|
enthalten ist. Abgesehn von der auf irgendeiner Stufe der Produktion bereits an
|
||
|
den Arbeitsmitteln und relativen Rohstoffen enthaltnen Arbeitszeit, ist jener
|
||
|
Überschuß des Arbeitstages der Anteil des kapitalistischen Unternehmers.
|
||
|
Die Ausdehnung des Arbeitstages ist hiernach reiner Ausbeutungsgewinn zugunsten
|
||
|
des Kapitalisten.«</SMALL></P>
|
||
|
<P>Nach Herrn Dühring wäre also der Marxsche Mehrwert weiter nichts,
|
||
|
als was man in der gemeingültigen Sprache Kapitalgewinn oder Profit nennt.
|
||
|
Hören wir Marx selbst. Auf Seite 195 des »Kapital« wird Mehrwert erklärt
|
||
|
durch die hinter diesem Wort eingeklammerten Worte: »Zins, Profit, Rente.« |Siehe
|
||
|
Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_214.htm#S220">Bd.
|
||
|
23, S. 220</A>| Auf Seite 220 gibt Marx ein Beispiel, worin eine Mehrwertsumme
|
||
|
von 71 Schillingen in ihren verschiednen Verteilungsformen erscheint: Zehnten,
|
||
|
Lokal- und Staatssteuern 21 Schilling, Bodenrente 28 Schilling, Pächters
|
||
|
Profit und Zins 22 Schilling, zusammen Gesamtmehrwert 71 Schillinge |siehe Karl
|
||
|
Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_214.htm#S224">Bd.
|
||
|
23, S. 224</A>|. - Auf Seite 542 erklärt Marx es für einen Hauptmangel
|
||
|
bei Ricardo, daß dieser »den Mehrwert nicht rein darstellt, d.h. nicht unabhängig
|
||
|
von seinen besondern Formen, wie Profit, Grundrente usw.« und daß er daher
|
||
|
die Gesetze über die Rate des Mehrwerts unmittelbar zusammenwirft mit den
|
||
|
Gesetzen der Profitrate; wogegen Marx ankündigt: »Ich werde später,
|
||
|
im Dritten Buch dieser Schrift, nachweisen, daß dieselbe Rate des Mehrwerts
|
||
|
sich in den verschiedensten Profitraten, und verschiedne Raten des Mehrwerts,
|
||
|
unter bestimmten Umständen, sich in derselben Profitrate ausdrücken
|
||
|
können.« |Siehe Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich
|
||
|
Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_542.htm#S546">Bd. 23, S. 546/547</A>| Auf
|
||
|
Seite 587 heißt es: »Der Kapitalist, der den Mehrwert produziert, d.h. unbezahlte
|
||
|
Arbeit unmittelbar aus den Arbeitern auspumpt und in Waren fixiert, ist zwar der
|
||
|
erste Aneigner, aber keineswegs der letzte Eigentümer dieses Mehrwerts. Er
|
||
|
hat ihn hinterher zu teilen mit Kapitalisten, die andre Funktionen im großen
|
||
|
und ganzen der gesellschaftlichen Produktion vollziehn, mit dem Grundeigentümer
|
||
|
usw. Der Mehrwert spaltet sich daher in verschiedne Teile. Seine Bruchstücke
|
||
|
fallen verschiednen Kategorien von Personen zu und erhalten verschiedne, gegeneinander
|
||
|
selbständige Formen, wie Profit, Zins, Handelsgewinn, Grundrente usw. Diese
|
||
|
verwandelten Formen des Mehrwerts können erst im Dritten Buch behandelt werden.«
|
||
|
|Siehe Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke,
|
||
|
<A HREF="../me23/me23_589.htm">Bd. 23, S. 589</A>| Und ebenso an vielen andern
|
||
|
Stellen.</P>
|
||
|
<P>Man kann sich nicht deutlicher ausdrücken. Bei jeder Gelegenheit macht
|
||
|
Marx darauf aufmerksam, daß sein Mehrwert durchaus nicht mit dem <A NAME="S197"></A><B>|197|</B>
|
||
|
Profit oder Kapitalgewinn zu verwechseln, daß dieser letztere vielmehr eine
|
||
|
Unterform und sehr oft sogar nur ein Bruchteil des Mehrwerts sei. Wenn Herr Dühring
|
||
|
dennoch behauptet, der Marxsche Mehrwert sei »in der gemeingültigen Sprache
|
||
|
geredet, der Kapitalgewinn«, und wenn es feststeht, daß das ganze Marxsche
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Buch sich um den Mehrwert dreht, so sind nur zwei Fälle möglich: entweder
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weiß er's nicht besser, und dann gehört eine Schamlosigkeit sondergleichen
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dazu, ein Buch herunterzureißen, dessen Hauptinhalt er nicht kennt. Oder
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er weiß es besser, und dann begeht er eine absichtliche Fälschung.
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Weiter:</P>
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<P><SMALL>»Der giftige Haß, mit dem Herr Marx diese Vorstellungsart des
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Auspressungsgeschäfts pflegt, ist nur zu begreiflich. Aber auch ein gewaltigerer
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Zorn und eine noch vollere Anerkennung des Ausbeutungscharakters der auf Lohnarbeit
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gegründeten Wirtschaftsform ist möglich, ohne daß jene theoretische
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Wendung, die sich in der Marxschen Lehre von einem Mehrwert ausdrückt, angenommen
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wird.«</SMALL></P>
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<P>Die gutgemeinte, aber irrige theoretische Wendung von Marx bewirkt bei diesem
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einen giftigen Haß gegen das Auspressungsgeschäft; die an sich sittliche
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Leidenschaft erhält infolge der falschen »theoretischen Wendung« einen unsittlichen
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Ausdruck, sie tritt zutage in unedlem Haß und in niedriger Giftigkeit, während
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die letzte und strengste Wissenschaftlichkeit des Herrn Dühring sich äußert
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in einer sittlichen Leidenschaft von entsprechend edler Natur, im Zorn, der auch
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der Form nach sittlich und dem giftigen Haß zudem noch quantitativ überlegen,
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ein gewaltigerer Zorn ist. Während Herr Dühring diese Freude an sich
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selbst erlebt, wollen wir zusehn, woher dieser gewaltigere Zorn stammt.</P>
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<P><SMALL>»Es entsteht«, heißt es weiter, »nämlich die Frage, wie die
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konkurrierenden Unternehmer imstande sind, das volle Erzeugnis der Arbeit und
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hiermit das Mehrprodukt dauernd so hoch über den natürlichen Herstellungskosten
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zu verwerten, als durch das berührte Verhältnis des Überschusses
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der Arbeitsstunden angezeigt wird. Eine Antwort hierauf ist in der Marxschen Doktrin
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nicht anzutreffen, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil in derselben nicht
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einmal die Aufwerfung der Frage einen Platz finden konnte. Der Luxuscharakter
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der auf Soldarbeit gegründeten Produktion ist gar nicht ernstlich angefaßt
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und die soziale Verfassung mit ihren aufsaugenden Positionen keineswegs als der
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letzte Grund der weißen Sklaverei erkannt worden. Im Gegenteil hat sich
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immer das Politischsoziale aus dem Ökonomischen erklärt finden sollen.«</SMALL></P>
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<P>Nun haben wir aus den oben angeführten Stellen gesehn, daß Marx
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keineswegs behauptet, das Mehrprodukt werde vom industriellen Kapitalisten, der
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sein erster Aneigner ist, unter allen Umständen im Durchschnitt <A NAME="S198"></A><B>|198|</B>
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zu seinem vollen Wert verkauft, wie Herr Dühring hier voraussetzt. Marx sagt
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ausdrücklich, daß auch der Handelsgewinn einen Teil des Mehrwerts bildet,
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und dies ist unter den vorliegenden Voraussetzungen doch nur dann möglich,
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wenn der Fabrikant dem Händler sein Produkt, <I>unter</I> dem Wert verkauft
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und ihm damit einen Anteil der Beute abtritt. Wie die Frage hier gestellt wird,
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konnte also allerdings nicht einmal ihre Aufwerfung bei Marx einen Platz finden.
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Rationell gestellt, lautet sie: Wie verwandelt sich Mehrwert in seine Unterformen:
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Profit, Zins, Handelsgewinn, Grundrente usw.? Und diese Frage verspricht Marx
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allerdings, im dritten Buch zu lösen. Wenn aber Herr Dühring nicht so
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lange warten kann, bis der zweite Band des »Kapital« erscheint, so mußte
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er sich einstweilen im ersten Band etwas genauer umsehn. Er konnte dann, außer
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den schon angeführter Stellen, z.B. auf S. 323 lesen, daß nach Marx
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die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion in der äußern
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Bewegung der Kapitale sich als Zwangsgesetze der Konkurrenz geltend machen und
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in dieser Form als treibende Motive dem individuellen Kapitalisten zum Bewußtsein
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kommen; daß also eine wissenschaftliche Analyse der Konkurrenz nur möglich,
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sobald die innere Natur des Kapitals begriffen ist, ganz wie die scheinbare Bewegung
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der Himmelskörper nur dem verständlich, der ihre wirkliche, aber sinnlich
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nicht wahrnehmbare Bewegung kennt; worauf Marx an einem Exempel zeigt, wie ein
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bestimmtes Gesetz, das Wertgesetz, in einem bestimmten Fall innerhalb der Konkurrenz
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erscheint und seine treibende Kraft ausübt |siehe Karl Marx, »Das Kapital«,
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Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_331.htm#S335">Bd.
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23, S. 335</A>|. Herr Dühring konnte hieraus schon entnehmen daß bei
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der Verteilung des Mehrwerts die Konkurrenz eine Hauptrolle spielt, und bei einigem
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Nachdenken genügen diese im ersten Band gegebnen Andeutungen in der Tat,
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um die Verwandlung von Mehrwert in seine Unterformen wenigstens in ihren allgemeinen
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Umrissen erkennen zu lassen.</P>
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<P>Für Herrn Dühring ist indes die Konkurrenz grade das absolute Hindernis
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des Verständnisses. Er kann nicht begreifen, wie die konkurrierender Unternehmer
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das volle Erzeugnis der Arbeit und hiermit das Mehrprodukt dauernd so hoch über
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den natürlichen Herstellungskosten verwerten können. Es wird sich hier
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wieder mit der gewohnten »Strenge«, die in der Tat Liederlichkeit ist, ausgedrückt.
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Das Mehrprodukt als solches hat bei <I>Marx ja gar keine Herstellungskosten</I>,
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es ist der Teil des Produkts, der dem Kapitalisten <I>nichts kostet</I>. Wenn
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also die konkurrierenden Unternehmer das Mehrprodukt zu seinen natürlichen
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Herstellungskosten verwerten wollten, <A NAME="S199"></A><B>|199|</B> so müßten
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sie es eben <I>verschenken</I>. Doch halten wir uns bei solchen »mikrologischen
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Einzelheiten« nicht auf. Verwerten denn in der Tat die konkurrierenden Unternehmer
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nicht täglich das Erzeugnis der Arbeit über den natürlichen Herstellungskosten?
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Nach Herrn Dühring bestehn die natürlichen Herstellungskosten</P>
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<P><SMALL>»in der Arbeits- oder Kraftausgabe, und diese kann wiederum in ihren
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letzten Grundlagen durch den Nahrungsaufwand gemessen werden«;</SMALL></P>
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<P>also in der heutigen Gesellschaft aus den an Rohstoff, Arbeitsmitteln und Arbeitslohn
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wirklich auf gewendeten Auslagen, im Unterschied von der »Bezollung«, dem Profit,
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dem mit dem Degen in der Hand erzwungnen Aufschlag. Nun ist es allbekannt, daß
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|
in der Gesellschaft, in der wir leben, die konkurrierenden Unternehmer ihre Waren
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|
<I>nicht</I> zu den natürlichen Herstellungskosten verwerten, sondern den
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angeblichen Aufschlag, den Profit hinzurechnen und in der Regel auch erhalten.
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|
Die Frage, die Herr Dühring, wie er glaubte, nur aufzuwerfen braucht, um
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|
damit das ganze Marxsche Gebäude umzublasen, wie weiland Josua die Mauern
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von Jericho, diese Frage existiert also auch für die ökonomische Theorie
|
||
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des Herrn Dühring. Sehn wir, wie er sie beantwortet.</P>
|
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<P><SMALL>»Das Kapitaleigentum«, sagt er, »hat keinen praktischen Sinn und läßt
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sich nicht verwerten, wenn nicht in ihm zugleich die indirekte Gewalt über
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den Menschenstoff eingeschlossen ist. Das Erzeugnis dieser Gewalt ist der Kapitalgewinn,
|
||
|
und die Größe des letztern wird daher von dem Umfang und der Intensität
|
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dieser Herrschaftsübung abhängen ... Der Kapitalgewinn ist eine politische
|
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|
und soziale Institution, die mächtiger wirkt als die Konkurrenz. Die Unternehmer
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handeln in dieser Beziehung als Stand, und jeder einzelne behauptet seine Position.
|
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Ein gewisses Maß des Kapitalgewinns ist bei der einmal herrschenden Wirtschaftsart
|
||
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eine Notwendigkeit.«</SMALL></P>
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<P>Leider wissen wir auch jetzt noch immer nicht, wie die konkurrierenden Unternehmer
|
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imstande sind, das Erzeugnis der Arbeit dauernd über den natürlichen
|
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Herstellungskosten zu verwerten. Herr Dühring denkt unmöglich von seinem
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Publikum so gering, um es mit der Redensart abzuspeisen, der Kapitalgewinn stehe
|
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über der Konkurrenz, wie seinerzeit der König von Preußen über
|
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dem Gesetz. Die Manöver, durch die der König von Preußen in seine
|
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|
Stellung über dem Gesetz kam, kennen wir; die Manöver, wodurch der Kapitalgewinn
|
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dazu kommt, mächtiger zu sein als die Konkurrenz, sind grade das, was Herr
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Dühring uns erklären soll und was er uns hartnäckig zu erklären
|
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verweigert. Auch kann es nichts ausmachen, wenn, wie er sagt, die Unternehmer
|
||
|
in dieser Beziehung als Stand handeln, und dabei jeder einzelne seine Position
|
||
|
behauptet. Wir sollen ihm <A NAME="S200"></A><B>|200|</B> doch nicht etwa aufs
|
||
|
Wort glauben, eine Anzahl Leute brauche nur als Stand zu handeln, damit jeder
|
||
|
einzelne von ihnen seine Position behaupte? Die Zünftler des Mittelalters,
|
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die französischen Adligen 1789 handelten bekanntlich sehr entschieden als
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||
|
Stand und sind doch zugrunde gegangen. Die preußische Armee bei Jena handelte
|
||
|
auch als Stand, aber statt ihre Position zu behaupten, mußte sie vielmehr
|
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ausreißen und nachher sogar stückweise kapitulieren. Ebensowenig kann
|
||
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uns die Versicherung genügen, bei der einmal herrschenden Wirtschaftsart
|
||
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sei ein gewisses Maß des Kapitalgewinns eine Notwendigkeit; denn es handelt
|
||
|
sich ja grade darum, nachzuweisen, <I>warum</I> dem so ist. Nicht einen Schritt
|
||
|
näher zum Ziel kommen wir, wenn Herr Dühring uns mitteilt:</P>
|
||
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<P><SMALL>»Die Kapitalherrschaft ist im Anschluß an die Bodenherrschaft
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erwachsen. Ein Teil der hörigen Landarbeiter ist in den Städten zu Gewerbsarbeiten
|
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und schließlich zu Fabrikmaterial umgestaltet worden. Nach der Bodenrente
|
||
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hat sich der Kapitalgewinn als eine zweite Form der Besitzrente ausgebildet.«</SMALL></P>
|
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|
<P>Selbst wenn wir von der historischen Schiefheit dieser Behauptung absehn, so
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|
bleibt sie doch immer eine bloße Behauptung und beschränkt sich darauf,
|
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das wiederholt zu beteuern, was grade erklärt und bewiesen werden soll. Wir
|
||
|
können also zu keinem andern Schluß kommen, als daß Herr Dühring
|
||
|
unfähig ist, auf seine eigne Frage zu antworten: wie die konkurrierenden
|
||
|
Unternehmer imstande sind, das Erzeugnis der Arbeit dauernd über den natürlichen
|
||
|
Herstellungskosten zu verwerten, das heißt, daß er unfähig ist,
|
||
|
die Entstehung des Profits zu erklären. Es bleibt ihm nichts übrig,
|
||
|
als kurzweg zu dekretieren: der Kapitalgewinn ist das Erzeugnis der <I>Gewalt</I>,
|
||
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was allerdings ganz einstimmt mit Artikel 2 der Dühringschen Gesellschaftsverfassung:
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|
Die Gewalt verteilt. Dies ist allerdings sehr schön gesagt; aber jetzt »entsteht
|
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die Frage«: Die Gewalt verteilt - was? Es muß doch etwas zu verteilen da
|
||
|
sein, sonst kann selbst die allmächtigste Gewalt beim besten Willen nichts
|
||
|
verteilen. Der Gewinn, den die konkurrierenden Unternehmer in die Tasche stecken,
|
||
|
ist etwas sehr Handgreifliches und Handfestes. Die Gewalt kann ihn <I>nehmen,</I>
|
||
|
aber nicht <I>erzeugen</I>. Und wenn Herr Dühring uns hartnäckig die
|
||
|
Erklärung weigert, <I>wie</I> die Gewalt den Unternehmergewinn nimmt, so
|
||
|
hat er gar nur Grabesschweigen als Antwort auf die Frage, <I>woher</I> sie ihn
|
||
|
nimmt. Wo nichts ist, hat der Kaiser, wie jede andre Gewalt, sein Recht verloren.
|
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|
Aus nichts wird nichts, namentlich nicht Profit. Wenn das Kapitaleigentum keinen
|
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|
praktischen Sinn hat und sich nicht verwerten läßt, solange nicht in
|
||
|
ihm zugleich die indirekte Gewalt über den Menschenstoff eingeschlossen ist,
|
||
|
so entsteht abermals die Frage, erstens, <A NAME="S201"></A><B>|201|</B> wie der
|
||
|
Kapitalreichtum zu dieser Gewalt kam, die mit den oben angeführten paar historischen
|
||
|
Behauptungen keineswegs erledigt ist; zweitens, wie sich diese Gewalt in Kapitalverwertung,
|
||
|
in Profit verwandelt, und drittens, woher sie diesen Profit nimmt.</P>
|
||
|
<P>Wir mögen die Dühringsche Ökonomie anfassen, wo wir wollen,
|
||
|
wir kommen keinen Schritt weiter. Für alle mißliebigen Umstände,
|
||
|
für Profit, Bodenrente, Hungerlohn, Arbeiterknechtung hat sie nur Ein Wort
|
||
|
der Erklärung: die Gewalt, und immer wieder die Gewalt, und der »gewaltigere
|
||
|
Zorn« des Herrn Dühring löst sich eben auch auf in den Zorn über
|
||
|
die Gewalt. Wir haben gesehn, erstens, daß diese Berufung auf die Gewalt
|
||
|
eine faule Ausflucht ist, eine Verweisung vom ökonomischen Gebiet aufs politische,
|
||
|
die keine einzige ökonomische Tatsache zu erklären imstande ist; und
|
||
|
zweitens, daß sie die Entstehung der Gewalt selbst unerklärt läßt,
|
||
|
und dies wohlweislich, indem sie sonst zu dem Ergebnis kommen müßte,
|
||
|
daß alle gesellschaftliche Macht und alle politische Gewalt ihren Ursprung
|
||
|
haben in ökonomischen Vorbedingungen, in der geschichtlich gegebnen Produktions-
|
||
|
und Austauschweise der jedesmaligen Gesellschaft.</P>
|
||
|
<P>Versuchen wir jedoch, ob wir dem unerbittlichen »tieferen Grundleger« der Ökonomie
|
||
|
nicht noch einige weitere Aufschlüsse über den Profit entringen können.
|
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|
Vielleicht gelingt es uns, wenn wir bei seiner Behandlung des Arbeitslohns ansetzen.</P>
|
||
|
<P>Da heißt es Seite 158:</P>
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<P><SMALL>»Der Arbeitslohn ist der Sold zum Unterhalt der Arbeitskraft und kommt
|
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zunächst nur als Grundlage für Bodenrente und Kapitalgewinn in Betracht.
|
||
|
Um sich die hier obwaltenden Verhältnisse recht entschieden klarzumachen,
|
||
|
denke man sich Grundrente und weiterhin auch Kapitalgewinn zuerst geschichtlich
|
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ohne Arbeitslohn, also auf Grundlage der Sklaverei oder Hörigkeit ... Ob
|
||
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der Sklave oder Hörige, oder ob der Lohnarbeiter unterhalten werden muß,
|
||
|
begründet nur einen Unterschied in der Art und Weise der Belastung der Produktionskosten.
|
||
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<I>In jedem Fall bildet der durch die Ausnutzung der Arbeitskraft erzielte Reinertrag
|
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das Einkommen des Arbeitsherrn </I>... Man sieht also, daß ... namentlich
|
||
|
der Hauptgegensatz, vermöge dessen auf der einen Seite irgendeine Art von
|
||
|
<I>Besitzrente</I> und auf der andern die besitzlose Soldarbeit steht, nicht ausschließlich
|
||
|
in einem seiner Glieder, sondern stets nur in beiden zugleich betroffen werden
|
||
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kann.«</SMALL></P>
|
||
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<P>Besitzrente ist aber, wie wir Seite 188 erfahren, ein gemeinsamer Ausdruck
|
||
|
für Bodenrente und Kapitalgewinn. Ferner heißt es Seite 174:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Der Charakter des Kapitalgewinns ist eine <I>Aneignung des hauptsächlichsten
|
||
|
Teils des Ertrags der Arbeitskraft</I>. Ohne das Korrelat der in irgendeiner Gestalt
|
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|
unmittelbar oder mittelbar unterworfenen Arbeit läßt er sich nicht
|
||
|
denken.«</SMALL></P>
|
||
|
<P><B><A NAME="S202">|202|</A></B> Und Seite 183:</P>
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|
<P><SMALL>Der Arbeitslohn »ist unter allen Umständen nichts weiter als ein
|
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|
Sold, vermittelst dessen im allgemeinen der Unterhalt und die Fortpflanzungsmöglichkeit
|
||
|
des Arbeiters gesichert sein müssen«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Und endlich Seite 195:</P>
|
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<P><SMALL>»Was der Besitzrente zufällt, muß dem Arbeitslohn verlorengehn
|
||
|
und umgekehrt, was von der allgemeinen Leistungsfähigkeit (!) an die Arbeit
|
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|
gelangt, muß den Besitzeinkünften entzogen werden.«</SMALL></P>
|
||
|
<P>Herr Dühring führt uns von Überraschung zu Überraschung.
|
||
|
In der Werttheorie und in den folgenden Kapiteln bis zur Lehre von der Konkurrenz
|
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|
und diese eingeschlossen, also von Seite 1 bis 155, teilten sich die Warenpreise
|
||
|
oder Werte erstens in die natürlichen Herstellungskosten oder den Produktionswert,
|
||
|
das heißt die Auslagen an Rohstoff, Arbeitsmitteln und Arbeitslohn, und
|
||
|
zweitens in den Aufschlag oder Verteilungswert, die mit dem Degen in der Hand
|
||
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erzwungne Besteuerung zugunsten der Monopolistenklasse; ein Aufschlag, der, wie
|
||
|
wir sahen, an der Verteilung des Reichtums in Wirklichkeit nichts ändern
|
||
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konnte, indem er mit der einen Hand das wiedergeben mußte, was er mit der
|
||
|
andern nahm, und der außerdem, soweit uns Herr Dühring über seinen
|
||
|
Ursprung und seinen Inhalt Auskunft gibt, aus nichts entstand und daher auch aus
|
||
|
nichts bestand. In den beiden folgenden Kapiteln, die von den Einkünftearten
|
||
|
handeln, also von Seite 156 bis 217, ist von Aufschlag keine Rede mehr. Statt
|
||
|
dessen teilt sich der Wert jedes Arbeitserzeugnisses, also jeder Ware, jetzt in
|
||
|
folgende zwei Teile: erstens in die Produktionskosten, worin auch der bezahlte
|
||
|
Arbeitslohn einbegriffen, und zweitens in den »durch Ausnutzung der Arbeitskraft
|
||
|
erzielten <I>Reinertrag</I>«, der das Einkommen des Arbeitsherrn bildet. Und dieser
|
||
|
Reinertrag hat eine ganz bekannte, durch keine Tätowierung oder Anstreicherkunst
|
||
|
zu verdeckende Physiognomie. »Um sich die hier obwaltenden Verhältnisse recht
|
||
|
entschieden klarzumachen«, denke sich der Leser die soeben angeführten Stellen
|
||
|
aus Herrn Dühring gedruckt gegenüber den früher angeführten
|
||
|
Stellen aus Marx über Mehrarbeit, Mehrprodukt und Mehrwert, und er wird finden,
|
||
|
daß Herr Dühring hier das »Kapital« in seiner Weise <I>direkt ausschreibt</I>.</P>
|
||
|
<P>Die Mehrarbeit in irgendeiner Form, sei es der Sklaverei, Hörigkeit oder
|
||
|
Lohnarbeit, erkennt Herr Dühring an als Quelle der Einkünfte aller bisherigen
|
||
|
herrschenden Klassen: genommen aus der mehrfach angeführten Stelle: »Kapital«,
|
||
|
Seite 227: das Kapital hat die Mehrarbeit nicht erfunden <A NAME="S203"></A><B>|203|</B>
|
||
|
usw. |siehe Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke,
|
||
|
<A HREF="../me23/me23_245.htm#S249">Bd. 23, S. 249</A>| - Und der »Reinertrag«,
|
||
|
der »das Einkommen des Arbeitsherrn« bildet, was ist er anders als der Überschuß
|
||
|
des Arbeitsprodukts über den Arbeitslohn, weicher letztere ja auch bei Herrn
|
||
|
Dühring, trotz seiner ganz überflüssigen Verkleidung in einen Sold,
|
||
|
im allgemeinen den Unterhalt und die Fortpflanzungsmöglichkeit des Arbeiters
|
||
|
sichern muß? Wie kann die »Aneignung des hauptsächlichsten Teils des
|
||
|
Ertrags der Arbeitskraft« vor sich gehn, außer dadurch, daß der Kapitalist,
|
||
|
wie bei Marx, dem Arbeiter mehr Arbeit auspreßt, als zur Reproduktion der
|
||
|
von diesem letztern verzehrten Lebensmittel nötig ist, das heißt dadurch,
|
||
|
daß der Kapitalist den Arbeiter längere Zeit arbeiten läßt,
|
||
|
als erforderlich ist, den Wert des dem Arbeiter gezahlten Arbeitslohns zu ersetzen?
|
||
|
Also Verlängerung des Arbeitstags über die zur Reproduktion der Lebensmittel
|
||
|
des Arbeiters nötige Zeit hinaus, Marxsche Mehrarbeit - das und nichts andres
|
||
|
ist es, was sich verbirgt unter Herrn Dührings »Ausnutzung der Arbeitskraft«;
|
||
|
und sein »Reinertrag« des Arbeitsherrn, worin anders kann er sich darstellen als
|
||
|
in Marxschem Mehrprodukt und Mehrwert? Und wodurch anders als durch ihre unexakte
|
||
|
Fassung unterscheidet sich die Dühringsche Besitzrente vom Marxschen Mehrwert?
|
||
|
Den Namen »Besitzrente« übrigens hat Herr Dühring von Rodbertus entlehnt,
|
||
|
der die Bodenrente und die Kapitalrente oder den Kapitalgewinn schon unter dem
|
||
|
gemeinsamen Ausdruck: <I>Rente </I>zusammenfaßte, so daß Herr Dühring
|
||
|
nur den »Besitz« hinzuzusetzen hatte.<A NAME="ZF3"></A><A HREF="me20_136.htm#F3"><SPAN class="top">(3)</SPAN></A>
|
||
|
Und damit ja kein Zweifel bleibe über das Plagiat, faßt Herr Dühring
|
||
|
die von Marx im 15. Kapitel (Seite 539 u. ff. des »Kapital« |siehe Karl Marx,
|
||
|
»Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_542.htm">Bd.
|
||
|
23, S. 542</A>|) entwickelten Gesetze über den Größenwechsel von
|
||
|
Preis der Arbeitskraft und Mehrwert in seiner Weise so zusammen, daß, was
|
||
|
der Besitzrente zufällt, dem Arbeitslohn verlorengehn muß und umgekehrt,
|
||
|
und reduziert damit die inhaltvollen Marxschen Einzelgesetze auf eine inhaltlose
|
||
|
Tautologie, denn es ist selbstredend, daß von einer gegebnen, in zwei Teile
|
||
|
zerfallenden Größe der eine Teil nicht wachsen kann, ohne daß
|
||
|
der andre abnimmt. Und so ist es Herrn Dühring gelungen, die Aneignung der
|
||
|
Marxschen Ideen in einer Weise zu vollziehn, bei der die »letzte und strengste
|
||
|
Wissenschaftlichkeit im Sinne der exakten Disziplinen«, wie sie sich in der Marxschen
|
||
|
Entwicklung allerdings findet, vollständig verlorengeht.</P>
|
||
|
<P>Wir können also nicht umhin anzunehmen, daß das auffallende Gepolter,
|
||
|
<A NAME="S204"></A><B>|204|</B> das Herr Dühring in der »Kritischen Geschichte«
|
||
|
über »Das Kapital« erhebt, und namentlich der Staub, den er aufwirbelt mit
|
||
|
der famosen Frage, die beim Mehrwert entsteht, und die er besser ungefragt gelassen
|
||
|
hätte, sintemal sie selbst nicht beantworten kann - daß das alles nur
|
||
|
Kriegslisten sind, schlaue Manöver, um damit das im »Cursus« an Marx begangne
|
||
|
grobe Plagiat zu verdecken. Herr Dühring hatte in der Tat alle Ursache, seine
|
||
|
Leser zu warnen vor der Beschäftigung mit »dem Knäuel, welches von Herrn
|
||
|
Marx Kapital genannt wird«, vor den Bastarden historischer und logischer Phantastik,
|
||
|
den Hegelschen konfusen Nebelvorstellungen und Flausen usw. Die Venus, vor der
|
||
|
dieser getreue Eckart die deutsche Jugend warnt, hatte er sich selbst zum eignen
|
||
|
Gebrauch aus den Marxschen Gehegen im stillen in Sicherheit gebracht. Gratulieren
|
||
|
wir ihm zu diesem durch die Ausnutzung der Marxschen Arbeitskraft erzielten Reinertrag
|
||
|
und zu dem eigentümlichen Licht, den seine Annexion des Marxschen Mehrwerts
|
||
|
unter dem Namen der Besitzrente auf die Motive seiner hartnäckigen, weil
|
||
|
in zwei Auflagen wiederholten, falschen Behauptung wirft, als verstehe Marx unter
|
||
|
Mehrwert nur den Profit oder Kapitalgewinn.</P>
|
||
|
<P>Und so müssen wir Herrn Dührings Leistungen schildern in Herrn Dührings
|
||
|
Worten wie folgt:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Nach der Ansicht des Herrn« Dühring »vertritt der Arbeitslohn
|
||
|
nur die Bezahlung derjenigen Arbeitszeit, welche der Arbeiter wirklich für
|
||
|
die Ermöglichung der eignen Existenz tätig ist. Hierzu genügt nur
|
||
|
eine kleinere Anzahl Stunden; der ganze übrige Teil des oft langgedehnten
|
||
|
Arbeitstags liefert einen Überschuß, in welchem die von unsern Autor
|
||
|
so genannte« Besitzrente ... »enthalten ist. Abgesehn von der auf irgendeiner
|
||
|
Stufe der Produktion bereits in den Arbeitsmitteln und relativen Rohstoffen enthaltenen
|
||
|
Arbeitszeit, ist jener Überschuß des Arbeitstags der Anteil des kapitalistischen
|
||
|
Unternehmers. Die Ausdehnung des Arbeitstags ist hiernach reiner Auspressungsgewinn
|
||
|
zugunsten des Kapitalisten. Der giftige Haß, mit dem Herr« Dühring
|
||
|
»diese Vorstellungsart des Ausbeutergeschäfts pflegt, ist nur zu begreiflich«
|
||
|
...</SMALL></P>
|
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<P>Weniger begreiflich dagegen ist, wie er nun wieder zu seinem »gewaltigeren
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Zorn« kommen will?</P>
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<H3 ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_IX">IX. Naturgesetze der Wirtschaft. Grundrente</A></H3>
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<P>Bisher haben wir beim besten Willen nicht entdecken können, wie Herr Dühring
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dazu kommt, auf dem Gebiet der Ökonomie</P>
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<P><SMALL>»<I>mit </I>dem Anspruch auf ein neues, nicht etwa bloß der Epoche
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genügendes, sondern für <I>die Epoche maßgebendes System </I>aufzutreten«.</SMALL></P>
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<P><A NAME="S205"><B>|205|</B></A> Was wir aber bei der Gewaltstheorie, bei Wert
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und Kapital nicht zu sehn vermochten, vielleicht springt es uns sonnenklar in
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die Augen bei Betrachtung der von Herrn Dühring aufgestellten »Naturgesetze
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der Volkswirtschaft«. Denn, wie er sich mit gewohnter Neuheit und Schärfe
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ausdrückt,</P>
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<P><SMALL>»der Triumph der höhern Wissenschaftlichkeit besteht darin, über
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die bloßen Beschreibungen und Einteilungen des gleichsam ruhenden Stoffs
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zu den lebendigen, die Erzeugung beleuchtenden Einsichten zu gelangen. Die Erkenntnis
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der Gesetze ist daher die vollkommenste; denn sie zeigt uns, wie ein Vorgang durch
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den andern bedingt wird.«</SMALL></P>
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<P>Gleich das erste Naturgesetz aller Wirtschaft ist speziell von Herrn Dühring
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entdeckt worden.</P>
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<P><SMALL> Adam Smith »hat merkwürdigerweise den wichtigsten Faktor aller
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wirtschaftlichen Entwicklungen nicht bloß nicht an die Spitze gestellt,
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sondern auch dessen besondre Formulierung ganz unterlassen und auf diese Weise
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diejenige Macht, die der modernen europäischen Entwicklung ihren Stempel
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aufgedrückt hatte, unwillkürlich zu einer untergeordneten Rolle herabgewürdigt«.
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Dies »Grundgesetz, welches an die Spitze gestellt werden muß, ist dasjenige
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der technischen Ausrüstung, ja man könnte sagen der Bewaffnung der natürlich
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gegebnen Wirtschaftskraft des Menschen«.</SMALL></P>
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<P>Dies von Herrn Dühring entdeckte »Fundamentalgesetz« lautet wie folgt:</P>
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<P><SMALL>Gesetz Nr. 1. »Die Produktivität der wirtschaftlichen Mittel, Naturhülfsquellen
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und Menschenkraft, wird <I>durch Erfindungen und Entdeckungen </I>gesteigert.«</SMALL></P>
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<P>Wir staunen. Herr Dühring behandelt uns ganz wie jener Spaßvogel
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bei Molière den neugebacknen Adligen, dem er die Neuigkeit mitteilt, er
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habe sein ganzes Leben lang Prosa gesprochen, ohne es zu wissen. Daß Erfindungen
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und Entdeckungen in manchen Fällen die Produktivkraft der Arbeit steigern
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(in sehr vielen Fällen aber auch nicht, wie die massenhafte Archivmakulatur
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aller Patentämter der Welt beweist), das haben wir längst gewußt;
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daß diese uralte Trivialität aber das Fundamentalgesetz der ganzen
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Ökonomie ist - diese Aufklärung verdanken wir Herrn Dühring. Wenn
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»der Triumph der höheren Wissenschaftlichkeit« in der Ökonomie, wie
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in der Philosophie, nur darin besteht, dem ersten besten Gemeinplatz einen volltönenden
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Namen zu geben, ihn als ein Naturgesetz oder gar Fundamentalgesetz auszuposaunen,
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so ist das »tiefere Grundlegen« und Umwälzen der Wissenschaft in der Tat
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auch für jedermann, selbst für die Redaktion der Berliner »Volks-Zeitung«
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möglich gemacht. Wir wären dann »in aller Strenge« genötigt, Herrn
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Dührings Urteil über Plato auf Herrn Dühring selbst anzuwenden
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wie folgt:</P>
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<P><SMALL><B><A NAME="S206">|206|</A></B> »Wenn indessen so etwas nationalökonomische
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Weisheit sein soll, so hat sie der Urheber der« kritischen Grundlegungen »mit
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jeder Person gemein, die überhaupt zu einem Gedanken« - ja sogar bloß
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zu einem Gerede - »über das auf der Hand Liegende Veranlassung erhielt.«</SMALL></P>
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<P>Wenn wir z.B. sagen: die Tiere fressen, so sprechen wir in unsrer Unschuld
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ein großes Wort gelassen aus; denn wir brauchen nur zu sagen, es sei das
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Fundamentalgesetz alles Tierlebens, zu fressen, und wir haben die ganze Zoologie
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umgewälzt.</P>
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<P><SMALL>Gesetz Nr. 2. Teilung der Arbeit: »Die Spaltung der Berufszweige und
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die Zerlegung der Tätigkeiten erhöht die Produktivität der Arbeit.«</SMALL></P>
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<P>Soweit dies richtig, ist es seit Adam Smith ebenfalls Gemeinplatz. Wie weit
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es richtig, wird sich im dritten Abschnitt zeigen.</P>
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<P><SMALL>Gesetz Nr. 3. »<I>Entfernung und Transport </I>sind die Hauptursachen,
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durch welche das Zusammenwirken der produktiven Kräfte gehemmt und gefördert
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wird.«</SMALL></P>
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<P><SMALL>Gesetz Nr. 4. »Der Industriestaat hat unvergleichlich mehr Bevölkerungskapazität
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als der Ackerbaustaat.«</SMALL></P>
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<P><SMALL>Gesetz Nr. 5. »In der Ökonomie geschieht nichts ohne ein materielles
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Interesse.«</SMALL></P>
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<P>Das sind die »Naturgesetze«, auf die Herr Dühring seine neue Ökonomie
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begründet. Er bleibt seiner, in der Philosophie schon dargestellten Methode
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treu. Ein paar, manchmal dazu noch schief ausgedrückte Selbstverständlichkeiten
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von trostlosester Landläufigkeit bilden die Axiome, die keines Beweises bedürfen,
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die Fundamentalsätze, die Naturgesetze auch der Ökonomie. Unter dem
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Vorwand, den Inhalt dieser Gesetze zu entwickeln, die keinen Inhalt haben, wird
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die Gelegenheit benutzt zu einer breiten ökonomischen Kannegießerei
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über die verschiednen Themata, deren Namen in diesen angeblichen Gesetzen
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vorkommen, also über Erfindungen, Teilung der Arbeit, Transportmittel, Bevölkerung,
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Interesse, Konkurrenz usw., einer Kannegießerei, deren platte Alltäglichkeit
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gewürzt wird nur durch orakelhafte Grandiloquenzen und hier und da durch
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schiefe Auffassung oder wichtigtuende Spintisierung über allerlei kasuistische
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Subtilitäten. Dann kommen wir schließlich auf Bodenrente, Kapitalgewinn
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und Arbeitslohn, und da wir im Vorhergehenden nur die beiden letztern Aneignungsformen
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behandelt, so wollen wir hier zum Schluß noch die Dühringsche Auffassung
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der Grundrente kurz untersuchen.</P>
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<P>Wir lassen dabei alle Punkte unberücksichtigt, in denen Herr Dühring
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bloß seinen Vorgänger Carey abschreibt; wir haben es nicht mit Carey
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zu tun, auch nicht die Ricardosche Auffassung der Grundrente gegen Careys Verdrehungen
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und Torheiten zu verteidigen. Uns geht bloß Herr Dühring an, und dieser
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definiert die Grundrente als <A NAME="S207"></A></P>
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<P><SMALL><B>|207|</B> »dasjenige Einkommen, welches der Eigentümer <I>als
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solcher</I> vom Grund und Boden bezieht«.</SMALL></P>
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<P>Den ökonomischen Begriff der Grundrente, den Herr Dühring erklären
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soll, übersetzt er kurzerhand ins juristische, so daß wir nicht klüger
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sind als vorher. Unser tieferer Grundleger muß sich daher, wohl oder übel,
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zu weitern Erörterungen herbeilassen. Er vergleicht nun die Verpachtung eines
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Ackerguts an einen Pächter mit dem Ausleihen eines Kapitals an einen Unternehmer,
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findet aber bald, daß der Vergleich, wie mancher andre, hinkt.</P>
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<P><SMALL>Denn, sagt er, »wollte man die Analogie weiter verfolgen, so müßte
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der Gewinn, der dem Pächter nach Abzahlung der Bodenrente übrigbleibt,
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demjenigen Rest des Kapitalgewinns entsprechen, welcher dem Unternehmer, der mit
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dem Kapital wirtschaftet, nach Abzug der Zinsen zufällt. <I>Man ist aber
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nicht gewohnt, </I>die Pächtergewinne als die Haupteinkünfte und die
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Grundrente als einen Rest anzusehn. ... Ein Beweis für diese Verschiedenheit
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der Auffassung ist die <I>Tatsache</I>, daß man in der Lehre von der Bodenrente
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den Fall der Selbstbewirtschaftung nicht besonders auszeichnet, und auf die Größendifferenz
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einer in Form der Pacht und einer selbsterzeugten Rente kein sonderliches Gewicht
|
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legt. <I>Wenigstens hat man sich nicht veranlaßt gefunden, </I>die aus der
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Selbstbewirtschaftung hervorgehende Rente derartig zerlegt zu denken, daß
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der eine Bestandteil gleichsam den Zins des Grundstücks und der andre den
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Überschußgewinn des Unternehmertums repräsentierte. Abgesehn von
|
||
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dem eignen Kapital, welches der Pächter zur Anwendung bringt, <I>scheint
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man </I>seinen speziellen <I>Gewinn, meistens </I>für eine Art Arbeitslohn
|
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<I>zu halten. </I>Doch ist es <I>bedenklich</I>, hierüber etwas behaupten
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zu wollen, da man sich die Frage in dieser Bestimmtheit gar nicht vorgelegt hat.
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Überall wo es sich um größere Wirtschaften handelt, wird man mit
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Leichtigkeit einsehn können, daß es nicht angeht, den spezifischen
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Pächtergewinn als Arbeitslohn gelten zu lassen. Dieser Gewinn beruht nämlich
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selbst auf dem Gegensatz gegen die ländliche Arbeitskraft, deren Ausnutzung
|
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allein jene Einkünfteart möglich macht. Es ist offenbar <I>ein Stück
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Rente</I>, welches in den Händen des Pächters bleibt, und durch welches
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die <I>volle Rente</I>, die bei der Bewirtschaftung durch den Eigentümer
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|
erzielt werden würde, verkürzt wird.«</SMALL></P>
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<P>Die Theorie von der Bodenrente ist ein spezifisch englisches Stück Ökonomie
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und mußte es sein, weil nur in England eine Produktionsweise bestand, bei
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|
der die Rente sich auch tatsächlich von Profit und Zins abgesondert hatte.
|
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In England herrscht bekanntlich großer Grundbesitz und große Agrikultur.
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Die Grundeigentümer verpachten ihre Ländereien in großen, oft
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||
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sehr großen Ackergütern an Pächter, die mit hinreichendem Kapital
|
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|
zu deren Bewirtschaftung versehen sind und nicht, wie unsre Bauern, selbst arbeiten,
|
||
|
sondern als richtige kapitalistische Unternehmer die Arbeit von Hofgesinde und
|
||
|
Taglöhnern verwenden. Hier haben wir <A NAME="S208"></A><B>|208|</B> also
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|
die drei Klassen der bürgerlichen Gesellschaft und das einer jeden eigentümliche
|
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Einkommen: den Grundeigentümer, der die Grundrente, den Kapitalisten, der
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den Profit, und den Arbeiter, der den Arbeitslohn bezieht. Nie ist es einem englischen
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Ökonomen eingefallen, den Gewinn des Pächters, wie dies Herrn Dühring
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<I>scheint</I>, für eine Art Arbeitslohn zu halten; noch viel weniger konnte
|
||
|
es für ihn <I>bedenklich</I> sein, zu behaupten, des Pächters Profit
|
||
|
sei das, was er unbestreitbar, augenscheinlich und handgreiflich ist, nämlich
|
||
|
Kapitalprofit. Es ist gradezu lächerlich, wenn es hier heißt, man habe
|
||
|
sich die Frage, was der Pächtergewinn eigentlich sei, in dieser Bestimmtheit
|
||
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gar nicht vorgelegt. In England braucht man sich diese Frage gar nicht erst vorzulegen,
|
||
|
die Frage wie die Antwort liegen seit lange vor in den Tatsachen selbst, und es
|
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|
hat darüber seit Adam Smith nie ein Zweifel bestanden.</P>
|
||
|
<P>Der Fall der Selbstbewirtschaftung, wie Herr Dühring es nennt, oder vielmehr
|
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|
der Bewirtschaftung durch Verwalter für Rechnung des Grundbesitzers, wie
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|
er in der Wirklichkeit in Deutschland sich mehrentells ereignet, ändert nichts
|
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an der Sache. Wenn der Grundbesitzer auch das Kapital liefert und für eigne
|
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|
Rechnung wirtschaften läßt, so steckt er außer der Grundrente
|
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noch den Kapitalprofit in die Tasche, wie das nach der heutigen Produktionsweise
|
||
|
sich von selbst versteht und gar nicht anders sein kann. Und wenn Herr Dühring
|
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behauptet, man habe sich bisher nicht veranlaßt gefunden, die aus der Selbstbewirtschaftung
|
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hervorgehende Rente (soll heißen Revenue) zerlegt zu denken, so ist das
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einfach nicht wahr und beweist im besten Fall nur wieder seine eigne Unwissenheit.
|
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Zum Beispiel:</P>
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<P><SMALL>»Das Einkommen, das sich aus Arbeit herleitet, heißt Arbeitslohn;
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dasjenige, welches jemand aus der Anwendung von Kapital herleitet, heißt
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Profit ... das Einkommen, das ausschließlich aus dem Boden entspringt, wird
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Rente genannt und gehört dem Grundbesitzer. ... Wenn diese verschiednen Arten
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von Einkommen verschiednen Personen zufallen, sind sie leicht zu unterscheiden;
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fallen sie aber derselben Person zu, so werden sie wenigstens in der alltäglichen
|
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Sprache häufig durcheinandergeworfen. Ein Grundbesitzer, der einen Teil seines
|
||
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eignen Boden <I>selbst bewirtschaftet</I>, sollte nach Abzug der Bewirtschaftungskosten
|
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<I>sowohl die Rente des Grundbesitzers wie den Profit des Pächters erhalten.
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</I>|Hervorhebungen von Engels| Er wird aber leicht, in der gewöhnlichen
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Sprache wenigstens, seinen ganzen Gewinn Profit nennen und so die Rente mit dem
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Profit zusammenwerfen. Die Mehrzahl unsrer nordamerikanischen und westindischen
|
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Pflanzer sind in dieser Lage; die meisten bebauen ihre eignen Besitzungen, und
|
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|
so hören wir selten von der Rente einer Pflanzung, wohl aber von dem Profit,
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den sie abwirft ... Ein Gärtner, der seinen <A NAME="S209"></A><B>|209|</B>
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|
eignen Garten eigenhändig bebaut, ist in einer Person Grundbesitzer, Pächter
|
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und Arbeiter. Sein Produkt sollte ihm daher die Rente des ersten, den Profit des
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zweiten und den Lohn des dritten zahlen. Das Ganze gilt aber gewöhnlich als
|
||
|
sein Arbeitsverdienst; Rente und Profit werden hier also zusammengeworfen mit
|
||
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dem Arbeitslohn.«</SMALL></P>
|
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<P>Diese Stelle steht im 6. Kapitel des ersten Buchs von <I>Adam Smith</I>. Der
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Fall der Selbstbewirtschaftung ist also schon vor hundert Jahren untersucht, und
|
||
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die Bedenklichkeiten und Unsicherheiten, die Herrn Dühring hier soviel Kummer
|
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|
machen, entspringen lediglich aus seiner eignen Unwissenheit.</P>
|
||
|
<P>Zuletzt rettet er sich aus der Verlegenheit durch einen kühnen Griff:</P>
|
||
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<P><SMALL>Der Pächtergewinn beruht auf Ausbeutung der »ländlichen Arbeitskraft«
|
||
|
und ist daher offenbar ein »Stück Rente«, um welches die »volle Rente«, die
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||
|
eigentlich in die Tasche des Grundbesitzers fließen sollte, »verkürzt
|
||
|
wird«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Hiermit erfahren wir zweierlei. Erstens, daß der Pächter die Rente
|
||
|
des Grundbesitzers »verkürzt«, so daß also bei Herrn Dühring nicht,
|
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|
wie man sich bisher vorgestellt hatte, es der Pächter ist, welcher dem Grundbesitzer,
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||
|
sondern der <I>Grundbesitzer</I>, welcher<I> dem Pächter Rente zahlt</I>
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- allerdings eine »von Grund aus eigentümliche Anschauung«. Und zweitens
|
||
|
erfahren wir endlich, was Herr Dühring sich unter Grundrente vorstellt; nämlich
|
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das ganze bei der Ausbeutung der ländlichen Arbeit im Ackerbau erzielte Mehrprodukt.
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||
|
Da dies Mehrprodukt aber in der bisherigen Ökonomie - einige Vulgärökonomen
|
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etwa ausgenommen - in Grundrente und Kapitalprofit zerfällt, so haben wir
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|
zu konstatieren, daß auch von der Grundrente Herr Dühring »nicht den
|
||
|
gemeingültigen Begriff hegt«.</P>
|
||
|
<P>Also Grundrente und Kapitalgewinn unterscheiden sich nach Herrn Dühring
|
||
|
nur dadurch, daß die erstere im Ackerbau erwirkt wird und der andre in der
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||
|
Industrie oder im Handel. Zu dieser unkritischen und verworrnen Vorstellungsweise
|
||
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gelangt Herr Dühring mit Notwendigkeit. Wir sahen, daß er von der »wahren
|
||
|
historischen Auffassung« ausging, wonach die Herrschaft über den Boden nur
|
||
|
vermittelst der Herrschaft über den Menschen begründet sei. Sobald also
|
||
|
Boden vermittelst irgendeiner Form von Knechtsarbeit bebaut wird, entsteht ein
|
||
|
Überschuß für den Grundherrn, und dieser Überschuß
|
||
|
ist eben die Rente, wie der Überschuß des Arbeitsprodukts über
|
||
|
den Arbeitsgewinn in der Industrie der Kapitalgewinn ist.</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Auf diese Weise ist klar, daß die Bodenrente zu jeder Zeit und
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||
|
überall da in erheblichem Maß existiert, wo die Ackerkultur vermittelst
|
||
|
irgendeiner der Unterwerfungsformen der Arbeit betrieben wird.«</SMALL></P>
|
||
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<P><B><A NAME="S210">|210|</A></B> Bei dieser Darstellung der Rente, als des gesamten
|
||
|
beim Ackerbau erzielten Mehrprodukts, kommt ihm nun einerseits der englische Pächterprofit
|
||
|
und andrerseits die von diesem entlehnte, in der ganzen klassischen Ökonomie
|
||
|
gültige Teilung jenes Mehrprodukts in Grundrente und Pächterprofit,
|
||
|
und damit die <I>reine</I> präzise Fassung der Rente, quer in den Weg. Was
|
||
|
tut Herr Dühring? Er stellt sich, als kenne er von der Einteilung des Ackerbau-Mehrprodukts
|
||
|
in Pächterprofit und Grundrente, also von der ganzen Rententheorie der klassischen
|
||
|
Ökonomie kein Sterbenswörtchen; als sei in der gesamten Ökonomie
|
||
|
die Frage, was der Pächterprofit eigentlich sei, noch gar nicht »in dieser
|
||
|
Bestimmtheit« gestellt worden; als handle es sich um einen ganz unerforschten
|
||
|
Gegenstand, über den nichts bekannt ist als Schein und Bedenklichkeiten.
|
||
|
Und er flüchtet aus dem fatalen England, wo das Mehrprodukt des Ackerbaus
|
||
|
ganz ohne Zutun irgendwelcher theoretischen Schule so erbarmungslos zerteilt ist
|
||
|
in seine Bestandteile: Grundrente und Kapitalprofit, nach seinem vielgeliebten
|
||
|
Geltungsbereich des preußischen Landrechts, wo die Selbstbewirtschaftung
|
||
|
in voller patriarchalischer Blüte steht, wo »der Gutsbesitzer unter Rente
|
||
|
die Einkünfte von seinen Grundstücken versteht« und die Ansicht der
|
||
|
Herren Junker über die Rente noch mit dem Anspruch auftritt, für die
|
||
|
Wissenschaft maßgebend zu sein, wo also Herr Dühring noch hoffen kann,
|
||
|
mit seiner Begriffsverwirrung über Rente und Profit durchzuschlüpfen
|
||
|
und sogar Glauben zu finden für seine neueste Entdeckung, daß die Grundrente
|
||
|
gezahlt werde nicht vom Pächter an den Grundbesitzer, sondern vom Grundbesitzer
|
||
|
an den Pächter.</P>
|
||
|
<H3 ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_X">X. Aus der »Kritischen Geschichte«</A></H3>
|
||
|
<P>Werfen wir schließlich noch einen Blick auf die »Kritische Geschichte
|
||
|
der Nationalökonomie«, auf »dieses Unternehmen« des Herrn Dühring, daß,
|
||
|
wie er sagt, »ganz ohne Vorgänger ist«. Vielleicht begegnen wir hier endlich
|
||
|
der vielversprochenen letzten und strengsten Wissenschaftlichkeit.</P>
|
||
|
<P>Herr Dühring macht viel Aufhebens von dem Fund, daß</P>
|
||
|
<P><SMALL>die »Wirtschaftslehre« eine »enorm moderne Erscheinung ist« (Seite 12).</SMALL></P>
|
||
|
<P>in der Tat heißt's bei Marx im »Kapital«: »Die politische Ökonomie
|
||
|
... als eigne Wissenschaft, kommt erst, in der Manufakturperiode auf«, |siehe
|
||
|
Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_356.htm#S386">Bd.
|
||
|
23, S. 386</A>| und in: »Zur Kritik der Politischen Ökonomie«, Seite 29,
|
||
|
daß »die klassische politische Ökonomie ... in England mit William
|
||
|
Petty, in Frankreich mit <A NAME="S213"></A><B>|213|</B> Boisguillebert beginnt,
|
||
|
in England mit Ricardo, in Frankreich mit Sismondi abschließt |siehe Karl
|
||
|
Marx, »Zur Kritik der Politischen Ökonomie«, in: Karl Marx/Friedrich Engels:
|
||
|
Werke, <A HREF="../me13/me13_015.htm#S37">Bd. 13, S. 37</A>|. Herr Dühring
|
||
|
folgt diesem ihm vorgeschriebnen Gang, nur daß ihm die <I>höhere </I>Ökonomie
|
||
|
erst beginnt mit den kläglichen Aborten, welche die bürgerliche Wissenschaft
|
||
|
nach Ablauf ihrer klassischen Periode zutage gefördert hat. Dahingegen triumphiert
|
||
|
er mit vollstem Recht am Schluß seiner Einleitung:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Wenn aber schon dieses Unternehmen in seinen äußerlich wahrnehmbaren
|
||
|
Eigentümlichkeiten und in der neuern Hälfte seines Inhalts ganz ohne
|
||
|
Vorgänger ist, so gehört es mir noch viel mehr seinen innern kritischen
|
||
|
Gesichtspunkten und seinem allgemeinen Standpunkt nach eigentümlich an« (Seite
|
||
|
9).</SMALL></P>
|
||
|
<P>Er hätte in der Tat nach beiden, äußerlichen und innerlichen
|
||
|
Seiten hin sein »Unternehmen« (der industrielle Ausdruck ist nicht übel gewählt)
|
||
|
annoncieren können als: Der Einzige und sein Eigentum.</P>
|
||
|
<P>Da die politische Ökonomie, wie sie geschichtlich aufgetreten, in der
|
||
|
Tat nichts ist als die wissenschaftliche Einsicht in die Ökonomie der kapitalistischen
|
||
|
Produktionsperiode, so können darauf bezügliche Sätze und Theoreme,
|
||
|
z.B. bei den Schriftstellern der alten griechischen Gesellschaft, nur soweit vorkommen,
|
||
|
wie gewisse Erscheinungen: Warenproduktion, Handel, Geld, zinstragendes Kapital
|
||
|
usw., beiden Gesellschaften gemeinsam sind. Soweit die Griechen gelegentliche
|
||
|
Streifzüge in dies Gebiet machen, zeigen sie dieselbe Genialität und
|
||
|
Originalität wie auf allen andern Gebieten. Ihre Anschauungen bilden daher
|
||
|
geschichtlich die theoretischen Ausgangspunkte der modernen Wissenschaft. Hören
|
||
|
wir nun den weltgeschichtlichen Herrn Dühring.</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Hiernach hätten wir in bezug auf wissenschaftliche Wirtschaftstheorie
|
||
|
vom Altertum eigentlich gar nichts Positives zu berichten, und das gänzlich
|
||
|
unwissenschaftliche Mittelalter bietet dazu« (dazu, <I>nichts</I> zu berichten!)
|
||
|
»noch weit weniger Veranlassung. Da jedoch die den Schein der Gelehrsamkeit eitel
|
||
|
zur Schau tragende Manier ... den reinen Charakter der modernen Wissenschaft verunziert
|
||
|
hat, so müssen zur Notiznahme wenigstens einige Beispiele beigebracht werden.«</SMALL></P>
|
||
|
<P>Und Herr Dühring bringt dann Beispiele einer Kritik bei, die sich in der
|
||
|
Tat auch vom »Schein der Gelehrsamkeit« frei hält.</P>
|
||
|
<P>Des Aristoteles' Satz, daß</P>
|
||
|
<P><SMALL>»zweifach ist der Gebrauch jedes Guts - der eine ist dem Ding als solchem
|
||
|
eigen, der andre nicht, wie einer Sandale, zur Beschuhung zu dienen und austauschbar
|
||
|
zu sein; beides sind Gebrauchsweisen der Sandale, denn auch, wer die Sandale gegen
|
||
|
das ihm <A NAME="S214"></A><B>|214|</B> Mangelnde, Geld oder Nahrung, austauscht,
|
||
|
benutzt die Sandale als Sandale; aber nicht in ihrer natürlichen Gebrauchsweise,
|
||
|
denn sie ist nicht des Austausches wegen da« -</SMALL></P>
|
||
|
<P>dieser Satz ist nach Herrn Dühring »nicht nur in recht trivialer und verschulter
|
||
|
Art ausgesprochen«. Sondern die, welche hierin eine »Unterscheidung zwischen Gebrauchswert
|
||
|
und Tauschwert« finden, verfallen außerdem noch dem »Humor«, zu vergessen,
|
||
|
daß »in allerjüngster Zeit« und »im Rahmen des am meisten fortgeschrittenen
|
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Systems«, natürlich dem des Herrn Dühring selbst, Gebrauchswert und
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Tauschwert alle geworden sind.</P>
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<P><SMALL>»In Platos Schriften über den Staat hat man ... auch das moderne
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Kapitel von der volkswirtschaftlichen Arbeitsteilung finden wollen.«</SMALL></P>
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<P>Dies soll wohl auf die Stelle im »Kapital«, Kapitel XII, 5, Seite 369 der dritten
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Auflage gehn, wo aber vielmehr umgekehrt die Ansicht des klassischen Altertums
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von der Teilung der Arbeit als im strengsten Gegensatz zu der modernen nachgewiesen
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wird |siehe Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke,
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<A HREF="../me23/me23_356.htm#S387">Bd. 23, S. 387/388</A>|. - Nasenrümpfen
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und weiter nichts, von seiten Herrn Dührings, verdient Platos für seine
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Zeit geniale Darstellung der Teilung der Arbeit als naturwüchsiger Grundlage
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der Stadt (die für den Griechen identisch war mit dem Staat), und zwar, weil
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er nicht - wohl aber der Grieche Xenophon, Herr Dühring! - die »Grenze« erwähnt,</P>
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<P><SMALL>»welche der jeweilige Umfang des Markts für die weitere Verzweigung
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der Berufsarten und die technische Zerlegung der Spezialoperationen setzt - die
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Vorstellung von dieser Grenze ist erst diejenige Erkenntnis, mit welcher die sonst
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kaum wissenschaftlich zu nennende Idee zu einer ökonomisch erheblichen Wahrheit
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wird«.</SMALL></P>
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<P>Der von Herrn Dühring so sehr verschmähte »Professor« Roscher hat
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in der Tat diese »Grenze« gezogen, bei der die Idee der Teilung der Arbeit erst
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»wissenschaftlich« werden soll, und deshalb Adam Smith ausdrücklich zum Entdecker
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des Gesetzes der Teilung der Arbeit gemacht. In einer Gesellschaft, wo die Warenproduktion
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die herrschende Weise der Produktion ist, ist »der Markt« - um auch einmal in
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Herrn Dührings Manier zu reden - eine unter den »Geschäftsleuten« sehr
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bekannte »Grenze« gewesen. Es gehört aber mehr als »das Wissen und der Instinkt
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der Routine« dazu, um einzusehen, daß nicht der Markt die kapitalistische
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Teilung der Arbeit schuf, sondern umgekehrt die Zersetzung früherer gesellschaftlicher
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Zusammenhänge und die daraus erfolgende Teilung der Arbeit den Markt schufen.
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(Siehe »Kapital«, I, Kapitel XXIV, 5: Herstellung des innern Marktes für
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das industrielle Kapital. |Siehe Karl Marx, »Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich
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Engels: Werke, <A HREF="../me23/me23_741.htm#S773">Bd. 23, S. 773/777</A>|)</P>
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<P><SMALL><B><A NAME="S215">|215|</A></B> »Die Rolle des Geldes ist zu allen Zeiten
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die erste Hauptanregung zu wirtschaftlichen (!) Gedanken gewesen. Was wußte
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aber ein Aristoteles von dieser Rolle? Offenbar nichts weiter, als was in der
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Vorstellung liegt, daß der Austausch durch Vermittlung des Geldes dem Naturalaustausch
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gefolgt sei.«</SMALL></P>
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<P>Wenn »ein« Aristoteles sich aber herausnimmt, die zwei verschiednen <I>Zirkulationsformen</I>
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des Geldes zu entdecken, die eine, worin es als bloßes Zirkulationsmittel,
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die andre, worin es als Geldkapital tätig ist,</P>
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<P><SMALL>so drückt er hiermit, nach Herrn Dühring, »nur eine moralische
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Antipathie aus«.</SMALL></P>
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<P>Wenn »ein« Aristoteles sich gar vermißt, das Geld in seiner »Rolle« als
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<I>Wertmaß</I> analysieren zu wollen, und in der Tat dies für die Lehre
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vom Gelde so entscheidende Problem richtig stellt, so schweigt »ein« Dühring,
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und zwar aus guten Geheimgründen, lieber ganz über solch unerlaubte
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Verwegenheit.</P>
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<P>Schlußresultat: Im Spiegelbild der Dühringschen »Notiznahme« besitzt
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das griechische Altertum in der Tat nur »ganz gewöhnliche Ideen« (Seite 25),
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wenn derartige »Niaiserie« (Seite 19) überhaupt noch etwas mit Ideen, gewöhnlichen
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oder ungewöhnlichen, gemein hat.</P>
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<P>Das Kapitel des Herrn Dühring über den Merkantilismus liest man besser
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im »Original«, das heißt bei F. List, »Nationales System«, Kapitel 29: »Das
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Industriesystem, von der Schule fälschlich Merkantilsystem genannt.« Wie
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sorgfältig auch hier Herr Dühring jeden »Schein der Gelehrsamkeit« zu
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vermeiden weiß, zeigt unter anderm folgendes:</P>
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<P>List, Kapitel 28, »Die italienischen Nationalökonomen«, sagt:</P>
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<P><SMALL>»Allen modernen Nationen ist Italien vorausgegangen, wie in der Praxis,
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so in der Theorie der politischen Ökonomie«,</SMALL></P>
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<P>und erwähnt dann als</P>
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<P><SMALL> »das erste über politische Ökonomie insbesondere in Italien
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geschriebne Werk die Schrift von Antonio Serra aus Neapel über die Mittel,
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den Königreichen einen Überfluß an Gold und Silber zu verschaffen
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(1613).</SMALL></P>
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<P>Herr Dühring nimmt dies getrost an und kann demgemäß Serras
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»Breve trattato« </P>
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<P><SMALL>»als eine Art Inschrift am Eingang der neuern Vorgeschichte der Ökonomie
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betrachten«.</SMALL></P>
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<P>Auf dies »belletristische Mätzchen« beschränkt sich in der Tat seine
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|
Betrachtung des »Breve trattato«. Unglücklicherweise trug sich in der Wirklichkeit
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die Sache anders zu und erschien 1609, also vier Jahre vor dem »Breve trattato«,
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|
Thomas Muns »A Discurse of Trade etc.« Diese Schrift hat gleich in ihrer ersten
|
||
|
Ausgabe die spezifische Bedeutung, daß sie gegen <A NAME="S216"></A><B>|216|</B>
|
||
|
das ursprüngliche, damals noch als Staatspraxis in England verteidigte <I>Monetarsystem
|
||
|
</I>gerichtet ist, also die bewußte <I>Selbstscheidung </I>des Merkantilsystems
|
||
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von seinem Muttersystem darstellt. Bereits in ihrer ersten Form erlebte die Schrift
|
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|
mehrere Auflagen und übte direkten Einfluß auf die Gesetzgebung aus.
|
||
|
In der vorn Verfasser gänzlich umgearbeiteten und nach seinem Tod erschienenen
|
||
|
Auflage von 1664: »Englands Treasure etc.« blieb sie für weitere hundert
|
||
|
Jahre merkantilistisches Evangelium. Hat der Merkantilismus also ein epochemachendes
|
||
|
Werk »als eine Art Inschrift am Eingang« so ist es dieses, und eben darum existiert
|
||
|
es ganz und gar nicht für Herrn Dührings »die Rangverhältnisse
|
||
|
sehr sorgfältig beobachtende Geschichte«.</P>
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|
<P>Von dem Begründer der modernen politischen Ökonomie, Petty, teilt
|
||
|
Herr Dühring uns mit, daß er</P>
|
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|
<P><SMALL>»ein ziemliches Maß leichtfertiger Denkungsart« besaß, ferner
|
||
|
»Abwesenheit des Sinnes für die innern und feinern Unterscheidungen der Begriffe«
|
||
|
... eine »Versatilität, die vieles kennt, aber von dem einen zum andern leichten
|
||
|
Fußes übergeht, ohne in irgendeinem Gedanken tieferer Art Wurzel zu
|
||
|
schlagen« ... er »verfährt in volkswirtschaftlicher Beziehung noch sehr roh«
|
||
|
und »gelangt zu Naivetäten, deren Kontrast ... den ernsteren Denker auch
|
||
|
wohl einmal unterhalten kann«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Welche nicht zu überschätzende Herablassung also, wenn der »ernstere
|
||
|
Denker« Herr Dühring überhaupt von »einem Petty« Notiz zu nehmen geruht!
|
||
|
Und wie nimmt er von ihm Notiz?</P>
|
||
|
<P>Pettys Sätze über</P>
|
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|
<P><SMALL>»die Arbeit und sogar die Arbeitszeit als Wertmaß, wovon sich
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|
bei ihm ... unvollkommne Spuren vorfinden«,</SMALL></P>
|
||
|
<P>werden außer in diesem Satz gar nicht weiter erwähnt. Unvollkommne
|
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|
Spuren. In seinem »Treatise on Taxes and Contributions« (erste Ausgabe 1662) gibt
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|
Petty eine vollkommen klare und richtige Analyse der Wertgröße der
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||
|
Waren. Indem er sie zunächst veranschaulicht an dem Gleichwert von edlen
|
||
|
Metallen und Korn, welche gleich viel Arbeit kosten, sagt er das erste und letzte
|
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|
»theoretische« Wort über den Wert der edlen Metalle. Aber er spricht auch
|
||
|
bestimmt und allgemein aus, daß die Warenwerte durch <I>gleiche Arbeit </I>(equal
|
||
|
labour) gemessen werden. Er wendet seine Entdeckung auf die Lösung verschiedner,
|
||
|
zum Teil sehr verwickelter Probleme an, und zieht stellenweis bei verschiednen
|
||
|
Gelegenheiten und in verschiednen Schriften, auch wo der Hauptsatz nicht wiederholt
|
||
|
wird, wichtige Konsequenzen aus demselben. Aber er sagt auch gleich in seiner
|
||
|
ersten Schrift:</P>
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<P><SMALL><B><A NAME="S217">|217|</A></B> »Dies« (die Schätzung durch gleiche
|
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Arbeit) »behaupte ich, ist <I>die Grundlage der Ausgleichung und Abwägung
|
||
|
der Werte </I>|Hervorhebung von Marx|; jedoch in dem Überbau und der praktischen
|
||
|
Anwendung davon, gestehe ich, gibt es viel Mannigfaltiges und Verwickeltes.«</SMALL></P>
|
||
|
<P>Petty ist sich also ebensosehr der Wichtigkeit seines Fundes bewußt,
|
||
|
wie der Schwierigkeit seiner Detailausnutzung. Er versucht daher auch einen andern
|
||
|
Weg zu gewissen Detailzwecken.</P>
|
||
|
<P><SMALL>Es soll nämlich ein natürliches Gleichheitsverhältnis
|
||
|
(a natural Par) zwischen Boden und Arbeit gefunden werden, so daß man den
|
||
|
Wert beliebig »in jedem der beiden oder noch besser in beiden« ausdrücken
|
||
|
kann.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Der Irrweg selbst ist genial.</P>
|
||
|
<P>Herr Dühring macht zu Pettys Werttheorie die scharfgedachte Bemerkung:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Hätte er selbst schärfer gedacht, so würde es gar nicht
|
||
|
möglich sein, daß sich an andern Orten Spuren einer entgegengesetzten
|
||
|
Auffassung vorfänden, an welche schon vorher erinnert worden«;</SMALL></P>
|
||
|
<P>das heißt wovon »vorher« nichts erwähnt worden ist, außer
|
||
|
daß die »Spuren« - »unvollkommen« sind. Es ist dies eine sehr charakteristische
|
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|
Manier des Herrn Dühring, »vorher« auf etwas mit einer inhaltslosen Phrase
|
||
|
anzuspielen, um »hinterher« den Leser glauben zu machen, er habe schon »vorher«
|
||
|
Kenntnis von der Hauptsache erhalten, über die besagter Verfasser tatsächlich
|
||
|
vorher und hinterher hinwegschlüpft.</P>
|
||
|
<P>Nun finden sich bei Adam Smith nicht nur »Spuren« von »entgegengesetzten Auffassungen«
|
||
|
über den Wertbegriff, und nicht nur zwei, sondern sogar drei, und ganz genau
|
||
|
genommen, sogar vier kraß entgegengesetzte Ansichten über den Wert,
|
||
|
die gemütlich neben- und untereinanderlaufen. Was aber naturgemäß
|
||
|
bei dem Grundleger der politischen Ökonomie, der notwendig tastet, experimentiert,
|
||
|
mit einem erst sich gestaltenden Ideenchaos ringt, das kann befremdlich erscheinen
|
||
|
bei einem Schriftsteller, der mehr als anderthalbhundertjährige Forschungen
|
||
|
sichtend zusammenfaßt, nachdem deren Resultate aus den Büchern zum
|
||
|
Teil schon in das allgemeine Bewußtsein übergegangen sind. Und, um
|
||
|
vom Großen aufs Kleine zu kommen: wie wir sahen, gibt uns Herr Dühring
|
||
|
selbst ebenfalls fünf verschiedne Arten von Wert zur gefälligen Auswahl,
|
||
|
und mit ihnen ebensoviel entgegengesetzte Auffassungen. Allerdings, »hätte
|
||
|
er selbst schärfer gedacht«, so würde er nicht soviel Mühe gebraucht
|
||
|
haben, seine <A NAME="S218"></A><B>|218|</B> Leser aus der vollkommen klaren Pettyschen
|
||
|
Auffassung des Werts zurückzuwerfen in die äußerste Konfusion.</P>
|
||
|
<P>Eine ganz abgerundete, aus einem Stück gegossene Arbeit Pettys ist sein
|
||
|
»Quantulumcunque concerning Money«, 1682 publiziert, zehn Jahre nach seiner »Anatomy
|
||
|
of Ireland« (diese erschien »zuerst« 1672 und nicht 1691, wie Herr Dühring
|
||
|
den »gangbarsten Lehrbuchkompilationen« nach schreibt). Die letzten Spuren merkantilistischer
|
||
|
Anschauungen, die man in andern Schriften von ihm antrifft, sind hier völlig
|
||
|
verschwunden. Es ist ein kleines Meisterwerk nach Inhalt und Form und figuriert
|
||
|
eben deswegen auch nicht einmal dem Namen nach bei Herrn Dühring. Es ist
|
||
|
ganz in der Ordnung, daß gegenüber dem genialsten und originellsten
|
||
|
ökonomischen Forscher eine gespreizte schulmeisterliche Mittelmäßigkeit
|
||
|
nur ihr knurriges Mißvergnügen kundtun, nur Ärgernis daran nehmen
|
||
|
kann, daß die theoretischen Lichtfunken nicht in Reih und Glied als fertige
|
||
|
»Axiome« einherstolzieren, vielmehr zerstreut aus der Vertiefung »rohen« praktischen
|
||
|
Materials, z.B. der Steuern, hervorspringen.</P>
|
||
|
<P>Wie mit Pettys eigentlich ökonomischen Arbeiten, verfährt Herr Dühring
|
||
|
mit dessen Gründung der »Politischen Arithmetik«, vulgo Statistik. Hämisches
|
||
|
Achselzucken über die Absonderlichkeit der von Petty angewandten Methoden!
|
||
|
Angesichts der grotesken Methoden, die selbst Lavoisier noch hundert Jahre später
|
||
|
auf diesem Gebiet anwandte, angesichts des großen Abstands noch der heutigen
|
||
|
Statistik von dem Ziel, das Petty ihr in gewaltigen Zügen vorgezeichnet hatte,
|
||
|
erscheint solch selbstgefälliges Besserwissen, zwei Jahrhunderte post festum,
|
||
|
in unverblümter Albernheit.</P>
|
||
|
<P>Die bedeutendsten Ideen Pettys, wovon in dem »Unternehmen« des Herrn Dühring
|
||
|
blutwenig bemerkbar, sind nach letzterem nur lose Einfälle, Gedankenzufälligkeiten,
|
||
|
gelegentliche Äußerungen, denen man erst in unsrer Zeit vermittelst
|
||
|
aus dem Zusammenhang herausgerissener Zitate eine ihnen an und für sich gar
|
||
|
nicht innewohnende Bedeutung verleiht, die also auch in der <I>wirklichen</I>
|
||
|
Geschichte der politischen Ökonomie keine Rolle spielen, sondern nur in modernen
|
||
|
Büchern unterhalb des Niveaus der wurzelhaften Kritik und der »Geschichtschreibung
|
||
|
großen Stils« des Herrn Dühring. Er scheint bei seinem »Unternehmen«
|
||
|
einen köhlergläubigen Kreis von Lesern im Auge gehabt zu haben, der
|
||
|
sich beileibe nicht untersteht, die Probe auf die Behauptung zu verlangen. Wir
|
||
|
kommen gleich hierauf zurück (bei Locke und North), müssen aber zunächst
|
||
|
im Vorübergehn Boisguillebert und Law uns ansehn.</P>
|
||
|
<P>Mit Bezug auf erstern heben wir den einzigen Herrn Dühring gehörigen
|
||
|
Fund heraus. Er hat einen früher vermißten Zusammenhang zwischen <A NAME="S219"></A><B>|219|</B>
|
||
|
Boisguillebert und Law entdeckt. Boisguillebert behauptet nämlich, die edlen
|
||
|
Metalle könnten in den normalen Geldfunktionen, die sie innerhalb der Warenzirkulation
|
||
|
<A NAME="ZT4"></A><A HREF="me20_136.htm#T4"><SPAN class="top">{4}</SPAN></A> vollziehn, durch Kreditgeld
|
||
|
(un morceau de papier) ersetzt werden. Law dagegen bildet sich ein, eine beliebige
|
||
|
»Vermehrung« dieser »Papierstückchen« vermehre den Reichtum einer Nation.
|
||
|
Daraus folgt für Herrn Dühring, daß Boisguilleberts</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Wendung schon eine neue Wendung des Merkantilismus in sich barg« -</SMALL></P>
|
||
|
<P>mit andern Worten schon den Law. Dies wird folgendermaßen sonnenklar
|
||
|
bewiesen:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Es kam <I>nur</I> darauf an, den 'einfachen Papierstückchen' dieselbe
|
||
|
Rolle anzuweisen, welche die edlen Metalle hatten spielen <I>sollen</I>, und es
|
||
|
war hiermit sofort eine Metamorphose des Merkantilismus vollzogen.«</SMALL></P>
|
||
|
<P>In derselben Weise kann man sofort die Metamorphose von Onkel in Tante vollziehn.
|
||
|
Zwar setzt Herr Dühring beschwichtigend hinzu:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Allerdings hatte Boisguillebert nicht eine solche Absicht.«</SMALL></P>
|
||
|
<P>Aber, ins Teufels Namen, wie konnte er die Absicht haben, seine eigne rationalistische
|
||
|
Anschauung von der Geldrolle der edlen Metalle deshalb durch die abergläubische
|
||
|
der Merkantilisten zu ersetzen, weil nach ihm die edlen Metalle in jener Rolle
|
||
|
durch Papier ersetzbar sind?</P>
|
||
|
<P>Doch, fährt Herr Dühring in seiner ernsten Komik fort,</P>
|
||
|
<P><SMALL>»doch mag immerhin zugestanden werden, daß unserm Autor hier und
|
||
|
da eine wirklich treffende Bemerkung gelungen ist« (Seite 83).</SMALL></P>
|
||
|
<P>Mit Bezug auf Law gelingt Herrn Dühring nur die »wirklich treffende Bemerkung«:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»auch Law hat die letztere Grundlage« (nämlich »die Basis der edlen
|
||
|
Metalle«) «begreiflicherweise nie ganz und gar <I>ausmerzen</I> können, aber
|
||
|
er hat die Zettelausgabe bis aufs äußerste, das heißt bis zum
|
||
|
Zusammenbruch des Systems getrieben« (Seite 94).</SMALL></P>
|
||
|
<P>in der Wirklichkeit aber sollten die Papierschmetterlinge, bloße Geldzeichen,
|
||
|
im Publikum herumflattern, nicht um die Edelmetallbasis »auszumerzen«, sondern
|
||
|
um sie aus den Taschen des Publikums in die verödeten Staatskassen hineinzulocken.</P>
|
||
|
<P>Um wieder auf Petty zu kommen und die unansehnliche Rolle, welche Herr Dühring
|
||
|
ihn in der Geschichte der Ökonomie spielen läßt, wollen <A NAME="S220"></A><B>|220|</B>
|
||
|
wir zuerst hören, was uns über Pettys nächste Nachfolger mitgeteilt
|
||
|
wird, Locke und North. In demselben Jahr, 1691, erschienen Lockes »Considerations
|
||
|
on Lowering of Interest and Raising of Money« und Norths »Discourses upon Trade«.</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Was er« (Locke) »über Zins und Münze schrieb, tritt nicht
|
||
|
aus dem Rahmen der Reflexionen, wie sie unter der Herrschaft des Merkantilismus
|
||
|
in Anlehnung an die Vorkommnisse des Staatslebens üblich waren« (Seite 64).</SMALL></P>
|
||
|
<P>Dem Leser dieser »Berichterstattung« muß nun sonnenklar werden, warum
|
||
|
Lockes »Lowering of Interest« in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
|
||
|
so bedeutenden Einfluß auf die politische Ökonomie in Frankreich und
|
||
|
Italien gewann, und zwar nach verschiedner Richtung hin.</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Über die Freiheit des Zinsfußes hatte mancher Geschäftsmann
|
||
|
ähnlich gedacht« (wie Locke), »und auch die Entwicklung der Verhältnisse
|
||
|
brachte die Neigung mit sich, die Zinshemmungen als unwirksam zu betrachten. In
|
||
|
einer Zeit, wo ein Dudley North seine 'Discourses upon Trade' in der Richtung
|
||
|
auf Freihandel schreiben konnte, mußte bereits vieles gleichsam in der Luft
|
||
|
liegen, was die theoretische Opposition gegen Zinsbeschränkungen nicht als
|
||
|
etwas Unerhörtes erscheinen ließ« (Seite 64).</SMALL></P>
|
||
|
<P>Also Locke hatte die Gedanken dieses oder jenes gleichzeitigen »Geschäftsmanns«
|
||
|
nachzudenken, oder aber vieles zu seiner Zeit »gleichsam in der Luft liegende«
|
||
|
aufzuschnappen, um über Zinsfreiheit zu theoretisieren und nichts »Unerhörtes«
|
||
|
zu sagen! In der Tat aber stellte Petty schon 1662 in seinem »Treatise on Taxes
|
||
|
and Contributions« den Zins als Geldrente, die wir Wucher nennen (rent of money
|
||
|
which we call usury), der Boden- und Grundrente (rent of land and houses) gegenüber,
|
||
|
und dozierte den Grundherren, die zwar nicht die Bodenrente, wohl aber die Geldrente
|
||
|
gesetzlich niedermaßregeln wollten, die Eitelkeit und Fruchtlosigkeit, bürgerliche,
|
||
|
positive Gesetze zu machen gegen das Gesetz der Natur (the vanity and fruitlessness
|
||
|
of making civil positive law against the law of nature). In seinem »Quantulumcunque«
|
||
|
(1682) erklärt er daher die gesetzliche Zinsregulation für ebenso albern,
|
||
|
wie eine Regulation der Ausfuhr der edlen Metalle oder des Wechselkurses. In derselben
|
||
|
Schrift sagt er das ein für allemal Maßgebende über raising of
|
||
|
money (der Versuch, z.B. <SPAN class="top">1</SPAN>/<SPAN class="bottom">2</SPAN> Schilling den Namen von 1 Schilling
|
||
|
zu geben, indem man die Unze Silber in doppelt so viele Schillinge ausprägt).</P>
|
||
|
<P>Mit Bezug auf letztern Punkt wird er fast nur kopiert von Locke und North.
|
||
|
Mit Bezug auf den Zins aber knüpft Locke an Pettys Parallele von Geldzins
|
||
|
und Bodenrente an, während North weitergehend den Zins als Kapitalrente (rent
|
||
|
of stock) der Bodenrente und die Stocklords den Land- <A NAME="S221"></A><B>|221|</B>
|
||
|
lords gegenüberstellt. Während Locke aber die von Petty geforderte Zinsfreiheit
|
||
|
nur mit Beschränkungen, nimmt North sie absolut.</P>
|
||
|
<P>Herr Dühring übertrifft sich selbst, wenn er, selbst noch bittrer
|
||
|
Merkantilist im »subtileren« Sinn, Dudley Norths »Discourses upon Trade« mit der
|
||
|
Bemerkung abfertigt, sie seien »in der Richtung auf Freihandel« geschrieben. Es
|
||
|
ist, als sagte man von Harvey, er habe »in der Richtung« auf die Blutzirkulation
|
||
|
geschrieben. Norths Schrift - von ihren sonstigen Verdiensten abgesehn - ist eine
|
||
|
klassische, mit rücksichtsloser Konsequenz geschriebne Auseinandersetzung
|
||
|
der Freihandelslehre, sowohl was äußern wie innern Verkehr betrifft,
|
||
|
im Jahr 1691 allerdings »etwas Unerhörtes«!</P>
|
||
|
<P>Im übrigen berichtet Herr Dühring, daß</P>
|
||
|
<P><SMALL>North ein »Händler«, dazu ein schlechter Kerl war, und daß
|
||
|
seine Schrift »keinen Beifall zu finden vermocht«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Das hätte noch gefehlt, daß eine solche Schrift zur Zeit des endgültigen
|
||
|
Siegs des Schutzzollsystems in England »Beifall« gefunden hätte beim tonangebenden
|
||
|
Janhagel! Dies hinderte jedoch nicht ihre sofortige theoretische Wirkung, die
|
||
|
in einer ganzen Reihe unmittelbar nach ihr, teils noch im 17. Jahrhundert, in
|
||
|
England erschienener ökonomischer Schriften nachweisbar ist.</P>
|
||
|
<P>Locke und North lieferten uns den Beweis, wie die ersten kühnen Griffe,
|
||
|
die Petty fast in allen Sphären der politischen Ökonomie tat, von seinen
|
||
|
englischen Nachfolgern einzeln aufgenommen und weiterverarbeitet wurden. Die Spuren
|
||
|
dieses Prozesses während der Periode 1691 bis 1752 drängen sich dem
|
||
|
oberflächlichsten Beobachter schon dadurch auf, daß alle ihr angehörigen,
|
||
|
bedeutenderen ökonomischen Schriften, positiv oder negativ, an Petty anknüpfen.
|
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Diese Periode, voll origineller Köpfe, ist daher für die Erforschung
|
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der allmählichen Genesis der politischen Ökonomie die bedeutendste.
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Die »Geschichtszeichnung großen Stils«, die es Marx als unverzeihliche Sünde
|
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ankreidet, daß im »Kapital« von Petty und den Schriftstellern jener Periode
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soviel Aufhebens gemacht wird, streicht sie einfach aus der Geschichte aus. Von
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Locke, North, Boisguillebert und Law springt sie sofort zu den Physiokraten über,
|
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und dann erscheint am Eingang des wirklichen Tempels der politischen Ökonomie
|
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- David Hume. Mit Erlaubnis des Herrn Dühring stellen wir die chronologische
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Ordnung wieder her und damit Hume vor die Physiokraten.</P>
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<P>Humes ökonomische »Essays« erschienen 1752. In den zusammengehörigen
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Essays: »Of Money«, »Of the Balance of Trade«, »Of Commerce« folgt Hume Schritt
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für Schritt, oft sogar in bloßen Schrullen, Jacob Vander- <A NAME="S222"></A><B>|222|</B>
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lints: »Money answers all things«, London 1734, So unbekannt dieser Vanderlint
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auch Herrn Dühring geblieben sein mag, so wird er doch noch in englischen
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ökonomischen Schriften gegen Ende des 18. Jahrhunderts, das heißt in
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der nach-Smithschen Zeit, berücksichtigt.</P>
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<P>Wie Vanderlint behandelt Hume das Geld als bloßes Wertzeichen; er kopiert
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fast wörtlich (und dies ist wichtig, da er die Wertzeichentheorie aus vielen
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andern Schriften hätte entnehmen können) aus Vanderlint, warum die Handelsbilanz
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nicht beständig gegen oder für ein Land sein kann; er lehrt, wie Vanderlint,
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das Gleichgewicht der Bilanzen, das sich natürlich, den verschiednen ökonomischen
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Positionen der einzelnen Länder gemäß, herstelle; er predigt,
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wie Vanderlint, den Freihandel, nur weniger kühn und konsequent; er hebt
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mit Vanderlint, nur flacher, die Bedürfnisse als Treiber der Produktion hervor;
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er folgt Vanderlint in dem irrigen Einfluß auf die Warenpreise, den er dem
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Bankgeld und sämtlichen öffentlichen Wertpapieren zuschreibt; er verwirft
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mit Vanderlint das Kreditgeld; wie Vanderlint macht er die Warenpreise abhängig
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vom Preis der Arbeit, also vom Arbeitslohn; er kopiert ihm sogar die Schrulle,
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daß Schatzansammlung die Warenpreise niedrig halte usw. usw.</P>
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<P>Herr Dühring hatte schon lange orakelhaft gemunkelt von dem Mißverständnis
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andrer über die Humesche Geldtheorie, und namentlich bedrohsam hingewiesen
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auf Marx, der zudem im »Kapital« in polizeiwidriger Weise auf die Geheimzusammenhänge
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Humes mit Vanderlint und dem noch zu erwähnenden J. Massie |Siehe Karl Marx,
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»Das Kapital«, Bd. I, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, Bd. 23, <A HREF="../me23/me23_109.htm#S137">S.
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137</A> und <A HREF="../me23/me23_531.htm#S537">537/538</A>| hingewiesen hatte.</P>
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<P>Mit diesem Mißverständnis verhält es sich wie folgt. Was die
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wirkliche Geldtheorie Humes angeht, wonach das Geld bloß Wertzeichen ist,
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und deshalb, unter sonst gleichbleibenden Umständen, die Warenpreise sinken
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<A NAME="ZT5"></A><A HREF="me20_136.htm#T5"><SPAN class="top">{5}</SPAN></A> im Verhältnis, wie die
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zirkulierende Geldmenge wächst, und steigen im Verhältnis, wie sie fällt,
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so kann Herr Dühring beim besten Willen - ob auch in der ihm eignen lichtvollen
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Weise - nur seinen irrtümlichen Vorgängern nachreden. Hume aber, nachdem
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er besagte Theorie aufgestellt, wirft sich selbst ein (dasselbe hatte schon Montesquieu,
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von denselben Voraussetzungen ausgehend, getan),</P>
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<P><SMALL>es doch »gewiß«, daß seit der Entdeckung der amerikanischen
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Bergwerke »die Industrie bei allen Nationen Europas, außer bei den Besitzern
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dieser Bergwerke, gewachsen«, und daß dies »unter andern Gründen auch
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dem Zuwachs von Gold und Silber geschuldet sei«.</SMALL></P>
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<P><B><A NAME="S223">|223|</A></B> Er erklärt dies Phänomen daraus,
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daß,</P>
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<P><SMALL>»obgleich der hohe Preis der Waren eine notwendige Folge des Zuwachses
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von Gold und Silber sei, er jedoch nicht unmittelbar auf diesen Zuwachs folge,
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sondern einige Zeit erheischt sei, bis das Geld durch den ganzen Staat zirkuliert
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und seine Wirkungen auf alle Volkskreise geltend macht«. In dieser Zwischenzeit
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wirke es wohltätig auf Industrie und Handel.</SMALL></P>
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<P>Am Schluß dieser Auseinandersetzung sagt uns Hume auch, warum, obgleich
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viel einseitiger als manche seiner Vorgänger und Zeitgenossen:</P>
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<P><SMALL>»Es ist leicht, das Geld im Fortschritt durch das ganze Gemeinwesen
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zu verfolgen, und da werden wir finden, daß es den Fleiß jedermanns
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anspornen muß, bevor <I>es den Preis der Arbeit erhöht</I> |Hervorhebung
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von Marx|.« </SMALL></P>
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<P>In andern Worten: Hume beschreibt hier die Wirkung einer Revolution im Wert
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der edlen Metalle, und zwar einer Depreziation oder, was dasselbe ist, einer Revolution
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im <I>Wertmaß</I> der edlen Metalle. Er findet richtig heraus, daß
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diese Depreziation, bei der nur allmählich vorgehenden Ausgleichung der Warenpreise,
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erst in letzter Instanz »den Preis der Arbeit erhöht«, vulgo den Arbeitslohn;
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also auf Kosten der Arbeiter (was er jedoch ganz in der Ordnung findet) den Profit
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der Kaufleute und Gewerbetreibenden vermehrt und so »den Fleiß anspornen«.
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Die eigentliche wissenschaftliche Frage aber: ob und wie eine vermehrte Zufuhr
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der edlen Metalle, bei gleichbleibendem Wert derselben, auf die Warenpreise wirkt
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- diese Frage stellt er sich nicht und wirft <I>jede </I>»Vermehrung der edlen
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Metalle« mit ihrer Depreziation zusammen. Hume tut also ganz genau, was Marx »Zur
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Kritik etc.«, Seite 173 |Siehe Karl Marx: »Kritik der politischen Ökonomie«,
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in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../me13/me13_049.htm#S135">Bd.
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13, S. 135-136</A>| ihn tun läßt. Wir kommen noch einmal vorübergehend
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auf diesen Punkt zurück, wenden uns vorher aber zu Humes Essay über
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»Interest«.</P>
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<P>Humes ausdrücklich gegen Locke gerichtete Nachweisung, daß der Zins
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nicht durch die Masse des vorhandnen Geldes reguliert werde, sondern durch die
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Profitrate, und seine übrigen Aufklärungen über die Ursachen, welche
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Höhe oder Niedrigkeit des Zinsfußes bestimmen - alles dies findet sich
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viel exakter und weniger geistreich in einer 1750, zwei Jahre vor Humes Essay
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erschienenen Schrift: »An Essay on the Governing Causes of the Natural Rate of
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Interest, wherein the sentiments of Sir W. Petty and Mr. Locke, on that head,
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are considered.« Ihr Verfasser ist J. Massie, ein nach verschiednen Seiten hin
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rühriger und, wie aus der gleichzeitigen englischen Literatur ersichtbar,
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vielgelesener Schriftsteller. Adam Smiths <A NAME="S224"></A><B>|224|</B> Erörterung
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des Zinsfußes steht Massie näher als Hume. Beide, Massie und Hume,
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wissen und sagen nichts über die Natur des »Profits«, der bei beiden eine
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Rolle spielt.</P>
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<P><SMALL>»Überhaupt«, kanzelredet Herr Dühring, »ist man in der Würdigung
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Humes meist sehr befangen verfahren und hat ihm Ideen unterlegt, die er gar nicht
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hegte.«</SMALL></P>
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<P>Und von diesem »Verfahren« gibt uns Herr Dühring selbst mehr als ein schlagendes
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Beispiel.</P>
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<P>So z.B. fängt Humes Essay über den Zins an mit den Worten:</P>
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<P><SMALL>»Nichts gilt als ein gewisseres Zeichen des blühenden Zustands
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eines Volks als die Niedrigkeit des Zinsfußes, und mit Recht; obwohl ich
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glaube, daß die Ursache davon eine etwas andre ist, als man gewöhnlich
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annimmt.«</SMALL></P>
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<P>Also gleich im ersten Satz führt Hume die Ansicht, daß Niedrigkeit
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des Zinsfußes das sicherste Zeichen der blühenden Lage eines Volkes
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sei, an als einen in seinen Tagen bereits trivial gewordnen Gemeinplatz. Und in
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der Tat hatte diese »Idee« seit Child volle hundert Jahre Zeit gehabt, straßenläufig
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zu werden. Dahingegen:</P>
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<P><SMALL>»Aus den Ansichten« (Humes) »über den Zinsfuß ist <I>hauptsächlich
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die Idee hervorzuheben</I>, daß er der wahre Barometer der Zustände«
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(welcher?) »und seine Niedrigkeit ein fast untrügliches Zeichen der Blüte
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eines Volks sei« (S. 130).</SMALL></P>
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<P>Wer ist das »befangne« und eingefangne »man«, das so spricht? Niemand anders
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als Herr Dühring.</P>
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<P>Was im übrigen eine naive Verwunderung unsres kritischen Geschichtschreibers
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erregt, ist, daß Hume bei Anlaß einer gewissen glücklichen Idee
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»sich nicht einmal für deren Urheber ausgibt«. Das wäre Herrn Dühring
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nicht passiert.</P>
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<P>Wir haben gesehn, wie Hume jede Vermehrung des edlen Metalls zusammenwirft
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mit jener Vermehrung desselben, die begleitet ist von einer Depreziation, einer
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Revolution in ihrem eignen Wert, also im Wertmaß der Waren. Diese Verwechslung
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war bei Hume unvermeidlich, weil er nicht die allergeringste Einsicht in die Funktion
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der edlen Metalle als <I>Wertmaß</I> hatte. Er konnte sie nicht haben, weil
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er absolut nichts vom Wert selbst wußte. Das Wort selbst erscheint vielleicht
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nur einmal in seinen Aufsätzen, und zwar wo er Lockes Irrtum, die edlen Metalle
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hätten »einen nur eingebildeten Wert», weiter dahin verballhornt, sie hätten
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»hauptsächlich einen fiktiven Wert«.</P>
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<P>Er steht hier tief, nicht nur unter Petty, sondern auch unter manchem seiner
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englischen Zeitgenossen. Er zeigt dieselbe »Rückständigkeit«, wenn <A NAME="S225"></A><B>|225|</B>
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er noch immer in altmodischer Weise den <I>»Kaufmann« </I>als die erste Triebfeder
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der Produktion feiert, worüber schon Petty längst hinaus war. Was gar
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Herrn Dührings Versicherung betrifft, Hume habe sich in seinen Aufsätzen
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mit den »wirtschaftlichen Hauptverhältnissen« beschäftigt, so vergleiche
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man auch nur die von Adam Smith zitierte Schrift Cantillons (erschienen wie Humes
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Aufsätze 1752, aber viele Jahre nach dem Tod des Verfassers), um über
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den engen Umkreis der Humeschen ökonomischen Arbeiten zu staunen. Hume, wie
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gesagt <A NAME="ZT6"></A><A HREF="me20_136.htm#T6"><SPAN class="top">{6}</SPAN></A>, bleibt trotz des ihm
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von Herrn Dühring ausgestellten Patents, auch im Gebiet der Politischen Ökonomie
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respektabel, aber er ist hier nichts weniger als ein origineller Forscher und
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noch viel minder epochemachend. Die Wirkung seiner ökonomischen Aufsätze
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auf die gebildeten Kreise seiner Zeit entsprang nicht bloß aus der vorzüglichen
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Darstellungsweise, sondern weit mehr noch daher, daß sie eine fortschrittlich-optimistische
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Verherrlichung der damals aufblühenden Industrie und des Handels, mit andern
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Worten, der damals in England rasch emporstrebenden kapitalistischen Gesellschaft
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waren, bei der sie daher »Beifall« finden mußten. Ein Fingerzeig genüge
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hier. Jedermann weiß, wie leidenschaftlich grade zu Humes Zeit das von dem
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berüchtigten Robert Walpole planmäßig zur Entlastung der Grundeigentümer,
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und Reichen überhaupt, ausgebeutete System der indirekten Steuern von der
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englischen Volksmasse bekämpft wurde. In seinem Essay über Steuern (»Of
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Taxes«), wo Hume, ohne ihn zu nennen, gegen seinen ihm stets gegenwärtigen
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Gewährsmann Vanderlint polemisiert, den heftigsten Gegner der indirekten
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Steuern und den entschiedensten Vorkämpfer der Grundbesteuerung, heißt
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es:</P>
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<P>»Sie« (die Konsumtionssteuern) »müssen in der Tat sehr starke Steuern
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und sehr unvernünftig aufgelegt sein, wenn sie der Arbeiter nicht selbst
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durch erhöhten Fleiß und Sparsamkeit zu zahlen imstande sein sollte,
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<I>ohne den Preis seiner Arbeit zu erhöhen</I>«.|Hervorhebungen von Marx|</P>
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<P>Man glaubt hier Robert Walpole selbst zu hören, namentlich wenn man noch
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die Stelle hinzunimmt, im Essay über »öffentlichen Kredit«, wo mit Bezug
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auf die Schwierigkeit einer Besteuerung der Staatsgläubiger gesagt wird:</P>
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<P><SMALL><B><A NAME="S226">|226|</A></B> »Die Verminderung ihres Einkommens würde
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nicht <I>verkleidet werden </I>unter dem Schein, ein bloßer Posten der Akzise
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oder der Zölle zu sein« |Hervorhebung von Marx|.</SMALL></P>
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<P>Wie nicht anders bei einem Schotten zu erwarten, war Humes Bewunderung des
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bürgerlichen Erwerbs keineswegs rein platonisch. Armer Teufel von Haus aus,
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brachte er es zu einer sehr, sehr schwer tausendpfündigen jährlichen
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Einnahme, was Herr Dühring, da es sich hier nicht um Petty handelt, sinnig
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so ausdrückt:</P>
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<P><SMALL>»Er war durch eine gute <I>Privatökonomie</I> auf der Grundlage
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sehr geringer Mittel dahin gelangt, niemand zu Gefallen schreiben zu müssen.«</SMALL></P>
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<P>Wenn Herr Dühring ferner sagt:</P>
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<P><SMALL>»Er hatte nie dem Einfluß der Parteien, der Fürsten oder
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der Universitäten das geringste Zugeständnis gemacht«,</SMALL></P>
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<P>so ist zwar nicht bekannt, daß Hume je mit einem »Wagener« literarische
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Kompaniegeschäfte gemacht, wohl aber, daß er ein unverdrossener Parteigänger
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der Whig-Oligarchie war, die »<I>Kirche </I>und Staat« hochhielt, und zum Lohn
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für dies Verdienst erst den Posten eines Gesandtschaftssekretärs zu
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Paris bekam, und später den ungleich wichtigern und einträglichern eines
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Unterstaatssekretärs.</P>
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<P><SMALL>»In politischer Hinsicht war und blieb Hume stets konservativ und streng
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monarchisch gesinnt. Er wurde daher auch von den Anhängern des bestehenden
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Kirchentums nicht so arg verketzert als Gibbon«,</SMALL></P>
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<P>sagt der alte Schlosser.</P>
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<P><SMALL>»Dieser selbstische Hume, dieser Geschichtslügner«, schilt die
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englischen Mönche fett, ehe- und familienlos, vom Bettel lebend, »aber er
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hat nie eine Familie oder ein Weib gehabt und war selbst ein großer fetter
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Bursche, in beträchtlichem Umfang gemästet von öffentlichem Geld,
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ohne es je durch irgendwelchen wirklichen öffentlichen Dienst verdient zu
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haben«, sagt der »roh« plebejische Cobbett. Hume hat »in der <I>praktischen </I>Behandlung
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des Lebens in wesentlichen Richtungen vor einem Kant sehr viel voraus«,</SMALL></P>
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<P>sagt Herr Dühring.</P>
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<P>Warum aber wird Hume in der »Kritischen Geschichte« eine so übertriebne
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Stellung angewiesen? Einfach weil dieser »ernste und subtile Denker« die Ehre
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hat, den Dühring des 18. Jahrhunderts vorzustellen. Wie ein Hume zum Beweise
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dient, daß</P>
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<P><SMALL>»die Schöpfung des ganzen Wissenschaftszweiges« (der Ökonomie)
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»eine Tat der erleuchteteren Philosophie gewesen ist«,</SMALL></P>
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<P><B><A NAME="S227">|227|</A></B> so liegt in der Vorläuferschaft Humes
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die beste Gewähr dafür, daß dieser ganze Wissenschaftszweig seinen
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zunächst absehbaren Abschluß finden wird in jenem phänomenalen
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Mann, der die bloß »erleuchtetere« Philosophie umgeschaffen hat in die absolut
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lichtvolle Wirklichkeitsphilosophie, und bei dem sich, ganz wie bei Hume, und
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was</P>
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<P><SMALL>»auf deutschem Boden bisher ohne Beispiel ... die Pflege der Philosophie
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im engern Sinn mit wissenschaftlichen Bemühungen um die Volkswirtschaft gepaart
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findet«.</SMALL></P>
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<P>Wir finden demgemäß den als Ökonomen immerhin respektablen
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Hume aufgebläht zu einem ökonomischen Stern erster Größe,
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dessen Bedeutung bisher nur derselbe Neid verkennen konnte, der auch Herrn Dührings
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»für die Epoche maßgebende« Leistungen bisher so hartnäckig totschweigt.</P>
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<P ALIGN="CENTER">*</P>
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<P>Die <I>physiokratische </I>Schule hat uns bekanntlich in <A HREF="me20_te.htm"><I>Quesnays »ökonomischem
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Tableau«</I></A> ein Rätsel hinterlassen, an dem die bisherigen Kritiker und
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Geschichtschreiber der Ökonomie sich umsonst die Zähne ausgebissen haben.
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Dies Tableau, das die physiokratische Vorstellung von der Produktion und Zirkulation
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des Gesamtreichtums eines Landes klar zur Anschauung bringen sollte, blieb für
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|
die ökonomische Nachwelt dunkel genug. Herr Dühring wird uns auch hier
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das endgültige Licht aufstecken.</P>
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<P><SMALL>Was dies »ökonomische Abbild der Verhältnisse der Produktion
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und Verteilung <I>bei Quesnay selbst zu bedeuten habe</I>«, sagt er, lasse sich
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nur angeben, wenn man »<I>zuvor</I> die ihm eigentümlichen leitenden Begriffe
|
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<I>genau untersucht</I> hat«. Und zwar um so mehr, als diese bisher nur mit einer
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|
»schwankenden Unbestimmtheit« dargestellt und selbst bei Adam Smith ihre »wesentlichen
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Züge nicht zu erkennen« seien.</SMALL></P>
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<P>Solcher herkömmlichen »leichtfertigen Berichterstattung« wird nun Herr
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||
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Dühring ein für allemal ein Ende machen. Und nun hält er seinen
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|
Leser durch volle fünf Seiten zum besten, fünf Seiten, auf denen allerlei
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|
gespreizte Wendungen, stete Wiederholungen und berechnete Unordnung die fatale
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|
Tatsache verdecken sollen, daß Herr Dühring über die »leitenden
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|
Begriffe» Quesnays kaum soviel mitzuteilen hat, wie die »gangbarsten Lehrbuchkompilationen«,
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vor denen er so unermüdlich warnt. Es ist »eine der bedenklichsten Seiten«
|
||
|
dieser Einleitung, daß auch hier schon das bisher nur dem Namen nach bekannte
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Tableau schon gelegentlich beschnuppert, dann aber sich in allerhand »Reflexionen«
|
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verlaufen wird, wie z.B. »den Unterschied von Aufwendung und Erfolg«. Wenn dieser
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|
zwar in der Quesnayschen Idee nicht fertig anzutreffen ist, so wird dahingegen
|
||
|
Herr Dühring uns ein fulminantes Exempel davon geben, sobald er von seiner
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|
<A NAME="S228"></A><B>|228|</B> langgedehnten einleitenden »Aufwendung« zu seinem
|
||
|
merkwürdig kurzatmigen »Erfolg« kommt, den Aufschluß über das
|
||
|
Tableau selbst. Geben wir nun alles, aber auch <I>alles wörtlich</I>, was
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|
er über das Tableau Quesnays mitzuteilen für gut findet.</P>
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<P>In der »Aufwendung« sagt Herr Dühring:</P>
|
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<P><SMALL> »Ihm« (Quesnay) »erschien es als selbstverständlich, daß
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man den Ertrag« (Herr Dühring hatte eben vom Nettoprodukt gesprochen) »als
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einen <I>Geldwert </I>auffassen und behandeln müsse ... er knüpfte seine
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||
|
Überlegungen (!) sofort an die <I>Geldwerte </I>an, die er als Verkaufsergebnisse
|
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|
aller landwirtschaftlichen Erzeugnisse bei dem Übergang aus der ersten Hand
|
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|
voraussetzte. Auf diese Weise (!) operierter in den Kolonnen seines Tableau mit
|
||
|
einigen Milliarden« (d.h. Geldwerten).</SMALL></P>
|
||
|
<P>Wir haben hiermit dreimal erfahren, daß Quesnay im Tableau mit den »Geldwerten«
|
||
|
der »landwirtschaftlichen Erzeugnisse« eingeschlossen den des »Nettoprodukts«
|
||
|
oder »Reinertrags«, operiert. Weiter im Text:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Hätte Quesnay den Weg einer wirklich natürlichen Betrachtungsweise
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|
eingeschlagen und hätte er sich nicht bloß von der Rücksicht auf
|
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|
die edlen Metalle und die Geldmenge, sondern auch derjenigen auf die <I>Geldwerte</I>
|
||
|
frei gemacht ... So aber rechnet er mit lauter <I>Wertsummen </I>und dachte sich
|
||
|
(!) das Nettoprodukt von vornherein als einen <I>Geldwert</I>.«</SMALL></P>
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||
|
<P>Also zum vierten- und fünftenmal: im Tableau gibt's nur Geldwerte!</P>
|
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<P><SMALL>»Er« (Quesnay) »gewann dasselbe« (das Nettoprodukt), »indem er die Auslagen
|
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|
in Abzug brachte und hauptsächlich« (nicht herkömmliche, aber dafür
|
||
|
desto leichtfertigere Berichterstattung) »an denjenigen Wert <I>dachte</I> (!),
|
||
|
der dem Grundeigentümer als Rente zufiele.«</SMALL></P>
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||
|
<P>Immer noch nicht vom Fleck; doch jetzt wird's kommen:</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Andrerseits geht <I>nun aber auch</I>« - dies »nun aber auch« ist eine
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Perle! - »das Nettoprodukt als Naturalgegenstand in die Zirkulation und wird auf
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diese Weise ein Element, durch welches die als steril bezeichnete Masse ... zu
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||
|
unterhalten ... ist. Hier kann man <I>sofort </I>(!) die Verwirrung bemerken,
|
||
|
welche dadurch entsteht, daß in dem einen Fall der Geldwert, in dem andern
|
||
|
die Sache selbst den Gedankengang bestimmt.«</SMALL></P>
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||
|
<P>Im allgemeinen, scheint es, krankt <I>alle</I> Warenzirkulation an der Verwirrung,
|
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|
daß Waren gleichzeitig als »Naturalgegenstand« und als »Geldwert« in sie
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|
eingehn. Aber wir drehn uns immer noch im Kreis um die »Geldwerte«, denn</P>
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<P><SMALL>»Quesnay will eine doppelte Ansetzung des volkswirtschaftlichen Ertrags
|
||
|
vermeiden«.</SMALL></P>
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<P>Mit Erlaubnis des Herrn Dühring: Unten in Quesnays »Analyse« des Tableau
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figurieren die verschiednen Produktarten als »Naturalgegenstände« und oben
|
||
|
im Tableau selbst ihre Geldwerte. Quesnay hat sogar <A NAME="S229"></A><B>|229|</B>
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|
später durch seinen Famulus, den Abbé Baudeau, auch gleich ins Tableau
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|
selbst die Naturalgegenstände <I>neben </I>ihre Geldwerte eintragen lassen.</P>
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<P>Nach soviel »Aufwendung« endlich der »Erfolg«. Man höre und staune:</P>
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<P><SMALL>»Doch wird die Inkonsequenz« (mit Rücksicht auf die den Grundeigentümern
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von Quesnay zugeschriebne Rolle) »<I>sofort </I>klar, sobald man danach fragt,
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<I>was denn aus dem als Rente angeeigneten Nettoprodukt im volkswirtschaftlichen
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Kreislauf werde</I>. Hier ist für die Vorstellungsart der Physiokraten und
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für das <I>ökonomische Tableau </I>nur eine bis zum Mystizismus steigende
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Verworrenheit und Willkür möglich gewesen.«</SMALL></P>
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<P>Ende gut, alles gut. Also Herr Dühring weiß nicht, »was denn im
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wirtschaftlichen Kreislauf« (den das Tableau vorstellt) »aus dem als Rente angeeigneten
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Nettoprodukt werde«. Das Tableau ist für ihn die »Quadratur des Zirkels«.
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Er versteht eingestandnermaßen nicht das Abc der Physiokratie. Nach all
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dem Herumgehn um den heißen Brei, dem Leeres-Stroh-Dreschen, den Kreuz-
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und Quersprüngen, Harlekinaden, Episoden, Diversionen, Wiederholungen und
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sinnbetäubenden Durcheinanderwürflungen, die uns lediglich vorbereiten
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sollten auf den gewaltigen Aufschluß, »was das Tableau bei Quesnay selbst
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zu bedeuten habe« - nach alledem zum Schluß das beschämte Eingeständnis
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des Herrn Dühring, <I>er wisse es selber nicht!</I></P>
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<P>Einmal dies schmerzliche Geheimnis abgeschüttelt, diese horazische schwarze
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Sorge, die ihm während des Ritts durchs physiokratische Land auf dem Buckel
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saß, stößt unser »ernster und subtiler Denker« wieder munter
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in die Posaune wie folgt:</P>
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<P><SMALL>»Die Linien, welche Quesnay in seinem übrigens ziemlich einfachen
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(!) Tableau hin und her zieht« (es sind ihrer alles in allem ganzer sechs!) »und
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welche die Zirkulation des Nettoprodukts darstellen sollen«, geben zu bedenken,
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ob »bei diesen wunderlichen Kolonnenverknüpfungen« keine Mathematik-Phantastik
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unterlaufe, erinnern an Quesnays Beschäftigung mit der Quadratur des Zirkels
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usw.</SMALL></P>
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<P>Da Herrn Dühring diese Linien, trotz aller Einfachheit, eingestandnermaßen
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unverständlich bleiben, muß er sie nach seiner beliebten Manier <I>verdächtigen</I>.
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Und nun kann er getrost dem fatalen Tableau den Gnadenstoß geben:</P>
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<P><SMALL>»Indem wir das Nettoprodukt von dieser <I>bedenklichsten Seite </I>betrachtet
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haben« usw.</SMALL></P>
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<P>Nämlich das notgedrungne Eingeständnis, daß er nicht das erste
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Wort vom Tableau économique versteht und von der »Rolle«, die das darin
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figurierende Nettoprodukt dabei spielt - das nennt Herr Dühring »die bedenklichste
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Seite des Nettoprodukts«! Welcher Galgenhumor!</P>
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<P><B><A NAME="S230">|230|</A></B> Damit nun aber unsre Leser nicht in derselben
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grausamen Unwissenheit über das Tableau Quesnays bleiben, wie es notwendig
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diejenigen sind, welche ihre ökonomische Weisheit aus »erster Hand« von Herrn
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Dühring beziehen, in kurzem folgendes:</P>
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<P>Bekanntlich teilt sich bei den Physiokraten die Gesellschaft in drei Klassen:
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1. Die produktive, d.h. die wirklich im Ackerbau tätige Klasse, Pächter
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und Landarbeiter; sie heißen produktiv, weil ihre Arbeit einen Überschuß
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läßt - die Rente. 2. Die Klasse, welche diesen Oberschuß aneignet,
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umfassend die Grundbesitzer und die von ihnen abhängige Gefolgschaft, den
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Fürsten und überhaupt die vom Staat gezahlten Beamten und endlich auch
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die Kirche in ihrer besondern Eigenschaft als Aneignerin des Zehnten. Der Kürze
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halber bezeichnen wir im folgenden die erste Klasse einfach als »Pächter«,
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die zweite als »Grundeigentümer«. 3. Die gewerbetreibende oder sterile (unfruchtbare)
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Klasse, steril, weil sie nach physiokratischer Ansicht den ihr von der produktiven
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Klasse gelieferten Rohstoffen nur soviel Wert zusetzt, als sie an den ihr von
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derselben Klasse gelieferten Lebensmitteln verzehrt. Das Tableau Quesnays soll
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nun veranschaulichen, wie das jährliche Gesamtprodukt eines Landes (in der
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Tat Frankreichs) zwischen diesen drei Klassen zirkuliert und der jährlichen
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Reproduktion dient.</P>
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<P>Die erste Voraussetzung des Tableau ist, daß das Pachtsystem und mit
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ihm die große Agrikultur im Sinn von Quesnays Zeit allgemein eingeführt
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ist, wobei ihm als Vorbild die Normandie, Picardie, Ile-de-France und einige andre
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französische Provinzen gelten. Der Pächter erscheint daher als der wirkliche
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Leiter der Agrikultur, repräsentiert im Tableau die ganze produktive (ackerbautreibende)
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Klasse und zahlt dem Grundeigentümer eine Rente in Geld. Der Gesamtheit der
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Pächter wird ein Anlagekapital oder Inventarium von zehn Milliarden Livres
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zugeschrieben, wovon ein Fünftel oder zwei Milliarden jährlich zu ersetzendes
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Betriebskapital, ein Anschlag, wofür wieder die bestbebauten Pachtungen der
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erwähnten Provinzen maßgebend waren.</P>
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<P>Fernere Voraussetzungen sind: 1. Daß konstante Preise und einfache Reproduktion
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statthaben, der Einfachheit halber; 2. daß alle Zirkulation, die bloß
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innerhalb einer einzelnen Klasse stattfindet, ausgeschlossen bleibt und bloß
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die Zirkulation zwischen Klasse und Klasse berücksichtigt wird; 3. daß
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alle Käufe resp. Verkäufe, die von Klasse zu Klasse im Laufe des Betriebsjahrs
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stattfinden, in eine einzige Gesamtsumme zusammengefaßt <A NAME="S231"></A><B>|231|</B>
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sind. Endlich erinnre man sich, daß zu Quesnays Zeit in Frankreich, wie
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mehr oder minder in ganz Europa, die eigne Hausindustrie der Bauernfamilie den
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weitaus beträchtlichsten Teil ihrer nicht zur Klasse der Nahrungsmittel gehörenden
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Bedürfnisse lieferte, und daher als selbstverständliches Zubehör
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des Ackerbaus hier vorausgesetzt wird.</P>
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<P>Der Ausgangspunkt des Tableau ist die Gesamternte, das deswegen auch gleich
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obenan darin figurierende Bruttoprodukt der jährlichen Bodenerzeugnisse oder
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die »totale Reproduktion« des Landes, hier Frankreichs. Die Wertgröße
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dieses Bruttoprodukts wird geschätzt nach den Durchschnittspreisen der Bodenerzeugnisse
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bei den handeltreibenden Nationen. Es beträgt fünf Milliarden Livres,
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eine Summe, die nach den damals möglichen statistischen Veranschlagungen
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den Geldwert des landwirtschaftlichen Bruttoprodukts von Frankreich ungefähr
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ausdrückt. Dies, und nichts anders, ist der Grund, warum Quesnay im Tableau
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»mit einigen Milliarden operiert«, nämlich mit fünf, und nicht mit fünf
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Livres tournois.</P>
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<P>Das ganze Bruttoprodukt, zum Wert von fünf Milliarden, befindet also in
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der Hand der produktiven Klasse, das heißt zunächst der Pächter,
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die es produziert haben durch Verausgabung eines jährlichen Betriebskapitals
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von zwei Milliarden, entsprechend einem Anlagekapital von zehn Milliarden. Die
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landwirtschaftlichen Produkte, Lebensmittel, Rohstoffe etc., die zum Ersatz des
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Betriebskapitals, also auch zum Unterhalt aller im Ackerbau direkt tätigen
|
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|
Personen erheischt sind, werden in natura von der Gesamternte <A NAME="ZT7"></A><A HREF="me20_136.htm#T7"><SPAN class="top">{7}</SPAN></A>
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weggenommen und zur neuen landwirtschaftlichen Produktion verausgabt. Da, wie
|
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gesagt, konstante Preise und einfache Reproduktion auf dem einmal gültigen
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Maßstab unterstellt sind, ist der Geldwert dieses vorweggenommenen Teils
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des Bruttoprodukts gleich zwei Milliarden Livres. Dieser Teil geht also nicht
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in die allgemeine Zirkulation ein. Denn, wie schon bemerkt, ist die Zirkulation,
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soweit sie nur <I>innerhalb </I>des Kreises jeder besondern Klasse, aber nicht
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zwischen den verschiednen Klassen stattfindet, vom Tableau ausgeschlossen.</P>
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<P>Nach Ersatz des Betriebskapitals aus dem Bruttoprodukt bleibt ein Überschuß
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von drei Milliarden, wovon zwei in Lebensmitteln, eine in Rohstoffen. Die von
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den Pächtern an die Grundeigentümer zu zahlende Rente beträgt aber
|
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nur zwei Drittel hiervon, gleich zwei Milliarden. Warum nur diese zwei Milliarden
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|
unter der Rubrik »Nettoprodukt« oder »Reineinkommen« figurieren, wird sich bald
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zeigen.</P>
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<P><B><A NAME="S232">|232|</A></B> Außer der landwirtschaftlichen »totalen
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Reproduktion« zum Wert von fünf Milliarden, wovon drei Milliarden in die
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allgemeine Zirkulation eingehn, befindet sich aber, vor Beginn der im Tableau
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dargestellten Bewegung, noch das ganze »pécule« |»Ersparte«| der Nation,
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zwei Milliarden bares Geld, in den Händen der Pächter. Es verhält
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sich damit so.</P>
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<P>Da der Ausgangspunkt des Tableaus die Gesamternte ist, bildet er zugleich den
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||
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Schlußpunkt eines ökonomischen Jahrs, z.B. des Jahrs 1758, nach welchem
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ein neues ökonomisches Jahr beginnt. Während dieses neuen Jahrs 1759
|
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verteilt sich der für die Zirkulation bestimmte Teil des Bruttoprodukts vermittelst
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einer Anzahl einzelner Zahlungen, Käufe und Verkäufe, unter die zwei
|
||
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andern Klassen. Diese aufeinanderfolgenden, zersplitterten und über ein ganzes
|
||
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Jahr sich erstreckenden Bewegungen werden aber - wie das unter allen Umständen
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||
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für das Tableau geschehn mußte - in wenige charakteristische, jedesmal
|
||
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ein ganzes Jahr auf einen Schlag einbegreifende Akte zusammengefaßt. So
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||
|
ist denn auch Ende des Jahrs 1758 der Pächterklasse das Geld wieder zurückgeströmt,
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||
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das sie für das Jahr 1757 als Rente an die Grundbesitzer gezahlt hatte (wie
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|
das geschieht, wird das Tableau selbst zeigen), nämlich die Summe von zwei
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Milliarden, so daß sie diese 1759 wieder in Zirkulation werfen kann. Da
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nun jene Summe, wie Quesnay bemerkt, viel größer ist als in der Wirklichkeit,
|
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wo die Zahlungen sich beständig stückweis wiederholen, für die
|
||
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Gesamtzirkulation des Landes (Frankreichs) erheischt ist, so stellen die in der
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|
Hand der Pächter befindlichen zwei Milliarden Livres die Gesamtsumme des
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||
|
in der Nation umlaufenden Geldes dar.</P>
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<P>Die Klasse der Rente einstreichenden Grundeigentümer tritt, wie das zufällig
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auch noch heutzutag der Fall ist, zunächst in der Rolle von Zahlungsempfängern
|
||
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auf. Nach Quesnays Voraussetzung erhalten die eigentlichen Grundeigentümer
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||
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nur vier Siebentel der Rente von zwei Milliarden, zwei Siebentel gehn an die Regierung
|
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und ein Siebentel an die Zehntenempfänger. Zu Quesnays Zeit war die Kirche
|
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|
die größte Grundeigentümerin Frankreichs und empfing zudem den
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||
|
Zehnten von allem andern Grundeigentum.</P>
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<P>Das von der »sterilen« Klasse während eines ganzen Jahrs verausgabte Betriebskapital
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(avances annuelles |jährlichen Vorschüsse|) besteht in Rohmaterial zum
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Wert von einer Milliarde - nur Rohmaterial, weil Werkzeuge, Maschinen etc. zu
|
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den Erzeugnissen dieser Klasse selbst zählen. Die mannigfachen Rollen aber,
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|
welche solche Erzeugnisse im Betrieb der Industrien dieser Klasse selbst <A NAME="S233"></A><B>|233|</B>
|
||
|
spielen, gehn das Tableau ebensowenig an, wie die ausschließlich innerhalb
|
||
|
ihres Kreises vorgehende Waren- und Geldzirkulation. Der Lohn für die Arbeit,
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||
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wodurch die sterile Klasse das Rohmaterial in Manufakturwaren verwandelt, ist
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||
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gleich dem Wert der Lebensmittel, die sie teils direkt von der produktiven Klasse,
|
||
|
teils indirekt durch die Grundeigentümer erhält. Obgleich sie selbst
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|
in Kapitalisten und Lohnarbeiter zerfällt, steht sie nach Quesnays Grundanschauung,
|
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als Gesamtklasse, im Sold der produktiven Klasse und der Grundeigentümer.
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Die industrielle Gesamtproduktion und daher auch ihre Gesamtzirkulation, die sich
|
||
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über das der Ernte folgende Jahr verteilt, ist ebenfalls in ein einziges
|
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Ganzes zusammengefaßt. Es ist daher vorausgesetzt, daß bei Beginn
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||
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der im Tableau dargestellten Bewegung die jährliche Warenproduktion der sterilen
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Klasse sich ganz in ihrer Hand befindet, daß also ihr ganzes Betriebskapital,
|
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resp. Rohmaterial zum Wert von einer Milliarde, in Waren verwandelt worden ist
|
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zum Wert von zwei Milliarden, wovon die Hälfte den Preis der während
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||
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dieser Umwandlung verzehrten Lebensmittel darstellt. Man könnte hier einwerfen:
|
||
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aber die sterile Klasse verbraucht doch auch Industrieprodukte zu ihrem eignen
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Hausbedarf; wo figurieren denn diese, wenn ihr eignes Gesamtprodukt durch die
|
||
|
Zirkulation zu den andern Klassen übergeht? Hierauf erhalten wir die Antwort:
|
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Die sterile Klasse verzehrt nicht nur selbst einen Teil ihrer eignen Waren, sondern
|
||
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sie sucht auch noch außerdem soviel davon zurückzubehalten als möglich.
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Sie verkauft also ihre in die Zirkulation geworfenen Waren über dem wirklichen
|
||
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Wert und muß dies tun, da wir diese Waren zum Totalwert ihrer Produktion
|
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ansetzen. Dies ändert jedoch nichts an den Festsetzungen des Tableaus, denn
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die beiden andern Klassen erhalten nun einmal die Manufakturwaren nur zum Wert
|
||
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ihrer Totalproduktion.</P>
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<P>Wir kennen also jetzt die ökonomische Position der drei verschiednen Klassen
|
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beim Beginn der Bewegung, die das Tableau darstellt.</P>
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<P>Die produktive Klasse, nach Naturalersatz ihres Betriebskapitals, verfügt
|
||
|
noch über drei Milliarden vom landwirtschaftlichen Bruttoprodukt und über
|
||
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zwei Milliarden Geld. Die Klasse der Grundeigentümer figuriert nur erst mit
|
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ihrem Rentenanspruch von zwei Milliarden an die produktive Klasse. Die sterile
|
||
|
Klasse verfügt über zwei Milliarden Manufakturwaren. Eine zwischen nur
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|
zwei dieser drei Klassen verlaufende Zirkulation heißt bei den Physiokraten
|
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eine unvollkommne, eine durch alle drei Klassen verlaufende heißt eine vollkommne
|
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Zirkulation.</P>
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||
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<P>Also nun zum ökonomischen Tableau selbst.</P>
|
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<P><I>Erste</I> (unvollkommne) <I>Zirkulation</I>: Die Pächter zahlen den
|
||
|
Grundeigentümern, ohne Gegenleistung, die diesen zukommende Rente mit zwei
|
||
|
<A NAME="S234"></A><B>|234|</B> Milliarden Geld. Mit einer dieser Milliarden kaufen
|
||
|
die Grundeigentümer Lebensmittel von den Pächtern, denen so eine Hälfte
|
||
|
des von ihnen zur Zahlung der Rente ausgegebnen Geldes zurückfließt.</P>
|
||
|
<P> In seiner »Analyse du tableau économique« spricht Quesnay nicht weiter
|
||
|
vom Staat, der zwei Siebentel, und von der Kirche, die ein Siebentel der Grundrente
|
||
|
erhält, da deren gesellschaftliche Rollen allgemein bekannt sind. Mit Bezug
|
||
|
auf die eigentlichen Grundeigentümer <A NAME="ZT8"></A><A HREF="me20_136.htm#T8"><SPAN class="top">{8}</SPAN></A>
|
||
|
aber sagt er, daß ihre Ausgaben, worin auch die aller ihrer Dienstleute
|
||
|
figurieren, mindestens zum allergrößten Teil unfruchtbare Ausgaben
|
||
|
sind, mit Ausnahme jenes geringen Teils, der angewendet wird »zur Erhaltung und
|
||
|
Verbesserung ihrer Güter und zur Hebung ihrer Kultur«. Aber nach dem »natürlichen
|
||
|
Recht« bestehe ihre eigentliche Funktion grade in »der Sorge für die gute
|
||
|
Verwaltung und für die Ausgaben zur Erhaltung ihres Erbteils«, oder wie das
|
||
|
später entwickelt, in den avances foncières, das heißt in Ausgaben,
|
||
|
um den Boden vorzubereiten und die Pachtungen mit allem Zubehör zu versehen,
|
||
|
die dem Pächter erlauben, sein ganzes Kapital ausschließlich dem Geschäft
|
||
|
der wirklichen Kultur zu widmen.</P>
|
||
|
<P><I>Zweite</I> (vollkommne) <I>Zirkulation</I>. Mit der zweiten, noch in ihrer
|
||
|
Hand befindlichen Milliarde Geld kaufen die Grundeigentümer Manufakturwaren
|
||
|
von der sterilen Klasse, diese aber mit dem so eingenommnen Geld Lebensmittel
|
||
|
von den Pächtern zum selben Betrag.</P>
|
||
|
<P><I>Dritte </I>(unvollkommne) <I>Zirkulation</I>. Die Pächter kaufen von
|
||
|
der sterilen Klasse, mit einer Milliarde Geld, Manufakturwaren zum selben Betrag;
|
||
|
ein großer Teil dieser Waren besteht aus Ackerbauwerkzeugen und andern für
|
||
|
den Landbau nötigen Produktionsmitteln. Die sterile Klasse schickt den Pächtern
|
||
|
dasselbe Geld zurück, indem sie damit für eine Milliarde Rohstoff, zum
|
||
|
Ersatz ihres eignen Betriebskapitals, kauft. Damit sind den Pächtern die
|
||
|
von ihnen in Zahlung der Rente ausgegebnen zwei Milliarden Geld zurückgeflossen
|
||
|
und die Bewegung <A NAME="ZT9"></A><A HREF="me20_136.htm#T9"><SPAN class="top">{9}</SPAN></A> ist fertig.
|
||
|
Und damit ist auch das große Rätsel gelöst,</P>
|
||
|
<P><SMALL>»was denn aus dem als Rente angeeigneten Nettoprodukt im wirtschaftlichen
|
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Kreislauf wird«.</SMALL></P>
|
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<P>Wir hatten oben in den Händen der produktiven Klasse, am Anfangspunkt
|
||
|
des Prozesses, einen Überschuß von drei Milliarden. Davon wurden <A NAME="S235"></A><B>|235|</B>
|
||
|
nur zwei als Nettoprodukt in der Gestalt von Rente an die Grundeigentümer
|
||
|
gezahlt. Die dritte Milliarde des Überschusses bildet den Zins für das
|
||
|
Gesamtanlagekapital der Pächter, also für zehn Milliarden zehn Prozent.
|
||
|
Diesen Zins erhalten sie - wohlzumerken - nicht aus der Zirkulation; er befindet
|
||
|
sich in natura in ihrer Hand, und sie realisieren ihn nur durch die Zirkulation,
|
||
|
indem sie ihn vermittelst derselben in Manufakturwaren von gleichem Wert umsetzen.</P>
|
||
|
<P>Ohne diesen Zins würde der Pächter, der Hauptagent der Agrikultur,
|
||
|
ihr das Anlagekapital nicht vorschießen. Bereits von diesem Standpunkt aus
|
||
|
ist nach den Physiokraten die Aneignung des den Zins repräsentierenden Teils
|
||
|
des landwirtschaftlichen <I>Mehrertrags</I> von seiten des Pächters eine
|
||
|
ebenso notwendige Bedingung der Reproduktion wie die Pächterklasse selbst,
|
||
|
und kann dies Element daher nicht zur Kategorie des nationalen »Nettoprodukts«
|
||
|
oder »Reineinkommens« zählen; denn letzteres ist eben dadurch charakterisiert,
|
||
|
daß es verzehrbar ist ohne jede Rücksicht auf die unmittelbaren Bedürfnisse
|
||
|
der rationalen Reproduktion. Dieser Fonds von einer Milliarde aber dient nach
|
||
|
Quesnay größtenteils für die während des Jahres nötig
|
||
|
werdenden Reparaturen und teilweisen Erneuerungen des Anlagekapitals, ferner als
|
||
|
Reservefonds gegen Unfälle, endlich wo möglich zur Bereicherung des
|
||
|
Anlage- und Betriebskapitals wie zur Verbesserung des Bodens und Ausdehnung der
|
||
|
Kultur.</P>
|
||
|
<P>Der ganze Hergang ist allerdings »ziemlich einfach«. Es wurden in die Zirkulation
|
||
|
geworfen: von den Pächtern zwei Milliarden Geld, zur Zahlung der Rente, und
|
||
|
für drei Milliarden Produkte, wovon zwei Drittel Lebensmittel und ein Drittel
|
||
|
Rohstoffe; von der sterilen Klasse für zwei Milliarden Manufakturwaren. Von
|
||
|
den Lebensmitteln im Betrag von zwei Milliarden wird die eine Hälfte von
|
||
|
den Grundeigentümern nebst Anhang verzehrt, die andre von der sterilen Klasse
|
||
|
in Zahlung ihrer Arbeit. Die Rohstoffe für eine Milliarde ersetzen das Betriebskapital
|
||
|
derselben Klasse. Von den zirkulierenden Manufakturwaren im Betrag von zwei Milliarden
|
||
|
fällt die eine Hälfte den Grundeigentümern zu, die andre den Pächtern,
|
||
|
für welche sie nur eine verwandelte Form des erster Hand aus der landwirtschaftlichen
|
||
|
Reproduktion gewonnenen Zinses für ihr Anlagekapital ist. Das Geld aber,
|
||
|
das der Pächter mit Zahlung der Rente in die Zirkulation geworfen, strömt
|
||
|
ihm durch den Verkauf seiner Produkte zurück, und so kann derselbe Kreislauf
|
||
|
im nächsten ökonomischen Jahr von neuem durchlaufen werden.</P>
|
||
|
<P>Und nun bewundre man die »wirklich kritische«, der »herkömmlichen leichtfertigen
|
||
|
Berichterstattung« so unendlich überlegene Darstellung des Herrn Dühring!.
|
||
|
Nachdem er fünfmal hintereinander in geheimnisvoller <A NAME="S236"></A><B>|236|</B>
|
||
|
Weise uns vorgehalten, wie bedenklich Quesnay im Tableau mit bloßen Geldwerten
|
||
|
operiere, was sich noch dazu als falsch erwies, kommt er endlich zu dem Resultat,
|
||
|
daß, sobald er danach fragt,</P>
|
||
|
<P><SMALL>»was denn aus dem als Rente angeeigneten Nettoprodukt im volkswirtschaftlichen
|
||
|
Kreislauf werde«, sei »für das ökonomische Tableau nur eine bis zum
|
||
|
Mystizismus steigende Verworrenheit und Willkür möglich«.</SMALL></P>
|
||
|
<P>Wir haben gesehn, daß das Tableau, diese ebenso einfache wie für
|
||
|
ihre Zeit geniale Darstellung des jährlichen Reproduktionsprozesses, wie
|
||
|
er durch die Zirkulation vermittelt wird, sehr genau darauf antwortet, was aus
|
||
|
diesem Nettoprodukt im volkswirtschaftlichen Kreislauf wird, und somit verbleibt
|
||
|
der »Mystizismus« und die »Verworrenheit und Willkür« wiederum einzig und
|
||
|
allein dem Herrn Dühring als »bedenklichste Seite« und einziges »Nettoprodukt«
|
||
|
seiner physiokratischen Studien.</P>
|
||
|
<P>Ganz ebenso vertraut wie mit der Theorie der Physiokraten ist Herr Dühring
|
||
|
mit ihrer geschichtlichen Wirkung.</P>
|
||
|
<P><SMALL>»Mit Turgot«, belehrt er uns, »war die Physiokratie in Frankreich praktisch
|
||
|
und theoretisch zu ihrem Ende gelangt.«</SMALL></P>
|
||
|
<P>Wenn aber Mirabeau in seinen ökonomischen Anschauungen wesentlich Physiokrat,
|
||
|
wenn er in der konstituierenden Versammlung von 1789 erste ökonomische Autorität
|
||
|
war, wenn diese Versammlung in ihren ökonomischen Reformen einen großen
|
||
|
Teil der physiokratischen Sätze aus der Theorie in die Praxis übersetzte,
|
||
|
und namentlich auch das »ohne Gegenleistung« vom Grundbesitz angeeignete Nettoprodukt,
|
||
|
die Grundrente mit einer starken Steuer belegte, so existiert das alles nicht
|
||
|
für »einen« Dühring.-</P>
|
||
|
<P>Wie der lange Strich durch den Zeitraum 1691 bis 1752 alle Vorgänger Humes
|
||
|
aus dem Weg räumte, so ein andrer Strich den zwischen Hume und Adam Smith
|
||
|
liegenden Sir James Steuart. Von dessen großem Werk, das, abgesehn von seiner
|
||
|
historischen Wichtigkeit, das Gebiet der politischen Ökonomie nachhaltig
|
||
|
bereichert hat, steht in dem »Unternehmen« des Herrn Dühring keine Silbe.
|
||
|
Dafür aber belegt dieser den Steuart mit dem stärksten Schimpfwort,
|
||
|
das es in seinem Lexikon gibt, und sagt, er sei <I>»ein Professor«</I> zur Zeit
|
||
|
A. Smiths gewesen. Leider ist diese Verdächtigung rein erfunden. Steuart
|
||
|
war in der Tat ein schottischer Großgrundbesitzer, der, wegen angeblicher
|
||
|
Beteiligung an der Stuartschen Verschwörung aus Großbritannien verbannt,
|
||
|
durch seinen längern Aufenthalt und seine Reisen auf dem Kontinent sich mit
|
||
|
den ökonomischen Zuständen verschiedner Länder vertraut machte.</P>
|
||
|
<P><B><A NAME="S237">|237|</A></B> Kurzum: nach der »Kritischen Geschichte« hatten
|
||
|
alle frühern Ökonomen nur den Wert, entweder als »Ansätze« zu Herrn
|
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|
Dührings »maßgebender« tieferer Grundlegung oder aber durch ihre Verwerflichkeit
|
||
|
ihr erst recht als Folie zu dienen. Jedennoch gibt es auch in der Ökonomie
|
||
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einige Heroen, die nicht nur »Ansätze« zur »tiefern Grundlegung« bilden,
|
||
|
sondern »Sätze«, aus denen sie, wie in der Naturphilosophie vorgeschrieben,
|
||
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nicht »entwickelt«, sondern gradezu »komponiert« ist: nämlich die »unvergleichlich
|
||
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hervorragende Größe« <I>List</I>, die zu Nutz und Frommen deutscher
|
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Fabrikanten die »subtilern« merkantilistischen Lehren eines Ferrier und anderer
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|
in »gewaltigere« Worte aufgebläht hat; ferner <I>Carey</I>, der in folgendem
|
||
|
Satz den aufrichtigen Kern seiner Weisheit bloßlegt:</P>
|
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<P><SMALL>»Ricardos System ist ein System der Zwietracht ... es läuft hinaus
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auf die Erzeugung der Klassenfeindschaft ... seine Schrift ist das Handbuch des
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Demagogen, der die Macht anstrebt vermittelst der Landteilung, des Kriegs und
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der Plünderung«;</SMALL></P>
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<P>endlich zu guter Letzt der Londoner City Confusius <I>Macleod</I>.</P>
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<P>Danach dürften die Leute, die in der Gegenwart und zunächst absehbaren
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Zukunft Geschichte der politischen Ökonomie studieren wollen, immer noch
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bedeutend sicherer fahren, wenn sie sich bekannt machen mit den »wässerigen
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Erzeugnissen«, »Plattheiten« und »breiten Bettelsuppen« der »gangbarsten Lehrbuchkompilationen«,
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als wenn sie sich verlassen auf die »Geschichtszeichnung großen Stils« des
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Herrn Dühring.</P>
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<P align="center">*</P>
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<P>Was ergibt sich nun schließlich als das Resultat unsrer Analyse des Dühringschen
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»eigen erzeugten Systems« der politischen Ökonomie? Nichts als die Tatsache,
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daß wir mit all den großen Worten und noch gewaltigern Versprechungen
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ebenso hinters Licht geführt worden sind wie in der »Philosophie«. Die Theorie
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des Werts, dieser »Prüfstein der Gediegenheit ökonomischer Systeme«,
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lief darauf hinaus, daß Herr Dühring unter Wert fünferlei total
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verschiedne und einander schnurstracks widersprechende Dinge versteht, und also
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im besten Fall selbst nicht weiß, was er will. Die mit soviel Pomp angekündigten
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»Naturgesetze aller Wirtschaft« erwiesen sich als lauter weltbekannte und oft
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noch nicht einmal richtig gefaßte Plattheiten der ärgsten Art. Die
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einzige Erklärung ökonomischer Tatsachen, die uns das eigen erzeugte
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System zu geben hat, ist, daß sie Resultate der »Gewalt« seien, eine Redensart,
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womit der Philister aller Nationen sich seit Jahrtausenden über alles ihm
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widerfahrne Ungemach tröstet, und <A NAME="S238"></A><B>|238|</B> womit wir
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nicht mehr wissen als vorher. Statt diese Gewalt aber nach ihrem Ursprung und
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ihren Wirkungen zu untersuchen, mutet Herr Dühring uns zu, uns bei dem bloßen
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<I>Wort</I> »Gewalt« als letzter Endursache und endgültiger Erklärung
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aller ökonomischen Erscheinungen dankbarst zu beruhigen. Gezwungen, über
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die kapitalistische Ausbeutung der Arbeit weitere Aufschlüsse zu geben, stellt
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er sie erst im allgemeinen dar als beruhend auf Bezollung und Preisaufschlag,
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hier ganz die Proudhonsche »Vorwegnahme« (prélèvement) sich aneignend,
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um dann nachher im besondern sie zu erklären vermittelst der Marxschen Theorie
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von Mehrarbeit, Mehrprodukt und Mehrwert. Er bringt es also fertig, zwei total
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widersprechende Anschauungsweisen glücklich zu versöhnen, indem er sie
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beide in Einem Atem abschreibt. Und wie er in der Philosophie nicht grobe Worte
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genug hatte für denselben Hegel den er unaufhörlich verseichtigend ausbeutet,
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so dient in der »Kritischen Geschichte« die bodenloseste Verlästerung von
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Marx nur zur Verdeckung der Tatsache, daß alles noch einigermaßen
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Rationelle, was sich im »Cursus« über Kapital und Arbeit vorfindet, eben,
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falls ein verseichtigendes Plagiat an Marx ist. Die Unwissenheit, die im »Cursus«
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an den Anfang der Geschichte der Kulturvölker den »großen Grundbesitzer«
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stellt und kein Wort weiß von der Gemeinschaft des Grundeigentums der Stamm-
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und Dorfgemeinden, von der alle Geschichte in Wirklichkeit ausgeht - diese heutzutage
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fast unbegreifliche Unwissenheit wird beinahe noch übertroffen von derjenigen,
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die sich in der »Kritischen Geschichte« als »universelle Weite des geschichtlichen
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Umblicks« nicht wenig auf sich selbst zugute tut und von der wir nur ein paar
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abschreckende Beispiele gegeben haben. In Einem Wort: erst die kolossale »Aufwendung«
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von Selbstanpreisung, von marktschreierischen Posaunenstößen, von einander
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übergipfelnden Verheißungen; und dann der »Erfolg« - gleich Null. </P>
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<P>Fußnoten von Friedrich Engels</P>
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<P><SPAN class="top"><A NAME="F1">(1)</A></SPAN> Im preußischen Generalstab weiß
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man dies auch schon ganz gut. »Die Grundlage des Kriegswesens ist in erster Reihe
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die wirtschaftliche Lebensgestaltung der Völker überhaupt«, sagt Herr
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Max Jähns, Hauptmann im Generalstab, in einem wissenschaftlichen Vortrag
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(»Köln. Ztg.«, 20. April 1876, drittes Blatt). <A HREF="me20_136.htm#ZF2"><=</A></P>
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<P><A HREF="me20_136.htm#ZF1"><=</A></P>
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<P><SPAN class="top"><A NAME="F2">(2)</A></SPAN> Die Vervollkommnung des letzten Erzeugnisses
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der großen Industrie für den Seekrieg, des sich selbst fortbewegenden
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Torpedos, scheint dies verwirklichen zu sollen; das kleinste Torpedoboot wäre
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damit dem gewaltigsten Panzerschiff überlegen. (Man erinnere sich übrigens,
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daß obiges 1878 geschrieben wurde.) <A HREF="me20_136.htm#ZF2"><=</A></P>
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<P><SPAN class="top"><A NAME="F3">(3)</A></SPAN> Und auch dies nicht einmal. Rodbertus sagt
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(»Sociale Briefe«, 2. Brief, S. 59): »Rente ist nach dieser« (seiner) »Theorie
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alles Einkommen, was ohne eigne Arbeit, lediglich <I>auf Grund eines Besitzes
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</I>bezogen wird.« <A HREF="me20_136.htm#ZF3"><=</A></P>
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<P>Textvarianten</P>
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<P><SPAN class="top"><A NAME="T1">{1}</A></SPAN> Bei Engels: nötigen - korrigiert nach
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Karl Marx »Das Kapital« <A HREF="me20_136.htm#ZT1"><=</A></P>
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<P><SPAN class="top"><A NAME="T2">{2}</A></SPAN> Bei Marx in der zweiten Ausgabe in griechischen
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Buchstaben <A HREF="me20_136.htm#ZT2"><=</A></P>
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<P><SPAN class="top"><A NAME="T3">{3}</A></SPAN> An Stelle der folgenden sechs Absätze
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enthielt das Manuskript ursprünglich eine ausführlichere Variante, die
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jedoch von Engels aus dem Manuskript herausgenommen, mit der Überschrift
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»Taktik der Infanterie aus den materiellen Ursachen abgeleitet. 1700-1870« versehen
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und als besonderer Aufsatz aufbewahrt wurde (siehe Friedrich Engels: »Taktik der
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Infanterie aus den materiellen Ursachen abgeleitet. 1700 bis 1870«, in: Karl Marx/Friedrich
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Engels: Werke, <A HREF="me20_597.htm">Bd. 20, S. 597-603</A>) <A HREF="me20_136.htm#ZT3"><=</A></P>
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<P><SPAN class="top"><A NAME="T4">{4}</A></SPAN> Umgeändert aus »Warenproduktion« auf Grund
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des Marxschen Manuskripts »Randnoten zu Dührings 'Kritischer Geschichte der
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Nationalökonomie'« <A HREF="me20_136.htm#ZT4"><=</A></P>
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<P><SPAN class="top"><A NAME="T5">{5}</A></SPAN> Offenbar müßten hier die Worte »sinken«
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und »steigen« wechselseitig umgestellt werden; siehe dazu Karl Marx: »Kritik der
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politischen Ökonomie«, in: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../me13/me13_049.htm#S135">Bd.
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13, S. 135-140</A>, wo Humes Geldtheorie dargestellt ist. <A HREF="me20_136.htm#ZT5"><=</A></P>
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<P><SPAN class="top"><A NAME="T6">{6}</A></SPAN> Die Worte »wie gesagt« nehmen Bezug auf die
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Textstelle, die mit »Warum aber wird Hume ...« beginnt und mit »... hartnäckig
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totschweigt« endet (siehe <A HREF="me20_136.htm#S226">S. 226/227</A>). Dieser Text stand in
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der 1. und 2. Auflage hinter »- David Hume« (siehe <A HREF="me20_136.htm#S221">S. 221</A>).
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Die beiden Worte wurden von Engels stehengelassen, als er für die 3. Auflage
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den Text anders ordnete. <A HREF="me20_136.htm#ZT6"><=</A></P>
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<P><SPAN class="top"><A NAME="T7">{7}</A></SPAN> Hier sowie auf S. 232 umgeändert aus »Gesamtrente«
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auf Grund des Marxschen Manuskripts »Randnoten zu Dührings 'Kritischer Geschichte
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der Nationalökonomie'« <A HREF="me20_136.htm#ZT7"><=</A></P>
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<P><SPAN class="top"><A NAME="T8">{8}</A></SPAN> Umgeändert aus »Grundeigentum« auf Grund
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des Marxschen Manuskripts »Randnoten zu Dührings 'Kritischer Geschichte der
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Nationalökonomie'« <A HREF="me20_136.htm#ZT8"><=</A></P>
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<P><SPAN class="top"><A NAME="T9">{9}</A></SPAN> Umgeändert aus »Berechnung« auf Grund
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des Marxschen Manuskripts »Randnoten zu Dührings 'Kritischer Geschichte der
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Nationalökonomie'« <A HREF="me20_136.htm#ZT9"><=</A></P>
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<!-- #EndEditable -->
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<HR size="1" align="left" width="200">
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<P><!-- #BeginEditable "Pfad" --><SMALL>Pfad: »../me/me20«</SMALL><!-- #EndEditable --></P>
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<TR>
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<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="http://www.mlwerke.de/index.shtml"><SMALL>MLWerke</SMALL></A></TD>
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<TD ALIGN="center"><B>|</B></TD>
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<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><!-- #BeginEditable "Link%201%20b" --><A HREF="me20_032.htm"><SMALL>1.
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Abschnitt</SMALL></A><!-- #EndEditable --></TD>
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<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="me20_001.htm"><SMALL>Inhalt</SMALL></A></TD>
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Abschnitt</SMALL></A><!-- #EndEditable --></TD>
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<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A href="../default.htm"><SMALL>Marx/Engels</SMALL></A></TD>
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